Personen der Bibel
Die Knechte Naamans
„Da traten seine Knechte herzu und redeten zu ihm und sprachen: Mein Vater, hätte der Prophet etwas Großes zu dir geredet, würdest du es nicht tun? Wie viel mehr denn, da er zu dir gesagt hat: Bade dich, und du wirst rein sein! Da stieg er hinab und tauchte sich im Jordan siebenmal unter, nach dem Wort des Mannes Gottes. Da wurde sein Fleisch wieder wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er war rein“
2. Kön 5,13.14
Bei den Syrern ist große Freude eingekehrt; sie haben Israel besiegt und reiche Beute gemacht. Nur ihr Held, der Heeroberste Naaman, ist in letzter Zeit in sich gekehrt, still. So stelle ich ihn mir jedenfalls vor. Was mag in ihm vorgehen? Hat er nicht Grund zur Dankbarkeit? Ist der Sieg nicht klar und deutlich genug gewesen? Nein, daran liegt es nicht. Naaman ist ein gebrochener Mann. Lange genug hat er es verheimlichen können. Aber jetzt konnte er sich das Hemd nicht mehr weiter über die Hände ziehen, die Mütze nicht noch tiefer ins Gesicht setzen. Er ist am Ende. Das israelische Mädchen bei ihm im Haus hat es auch bemerkt, er muss annehmen, seine Soldaten auch. Ja, er ist krank, hoffnungslos krank, er ist aussätzig. Nein, nicht hoffnungslos! Dieses freundliche Mädchen aus Israel, sie hat ihm heute Hoffnung gemacht. Ihren Rat will er befolgen. Morgen schon will er aufbrechen: nach Israel, zu dem Propheten.
Er lässt sich noch einen Brief vom König ausstellen und zieht ab mit Wagen, Rossen, Geschenken und seinen engsten Freunden, einigen Knechten.
Der erste Besuch, bei dem König in Samaria, muss sehr peinlich gewesen sein, sowohl für den ungläubigen König Israels, als auch für Naaman selbst. Er hat sich vor diesem Mann die Blöße geben müssen! Denn der König von Israel kann niemand vom Aussatz befreien. Er ist doch nicht Gott! Wollen die Syrer ihn etwa provozieren?
Nachdem Elisa den Besuch Naamans beim König von Israel mitbekommen hat, lässt er ihn zu sich kommen. Der Trupp bleibt vor dem Haus Elisas stehen. Gespanntes Warten. Kein Prophet zu sehen. Elisa schickt einen Boten vor die Tür, der kurz und bündig dem Heerobersten ausrichten lässt, dass er sich siebenmal im Jordan baden soll, dann würde er wieder rein sein und gesund. Das war’s. Der Bote verschwindet wieder. Naaman ist perplex. In glühendem Zorn macht er kehrt – Richtung Heimat. Er will nichts mehr mit den Leuten von Israel zu tun haben.
Doch jetzt schlägt die Stunde seiner Knechte. Sie haben alles beobachtet, alles gehört: die törichte Reaktion des Königs, das schlichte Haus Elisas, die einfache Anweisung seines Boten, die Ungeduld ihres Heerobersten – und vor ihnen liegt der Jordan, klar und frisch und rein. Wie kann Naaman nur sagen, dass ihre Flüsse in Damaskus besser seien? Sieht er vor lauter Wut die Schönheit des Jordan nicht? Die Knechte bringen die Pferde zum Stillstand. In gewohnter militärischer Disziplin treten sie vor ihren Vorgesetzten und bitten ihn höflich um einen Augenblick Geduld. Naaman spürt bei seinen Knechten ein gewisses inniges Mitgefühl. Und dieses Mitempfinden trägt offensichtlich dazu bei, dass sein Glaube wächst und er bereitwillig auf ihre Empfehlung eingeht. Die gewinnende Art, wie die Knechte sprechen, tut ihm gut; sie stimmt ihn endlich um. „Mein Vater“, so sagen sie. Drückt diese Anrede nicht ein schönes Verhältnis zwischen Knecht und Herr aus? Sollte der Heeroberste, der immer unbedingten Gehorsam gefordert hat, jetzt nicht auch einmal ein Vorbild von Gehorsam sein?
Die Liebe seiner Knechte zu ihm ist in diesem Augenblick größer als die Achtung vor ihm. Die Knechte sprechen mit Respekt von Elisa, dem Propheten. Sie können die Anweisung des Boten von Elisa genau wiederholen. Sie haben interessiert zugehört und aufgepasst. Sie stellen ihrem Herrn nochmal vor, wie schlicht und einfach er alles befolgen könnte, jetzt, wo sie doch gerade noch am Jordan stehen. Der Glaube der Knechte hat Naaman angesteckt, sozusagen überwältigt, dass er seinen Stolz verliert, sich nicht mehr schämt und ins Wasser steigt. Sein Glaube ist in diesem Augenblick so stark, dass der Herr Jesus ihn Jahrhunderte später noch als Monument für die Gnade Gottes erwähnt (vgl. Lk 4,27).
Naaman steigt völlig gesund aus dem Wasser. Könnt ihr euch denken, wie er gestrahlt hat vor Freude? Er wird dem lebendigen Gott in Ewigkeit dafür dankbar sein, und seine Knechte auch.
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