Bibelstudium
Der Richterstuhl des Christus
„Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf dass ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor 5,10). Mit dieser Aussage macht der Apostel Paulus klar, dass alle Menschen einmal vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen müssen. Keiner ist davon ausgenommen. Gläubige und Ungläubige werden einmal vor dem Herrn Jesus stehen. Allerdings gibt es einen großen Unterschied sowohl in den Folgen, die der Richterstuhl des Christus für einen Gläubigen und für einen Ungläubigen nach sich zieht, als auch in dem Zeitpunkt, zu dem wir vor dem Richterstuhl erscheinen. Für den Gläubigen ist es ein Offenbarwerden, für den Ungläubigen kann der Richterstuhl nur Gericht bedeuten.
Was den Zeitpunkt betrifft, werden zunächst die Gläubigen nach der Entrückung vor dem Richterstuhl offenbar werden. Später, wenn der Herr Jesus wiederkommt, um sein Reich auf dieser Erde aufzurichten, findet das Gericht der Lebendigen statt (Mt 25,31-46). Dazu wird der Herr auf der Erde auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen und die dann lebenden Menschen aus den Nationen richten. Nach dem Tausendjährigen Reich schließlich wird dann das Gericht der Toten vor dem großen weißen Thron stattfinden (Off 20,11-15). Dort werden alle Ungläubigen, die je gelebt haben, erscheinen, um ihr endgültiges Gericht zu empfangen und dem Feuersee übergeben zu werden.
Wir wollen nun auf das Offenbarwerden der Gläubigen eingehen und es unter sieben verschiedenen Gesichtspunkten betrachten.
1. Wer ist der Richter?
Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Herr Jesus selbst der Richter ist. „Denn der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohne gegeben, auf dass alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh 5,22). „Und er hat ihm Gewalt gegeben, auch Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,27). Der Sohn Gottes ist Mensch geworden. Er hat auf dieser Erde gelebt und gezeigt, wie ein Mensch in allen Lebensumständen in wahrer Gottesfurcht zur Verherrlichung Gottes leben kann. Schließlich hat Er als Mensch am Kreuz sein Leben gelassen, ist durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt worden und sitzt jetzt als verherrlichter Mensch zur Rechten Gottes. Gott hat Ihm als Menschen das Gericht übergeben, weil nur Er die sittlichen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gerichtes besitzt. Aber als Gläubige dürfen wir wissen: Derjenige, der dann auf dem Richterstuhl sitzen wird, ist mein Heiland.
2. Wie erscheinen wir?
Wenn der Herr kommt, um seine Braut heimzuholen, wird Er „unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leibe der Herrlichkeit“ (Phil 3,21). Wir werden also bereits mit verherrlichten Körpern vor dem Richterstuhl erscheinen. Wir besitzen die Gerechtigkeit, „die durch den Glauben an Christum ist, die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben“ (Phil 3,9). Die Person, die in Gerechtigkeit richtet, ist selbst unsere Gerechtigkeit (1. Kor 1,30). Dies gibt uns vollkommene Ruhe und Sicherheit im Blick auf diesen Tag.
3. Müssen wir uns fürchten?
Diese Frage beunruhigt viele Kinder Gottes. Doch der Herr Jesus lässt keinen Zweifel daran, dass wir keine Furcht zu haben brauchen. Er sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht“ (Joh 5,24). Als Johannes den Herrn Jesus als Richter sah, fiel er vor seinen Füßen nieder wie tot (Off 1,12-17). Doch was hörte er dann? „Fürchte dich nicht!“ Das gilt auch uns.
Warum brauchen wir uns nicht zu fürchten? Warum kommen wir nicht ins Gericht? Gott ist doch heilig und gerecht und kann keine Sünde sehen. Das ist ohne Zweifel so, aber Gott sei Lob und Dank, Er hat sie schon gerichtet, und zwar am Herrn Jesus, der dann der Richter ist. In den drei Stunden der Finsternis am Kreuz lag die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm. „Der selbst unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24). Der Herr hat alle unsere Sünden vor Gott gesühnt – nicht eine wurde übersehen – und das Gericht dafür getragen. „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christo Jesu sind“ (Röm 8,1).
4. Wir werden offenbar werden
Paulus schreibt an die Korinther: „So urteilet nicht etwas vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Überlegungen der Herzen offenbaren wird“ (1. Kor 4,5). Das ist der Kernpunkt des Richterstuhls für uns: Wir werden weder gerichtet, noch empfangen wir Vergeltung für das Böse, das wir getan haben, sondern wir werden offenbar werden. Unser ganzes Leben wird uns aus einer göttlichen Sicht vorgestellt werden. Davor brauchen wir uns nicht zu fürchten, denn wir wünschen doch alle mit unserem Herrn in allen Dingen vollkommen in Übereinstimmung gebracht zu werden. Alle verborgenen Überlegungen unserer Herzen werden offenbar. Auch alle Beweggründe, die uns zu einem Dienst für den Herrn geleitet haben mögen, werden bloßgestellt. Ob schlechte Beweggründe dabei waren wie Selbstsucht, Eigenliebe, Hochmut, Geltungsbedürfnis oder ob es wahre Hingabe an den Herrn und Liebe zu den Heiligen war – alles wird deutlich werden. Wenn wir die Gnade nicht kennen würden, müssten wir uns vor diesem Licht fürchten. Aber im Vertrauen darauf, dass unsere Sünden weggetan sind, werden wir erst vollkommen zufrieden sein, wenn wir alles so sehen, wir Er es sieht. Wir wünschen, so zu erkennen, wie auch wir erkannt worden sind (1. Kor 13,12). Dann wird in keiner Angelegenheit unseres Lebens noch irgendeine Disharmonie bestehen bleiben zwischen uns und unserem Herrn.
Über allem aber werden wir erkennen, wie groß und herrlich die Gnade Gottes ist, die uns aus einem Zustand völliger Sündhaftigkeit errettet und passend gemacht hat für diese Herrlichkeit. Wir werden auch sehen, wie diese Gnade uns immer wieder zur Buße geleitet und so sicher an das Ziel gebracht hat, obwohl wir auch als Kinder Gottes unseren Herrn noch oft verunehrt haben.
5. Wir werden die Wege Gottes mit uns verstehen
Jetzt verstehen wir das Handeln Gottes mit uns nicht immer. Es bleiben viele Fragen offen. Wir halten zwar daran fest, dass alle seine Wege recht sind und dass uns alle Dinge zum Guten mitwirken. Dennoch bleibt bestehen, was wir in Psalm 77,20 lesen: „Im Meer ist dein Weg, und deine Pfade in großen Wassern, und deine Fußstapfen sind nicht bekannt.“ Es ist so, wie Elihu sagt: „Denn über all sein Tun gibt er keine Antwort“ (Hiob 33,13).
Von der Erde aus sehen wir oft nur die Rückseite unseres Lebensmusters. Die Fäden, die der göttliche Meister in seiner Hand hält, kommen uns verworren und ziellos vor. Doch der Tag kommt, wo wir die andere Seite des Webstückes sehen. Dann erkennen wir, welch ein wunderbares Muster durch die Führung des Herrn daraus entstanden ist. Vor dem Richterstuhl des Christus werden wir verstehen, warum Gott uns hier diesen oder jenen Weg geführt hat. Wir werden seine Weisheit bewundern, und alle offenen Fragen werden beantwortet sein.
6. Wir werden Lohn empfangen
Der Richterstuhl des Christus wird für uns auch mit Lohn verbunden sein. Dieser Gedanke macht uns demütig, denn gilt nicht auch für uns das Wort: „Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren“ (Lk 17,10)? Und doch – der Herr wird nichts unbelohnt lassen, was aus Liebe zu Ihm geschehen ist. Er wird es uns vergelten. Alles, was wir für Ihn tun dürfen, ist nur seine Gnade, die es in uns bewirkt, doch der Herr wird es belohnen. Dabei wollen wir beachten, dass der Lohn nicht für die Größe der Gabe oder die Art des Dienstes ausgeteilt wird, sondern nur für die Treue, mit der wir für den Herrn gearbeitet haben. Was für ein Moment, wenn wir seine Worte hören: „Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; gehe ein in die Freude deines Herrn“ (Mt 25,23).
Manche denken: „Wenn ich nur ein Plätzchen im Himmel haben werde und dann ewig glücklich bin, genügt mir das.“ Aber das kann nicht richtig sein – man würde das missachten, was Gott uns geben will. Der Gedanke an den Lohn soll uns anspornen, für den Herrn zu leben und Ihm zu dienen, wenn auch der Beweggrund dafür nicht die Erwartung des Lohnes sein sollte. Was wir für unseren Herrn tun dürfen, wollen wir aus Liebe und Dankbarkeit tun.
Wenn es um die Belohnung geht, wollen wir allerdings im Auge behalten, dass es dabei um die Verwaltung im 1000-jährigen Reich geht. Das wird sehr deutlich in Lukas 19,17, wo dem guten Knecht als Belohnung Regierungsgewalt über zehn Städte gegeben wird. Im Vaterhaus gibt es solche Unterschiede nicht, im Reich aber sind Unterschiede vorhanden. Es wird solche geben, die reichen Lohn empfangen, es wird andere geben, die weniger Lohn empfangen. Wie schade wäre es, wenn der Herr uns den Lohn, den Er uns zugedacht hatte, nicht geben könnte! Deshalb wollen wir uns durch das Wort ermuntern lassen: „Halte fest, was du hast, auf dass niemand deine Krone nehme“ (Off 3,11).
7. Auswirkungen des Richterstuhls
Die Tatsache, dass wir einmal vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, hat einen heiligenden Einfluss auf unser Leben: Wir strengen uns an, Ihm wohlgefällig zu sein.
Darüber hinaus beeinflusst die Wahrheit über den Richterstuhl auch unsere Haltung gegenüber den Ungläubigen. Als solche, die den Schrecken des Herrn im Blick auf das Gericht über die Ungläubigen kennen, werden wir als Gesandte für Christus die Menschen überreden, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Durch die Liebe des Christus werden wir gedrängt, den Ungläubigen zu sagen, dass sie dem ewigen Gericht entgegengehen und dem nur dadurch entgehen können, dass sie den Sühnungstod des Herrn Jesus im Glauben für sich in Anspruch nehmen.
Der Richterstuhl hat nicht nur Auswirkungen auf unser Leben hier auf der Erde. Die Folgen werden auch im Himmel sichtbar werden. Wenn unser Leben vor dem Richterstuhl offenbar geworden ist, werden wir einerseits ein weit größeres Bewusstsein von der Sündhaftigkeit und Verderbtheit des Menschen haben, die auch uns einst kennzeichnete. Andererseits werden uns der Reichtum seiner Gnade sowie die Erlösung durch sein Blut weitaus größer werden als hier auf der Erde. Dies führt uns dazu, den Vater und den Sohn mehr zu lieben und Ihnen zu danken für das, was uns geschenkt worden ist. Wenn seine Gnade vor uns steht, werden wir anbetend niederfallen, unsere Kronen vor Ihm niederwerfen und Ihm alle Ehre und Herrlichkeit geben, deren Er allein würdig ist.
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