Bibel praktisch
Was Gott hasst
Das Buch der Sprüche enthält in Kapitel 6 eine kleine Liste von Dingen, die Gott hasst. Denken wir kurz darüber nach:
„Sechs sind es, die der Herr hasst, und sieben sind seiner Seele ein Gräuel:
(1) hohe Augen,
(2) eine Lügenzunge,
(3) und Hände, die unschuldiges Blut vergießen;
(4) ein Herz, das böse Pläne schmiedet,
(5) Füße, die schnell zum Bösen hinlaufen;
(6) wer Lügen ausspricht als falscher Zeuge,
(7) und wer Zwietracht ausstreut zwischen Brüdern“ (V. 16-19).
Wenn wir in der Bibel an einigen Stellen Aufzählungen finden, dann müssen wir davon ausgehen, dass sie immer wichtige Belehrungen enthalten. Aber wir sollten nicht erwarten, dass jede Aufzählung im buchstäblichen Sinn vollständig ist. Denken wir nur an die Aufzählung der Gnadengaben in 1. Korinther 12,8-10.28. Dort finden wir keine vollständige Liste der Gnadengaben. Bei der Aufzählung in Sprüche 6 ist es ähnlich – es gibt zweifellos mehr Dinge, die Gott hasst, als diejenigen, die hier aufgelistet sind. Doch diese Aufzählung enthält charakteristische Elemente, die uns helfen, Dinge zu erkennen, die Gott hasst und die auch wir hassen sollen.
Sünde in allen Bereichen
Welche grundsätzlichen oder charakteristischen Formen oder Bereiche der Sünde werden nun in dieser Aufzählung angesprochen? Nehmen wir die „hohen Augen“ (1). Sie sind ein Ausdruck von Stolz und Hochmut und berühren den Bereich unserer inneren Haltung. Andere Bereiche, in denen sich Dinge verstecken können, die Gott missfallen, sind
- unsere Gedanken(welt): „ein Herz, das böse Pläne schmiedet“ (4);
- unsere Worte: „eine Lügenzunge“ (2) und „wer Lügen ausspricht als falscher Zeuge“ (6);
- unsere Taten: „Hände, die unschuldiges Blut vergießen“ (3);
- unsere Begierden: „Füße, die schnell zum Bösen hinlaufen“ (4);
- unser Einfluss: „wer Zwietracht ausstreut zwischen Brüdern“ (7).
Auf alle Bereiche müssen wir achtgeben, damit sich nichts Böses darin einnistet.
Alle Sünden gleich?
Vergleichen wir die sieben Dinge miteinander, die Gott hasst, stellt sich die Frage, ob sie alle gleich schwerwiegend sind oder ob nicht doch große Unterschiede bestehen. Da könnte jemand behaupten: Bei Gott gibt es keine kleinen und keine großen Sünden, bei Ihm sind alle Sünden gleich. Es ist wahr: Gott kennt keine kleinen Sünden. Aber es ist auch wahr, dass Gott große Sünden kennt. Gottes Wort spricht mehrfach davon. Hier zwei Beispiele:
- Als das Volk Israel während der Abwesenheit Moses ein goldenes Kalb gebaut und es angebetet hatte, klagte Mose vor Gott: „Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen“ (2. Mo 32,31).
- Zu der Zeit, als Samuel unter abscheulichen Zuständen in Silo heranwuchs, lautete das Urteil Gottes: „Die Sünde der Jünglinge war sehr groß vor dem Herrn; denn die Leute verachteten die Opfergabe des Herrn“ (1. Sam 2,17).
Gott beurteilt und bewertet Sünden also nicht immer gleich und schon gar nicht pauschal. Es ist durchaus von Bedeutung, unter welchen Umständen eine Sünde begangen wird, in welcher Ausprägung eine Sünde getan wird oder was für eine Sünde es ist. Ehebruch zum Beispiel kann man im Herzen begehen (Mt 5,28) oder auch als Tat (3. Mo 20,10). Wer Ehebruch im Herzen begeht, muss diese Sünde bekennen. Aber wenn Ehebruch zur Tat wird, dann ist diese Sünde weitaus schlimmer; dann wurden böse Gedanken und Begierden meistens über eine gewisse Zeit nicht verurteilt, so dass sich das Böse im Herzen festsetzen konnte. Und wenn ein böser Herzenszustand vorliegt, muss der Betreffende sogar aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgeschlossen werden.
Gott hasst alle Sünden
Für die sieben Punkte in Sprüche 6 gilt: Gott hasst sie. In dieser Hinsicht sind sie alle gleich. Über Auswirkungen der Sünden und über unterschiedliche Bedingungen, unter denen sie stattfinden, wird hier nicht gesprochen. Vielleicht hätten wir in dieser Auflistung weder die „hohen Augen“ (= Hochmut, Stolz) (1) noch das Aussäen von Zwietracht erwähnt (7), weil sie uns nicht so hassenswürdig vorkommen – jedenfalls nicht im Vergleich zu der besonders schwerwiegenden Sünde, unschuldiges Blut zu vergießen (3). Aber lassen wir uns nicht von den Normen und Standards dieser Welt täuschen: Auch (und gerade) „hohe Augen“ sind Gott zuwider. Woanders im Buch der Sprüche steht: „Jeder Hochmütige ist dem Herrn ein Gräuel“ (Kap. 16,5). So schlimm ist Hochmut in den Augen Gottes! Wer hochmütig ist, hat Gott gegen sich: „Gott widersteht den Hochmütigen“ – diese Aussage wird im Neuen Testament gleich zweimal zitiert (Jak 4,6; 1. Pet 5,5).
Wer die Aufzählung in Sprüche 6 auf sich wirken lässt, wird Beweggründe, Gedanken, Worte und Taten prüfen: Habe ich etwas toleriert, von dem ich weiß, dass Gott es hasst?
Zwietracht ausstreuen
Kommen wir noch kurz zum letzten Punkt in unserer Aufzählung: Zwietracht ausstreuen. Er stellt hier eine Art Höhepunkt dar, auf den Gott unser besonderes Augenmerk richten will. Aber warum Höhepunkt? Ist nicht das Vergießen von unschuldigem Blut (3) der Höhepunkt in dieser Aufzählung? Es mag für uns die schwerwiegendste Sünde sein. Aber Gott möchte in dieser Aufzählung besonders auf den letzten Punkt abheben – nicht, weil die Aufzählung von (1) bis (7) als Steigerung zu verstehen ist, sondern weil die Aufzählung mit einem besonderen Stilmittel der hebräischen Poesie eingeleitet wird: Vor der Aufzählung werden zwei aufeinander folgende Zahlen genannt: „sechs sind es … und sieben …“ oder (wie an anderen Stellen im Alten Testament) „drei sind es … und vier …“ (Spr 30; vgl. Amos 1;2). Die aufgezählten Dinge (oder Wesen) haben alle etwas gemeinsam und doch soll durch die zweite Zahl der am Schluss aufgelistete Punkt hervorgehoben werden.
Offensichtlich möchte Gott in dieser Aufzählung besonders vor solchen Menschen warnen, die Zwietracht ausstreuen – und das nicht von ungefähr. Der Zusammenhang, in dem diese Aufzählung steht, macht deutlich, dass die sieben Punkte teilweise schon vorher erwähnt werden. Wir lesen von der „Verkehrtheit des Mundes“, dass Böses geschmiedet wird und Zwietracht ausgestreut wird (V. 12-15). Und wie Gott den sieht, der sich zu solchen Taten hinreißen lässt, wird auch nicht verschwiegen: Er ist ein „Belialsmensch“.
Das hebräische Wort für „Belial“ bedeutet „wertlos, gesetzlos”. Es wird im Alten Testament für die Personifizierung des Bösen benutzt (siehe „Sohn Belials" und „Tochter Belials" in 5. Mo 13,14; 1. Sam 1,16; 25,17.25 ). Im Neuen Testament wird „Belial" Christus gegenübergestellt, als ob es Satan selbst wäre (2. Kor 6,15).
Zwietracht unter Brüdern ausstreuen ist in Gottes Augen also eine schwerwiegende Sünde. Im Neuen Testament gehört Zwietracht zu den Werken des Fleisches (Gal 5,20). Sie wirkt der Einheit und Gemeinschaft, die der Heilige Geist zustande gebracht hat, völlig entgegen. Deshalb sollte sie bei Kindern Gottes nicht vorkommen. Wer Zwietracht ausstreut und damit Gläubige entzweit, unterstützt letztlich das Werk des Teufels.
Ein Körperorgan fehlt
Schauen wir uns abschließend noch kurz an, welche Körperorgane in unserer Aufzählung genannt werden bzw. aktiv sind: Die Augen (1), die Zunge (2,6), die Hände (3), das Herz (4) und die Füße (5). Doch welches Organ fehlt hier? Die ersten fünf Kapitel der Sprüche erwähnen es mehrfach: Das Ohr – das Organ, mit dem wir hören. Es gehört zu den wichtigen Organen des Gläubigen und wird im Buch der Sprüche häufig erwähnt. Gott hat Freude an dem „hörenden Ohr“ (Kap. 20,12; 25,12).
Das wollen wir mitnehmen: auf die Unterweisung Gottes in Sprüche 6 zu hören!
Fazit
Böses böse zu nennen und sich davon zu distanzieren, ist heute gewiss nicht populär; wer es trotzdem tut, hat Gott auf seiner Seite. Wenn wir das hassen, was Gott hasst, und das lieben, was Er liebt, dann laufen wir auf seinen Wegen; dann wird Gott geehrt und wir werden gesegnet.
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