Themenheft

Gideon

Gideon ist der sechste Richter, der im Buch der Richter vorgestellt wird. Aus seiner Geschichte, die in den Kapiteln 6 bis 8 berichtet wird, können wir viel lernen. Unter anderem finden wir nützliche Hinweise für jeden, der sich dem Herrn Jesus zur Verfügung stellen und Ihm dienen möchte. Einige davon wollen wir uns in diesem Artikel ansehen.

Eine Begegnung mit dem Herrn

Eines Tages erschien Gideon der Engel des Herrn – der Engel, durch den sich im Alten Testament der Sohn Gottes zeigte. Damit begann Gideons Zubereitung als Werkzeug Gottes. Ähnlich war es bei dem jungen Samuel, dem der Herr zu Beginn seines Prophetendienstes persönlich erschien (1. Sam 3). Vor dem eigentlichen Dienst stand also die Begegnung mit dem Herrn. Wir lernen daraus etwas, das sowohl für Gideon damals zutraf als auch für uns heute gilt: Wenn wir für unseren Herrn arbeiten und Ihn anderen vorstellen möchten, müssen wir die persönliche Begegnung, den vertrauten Umgang mit Ihm kennen.

Entschiedenes Verlangen nach Nahrung

Wie überrascht wird Gideon gewesen sein, als ihm bei seiner Arbeit plötzlich der Engel des Herrn mit den Worten erschien: „Der Herr ist mit dir, du tapferer Held“ (Ri 6,12). Was hatte Gideon denn Bedeutsames getan, dass der Herr ihn so anredet? Er hatte Weizen ausgeschlagen und dies aus Furcht vor den Midianitern in einer Weinkelter getan. An sich also keine besonders heldenhafte Tat. Aber Gott sah, wie Gideon um Nahrung kämpfte, wo doch der Feind den Ernteertrag verdorben hatte (Ri 6,4). Dieser Eifer war für Gott so wertvoll, dass er ihn als „tapferen Held“ bezeichnete.
Wenn wir dies auf uns übertragen, sehen wir in dem Weizen, den Gideon ausschlug, ein Bild von Christus. Wie wichtig ist uns die tägliche Beschäftigung mit dem Wort Gottes (Weizen ausschlagen), dessen Mittelpunkt der Herr Jesus ist? Reservieren wir uns dafür feste Zeiten im Tagesablauf? Beginnen wir den Tag mit unserem Herrn? Wieviel Disziplin das erfordert, merken wir, wenn wir es versuchen und feststellen, dass manches dazwischenkommen kann, was uns davon abhält. Regelmäßige, geistliche „Mahlzeiten“ sind jedoch wichtig, um zur Ehre des Herrn zu leben und für Ihn da zu sein.

Liebe und Glaube

Gideons Antwort auf die Worte des Engels zeigt seine gute Gesinnung. Direkt nachdem der Engel ihm persönlich zugerufen hatte: „Der Herr ist mit dir“, fragte er: „Wenn der Herr mit uns ist, warum hat denn dies alles uns betroffen?“ Er hatte das Wohlergehen des ganzen Volkes Gottes vor Augen und dachte nicht nur an sich. Zugleich kannte Gideon das wunderbare Handeln Gottes zugunsten seines Volkes. Er hatte geglaubt, was seine Väter ihm erzählt hatten (Ri 6,13). Liebe zum Volk Gottes und Glaube an das Wort Gottes sind weitere Voraussetzungen, um für Gott brauchbar zu sein.

Ein Bewusstsein der eigenen Schwachheit

Gott benutzt gerne Werkzeuge, die schwach sind. Wir finden bei fast allen Richtern Merkmale, die auf persönliche Schwachheit hindeuten. Bei Gideon war es nicht anders und er war sich dessen bewusst. Er konnte sich weder auf seine Herkunft berufen, denn sein „Tausend war das ärmste in Manasse“, noch auf eigene Stärke, denn er war „der Jüngste im Haus seines Vaters“ (Ri 6,15). Allerdings war ihm noch nicht klar, dass er gerade damit die Voraussetzung aufwies, dass Gottes Kraft durch ihn wirken konnte. Im Neuen Testament lesen wir die bedeutsamen Worte: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9.10). Dieser Grundsatz zieht sich durch die ganze Geschichte Gideons und ist sehr wichtig. Wenn wir uns bewusst sind, dass wir aus uns selbst nichts können, werden wir vor Selbstsicherheit und Hochmut im Dienst bewahrt. Zudem führt es dazu, dass wir uns ganz auf die Hilfe des Herrn verlassen, der uns für jeden Auftrag die nötige Kraft geben wird.

Ein Zeugnis im familiären Umfeld

Ab Kapitel 6,25 folgt der zweite Schritt in Gideons Zubereitung. Nun galt es, in seiner eigenen Umgebung Ordnung zu schaffen. Im Haus seines Vaters gab es Götzendienst, den der Herr nicht dulden konnte. Er beauftragte Gideon, den Altar des Baal und die Aschera umzuhauen und stattdessen dem Herrn einen Altar zu bauen. Das war keine einfache Sache. Gideon schreckte davor zurück und tat es in der Nacht – aber das Entscheidende war, dass er es tat! So machte er seinem Namen, der „Niederhauer“ bedeutet, alle Ehre. Auch hier ergibt sich eine Lektion für uns heute: Dienst für den Herrn beginnt in der Regel in unserer direkten Umgebung und kann sich dann ausweiten. Treue im Kleinen und geordnete Verhältnisse in unserem persönlichen Umfeld qualifizieren uns für weitergehende Aufgaben.

Mut und Zielorientierung

Auf Gideons Zubereitung folgte die Zubereitung des Volkes, das mit ihm in den Kampf gegen die Philister ziehen sollte. Gott „musterte“ das Volk in Kapitel 7,1-8 auf eine zweifache Weise:

Bei der ersten „Musterung“ sollten alle die umkehren, die Furcht hatten. Fast zwei Drittel der Männer folgten diesem Aufruf und kehrten um! Furchtsamkeit macht vielen von uns zu schaffen. Wir fürchten beispielsweise Ablehnung oder Spott oder auch die Meinung unserer Mitmenschen über uns. Furcht schwächt uns im Kampf für den Herrn und wirkt sich zudem oft negativ auf andere aus. Daher wollen wir den Herrn bitten, dass wir die Angst mit seiner Hilfe überwinden und uns in Ihm stärken. Dann können wir mutig das tun, was Er uns zeigt.

Bei der zweiten „Musterung“ sollte Gideon das Volk an das Wasser führen: Gott hielt solche für kampffähig, die mit ihrer Zunge vom Wasser leckten, ohne sich hinzuknien (Ri 7,4.5). Was sollte dieses merkwürdige Kriterium bedeuten? Das Wasser ist an dieser Stelle kein Bild vom Wort Gottes, sondern von natürlichen Erfrischungen, die die Welt bietet. Wasser zu trinken ist ein ganz menschliches Bedürfnis. Es stellt sich jedoch die Frage, welchen Wert wir den natürlichen Dingen und den Annehmlichkeiten des Lebens beimessen. Nehmen sie uns stark in Anspruch (hinknien und trinken) oder machen wir lediglich den gerade notwendigen Gebrauch davon (nur mit der Zunge lecken) und nutzen sie nur als eine Stärkung für unseren Dienst? Diejenigen, die das Wasser nur leckten, blieben wachsam und handlungsbereit. Sie verloren das Ziel nicht aus den Augen. Das ist die richtige Haltung für einen Diener des Herrn.

Demut

Nach dem Sieg über die Philister wird Gideon mit Egoismus und Neid konfrontiert (Ri 8). Die Männer von Ephraim begegnen Gideon mit den Worten: „Was ist das für eine Sache, die du uns getan, dass du uns nicht gerufen hast“ (V. 1). Neid war ein besonderes Problem der Ephraimiter (vgl. Jos 7,12-18; Ri 12,1; Jes 11,13). Gideon reagierte auf diese ungerechtfertigte Beschuldigung mit vorbildlicher Demut. Seine milde Antwort, in der er den Dienst der Ephraimiter über seinen eigenen stellt, beruhigte die Gemüter (vgl. Spr 15,1).

Egoismus und Neid können uns im eigenen Leben, im Miteinander unter Glaubensgeschwistern und im Dienst für den Herrn begegnen. Sie sorgen leider selbst unter Gläubigen für Streit und Unruhe. Echte Demut, die der Herr Jesus vollkommen gezeigt hat (Mt 11,29), ist da das Heilmittel. Gideon hatte gelernt, dass er in sich selbst nichts war und wandte das jetzt in der Beziehung zu seinen Brüdern an. Während die Männer von Ephraim sich selbst zu wichtig nahmen, nahm Gideon sich ganz zurück.

Das Ende Gideons

Gideons Leben war besonders durch Demut gekennzeichnet. Wenn wir die letzten Abschnitte in Richter 8 lesen, bekommen wir den Eindruck, dass der Teufel gerade an diesem Punkt ansetzte, um Gideon zu schaden:

  • Das Ephod, das er als ein Erinnerungszeichen an den großen Sieg machte und das ihm und seinem Haus zum Fallstrick wurde (V. 14-27),
  • sowie der einzige erwähnte Name seiner vielen Söhne (V. 31: Abimelech = „mein Vater ist König“),

weisen darauf hin, dass seine Glaubenskraft gegen Ende seines Lebens abnahm und Gideon nicht ganz unempfänglich für die Ehre bei Menschen war.

Das zeigt, dass ein guter Anfang im Glaubensleben keine Garantie für ein gutes Ende ist. Wir brauchen die Hilfe unseres Herrn, um die positiven Merkmale Gideons in unserem Leben beständig zu zeigen und wachsam vor Gefahren zu sein.