Kurzberichte über die Arbeit mit Flüchtlingen
Kurzberichte über die Arbeit mit Flüchtlingen
In Heft 11-2015 hat sich bereits ein Artikel eher allgemein mit der Frage „Wie gehen wir mit dem Flüchtlingsstrom um?“ beschäftigt. In der vorliegenden Zusammenstellung erfahren wir nun etwas mehr über Erlebnisse und Möglichkeiten in der sozialen und christlichen Arbeit mit Flüchtlingen.
Plötzlich sind sie da
Sie kommen aus Syrien und Afghanistan, aus Pakistan, dem Irak und dem Iran und aus Eritrea. Sie wohnen in Flüchtlingsunterkünften. Sie brauchen Kleidung, Nahrung, ein Bett, haben Pläne, wollen Deutsch lernen und haben Zeit - viel Zeit. Und sie brauchen den Herrn Jesus, aber das wissen die meisten von ihnen nicht.
Mehr Zuhörer als Plätze
Seit Monaten haben wir diese Evangelisation vorbereitet, einen Evangelisten eingeladen, Themen abgestimmt, einen Raum gemietet, Einladungen gedruckt. Da bekommt einer die Idee: Lasst uns doch auch die Flüchtlinge aus der nahegelegenen Unterkunft einladen. Also: Um arabischen Übersetzer kümmern, Einladung ins Arabische übersetzen und verteilen. Wie viele wohl kommen werden? 35 wäre doch schon eine schöne Zahl. Wir bereiten uns vorsichtshalber auf 50 vor.
Am Abend der Evangelisation stehen 150 jubelnde und wartende Flüchtlinge am Tor und möchten mitgenommen werden. Es tut uns wirklich sehr leid, aber wir haben nur Kapazitäten für 50. Aufgrund der Menge der arabischen Gäste verzichten wir auf die Simultanübersetzung. Die Evangelisation kann beginnen. Parallel zu Arabisch wird ins Englische übersetzt.
Während drinnen die wichtigste Botschaft der Welt für ungläubige Menschen verkündigt wird, macht sich ein Bruder auf den Weg, um die arabische Literatur zu holen, die falsch zugestellt wurde. Ein anderer kümmert sich darum, dass noch eine arabisch sprechende Schwester kommt, die für die Frauen nach der Stunde als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen kann.
„Vielleicht musste der Krieg in Syrien stattfinden, damit wir heute Abend diese Botschaft hören konnten.“ Das ist die Aussage einer Frau, die erst zwei Wochen in Deutschland lebt und heute Abend zum ersten Mal in ihrem Leben das Evangelium gehört hat. Sie hat sich mir ganz tief ins Herz eingebrannt.
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Mittwoch, 17 Uhr
Leerstehende Jugendherbergen. Das ist in ländlichen Regionen keine Seltenheit. Und so wird aktuell manche Jugendherberge als Flüchtlingsunterkunft genutzt.
Ich helfe einem Jugendlichen bei der Anmeldung zum Deutschkurs. Auf dem Nachhauseweg fällt mir ein, dass ich gar nicht gesagt habe, welche Sprache „mein“ Flüchtling spricht. Ich kehre um und mir wird gesagt: „Unterrichtssprache ist Deutsch. Die Heimatsprache ist unwichtig." Aber ich erfahre auch: „Deutschlehrer sind akute Mangelware, es gibt großen Bedarf an ehrenamtlichen Deutschlehrern", und zuletzt kommt die Frage: „Wollen Sie nicht Deutschunterricht anbieten?"
Ich fange an. Trotz meiner fast 80 Jahre. Der Kontakt mit den Flüchtlingen gibt mir die Möglichkeit, sie in ihrer Unterkunft zu besuchen. Und so kommt eins zum anderen: Wir planen, sie zu Vorträgen über den christlichen Glauben einzuladen. Dienstags nach der Versammlungsstunde wird umgeräumt. Dann Mittwoch, 17 Uhr: Es gibt Kaffee, Tee, etwas zu knabbern, eine offene Atmosphäre. Eine halbe Stunde später ist der Letzte angekommen. Es muss geklärt werden, welche Sprachen die Anwesenden sprechen. Arabisch und Englisch gehören immer dazu, manchmal auch Farsi, Dari, Urdu, Französisch. Gar nicht so einfach, jeden zu bedienen. Wir sind dankbar für unseren Arabisch-Übersetzer. Ursprünglich kommt er aus der koptischen Kirche, nun ist er seit zwei Jahren in Deutschland und unterstützt uns hervorragend.
Die Zuhörer sind interessiert. Mal mehr, mal weniger. Fragen werden gestellt. Manchmal sind auch welche ablehnend. Zwischendurch betet auf der Empore ein Mann zu seinem Gott. Leise, aber unübersehbar. Andere verlassen den Raum und kommen später wieder.
Erster Mittwoch im Monat, 17 Uhr. Dieser Termin ist zu einer festen Einrichtung geworden. Wir sehen viele Gesichter - bekannte und neue.
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Deutschunterricht einmal anders
Es werden Helfer für den Sozialen Dienst gesucht. Ich melde mich und muss Taxifahrten organisieren, Röntgentermine vereinbaren, Mitteilungen aushängen und anderes mehr. In der freien Zeit dürfen wir mit den Flüchtlingen machen, was wir am Besten können.
Ich plane, mit Deutschunterricht zu beginnen. Der einzige verfügbare Raum ist der Speisesaal mit einer großen Pinnwand. Ich packe eine Tapetenrolle, Reißzwecken und Stifte ein. Es dauert etwas, bis der Erste begreift, was ich vorhabe. Und dann kommen sie. Begeistert buchstabieren wir. A, E, I, EI. Und dann beginnt das Zählen. Eins, zwei, drei, … Die Flüchtlinge freuen sich: Es passiert etwas. Jemand kümmert sich um sie.
Fünfzehn Kinder leben im Camp. Wie kann man mit Kindern sprechen, die kein Deutsch und Englisch können? Singen und Spielen. Und die Sprache der Liebe. Sie wird immer verstanden. Begeistert malen die Kinder und lernen: Hallo, hallo, hallo, wenn wir uns sehen, werden wir froh. Der Funke springt über. Man versteht sich. -
Zum fünften Mal Deutschunterricht. Heute geht es um „Einladung“. Wir sprechen über „Wer? Wann? Was? Wie? Wo?“ Ergebnis: Einladung an alle Flüchtlinge zu einem Kaffeetrinken im Versammlungsraum. Transport mit dem Bus. Und nach dem Kaffeetrinken: Wir sprechen über Weihnachten. Eine bessere Formulierung für ein Thema fiel mir nicht ein. Schließlich sollte es für Deutsch-Anfänger verständlich sein und trotzdem deutlich machen, dass es um ein christliches Thema ging.
„Hallo, hallo, hallo.“ Begeistert singen es die Kinder der Flüchtlinge und begrüßen so alle Gäste und uns als Gastgeber. Wir danken unserem Gott im Himmel für die Gaben und das Zusammensein. Nach dem Kuchenessen und dem Kaffeetrinken dann die Hauptsache. Was gibt es Schöneres, als die Botschaft weiterzusagen, dass Gott mit uns sein will (Immanuel) und dass dafür der Herr Jesus gekommen ist, um uns von unseren Sünden zu erretten. Es werden viele „Ein Brief für dich“ und Johannesevangelien mitgenommen. Und es werden Fotos geschossen - Erinnerungs- und Abschiedsfotos.
Denn zwei Tage später müssen die Flüchtlinge abreisen. Mit vielen Eindrücken in ihren Herzen. Welche Saat geht wohl auf?
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Das Evangelium zum Hören
Flüchtlinge und Smartphones. Das gehört irgendwie zusammen. Literatur kann man verlieren, auf sein Handy passt man auf. Es ist überlebenswichtig. Und was ist mit den Flüchtlingen, die nicht lesen können? Kann man sie nicht vielleicht übers Internet erreichen?
Das dachte ich mir auch und fing an, eine Webseite aufzubauen. http://www.death-unto-life.com/. Hier und auch unter http://death-unto-life.com/languages/ finden die Flüchtlinge „Ein Brief für dich" in verschiedenen Sprachen und die Bibel zum Hören. Keine Literatur mehr, die verloren gehen kann. Und kein Mitbewohner mehr, der Stress macht, weil man in einem christlichen Heft liest.
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Regelmäßige Besucher bei der Evangelisation
Deutsche Sprache, schwere Sprache. Das hat schon mancher Neu-Bürger in unserem Land erfahren. Und so hofft jeder Flüchtling, endlich an einem BAMF-Kurs teilnehmen zu können, um diese Sprache lernen zu können und stöhnt gleichzeitig über die deutsche Aussprache und Grammatik. Warum muss man im Deutschen auch zwischen E und I unterscheiden, und warum gibt es überhaupt ein F? Das P würde es doch auch tun.
Ich bekomme Kontakt zu Flüchtlingen aus Eritrea. Man kann sich schon ganz passabel mit ihnen unterhalten. Aber bis zum perfekten Deutsch ist es noch ein weiter Weg. Ich lade sie einmal in der Woche zur Deutsch-Nachhilfe in unseren Versammlungsraum ein. Sie kommen gern. Es ist immer wieder eine Herausforderung, die Regeln der eigenen Sprache kennenzulernen und zu vermitteln. Aber es macht auch viel Freude. Und wenn wir Evangelisation haben, ist eins klar: Die Deutsch-Schüler aus Eritrea kommen immer.
Zusammengestellt von Hans Vedder
Anmerkung der Redaktion: Die sogenannte „Flüchtlingsproblematik“ beschäftigt mit ihren vielfältigen Herausforderungen weiterhin tagein, tagaus Politik und Gesellschaft in Deutschland und Europa. Auch als Christen, die selbst „Fremdlinge“ auf dieser Erde sind, werden wir mit Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und vielen anderen Ländern konfrontiert, die nun in unserer Nachbarschaft leben. Das könnte uns beunruhigen. Schließlich hat die Silvesternacht in Köln ihre Spuren hinterlassen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es manche Fragen zu beantworten. Ob Christen weiterhin ein „ruhiges und stilles Leben führen“ können, bleibt abzuwarten. Aber wenn sie alles aus der Hand Gottes annehmen, dann auch den Flüchtlingsstrom - egal, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Eins steht jedenfalls fest: Nie waren die Missionsfelder so nah wie heute. Deshalb lass dich anspornen, die sich jetzt bietenden Gelegenheiten zu nutzen, um Flüchtlingen in deiner Umgebung durch Tat und Wort ein Wegweiser zum Herrn Jesus zu sein.
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