Personen in der Bibel
Ein Denkmal der Gnade Gottes - Manasse
Manasse – unter besten Bedingungen aufgewachsen, als Zwölfjähriger auf Jerusalems Thron, dann der Absturz: als der schlimmste Götzendiener, den das Königreich Juda je erlebt hat, wird er zum Mörder seiner eigenen Söhne. Gottes Appelle bleiben ungehört, so dass er mit Gericht eingreift. Doch das Erstaunliche passiert: Manasse bereut sein Leben und findet zurück zu Gott. seine letzten Lebensjahre lebt er konsequent für Gott – aber sein Volk kann er nicht mehr komplett zurückführen, und sein Sohn tritt in die Fußstapfen des „alten“ Manasse…
Manasse – Prinz in einem gottesfürchtigen Königshaus
Es war ungefähr um das Jahr 630 vor Christus, als in Jerusalem ein Königssohn mit Namen Manasse geboren wurde. Seine Geschichte kannst du in 2. Könige 21 oder 2. Chronika 33 nachlesen. Manasse hatte gottesfürchtige Eltern. Besonders sein Vater Hiskia hatte in seinem Königreich sehr für Gott gewirkt. So wurde Manasse in eine Zeit hineingeboren, in der es im Reich Juda ganz gut stand. Sein Vater hatte das Land von Götzenbildern und -praktiken gereinigt. Als Juda durch die Assyrer angegriffen worden war, hatte Gott die Eroberung Jerusalems auf wunderbare Weise verhindert. Unter Gottes Segen war es eine Zeit wirtschaftlichen und geistlichen Aufschwungs.
Manasse hatte es zwar noch nicht persönlich miterlebt, wie Gott seinem Vater nach einer schweren, eigentlich tödlichen Krankheit noch 15 Lebensjahre hinzugefügte. Dieses Ereignis lag drei Jahre vor seiner Geburt, es wird ihm aber ganz sicher nicht verborgen geblieben sein.
Von seiner Mutter haben uns die Chronisten außer ihrem Namen Hephzi-Bah nichts weiter berichtet. Ihr Name bedeutet „Mein Gefallen an ihr“. Nicht nur ihre Eltern werden bei der Geburt ihr Gefallen an ihr gehabt haben; ein gottesfürchtiges Leben gefällt auch Gott. Das können wir in prophetischer Sicht auch auf den gläubigen Überrest des Volkes Gottes anwenden.
Manasse – als Kind auf dem Königsthron
Manasses unbeschwerte Kindheit dauerte nicht lange. Als er 12 Jahre alt war, starb sein Vater. Manasse folgte ihm auf dem Thron nach. Als Königssohn trug er nun die Verantwortung für das Königreich Juda. Er war damit zwar nicht der jüngste König in Juda, dem das Königtum übertragen wurde (Joas wurde mit sieben Jahren, sein Vorfahre Ussija mit 16 Jahren König). Wir können uns natürlich vorstellen, dass diese Jugendlichen bzw. Kinder in einem solchen Alter noch nicht wirklich Regierungsfunktion übernehmen konnten. Sie waren in der Regel von Beratern umgeben, die nicht selten großen Einfluss auf ihre Entwicklung hatten. Aber offiziell standen sie doch in dieser verantwortlichen Stellung.
Manasses Scheitern als gottloser Mörder und Götzendiener
Leider setzte Manasse nicht den Weg seines Vaters fort, der Gott treu gedient hatte. In seiner Lebensgeschichte wird uns von vielen bösen Dingen berichtet. Sehr bald fing er an, die Götzenbilder und Höhen1, die sein Vater zerstört hatte, wieder aufzurichten. Sein Vorbild war nicht sein Vater und was er Gutes für Gott getan hatte, sondern er ließ sich in seinem Wirken durch die gottlosen Nationen anreizen und verführen, die rings um Juda wohnten. Das tat er in einem Eifer, der kaum zu überbieten war. Dem ganzen „Heer des Himmels“, der Sonne, dem Mond, den Sternen baute er Altäre und diente ihnen. Dabei verschonte er noch nicht einmal den Tempel, das Haus Gottes in Jerusalem! Selbst dort baute er in den beiden Höfen des Hauses des Herrn alle möglichen Altäre. Damit noch nicht genug: Magier, Totenbeschwörer und sonstige Götzendiener hatten Hochkonjunktur in dieser Zeit. Er ließ sogar seine Söhne im Tal des Sohnes Hinnoms durch das Feuer gehen (2. Chr 33,6). Auch vor Mord und anderen Gewalttaten schreckte er nicht zurück, um seine Ziele zu erreichen. Als König hatte er damit natürlich auf das ganze Volk einen katastrophalen Einfluss. Er verleitete es dadurch, mehr Böses zu tun als die heidnischen Nationen um sie herum.
Würden wir nicht erwarten, dass Gott schnell mit Gericht und Strafe auf dieses schlimme Handeln antwortet? Aber nein, Er sandte in seiner Langmut Propheten und redete auf verschiedene Weise zu Manasse und den Juden, um sie von diesem schlimmen Weg abzubringen. Mit welchem Erfolg? Leider achteten weder Manasse noch das Volk auf Gottes Reden. Schuldhafte Gleichgültigkeit, vielleicht ein Ausdruck von Spott, Hohn und Auflehnung war die Antwort auf Gottes Bemühungen um sie. Ließ Gott sie nun einfach laufen? Nein. Seine Erziehungsmittel nahmen nun viel härtere Formen an. Er ließ das eintreten, was Er durch die Propheten warnend gesagt hatte (2. Kön 21,12 ff.): Gott schickte die Assyrer. Sie verheerten das Land und brachten Manasse gefangen nach Babel.
Manasses große Lebenswende
Im Kerker in der Stadt Babel, wo er mit schweren Fesseln gebunden war, gab es Zeit zum Nachdenken. Der Film seiner bösen Handlungen lief vor seinen Augen ab. Hatte er es anders verdient? Vielleicht erinnerte er sich jetzt an Gottes Gnade gegenüber seinem Vater, als Er diesem noch 15 Jahre zu seinem Leben hinzufügte. Sollte es möglich sein, dass Gott auch ihm bei all seiner Bosheit doch noch Gnade zuwenden könnte? Wenn es um seine Verantwortlichkeit ging, dann war das Gericht unabwendbar. Aber Gott ist doch barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und groß an Güte. In dieser großen Bedrängnis, die sein Herz erfasste, beschritt er den einzigen Weg, der für ihn noch offen war. Er „flehte den Herrn, seinen Gott an“ (2. Chr 33,12). seinen Gott? Wir haben richtig gelesen. Manasse erkannte ihn jetzt als seinen Gott an, nicht mehr die Assyrer in Jerusalem und im ganzen Land angerichtet hatten. Er wollte erst einmal wieder Sicherheit und Schutz Personen in der Bibel nur als den Gott seiner Väter. In tiefer Demütigung und dem Bekenntnis seiner Schuld beugte er sich vor Ihm. Er machte keine halbe Sache, so wie es uns von Rehabeam (2. Chr 12) berichtet wird.
Das kaum Erhoffte geschah. Dieser große und heilige Gott hörte auf sein Flehen. Er wurde freigelassen, und auch der Weg nach Jerusalem für die Rückkehr in sein Königtum wurde frei. Dieses Handeln Gottes öffnete seine Augen. Er erkannte in Wahrheit, dass der Herr wirklich Gott ist. Er sollte nun sein Gott sein, dem er gehorchen und dienen wollte.
Manasse – konsequentes Wirken für seinen Gott
Im Gegensatz zu manchen anderen blieb es bei Manasse nicht nur bei guten Vorsätzen. Er setzte sie in die Tat um. Zurückgekehrt nach Jerusalem, beseitigte er die Verwüstungen, die die Assyrer in Jerusalem und im ganzen Land angerichtet hatten. Er wollte erst
einmal wieder Sicherheit und Schutz gewährleisten. Zu diesem Zweck richtete er an verschiedenen Stellen der Stadt hohe und feste Mauern auf. Dann bestellte er Kriegsoberste in allen festen Städten in Juda. Sie sollten dort für Sicherheit und Ordnung sorgen.
Nachdem diese Arbeit getan war, machte er sich daran, die vielen Götzentempel und -bilder zu beseitigen. Da war einiges wegzuräumen, was er selbst zuvor aufgebaut hatte – im Haus des Herrn, auf dem Tempelberg und an den verschiedenen Plätzen der Stadt. Alles musste aus der heiligen Stadt hinausgeschafft werden. Es gibt keine friedliche Koexistenz zwischen dem heiligen Gott und all den Götzen der Nationen. Dieses Bewusstsein hatte in seinem Herzen Fuß gefasst. Und das wollte er nun aufrichtig und konsequent ausführen.
Doch nur das Böse auszurotten war nicht genug. Nun musste der Dienst für den wahren Gott wieder eingerichtet werden. Zunächst baute er den Altar des Herrn auf. Endlich war es wieder möglich, Friedens- und Dankopfer zu opfern. Nachdem das Böse weggeräumt war, war die Gemeinschaft mit dem heiligen Gott möglich. Was mag in seinem Herzen vorgegangen sein, als der Rauch der Opfer als Wohlgeruch für Gott zum Himmel aufstieg. Der Himmel war nicht mehr so undurchdringlich wie Eisen (3.Mo 26,19). Er hatte sich geöffnet.
Die schwerste Arbeit lag aber noch vor ihm. Über Jahrzehnte hatte er das Volk zu Bösem angestiftet. Nun musste es wieder zu Gott zurückgeführt werden. Er befahl Juda, dass sie wieder dem Herrn, dem Gott Israels dienen sollten. Ja, es ging um den Gott Israels, Gott sah sein ganzes Volk, nicht nur Juda. Aber da Manasse gerade für diesen Teil des Volkes Gottes Verantwortung trug, so wollte er es wieder zum wahren Gottesdienst zurückführen.
Aber was in den Herzen eingerissen und zerstört ist, lässt sich nicht so schnell wieder aufbauen, wie die Mauern und der Altar. Manasse gelang es nicht, das Volk mit den Herzen wieder zu Gott zurückzubringen.
Die Menschen opferten zwar wieder ihrem Gott. Aber sie taten es noch auf den Höhen, die sie eingerichtet hatten. Der Platz, den Gott dafür vorgesehen hatte, war dagegen nach wie vor in Jerusalem. Besonders tragisch: Manche Angehörige seines Volkes konnte Manasse zwar zu Gott zurückführen, seinen Sohn Amon allerdings nicht. Sobald nach dem Tod Manasses die Regierungsgewalt in seinen Händen war, machte Amon das ganze Wirken seines Vaters nach seiner Umkehr zu Gott wieder zunichte und handelte nach dessen früherem Vorbild. Gott hatte Manasse die längste Regierungszeit eines Königs in Israel und Juda geschenkt. 55 Jahre konnte er regieren. Gott wusste im Vorhinein um seinen Weg. Bei Amon war die Uhr der Gnade bereits nach zwei Jahren abgelaufen, ohne dass er sie zur Umkehr genutzt hätte. Er fiel einer Verschwörung seiner Knechte zum Opfer.
Manasse – und wir
In zwei Büchern mit unterschiedlichem Charakter stellt Gott seine Sicht der verschiedenen Könige dar, um uns sein Handeln deutlich zu machen. Im zweiten Buch der Könige wird uns besonders die Verantwortlichkeit der jeweiligen Könige vorgestellt, während im zweiten Buch der Chronika das Gnadenhandeln Gottes im Vordergrund steht. Erst beide Bücher zusammen geben uns das komplette Bild. Welche Lehren können nun wir aus Gottes Lebensbeschreibung von Manasse ziehen?
- Man kann und darf nicht auf Gottes Gnade und Zuwendung rechnen, wenn man willentlich in der Sünde lebt.
- Gottes Geduld ist nicht unendlich, das sehen wir in seinem Handeln gegenüber dem Sohn Manasses.
- Bei einem aufrichtigen Bekenntnis ist keine Schuld zu groß, um von Gott vergeben werden zu können.
- Nur ein aufrichtiges Bekenntnis unserer Schuld und eine wirkliche Umkehr von einem falschen Weg bringen uns wieder in Gemeinschaft mit Gott.
- Unsere eigenwilligen Wege können wir nicht mit dem schlechten Vorbild anderer entschuldigen. Wir sind aber andererseits verantwortlich vor Gott, wenn wir für andere ein Hindernis in ihrem Glaubensleben sind.
- Es reicht nicht, nur das Böse zu lassen, Gott möchte auch, dass wir für Ihn das Gute tun.
- Etwas einzureißen geht oft schnell; etwas wieder aufzubauen, dauert meist viel länger.
Diese kurze Lebensbeschreibung enthält noch viel mehr Hinweise und Belehrungen. Darum lohnt es sich ganz bestimmt für einen jeden einzelnen darüber nachzudenken, welche persönlichen Konsequenzen sich daraus ergeben. Unser Gott will uns Mut machen zur Umkehr und zum Neuanfang.
Fußnoten
[1] Die „Höhen“ dienten als Opferstätten.
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