Lebensbeschreibung

Die Frau mit dem Schild

„Folge mir nach“ ist eine Zeitschrift für junge Christen. Heute reden wir aber einmal über eine „alte“ Christin. Maria Schmidt ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Sie ist aber nicht nur gestorben, sie ist damit auch „heimgegangen“, weil sie jetzt dort ist, wohin sie von Herzen gerne gehen wollte: zu ihrem Retter und Herrn, Jesus Christus. Bei ihm war schon 50 Jahre lang ihre eigentliche Heimat; nun ist sie an diesem Ziel angekommen.

Einfach Lehrerin ...

Maria darf für uns alle ein Vorbild sein: an Treue, an Hingabe, an Ausdauer, an Bekennermut, an Glaubensenergie. 1995 kam sie nach Dortmund, vorher hat sie einige Jahre in Leipzig gearbeitet und missioniert. Denn Maria war in ihrem „ersten“ Beruf Lehrerin für Deutsch, Kunst und Religion. Sie war eine Person, wie alle Menschen das von Natur aus sind: Sünderin und ohne Gott lebend.

A ls die Eltern bei einem Unfall umkamen

Dann aber passierte etwas, was ihr Leben dramatisch veränderte: Ihre Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben. Der Vater verstarb sofort an der Unfallstelle, die Mutter wenige Tage danach an ihren Verletzungen. Maria war so schockiert, dass sie sich fragte: „Und was wäre, wenn ich im Auto gesessen hätte? Dann wäre ich in der Hölle gelandet.“ Das war die Kehrtwende in ihrem Leben.

Mit 31 Jahren bekehrte sie sich, indem sie Gott ihre Sünden bekannte und sich als Sünderin erkannte, die Jesus Christus als Retter nötig hat. Von nun an sollte ihr Leben auch ganz praktisch Gott gehören. Noch während ihrer Tätigkeit als Lehrerin verteilte sie auf dem Hin- und Rückweg Flyer über das Evangelium und die Notwendigkeit, sich zu bekehren. Nach einiger Zeit trat sie zudem aus der protestantischen Kirche aus, nachdem in einer Predigt kein einziges Mal der Name „Jesus“ gefallen war.

L ern das Markusevangelium auswendig!

Nachdem sie nach Dortmund umgezogen war, besuchte sie regelmäßig die Zusammenkünfte der Gläubigen. Manchmal brachte sie Leute mit, die sie auf der Straße kennengelernt hatte. Ein chinesischer Ingenieur zum Beispiel, der in eine Sprachschule ging, bekehrte sich. Zum Bibelstudium nahm sie ihn mit nach Hause und ließ ihn, damit er besser Deutsch sprechen könnte, das Markus-Evangelium auswendig lernen. Maria war nicht nur mutig, sondern auch erfinderisch.

Auf dem CSD

Deutschlandweit wurde man auf sie aufmerksam durch das „Bild des Jahres 2000“. Siegerbilder sorgen ja oft für Diskussionen. Vor allem aber „Jesus rettet“, das Siegerfoto 2000 von Elke Schulte, sorgte landesweit für Schlagzeilen. Das Bild zeigt Maria, die sich der Homosexuellen-Parade beim Christopher-Street-Day in Köln mit ihrem Schild entgegen stellte: Jesus rettet!

Durch ihren täglichen Besuch der Dortmunder Innenstadt war sie praktisch jedem in Dortmund und weit darüber hinaus bekannt. Regelmäßig fuhr sie auch nach Köln und Duisburg oder in andere Städte. Oft wurde sie verspottet. Im Internet gibt es zum Beispiel einen Film, in dem sich eine Schülerin als Maria verkleidet und mit einem „SUSI rettet!“-Schild durch die Straßen zieht. Auch andere Filme wurden aufgenommen, um sich über sie lustig zu machen. Aber diese Schmach ertrug sie um ihres Herrn willen. Sie folgte Ihm nach, der in noch schlimmerer Weise von den Menschen verachtet, verspottet und geschlagen wurde.

Bescheidene Wohnung ...

Ihren Wohnsitz hatte sie in einem sozialen Brennpunkt Dortmunds, so dass sie dort direkt mit Menschen über das Evangelium sprechen konnte, die am Rand unserer Gesellschaft stehen. Ihre Wohnung war sehr spärlich eingerichtet: Campingbett, Campingtisch, zwei Campingstühle, eine 2-Kochherdplatte und kein Kühlschrank. Das Wohnzimmer war Lager für Schilder, Kalender und Flyer.

... und Arbeit bis zum Umfallen

Eine Episode mag das Bild dieser Evangelistin abrunden. Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland war sie viel unterwegs. Als Polen in Dortmund gegen Deutschland spielte, stand im Sportteil der Zeitung: „Im Stadion ist die Hölle los, aber die alte Frau mit dem Schild ‚Jesus rettet’ wird nicht reingelassen.“ Zum Finale war sie in Berlin und verteilte die ganze Zeit vor dem Stadion Flyer. Gegen 3 Uhr morgens kapitulierte der sie begleitende Bruder, bei dem sie wohnte, und ging nach Hause. Da war ihre Antwort: „Ich bleibe, bis der letzte Fan gegangen ist.“

Der Nachruf

Besonders beeindruckend finde ich, dass man in „Nachrufen“ der regionalen Zeitungen mit großem Respekt von dieser Frau, von unserer Schwester, spricht. Es heißt unter anderem, dass sie streng gläubig war und immer für ein Gespräch über Jesus und die Bibel zur Verfügung stand. Spott, so heißt es, ertrug sie mit gewohnter Gelassenheit. Jemand sagte: „Da wird was fehlen in Dortmund.“ Der Journalist antwortete: „Wer möchte da widersprechen?“

Am 18. April dieses Jahres nun durfte sie heimgehen, nachdem sie noch eine kurze schwere Krankheit durchleben musste. Jetzt ist sie bei dem, der sein Leben für sie hingegeben hat und dem sie mit ihrem ganzen Herzen und mit ganzer Energie diente.

Auf der Beerdigung am 26. April trafen sich eine Reihe von Christen, die von Marias Wirken so getroffen waren, dass sie versprachen, diese Arbeit in Marias Sinn weiterzuführen. Wir brauchen keine solchen Versprechen abzugeben. Aber ob wir ein solches Herz für unseren Herrn haben, dass wir dem Beispiel dieser Schwester nachfolgen?

Vorbild

In ihrem Mut und in ihrer Hingabe ist Maria auch für junge Christen ein Vorbild. Diese Treue sollte uns motivieren, „den Ausgang ihres Wandels anschauend, ihren Glauben nachzuahmen“ (Heb 13,7). Nicht jeder hat die Aufgabe, so in der Öffentlichkeit aufzutreten. Aber in unserer Nachbarschaft, da wo der Herr uns hingestellt hat, den Schul-, Studien- und Arbeitskollegen gegenüber: Haben wir nicht alle die Aufgabe, ein Zeugnis zu sein und die gute Botschaft zum Beispiel durch einen Flyer weiterzugeben? Vielleicht fühlt sich der eine oder andere angesprochen, auch darüber hinaus für den Herrn tätig zu werden. Wir dürfen es für unseren Herrn tun und uns das Beispiel von Maria zu Herzen nehmen.

Manuel Seibel