Bibel praktisch

Sinn-lose Abschnitte in Gottes Wort?

„Was sollen solche Abschnitte in der Bibel?“, seufzt Timo. Gelangweilt legt der Sechzehnjährige seine Bibel zurück ins Regal. Wenn er sich nicht fest vorgenommen hätte, die Bibel systematisch durchzulesen, weil sie Gottes Mitteilungen an uns Menschen enthält, hätte er schon lange damit aufgehört.

„Wie siehst du denn aus?“ Timos Bruder Frank steckt den Kopf zur Tür herein. „Du guckst ja wie drei Tage Regenwetter.“

„Kein Wunder, wenn ich die Bibel lese und dabei seit Tagen nichts anderes zu lesen kriege als Namen, Namen, Namen. Total langweilig. Da ist Bibellesen doch völlig sinnlos. Ich versteh einfach nicht, was mir das bringen soll“, bricht Timos ganzer Frust auf einmal heraus. „Erklär mal genauer“, bittet ihn Frank und hockt sich zu seinem Bruder auf die Bettcouch. Timo zieht seine Bibel wieder aus dem Regal, blättert das Buch Josua, Kapitel 20, auf und hält es seinem Bruder unter die Nase: „Hier, lies mal. Kannst du mir mal erklären, was die Verse sieben und acht bedeuten sollen?“

„Und sie heiligten Kedes in Galiläa, im Gebirge Naphtali, und Sichem im Gebirge Ephraim, und Kirjat-Arba, das ist Hebron, im Gebirge Juda. Und jenseits des Jordan von Jericho, im Osten, bestimmten sie Bezer in der Wüste, in der Ebene, vom Stamm Ruben; und Ramot in Gilead, vom Stamm Gad; und Golan in Basan, vom Stamm Manasse“, liest Frank laut.

„So geht das jetzt schon seit einigen Kapiteln. Nichts als Namen“, stöhnt Timo. „Nun beruhig dich mal“, besänftigt Frank. „Ich geb ja zu, auf den ersten Blick scheinen uns die vielen Namen wenig zu sagen, mit denen die Bibel beschreibt, wo genau welcher Stamm des Volkes Israel sein Erbteil und seinen Wohnort in Israel fand. Wenn du dir aber die Bedeutung der einzelnen Namen raussuchst, wirst du feststellen, dass uns Gott mit all den Namen viel mehr sagt.“

„Kann ich mir nicht vorstellen“, erwidert Timo. „Klingt ziemlich abgehoben.“

„Warte mal kurz, ich muss mal eben was holen“, bittet Frank um etwas Geduld. Kurz darauf taucht er mit seiner Bibel und einem Bibellexikon unter dem Arm wieder auf. Er zieht ein Blatt Papier von der letzten Bibelfreizeit aus seiner Bibel und reicht es Timo. In einer kleinen Tabelle stehen darauf die Namen aus den Versen, die sie eben gelesen haben.

 

Stadt
Übersetzung  Stamm/Gebiet                Übersetzung                          
Kedes heilig, Heiligtum Naphtali der Erkämpfte, mein Kampf
Sichem Bergrücken Ephraim Doppelfruchtbarkeit doppelte Frucht
Hebron Gemeinschaft Juda Lob, Preis
Bezer Festung Ruben seht, ein Sohn
Ramot   Höhen Gilead, Gad Hügel des Zeugnisses, Glück
Golan  Umkreisfruchtbare, Basan, Manasse steinlose Ebene, der Vergessen macht


„Mit Hilfe dieser Tabelle habe ich in unserer Bibelfreizeit einen tieferen Sinn in diesen Versen gefunden als bloß eine Namensaufzählung“, erklärt Frank. „Sie enthalten interessante Hinweise auf unser geistliches Leben – wie ja das Land Israel damals ein Hinweis ist auf den geistlichen, himmlischen Segen heute. Wenn ich den Herrn Jesus als meinen Retter gefunden habe, sieht Gott in mir nicht mehr den verlorenen, gottlosen Sünder, der unfähig ist, Gott zu nahen, sondern einen Priester, der durch das Werk des Herrn Jesus am Kreuz von Golgatha geheiligt ist, um Gott in dem Herrn Jesus nahen zu können, zum Beispiel, wenn wir zu Ihm beten“, fährt er fort. „Aber es fällt uns schwer, uns immer so zu verhalten, wie es unserer Errettung entspricht.“

„Allerdings“, stimmt Timo zu. Er weiß nur zu gut, was für ein Kampf es ist, nicht ständig zu sündigen. Als er kurz darüber nachdenkt, fällt sein Blick auf die Tabelle. „Mein Kampf“ steht da als Übersetzung hinter Naphtali. Plötzlich geht ihm ein Licht auf. „Du meinst, wir müssen uns bewusst dafür entscheiden, so zu leben, wie Gott es von uns möchte?“ Frank nickt bestätigend. Nachdenklich betrachtet Timo die Tabelle. „Wenn ich an den Sohn Gottes glaube, ist er wie eine Festung für mich, in der ich in Sicherheit bin. Er hilft mir, die Festungen Satans in meinem Leben, da wo er Einfluss ausüben will, zu überwinden. Und nur, wenn ich wirklich Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus habe, kann ich ihn auch loben und ihn preisen für alles, was er mir geschenkt hat.“ Timo muss sich gar nicht besonders anstrengen, um zu erkennen, was sich hinter den Namen versteckt. „Hätte ich nicht gedacht, dass Gott uns auch durch die Namen von Menschen oder Orten etwas zu sagen hat“, stellt er erstaunt fest. Jetzt sieht er die beiden Verse mit ganz neuen Augen. Und er nimmt sich vor, die vorherigen Kapitel nochmal zu lesen und sich dazu die Bedeutung der verschiedenen Namen aus einem Bibellexikon zu suchen. Vielleicht entdeckt er dabei ja noch mehr tiefgründigere Botschaften. „Es gibt doch keine sinn-losen Abschnitte in Gottes Wort“, ist er sich jetzt auf jeden Fall sicher.

Stefan Busch