Bibelstudium
Anbetung (Teil 5)
Anbetung in der Offenbarung
Im letzten Teil der Serie betrachten wir das Thema der Anbetung vertieft anhand des Buchs der Offenbarung. Dieses „Buch der Gerichte“ wird von Anbetung durchzogen. Unterschiedliche Gruppen von Glaubenden, aber auch andere Figuren der Prophetie sind beteiligt – die Versammlung ist immer dabei. Nimm die Bibel zur Hand, lass Dir die Anbetungsszenen zu Herzen gehen und lass sie für Dich zur Anbetung werden!
Anbetung durchzieht die Offenbarung
In der Offenbarung findet man fünf Anbetungsszenen.1 Sie alle befinden sich in dem Hauptteil ab Kapitel 4. Dort wird geschildert, wie Gott die über Jahrtausende von Sünde gebeutelte Erde mit schwerem Gerichtshandeln über Satan, die Menschen, ja die ganze Schöpfung säubern und vorbereiten wird, damit Jesus Christus das Tausendjährige Reich aufrichten und danach der ewige Zustand „anbrechen“ kann.
Die Anbetungsszenen in der Offenbarung sind Voraussagen, wie in der Zukunft angebetet werden wird, und zwar in einer Zeit, die von Gerichtshandeln geprägt ist. Anbeten kann man nicht nur „bei Sonnenschein“. Wenn Gott als Richter handelt, ist das kein Hindernis, sondern auch ein Anlass für die Anbetung.
Kapitel 4 – Anbetung des ewigen und allmächtigen Schöpfers
Gleich die erste Vision, die Johannes im Himmel hat (Kap. 4), zeigt eine Anbetungsszene (V. 9–11). Nach dem Abschluss der Kapitel 1–3, die das Zeitalter der Versammlung behandeln, wird Johannes im Geist in den Himmel hinaufgeholt und bekommt gezeigt, was nach diesem geschehen muss. Diese Ereignisse liegen auch heute noch in der Zukunft. Sie werden erst dann stattfinden, wenn die Versammlung und mit ihr alle Gläubigen aller Zeiten – wie damals Johannes „im Geist“ – von der Erde entrückt sein werden.
Es handelt sich noch nicht um die ewige Herrlichkeit. Die Kapitel 4 und 5 der Offenbarung beschreiben wie ein „Vorspann“ das, was sich im Himmel abspielt, während auf der Erde Gottes Gerichtsurteil durchgeführt wird (ab Kapitel 6).
In Kapitel 4 wird eine höchst beeindruckende Szene geschildert: Johannes sieht in dem Himmel einen Thron, von dem Blitze, Stimmen und Donner ausgehen; ringsherum sind weitere 24 Throne, davor Feuerfackeln, ein gläsernes Meer und vier einzigartige lebendige Wesen. Und dort findet Anbetung statt:
- Es beten die vier lebendigen Wesen (V. 6.7) und die 24 Ältesten an (V. 10.11; s. Extrakasten), und zwar den, „der auf dem Thron sitzt“. Dieser Herrscher ist der dreieine Gott; Gott, der Allmächtige (vgl. V. 8); Gott, der Ewige, der (auch) gegenwärtig ist und bald als Richter handeln wird.
- Die vier lebendigen Wesen tun zweierlei: Sie rühmen beständig die Heiligkeit des lebendigen, ewigen Gottes (V. 8; vgl. Jes 6). Insbesondere geben sie „Herrlichkeit, Ehre und Danksagung“ (V. 9).
- „Wenn“ das geschieht, „dann“ fallen die 24 Ältesten nieder und beten an. Als Zeichen ihrer Unterwerfung und Verehrung werfen sie ihre eigenen Kronen nieder vor Gottes Thron (V. 10): „Du bist würdig“! Ihre Kronen, ihre eigene Würde und Ehre gehört Gott! Wie die vier lebendigen Wesen sprechen sie Ihm Herrlichkeit und Ehre, zusätzlich Macht zu. Ihre Anbetung begründen sie auch: „denn du hast alle Dinge erschaffen, und deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden“ (V. 11). Gottes Würde als Allmächtiger gründet sich auf seine Herrlichkeit als Schöpfer und souveräner Weltenlenker – so wird Er auch ab Kapitel 6 auftreten, wenn die Urteile vollzogen werden.
Und ich? Gott hat die Welten durch seinen Sohn geschaffen. Mich beeindrucken der Sternenhimmel, ein kleines Insekt; die Naturgesetze und ihre ungelösten Rätsel. Ich selbst gehöre zu Gottes Schöpfung, so wie ich bin. Gott gestaltet und lenkt auch mein Leben. Ein Grund zur Anbetung!
Wer ist wer? Die vier lebendigen Wesen in der Offenbarung ähneln den lebendigen Wesen bzw. Cherubim in Hesekiel 1 und 10 sowie den Seraphim in Jesaja 6. Es spricht viel dafür, dass es sich hier um Engelwesen handelt, die in Gottes Gericht eingebunden sind (vgl. Kap. 6) und Ihn tatsächlich mit Worten und Gedanken anbeten (vgl. Heb 1,6.14). Andere sehen in ihnen bloße „Attribute“, die beschreiben, wie Gottes Gericht beschaffen ist.
Die 24 Ältesten kommen in allen fünf Anbetungs-Szenen vor. Sie sind wohl ein Symbol für alle Gläubigen, die dann in den Himmel entrückt worden sind. Sie setzen sich zusammen aus den Gläubigen der Gnadenzeit, die zur Versammlung gehören (die nach der Himmelfahrt des Herrn Jesus an Pfingsten entstanden ist), und den Gläubigen aus früheren Zeiten, die zusammen „mit ihnen“ entrückt worden sind (vgl. 1. Thes 4,16.17; Heb 11,40). Das sind also nicht nur Gläubige wie Paulus und Dorkas, sondern auch solche wie Johannes der Täufer und Elisabeth, Hanna und David – und du und ich!
Kapitel 5 – Anbetung des Richters und Erlösers
In Kapitel 5 hat sich die Szene geändert. Hier ist ein Lamm zu sehen, das inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten steht – ein Lamm „wie geschlachtet“. Auch diese Szene findet, wie die vorige, im „Thronsaal“ statt. Es ist nicht die Ewigkeit, nicht das Vaterhaus, sondern die Eröffnungszeremonie für das kommende Gerichtshandeln.
Das Lamm – es ist Christus – zieht sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Bevor es auftritt, ist Traurigkeit im Himmel. Gott, der Allmächtige hält ein Buch in seiner Hand. Es ist mit sieben Siegeln versiegelt. Eine Frage hallt durch das Universum: „Wer ist würdig, das Buch zu öffnen und seine Siegel zu brechen?“ – Schweigen, gespannte Erwartung. Niemand antwortet. Traurigkeit macht sich breit. Johannes beginnt zu weinen. Werden Gottes Pläne vereitelt? Denn das Buch ist Gottes Gerichtsplan, das „Drehbuch“, nach dem die Vorbereitung von Himmel und Erde für die Herrschaft des Herrn Jesus ablaufen wird. Wer das Buch nimmt, muss auch das Gericht in die Hand nehmen.
Der Gesuchte ist das Lamm. Erleichterung – da ist einer! Nur einer! Nur einer ist fähig (welcher Mensch ist zur Weltherrschaft fähig?), und nur einer ist würdig (welcher Mensch ist heilig, um Gottes Herrschaft auf der Erde auszuführen?): Jesus Christus, das Lamm Gottes. Als Löwe angekündigt, erscheint hier das Lamm (V. 6). Der mit unbeugsamer Kraft die Macht über die ganze Welt übernehmen wird, ist der, der sich selbst in den Tod gegeben hat und in Schwachheit gekreuzigt wurde. Die Jünger sahen nach seiner Auferstehung die Wunden in seinen Händen und in seiner Seite; im Himmel erscheint Er als das Lamm, wie geschlachtet.
Welch ein Moment: „Es kam und nahm das Buch“ (V. 7). Knappe Worte für ein weltbewegendes Ereignis: Es wird das Ende der Weltgeschichte eingeläutet. Es geht die Geschichte der Erde zu Ende, die unter der Sünde stöhnt und seufzt. Es endet die Geschichte Satans als Fürst und Gott der Welt. Es erscheint das Lamm, das am Ende die Sünde der Welt wegnimmt. Es wird sich das erfüllen, worauf jeder Gläubige wartet: dass alle Welt den verachteten und verschmähten Jesus anerkennt und vor Ihm niederfällt. In diesem Moment breitet sich Anbetung aus – so wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird, Kreise zieht. Diese Anbetungsszene hat vier „Kreise“ mit vier verschiedenen Akteuren. Das Zentrum ist immer das Lamm.
Die vier Anbetungskreise sind:
- Der Anfang – ein neues Lied: Zunächst singen die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten ein „neues Lied“: Das erste Lied im Himmel; das erste Lied nach der vollendeten (auch leiblichen) Erlösung der Gläubigen; das erste Lied, nachdem Christus seine Funktion als Richter übernommen hat. Mit diesem neuen Lied beten sie das Lamm an: „Du bist würdig!“
Die Würde des Richters hat das Lamm, weil es in den Tod ging und überwunden hat. „Gott hat dem Sohn Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,27). Weil Christus Jesus sich erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tod am Kreuz, „darum hat Gott ihn auch hoch erhoben“ (Phil 2,8.9).
Mit dem Tod und der Auferstehung hat das Lamm alle Menschen erkauft, so dass es rechtmäßiger Richter über alle sein kann.
Das Lamm hat jeden Glaubenden erlöst – auch davon singen die Anbeter in ihrem neuen Lied. Interessant, dass sie nicht an ihre eigene Erlösung denken – die genießen sie vollkommen in Gottes Herrlichkeit –, sondern an die Erlösung der Gläubigen, die noch auf der Erde sind, dort Gottes Gerichtshandeln ertragen müssen und noch auf die vollständige (auch leibliche) Erlösung warten. Es ist schon ein Grund zur Anbetung: „Du … hast sie unserem Gott zu einem Königtum und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen“. - Der zweite Kreis – Lobpreis der engel: Eine unzählbare Menge von Engeln greift mit lauter Stimme den Lobpreis auf, dass das Lamm würdig ist. Siebenfache Würde: die Macht des Weltenrichters, der Reichtum des Schöpfers, die Weisheit des Schöpfers und Weltenlenkers, die Stärke des Vollstreckers der Gerichtsurteile, die Ehre des Gottes und Menschen in einer Person, die Herrlichkeit als allumfassende Beschreibung seines Wesens und die Segnung oder das Lob, das das Lamm auch auf dem Gerichtshintergrund empfängt (siehe dazu den Artikel ab S. 13).
- Der dritte Kreis – Lobpreis der Schöpfung: Die Anbetung erfasst das ganze Universum. Jedes Geschöpf, dem die Erkenntnis Gottes gegeben ist, spricht einen vierfachen Lobpreis aus: Segnung, Ehre, Herrlichkeit und Macht – so greift die Schöpfung die vier Hauptbestandteile des Lobpreises der Engel auf. „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ – die ganze Schöpfung kennt und rühmt den ewigen Gott.
- Der Abschluss – Amen – stumme Anbetung: Die vier lebendigen Wesen bestätigen alles Gesagte noch einmal: „Amen!“ Dann heißt es nur: „Die Ältesten fielen nieder und beteten an“. Ohne Worte. Mit dem „Amen“ und der stummen Anbetung befinden sich nun alle Bewohner des Himmels in Harmonie und gemeinsamer Bewunderung des Lammes um Gottes Thron. 2
Und ich? Berührt mich die Frage, ob Gottes Pläne für die Menschen sich erfüllen? Auch für mich hat Er einen Plan – verwirkliche ich ihn? Und noch etwas: Anbetung zieht Kreise: Lasse ich mich auch durch die Anbetung anderer „anstecken“? Kann sich gemeinsame Anbetung, z.B. bei einem Zusammenkommen als Versammlung, ergänzen und steigern?
Kapitel 7 – Anbetung des Erretters aus der Drangsal
Nachdem Christus, das Lamm, das versiegelte Buch genommen hat (Kap. 5), beschreibt Kapitel 6, wie Er die sieben Siegel zu öffnen beginnt. (Fast) jedes einzelne Siegel zieht einen schweren Gerichtsschlag für die Erde nach sich. Kapitel 6 endet mit dem sechsten Siegel. Erst Kapitel 8 setzt diese Serie fort und schließt sie mit dem siebten Siegel ab (siehe zu den Gerichten den Artikel ab S. 7).
Kapitel 7 bildet also einen Einschub von zwei Szenen: Bevor das schwere Buß- und Strafgericht der „großen Drangsal“ beschrieben wird , lenkt Gott den Blick auf zwei große Gruppen von Gläubigen. Die einen werden vorher von Gott versiegelt, um diese Epoche zu überleben (144.000 aus Israel, V. 1–8), die anderen werden wegen ihres Glaubens durch die Drangsal hindurch gerettet (eine unzählbare Menge aus den Nationen, V. 9–16). Wieder lässt Gott also, bevor er die letzte und schwerste Stufe seines richterlichen Handelns schildert, zuerst seine Gnade durchscheinen.
Die zweite Gruppe ist es hier, die einen Lobpreis „anstimmt“, der dann von anderen aufgegriffen wird (V. 9–12):
- Zunächst ist die große Volksmenge aus allen Nationen aktiv, sodann die Engel, die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten. Angebetet werden in dieser Szene, wie in Kapitel 5, zugleich Gott der Allmächtige und das Lamm, Christus. Die Anbetenden betonen jeweils, dass es „unser“ Gott ist – ihnen ist die enge Beziehung, die sie (jeweils unterschiedlich) zu Gott haben, besonders bewusst.
- Neu ist hier die große Volksmenge. Einer der 24 Ältesten erklärt (V. 13 ff.): Nach der Entrückung der Versammlung wird es auch in der dann beginnenden Gerichtszeit wieder Menschen geben, die an Gott glauben. Sie hatten nie vorher vom Herrn Jesus Christus gehört und haben das Evangelium des Reiches angenommen. Sie haben sich in großen Nöten zu Gott bekehrt und sind Ihm in unerhörten Angriffen treu geblieben. Sie sind von ihren Sünden gewaschen (weiße Kleider) und werden siegreich und mit Freuden (Palmen) von Gott durch die Drangsalszeit hindurch gerettet. Für sie steht eine Sache im Vordergrund: Das Heil, die Errettung. Auch sie kennen (wie die Gläubigen aus Kapitel 4 und 5) Gott als Schöpfer und Allmächtigen, Ewigen und Heiligen. Auch für sie ist das Lamm der Erlöser (vgl. V. 14), aber nachdem sie aus der Drangsal gerettet wurden, gibt es für sie nur eins: „Das Heil sei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!“
- Die Engel, die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten stimmen zu: „Amen!“ und fügen einen Lobpreis hinzu, der dem aus Kapitel 5 ganz ähnlich ist. Und auch an dieser Stelle werfen sich die Anbetenden vor Gott nieder, beten an und bekräftigen das Gesagte einmütig mit einem weiteren „Amen“.
Und ich? Das Heil und die Erlösung – das sind wichtige Themen der Anbetung. Inwieweit denke ich an das Heil Anderer – nicht nur in der Fürbitte, sondern auch in Dank und Anbetung? Die Offenbarung weitet den Blick!
Kapitel 11 – Anbetung des Königs, der sein Reich aufrichten wird
In Kapitel 11,15–18 wird der Beginn des Reiches Gottes auf der Erde angekündigt. Während Kapitel 4 und 5 die himmlische Szene beschreiben, geht es hier in Kapitel 11 darum, dass der Herr sein Reich auf der Erde aufrichten wird. Die eigentliche Aufrichtung des Reiches folgt später (s.u. zu Kap. 19,6.7). Hier bringt schon die bloße Ankündigung den Himmel zur Anbetung.
Die Aufrichtung des Reiches ist mit einem Strafgericht verbunden: Wenn der König zurückkehrt, richtet Er die, die Ihn nicht annehmen wollten (vgl. Lk 19,11.12.27). „Das Schwert des Gerichts muss den Weg freimachen, damit das Szepter der Gerechtigkeit regieren kann“ (W. Kelly). So verbindet sich als Thema der Anbetung die Aufrichtung des Reiches mit dem Gericht auf der Erde.
- Immer, wenn sich in der Offenbarung wesentliche Dinge tun, sind die 24 Ältesten zur Stelle. Als der siebte Engel posaunt und laute Stimmen (wohl von Engeln) im Himmel verkünden, dass das Reich Gottes gekommen ist, fallen die 24 Ältesten nieder. Bei diesem Anlass heißt es ergänzend „auf ihre Angesichter“: Auch die in den Himmel aufgenommenen Gläubigen, die selbst auf Thronen sitzen, erkennen den König der Welt an.
- Sie beten „Gott“ an. Der König, der sein Reich übernimmt (s. V. 15: Es ist das Reich unseres Herrn und seines Christus), ist der Allmächtige und der Ewige. Er ist der, „der da ist und der da war“ – nicht (mehr) der, „der da kommt“ (wie in Kap. 1 und 4), denn Er ist jetzt endgültig da!
- Die 24 Ältesten leiten ihre Anbetung mit Danksagung ein: Sie danken Gott dafür, dass Er die Herrschaft antritt. Die in den Himmel entrückten Gläubigen nehmen Anteil an dem, was auf der Erde geschehen wird und wodurch ihr Herr verherrlicht wird. Endlich wird das Reich Gottes aufgerichtet, endlich kommt Christus zu seinem Recht! Endlich gibt es Gerechtigkeit und Frieden auf der Erde, endlich breitet sich Gottes Herrlichkeit aus! Die Pläne, die Gott von Anfang an verfolgte, kommen endlich zur Vollendung! Mit der Herrschaft ist Gericht verbunden. Gott übernimmt die Herrschaft, als die Nationen sich in Zorn verrannt haben. Die Anbeter rühmen Gottes Reaktion: 4 Er hat seine große Macht angenommen und die Herrschaft angetreten. Das bedeutet zweierlei: Verurteilung der einen und Belohnung der anderen. Beides ist ein Anlass zum Lobpreis, es zeigt Gottes gerechte und kraftvolle Macht und Herrschaft.
Und ich? Das Reich Gottes ist heute noch ein dem Unglauben „verborgenes Reich“: Es wird vom Himmel aus regiert von einem König, den die Welt abgelehnt hat. Die Welt hingegen wird von Satan regiert, so dass Gottes Reich gegenwärtig für Gottes Knechte kein Reich der Herrlichkeit und Macht, sondern der Drangsal und des Ausharrens ist (s. Kap. 1,9). Den Zukunftsblick aus Offenbarung 11 kann ich auch jetzt schon haben. Auf die Aufrichtung des Reiches wartet die ganze Schöpfung (Röm 8,21), darauf wartet auch der Herr selbst (Heb 10,12.13) – und ich?
Kapitel 19 – Anbetung Gottes, der das Gerichtsurteil vollstreckt und den Weg für die Hochzeit des Lammes und die Aufrichtung des Reiches bereitet
Die letzte Anbetungsszene der Offenbarung schließt an Gottes letzte notwendige Gerichtshandlung vor der Hochzeit des Lammes und der öffentlichen Aufrichtung des tausendjährigen Reiches an, nämlich die Vollstreckung des Urteils über Babylon, die große Hure (s. Kap. 17 u. 18; 14,8; 16,19). Diese prophetische Figur ist ein Symbol für ein allumfassendes, machtvolles und (materiell) reiches religiöses System. Wie schrecklich, dass es diejenigen auf dem Gewissen hat, die Gott als seine Heiligen und Zeugen anerkennt (17,6; 18,24). Es ist also eine angemaßte und falsche Braut (eben eine „Hure“). Gottes Gericht über sie bereitet den Weg für die Hochzeit des Lammes mit seiner echten Braut, der Versammlung Gottes (19,7 ff.) und für die Aufrichtung des Reiches Gottes (19,11 ff.).
Während das Strafgericht über die große Hure auf der Erde von denen betrauert wird, die von ihr profitiert hatten (18,9.11.17), freuen sich im Himmel diejenigen, die auf Gottes Seite stehen und unter ihrer Ungerechtigkeit hatten leiden müssen (vgl. 18,20). Diese anbetende Freude im Himmel drückt sich in vier Hallelujas aus. Halleluja – „lobpreist Jah!“, „lobpreist Gott!“ – das kommt oft in den Psalmen, aber im Neuen Testament nur hier vor. Die Anbetung hat zwei Themen – einen Rückblick und eine Vorausschau:
- In den Versen 1-5 gilt ein dreifaches Halleluja der Urteilsvollstreckung über die große Hure. Das erste und zweite Halleluja schallt wie eine laute Stimme einer großen Volksmenge im Himmel und kommt vermutlich (wie in Kap. 7 und 11) von Engeln. Gepriesen wird zuerst Gottes Heil (Er hat die Glaubenden vor der Hure gerettet), Herrlichkeit (Er hat gezeigt, dass die Lüge nicht auf Dauer Bestand hat) und Macht (Er hat die einflussreiche, mächtige und auf der Erde hoch respektierte falsche Versammlung [Kirche/Gemeinde] vernichtet). Dieses Gerichtsurteil zeigt auf zweifache Weise, wie wahrhaftig und gerecht Gott als Richter ist: Erstens verdient die Hure dieses Urteil; sie hat viel Falschheit und Verderben über die Erde gebracht. Zweitens rächt Gott damit seine vielen treuen Knechte, die von der Hure umgebracht wurden. Das zweite Halleluja betont die Größe und Endgültigkeit der Urteilsvollstreckung: Macht und Prunk gehen in Rauch auf, der von Ewigkeit zu Ewigkeit aufsteigt.
Die 24 Ältesten und die vier lebendigen Wesen schließen sich mit dem dritten Halleluja dem Lobpreis an. Während die ersten beiden Hallelujas (und auch das vierte) nicht an eine bestimmte Person gerichtet sind, sondern eher eine Verkündung oder Bekanntmachung darstellen, beten nun die 24 Ältesten und die vier lebendigen Wesen direkt Gott an, der auf dem Thron sitzt. - Nun kommt eine Stimme aus dem Thron hervor, die alle Knechte und alle, die Ihn fürchten, zum Gotteslob auffordert – die Kleinen und die Großen (V. 5). Die Antwort ist das vierte Halleluja, das wieder wie von einer Stimme einer großen Volksmenge stammt und sich zu einem Rauschen vieler Wasser und einem Rollen starker Donner steigert (V. 6.7). Gott hat mit der Verurteilung und Bestrafung der großen Hure den Weg freigemacht für zwei wunderbare Ereignisse: Die Hochzeit des Lammes im Himmel und die Aufrichtung des Reiches Gottes auf der Erde. Der allmächtige Gott hat die Herrschaft angetreten (vgl. V. 11 ff.), und die Hochzeit des Lammes ist gekommen (vgl. V. 7 ff.). Fröhlichkeit und Freude machen sich breit.
Ein lang ersehnter Augenblick: Die Versammlung, die dem Herrn „verlobte Jungfrau“ (2. Kor 11,2), die auf der Erde von Ihm geliebt und wie eine Ehefrau versorgt wurde (Eph 5,25 ff.), hat sich zur Hochzeit bereit gemacht. Von Gott kommt ihr Hochzeitskleid (vgl. 21,2); es besteht aus dem Guten, das Gott für die Glaubenden zuvor bereitet hat und das sie zu Lebzeiten auf der Erde getan haben (Eph 2,10; 1. Petr 1,7). Mit ihr freuen sich die Geladenen (V. 9); das sind wohl die Gläubigen früherer und späterer Zeit, die nicht zur Versammlung gehören (vgl. Joh 3,29). Welche Freude, das Hochzeitsfest miterleben zu dürfen – aber welche noch größere und tiefere Freude, die Braut sein zu dürfen (vgl. Mt 11,11; Heb 11,40)!
Und ich? Ich werde allezeit bei dem Herrn sein, im Haus des Vaters (Joh 14,1–3; 1. Thes 4,17)! Freude und Frohlocken beim Gedanken an die Hochzeit des Lammes! Ich möchte in meinem Leben Offenbarung 22,17 wahr machen: „Der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“?
Thorsten Attendorn
Fußnoten
1 Darüber hinaus findet man Anbetung als Aufforderung bzw. Ankündigung in 14,7; 15,4 und 22,8.9: „Bete Gott an!“. Weitere Lobpreis-Szenen findet man in 12,10 und 14,2
2 Bei genauem Hinschauen kann man mehrere Unterschiede zwischen den „Anbetungskreisen“ finden: Z.B. reden die vier lebendigen Wesen und die 24 Ältesten das Lamm direkt an („du bist würdig“), während die Engel und die Schöpfung über das Lamm reden („würdig ist das Lamm“). Die „Erlösung“ rühmt nur die erste Gruppe, die zweite erwähnt noch, dass das Lamm „geschlachtet“ wurde, während die dritte nur noch von dem „Lamm“ redet. Die Engel beten an, aber nicht mit Gesang.
Man mag diese Unterschiede auf eine unterschiedliche Erkenntnis und Würdigung des Erlösungswerks des Lammes zurückführen. Interessanterweise sind es aber gerade die Engel, die die sieben Attribute von Gottes Herrlichkeit vortragen. In Johannes‘ Bericht von diesen Anbetungsszenen stehen nicht die Unterschiede, sondern die Einmütigkeit aller Beteiligten im Vordergrund, und gerade die erste Gruppe (zu der wir gehören) macht sich zum Abschluss nochmals mit allem eins, was vorher gesagt wurde. Die eigene Erkenntnis und Wertigkeit des Anbeters fällt gegenüber dem Angebeteten nicht ins Gewicht.
3 Dies beginnt wohl mit Kapitel 8; s. zur Chronologie der Prophetie: „Was bald geschehen muss“ von Joachim Setzer, FMN 7/2005 und 8/2005, jeweils S. 20 ff.
4 Die einzelnen Schritte sind nicht vollständig aufgeführt und auch nicht chronologisch geordnet. Gemäß seiner Bedeutung wird das Gericht der Toten (Kap. 20) zuerst genannt, danach die Belohnung der verschiedenen Gruppen von Lebenden; andere Gerichte werden nicht erwähnt (vgl. z.B. Mt 25; Apg 17,31).
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