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Wenn die Eltern gegen deinen Glauben sind

Kürzlich hatte ich ein Gespräch mit einem jungen Mann, der seit fast zwei
Jahren bekehrt ist:
„Wie geht es deinen Eltern?“, fragte ich.
„Ach!“ – er machte eine Handbewegung, als seien sie gestorben.
„Was ist?“ – wollte ich wissen.
„Meine Eltern verstehen mich absolut nicht mehr, zu Hause ist dauernd
Streit. Ich weiß nicht mehr weiter!“ Er klang frustriert.
„Verstehst du sie denn?“, fragte ich nach.
Er blickte erstaunt auf. Er war zutiefst davon überzeugt, dass jeder Streit
in der Familie von den Eltern käme und dass es natürlich die Aufgabe der
Eltern wäre, ihn zu verstehen und nicht etwa umgekehrt.

 

Ein Kind wird gläubig

Kai ist einer von vielen jungen gläubigen Christen, deren Eltern nicht damit einverstanden sind, dass ihr Kind plötzlich „fromm“ geworden ist. Gegen einen regelmäßigen Kirchenbesuch einmal im Jahr an „Heilig Abend“ hatten sie nie etwas einzuwenden. Aber dass ihr Kind nun jeden Sonntag in eine Versammlung (Gemeinde) geht und wochentags dann auch noch – das ist ja wohl zu viel des Guten. Kai steckt voller Vorwürfe gegen seine Eltern.

 

Was soll man seinen ungläubigen Eltern sagen?

Geht es dir ähnlich wie Kai? Vielleicht bist du von Vater oder Mutter ent- täuscht. Wenn du eine gute Beziehung zu ihnen hast, dann hast du ihnen im- mer das Schönste und Beste gewünscht. Und nun, wo du das Schönste erlebt hast, was es geben kann: die Errettung, den Frieden mit Gott, das Glück, erlöst zu sein, müssten sie sich doch eigentlich mit dir freuen. Aber nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Eltern sind verärgert oder gar entsetzt. Vielleicht hast du ihnen wie Kai gesagt: „Liebe Eltern, bis jetzt habt ihr alles falsch gemacht. Vom Wichtigsten habt ihr keine Ahnung. Vater, du bist auf dem Holzweg des Unglaubens. Suche Jesus und sein Licht, alles andre hilft dir nicht!“ Anstatt dass der Vater dir nun begeistert um den Hals fiel, hat er nur gesagt: „Deinen Jesus kannst du dir an den Hut stecken.“ Du bist tief verärgert, glaubst, Vater und Mutter seien borniert, sie hätten keinen Sinn für die ganz großen Dinge.

 

Die Eltern verstehen lernen

Versuche deine Eltern zu verstehen! Wenn sie ein Leben lang ohne lebendi- gen Glauben gelebt haben, muss das alles sehr fremd auf sie wirken. Bewahre dir ein Gespür für ihre Empfindungen! Wenn sie sich nicht sofort deinem Glauben öffnen (und andererseits auch nicht allzu gleichgültig sind), werden sie verärgert oder ironisch reagieren. Das ist ganz normal. Auch der Vorwurf, sie hätten dir das Schönste und Beste all die Jahre vorenthalten, wäre nicht richtig. Sie kannten es nicht und konnten dich darum auch nicht damit bekannt machen.

 

Taten der Liebe statt Worte

Was tun? Mit frommen Worten um sich werfen hilft meist nicht, weil sie nicht verstanden werden. Da ist es besser, Taten der Liebe zu zeigen. Was für Ehefrauen mit ungläubigem Ehemann die Empfehlung ist, kann für Kinder mit ungläubigen Eltern nicht falsch sein: Unterwürfig sein, damit, wenn auch einige dem Wort nicht gehorchen, sie durch den Wandel ohne Wort gewonnen werden mögen (1. Pet 3,1). Beispielsweise könntest du der Mutter regelmäßig den Mülleimer raus tragen oder den Tisch decken. Das zeugt mehr davon, dass sich bei dir etwas geändert hat, als wenn du das immer nur entschieden behauptest. Zeige deinen Eltern deine Liebe zu ihnen. Lass es sie spüren, dass jetzt der Herr Jesus in dir lebt. Ehre sie auch dann, wenn sie Dinge tun, die du als Sünde erkannt hast. Der Herr Jesus ist darin das schönste Vorbild. Obwohl Er Sünde nie toleriert hat, ist Er den Sündern in Gnade nachgegangen. Er hat ihnen keine moralischen Tiefschlä- ge versetzt, sondern sie aus ihrem Elend herausgeholt. Wer seinen Eltern durch liebevolles Verhalten begegnet, wird ihnen den Glauben an die Liebe und Güte Gottes erleichtern.

„Wenn ich mit den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber nicht Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel ... Die Liebe ist langmütig, ist gütig; die Liebe neidet nicht, die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie gebärdet sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie ERTRÄGT alles, sie GLAUBT alles, sie HOFFT alles, sie ERDULDET alles“ (1. Kor 13,1.4–8 ).

 

Für die Eltern beten

Versuche nicht, deine Eltern um jeden Preis zu missionieren. Rede mehr mit Gott über deine Eltern, als mit deinen Eltern über Gott. Bete für Mutter und Vater, für Bruder und Schwester. Versuche Brücken zu ihnen aufzubauen und hüte dich vor falschem Eifer, der die Brücke wieder einreißt. Sei ein fröhlicher Christ und kein religiöser Fanatiker. Wichtig ist auch, nicht zu hohe Erwartungen an die ungläubigen Eltern zu stellen. Denn wer zu hohe Erwartungen hat, zwingt Enttäuschungen herbei. Erwarte und erbitte vielmehr von Gott, dass Er an den Herzen deiner Eltern wirkt. Wie oft hat Gott nicht nur Einzelne, sondern das ganze „Haus“ gerettet. Der Herr möchte dich gerne als sein Werkzeug benutzen und in dieser Sache gebrauchen.

 

Eine gute Botschaft braucht eine gute Verkündigung

Ich habe es manchmal erlebt: Kaum wurde jemand Christ, fing er an, in scharfer Weise anderen das Evangelium an den Kopf zu werfen, so dass dem „Getroffenen“ Hören und Sehen verging. Durch diese Art der Verkündi- gung kommt kaum jemand zum Glauben. Eher das Gegenteil ist der Fall. Das Evangelium der Gnade Gottes verträgt nur die Verkündigung, die aus der Liebe Jesu entspringt. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen (Röm 5,5), sie soll die Quelle unserer Verkündigung sein. Verkündigung aus Ärger, aus falschem Eifer oder aus Rechthaberei hat keine Verheißung. Auf solchem Weg verwandelt sich die Frohbotschaft in eine Drohbotschaft. Das Gegenüber fühlt sich eingeengt und kann sogar aus Angst abweisend reagieren. Das Evangelium lässt nicht mit sich machen, was wir wollen oder meinen, denn es ist ja Gottes Kraft und Wort. Vielleicht denkt jemand: „Was kann daran falsch sein, wenn ich meinen Eltern mit aller Deutlichkeit das Evangelium sage? Das ist doch mein Auftrag, also ist es richtig.“ Nicht alles, was dem Buchstaben nach richtig ist, ist es auch dem Geist nach. Richtig ist, dass nur die Sprache der Liebe die Herzen erreicht. In dem Herrn Jesus ist die „Güte und Menschenliebe“ erschienen (Tit 3,4). Wer Menschenfischer für den Herrn Jesus sein will, muss schon „sein Herz an die Angel hängen“, sonst fängt er nichts. Ein Beispiel dazu: Ich esse gerne Sahnetorte. Wenn mir jemand eine solche an den Kopf werfen würde, wäre mir jeglicher Appetit vergangen. Bekomme ich sie aber gut und freundlich serviert, nehme ich gerne davon. „Serviere“ deinen Eltern das Evangelium so, dass sie Appetit bekommen. Gehe liebevoll mit ihnen um, dann wird das nicht spurlos an ihnen vorbeigehen. Die Wahrheiten des Wortes Gottes sollten unbedingt mit der Liebe verbunden sein. Und die Wahrheit muss stets im Dienst der Liebe stehen.

 

Gott mehr gehorchen als Menschen

Es kommt auch vor, dass Eltern ihren Kindern, die gläubig geworden sind, verbieten, in eine Zusammenkunft oder Gemeinde zu gehen. Für Christen ist es aber wichtig, regelmäßig das Wort Gottes zu hören und Gemeinschaft zu haben mit anderen Gläubigen (2. Tim 2,22). Verbieten die Eltern das, so darfst du dich liebevoll aber entschieden dagegen verwahren. Vielleicht ist es trotzdem erforderlich, die häusliche Situation mit zu berücksichtigen und hier und da tatsächlich zuhause zu bleiben. Man sollte aber auch die Aussage erwägen: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen (vgl. Apg 4,19). Mit dieser Aussage sollten wir aber äußerst sparsam umgehen. Sie ist nicht so leicht und so oft anwendbar, wie wir vielleicht meinen. Es kann nämlich geschehen, dass Gott uns durch ungläubige Menschen zum Gehorsam ruft. Das Gebot, dass Kinder ihren Eltern gehorchen sollen (Eph 6,1), gilt auch, wenn diese ungläubig sind. Erst recht, wenn deine Eltern begründeten Anlass zu Beschwerden haben, gibt es kein Gebot Gottes, mit dem man ihren Wünschen und Forderungen entgehen könnte. Du solltest ihnen keinen Anlass geben, über deinen Glauben zu schimpfen, etwa indem du wegen deiner neuen christlichen Aktivitäten die Schule vernachlässigst und dadurch deine Noten in der Schule immer schlechter werden.

 

Freude und Frieden trotz extremer Spannungen

Wer Eltern hat, die zwar nominell Christen sind und einer Kirche angehören, aber weder den Herrn Jesus besitzen noch eine persönliche Neugeburt erlebt haben und folglich auch keine Heilsgewissheit haben, ist mit seinem Glauben in eine besondere Spannung gestellt. Denn oft verdächtigen solche „christlichen“ Eltern einen entschiedenen, lebendigen Glauben gleich als sektiererisch. Warum reagieren gerade „kirchliche“ Eltern so allergisch, wenn ihre Kinder zum lebendigen Glauben kommen? Die Antwort liegt auf der Hand. Ihre Kirchlichkeit gerät durch den Glauben der Kinder in eine Krise. Der persönliche Glaube an Jesus Christus ist eine ständige Anklage an eine unpersönliche Kirchlichkeit. Eine konsequenzlose Kirchlichkeit fühlt sich durch den lebendigen Glauben an Jesus Christus aufgeschreckt und herausgefordert. Zudem möchten sie nicht, dass ein Riss durch die Familie geht, der Zusammenhalt gefährdet wird. Das verstärkt ihre Anstrengungen, dich wieder auf (ihren) Kurs zu bekommen. Als junger Christ erlebt man dann etwas von dem Schmerz, den der Herr Jesus in Matthäus 10,34–39 angekündigt hat. Plötzlich die eigenen Hausgenossen zum „Feind“ zu haben, ist eine bittere Sache. Aber es sollte uns nicht überraschen. Der Herr Jesus hat diese Situation in seiner Rede an die Jünger bereits damals vorausgesehen. Aber im gleichen Kapitel hat Er uns seine Nähe, Wertschätzung und Bewahrung zugesagt (Mt 10,28–32). Und du  bleibst aufgefordert, deine Eltern zu ehren und sie – wie alle deine Näch- sten – zu lieben (Mt 22,37–40). Wenn du in Kontakt zu (jungen) Mit- christen stehst, so wirst du ihnen sicher von deiner Notlage berichten. So können sie für dich beten und vielleicht auch Hilfestellung leisten. Wenn Gott dich in deinem „jungen“ Christenleben solchen Spannungen aussetzt, dann nimm sie aus seiner Hand an. Er stellt deinen Glauben auf die Probe, nicht um dich zu verunsichern, sondern um dich und deine Familie zu segnen. So wirst du zu einer geistlichen Persönlichkeit heranwachsen. Alle Dinge dienen dir zum Besten. Geh unerschrocken deinen Weg. Du wirst vielleicht noch manchen Sturm erleben, doch darfst du ruhig sein: Er, der allein Stürmen gebietet, ist DEIN HERR!

 

Sei stark, und dein Herz fasse Mut, und harre auf den Herrn!

Psalm 27,14