Drei schnelle Brüder
Drei schnelle Brüder
Vielen sind sie bekannt, die drei Söhne der Zeruja: Abisai, Joab und Asael. Zeruja war die Schwester Davids. Die drei Brüder waren also Neffen Davids. Alle drei bewegten sich – jedenfalls äußerlich – in Davids unmittelbarer Nähe. Alle drei waren starke Persönlichkeiten. Doch gibt es auch große Unterschiede zwischen ihnen.
Asael – schnell mit den Füßen
Fangen wir mit dem letzten an: Asael. Er konnte außergewöhnlich schnell laufen. „Asael aber war schnell auf seinen Füßen, wie eine der Gazellen, die auf dem Feld sind“ (2. Sam 2,18). Heute würde man mit solchen Fähigkeiten Weltrekorde aufstellen. Asael gehörte zum Heer Davids und war so manchem seiner Zeitgenossen überlegen.
Wer besondere Fähigkeiten besitzt, steht in der Gefahr, stolz zu werden. Und wer stolz ist, neigt auch zum Eigensinn. Das war leider auch bei Asael der Fall. Im Einzelkampf gegen Abner, den Heerobersten Isboseths (Sohn des Königs Saul) wird er deutlich gewarnt. Abner will ihn verschonen, deshalb soll Asael sich von ihm abwenden. Aber nein, Asael ist selbstherrlich. Er lässt sich nichts sagen. Abner schlägt zu, und Asael stirbt auf der Stelle. So nimmt sein kurzes Leben ein jähes Ende (vgl. 2. Sam 2,19-23).
Viel mehr wird von Asael nicht berichtet. Wir könnten fragen: Welchen Wert hatte sein Leben für Gott? Erstaunlich viel! Schauen wir in Davids Heldenliste. Asael steht unter den Top Ten. Wie kann das sein? Die Antwort lässt sich nur ableiten. Asael gehörte zum Haus Isais und war sicherlich bei denen, die schon zu Beginn der Verfolgung Davids zu ihm in die Höhle Adullam kamen (vgl. 1. Sam 22,1). Er stellte sich schon damals bewusst auf Davids Seite und wird eine gute Beziehung zu ihm gehabt und sich für den gesalbten des Herrn eingesetzt haben. David jedenfalls wusste seine Treue und Hingabe zu schätzen. Und Gott auch.
Joab – schnell mit den Händen
Joab war ein ganz bekannter Mann in Israel. Schon zu Anfang der Regierungszeit Davids schlug er die Jebusiter und wurde dadurch zum Heerobersten befördert. Das war die Belohnung, die David dem in Aussicht stellte, der die Jebusiter zuerst schlagen würde (vgl. 1. Chr 11,6). Joab überlegte also nicht lange – das tat er übrigens nie –, er handelte sofort. So ging es sein ganzes Leben. Wenn es etwas zu gewinnen gab, dann war er zur Stelle. Und wenn seine Position als Heeroberster in Gefahr stand, dann legte er gleich Hand an. Abner z.B. hatte keine Chance, nachdem er zu David gekommen war und David mit ihm Frieden geschlossen hatte. Er wurde sofort umgebracht (vgl. 2. Sam 3,22 ff.).
Später, im Kampf gegen Absalom, berichtet ein Mann Joab: „Ich habe Absaloman einer Terebinthe hängen sehen“ (2. Sam 18,10). Ein unerträglicher Anblick für den verwegenen Joab! „Ich mag nicht so vor dir warten“, erwidert er seinem Informanten.„Und er nahm drei Spieße in seine Hand und stieß sie in das Herz Absaloms, während er noch mitten in der Terebinthe lebte“ (Kap. 18,14), obwohl David ausdrücklich geboten hatte, mit seinem Sohn gelinde zu verfahren.
Es gibt sehr entscheidungsfreudige Menschen, und es ist nicht grundsätzlich verkehrt, schnell zu handeln. Wer eine klare Weisung (vom Herrn, von Vorgesetzten, von Eltern ...) erhalten hat, braucht nicht weiter darüber zu diskutieren, sondern kann und sollte sogleich handeln. Verkehrt wird schnelles Handeln allerdings, wenn ich meinen eigenen Vorteil suche. Warten halte ich dann für Verlust. Andere könnten mir ja schließlich etwas wegnehmen.
Vielleicht regt uns das Verhalten Joabs an, erneut unsere Motive und unsere Einstellung zu prüfen. Leben und kämpfen wir für unseren Herrn oder für uns selbst? Joab führte ein selbstsüchtiges Leben. Sein Herz schlug nicht für David. Deshalb erscheint er auch nicht in Davids Heldenliste – obwohl er wahrscheinlich mehr Siege errungen hat als seine beiden Brüder.
Abisai – schnell mit dem Mund
Abisai wird das erste Mal in 1. Samuel 26 genannt. David wohnte zu dieser Zeit in der Wüste – ein gutes Versteck, um sich vor den Angriffen Sauls zu schützen. Eines Tages kommt Saul mit seinem Heer ganz in die Nähe Davids, um ihn aufzuspüren. Doch das Bild ändert sich. David ergreift die Initiative: Er will unbemerkt bei Nacht zu Saul in das Heerlager gehen. Wer hat wohl den Mut, David zu begleiten? Einer ist sofort bereit: Abisai. Er liebt David und nimmt die Gefahren in Kauf. Wie muss sich David darüber gefreut haben!
Dies war nicht das erste Mal, dass Abisai seine Liebe zu David gezeigt hatte. Schon während der Zeit, als David sich in der Höhle Adullam aufhielt, kamen drei Männer zu ihm. Damals äußerte David einen Wunsch: „Wer wird mir Wasser zu trinken geben aus der Zisterne in Bethlehem?“ (2. Sam 23,15). Niemand wurde aufgefordert. Es war ja schließlich nur ein Wunsch. Glück gehabt, denn die Erfüllung dieses Wunsches hätte einen das Leben kosten können!
Doch die drei Männer, einer davon war Abisai, liebten David, ihren Obersten. Sein Wunsch war ihnen Befehl. Unter Lebensgefahr brechen die drei Helden durch das Lager der Philister und bringen David das gewünschte Wasser. Und wie reagiert David? Er will es nicht trinken und gießt es dem Herrn als Trankopfer aus. David will sagen: Dieses Wasser ist für mich wie das Blut der Männer. Sie haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt. So viel Hingabe gebührt nur Gott. – Eine höhere Auszeichnung konnte David den drei Männern nicht geben. Es waren wirkliche Helden! Nicht umsonst steht Abisai an vierter Stelle in Davids Heldenliste (vgl. 2. Sam 23,18).
Abisais Herz brannte für David. Darin unterscheidet er sich deutlich von seinem Bruder Joab. Aber auch er war einer von den Söhnen Zerujas, die David zu hart waren (vgl. 2. Sam 3,39). Es gab drei Situationen, in denen Abisai David einen Vorschlag machte. Doch in allen drei Fällen musste David ihn bremsen, zweimal sogar deutlich tadeln.
1. Die erste Situation wurde bereits oben erwähnt. Abisai geht mit David zu Saul in das Lager. Als er Saul vor sich liegen sieht, gibt es für ihn keinen Zweifel mehr: „Heute hat Gott deinen Feind in deine Hand geliefert.“ Was jetzt zu tun ist, liegt auf der Hand. Deshalb seine Bitte: „Lass mich ihn doch mit dem Speer an die Erde spießen“ (1. Sam 26,8). Nein! David muss Abisai zurückhalten. Saul ist doch der Gesalbte des Herrn! Wer ihn anrührt, macht sich schuldig. Gott selbst wird mit ihm fertig werden.
2. Viele Jahre später entpuppt sich ein anderer als Feind: Simei, von der Familie Sauls. Er flucht David und wirft mit Steinen nach ihm. Wieder zeigt Abisai Eifer für seinen König: „Lass mich doch hinübergehen und ihm den Kopf wegnehmen!“ (2. Sam 16,9). Dieses Mal tadelt David ihn:„Was haben wir miteinander zu schaffen, ihr Söhne der Zeruja? Ja, mag er fluchen!“ (V. 10). Diese Begegnung erinnert an Lukas 9, wo Jakobus und Johannes mit der Frage zum Herrn kommen, ob sie Feuer vom Himmel auf das Dorf der ablehnenden Samariter herabfallen lassen sollten ( V. 51-55). Wie reagiert der Herr Jesus? „Er wandte sich aber um und tadelte sie.“ – Eifer für Christus, ohne seine Gesinnung zu haben, taugt nicht.
3. Nach dem Tod Absaloms kehrt David nach Jerusalem zurück. Simei eilt, um sich beim König zu entschuldigen und um Gnade zu erflehen. Nachdem er David seine Sünde bekannt hat, mischt sich Abisai ein: „Sollte nicht Simei dafür getötet werden, dass er dem Gesalbten des Herrn geflucht hat?“ (2. Sam 19,22). Was ging Abisai diese Sache an? Er war zwar Zeuge dieser Verfehlung gewesen, aber jetzt war nicht sein Urteil gefragt. David ist erregt. „Was haben wir miteinander zu schaffen, ihr Söhne der Zeruja, dass ihr mir heute zu Widersachern werdet?“ (V. 23), entgegnet er scharf. Diese Begegnung erinnert an Matthäus 16, wo Petrus den Herrn beiseite nahm, um Ihm zu sagen, dass Gott Ihn vor dem Leiden, Sterben und Auferstehen bewahren möge. Wie reagierte der Herr Jesus? „Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist“ (V. 23). – Wer die Gedanken Gottes nicht kennt, kann mit der besten Absicht die gröbsten Fehler begehen.
Vielleicht ergeht es auch uns manchmal wie Abisai. Wir haben manche Ideen, die unser Herr aber nicht gebrauchen kann. Wie heilsam, wenn wir uns stets in seiner Gegenwart aufhalten und ihn fragen, bevor wir etwas tun. Dann wird der Herr uns jederzeit vor einem falschen Weg bewahren.
Und alles, was immer ihr tut . . . . . . alles tut im Namen des Herrn Jesus (Kolosser 3,17)
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