Frauen am Büchertisch
Frauen am Büchertisch?
Zusammen mit einer gläubigen Schwester mache ich mir Gedanken zum Thema „Frauen am Büchertisch“. Ist es die Aufgabe der Frau, am Büchertisch zu arbeiten, oder die Aufgabe des Mannes? Müsste die Frau ein Kopftuch tragen, weil es ja weissagen ist!? Würde mich freuen, wenn das Thema in „Folge mir nach“ erscheinen würde.
Im HERRN verbunden, herzliche Grüße, B. K.
Liebe B.,
die beiden von Dir aufgeworfenen Fragen haben sicher auch schon andere gläubige Frauen beschäftigt und vielleicht zu unterschiedlichen Antworten geführt. Gerade bei„heißen Eisen“ (und dazu können solche Themen schnell werden) gilt es, ruhig und besonnen und unter Gebet die Gedanken des Wortes Gottes zu erkennen. Dazu soll diese Fragenbeantwortung einen kleinen Beitrag leisten.
Ist es die Aufgabe der Frau, am Büchertisch zu arbeiten, oder die Aufgabe des Mannes?
Seit dem Beginn des Christentums ist es auch das Vorrecht von gläubigen Frauen gewesen, in dem Evangelium mitzukämpfen; Evodia und Syntyche haben dabei sogar den Apostel Paulus unterstützt (Phil 4,1-3). Evangelistische Arbeit ist also durchaus für Männer und Frauen „angesagt“. Jedoch gab es mit Sicherheit keine Predigerinnen, denn das öffentliche Predigen war und ist Brüdern, besonders den dazu berufenen Evangelisten, vorbehalten (Eph 4,11; Apg 21,8). Das gilt dann auch für ein lautes Predigen am Büchertisch oder bei einem Choreinsatz.
Doch das persönliche Bezeugen des Herrn und des Evangeliums ist davon unberührt. Dass wir „jederzeit bereit“ sein sollen „zur Verantwortung gegen jeden, der Rechenschaft von [uns] fordert über die Hoffnung, die in [uns] ist“ (1. Pet 3,15), dass der Herr Jesus „in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt“ hat und wir nun „Gesandte für Christus“ sind und „an Christi statt bitten: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor 5,19.20) usw. – das gilt für Brüder und Schwestern in ihrer persönlichen Verantwortung gleichermaßen. Die Weitergabe eines Traktats in der U-Bahn, das Gespräch mit der Kollegin oder mit dem Kollegen in der Mittagspause, und auch das Weiterreichen eines christlichen Kalenders oder eines Buches am evangelistischen Büchertisch – das alles sind Aktivitäten ohne öffentlichen Charakter. Der Büchertisch an sich ist natürlich eine öffentliche Sache, aber die Tätigkeit selbst bleibt doch individuell, sozusagen privat. Sicher ist es gut, wenn bei einer solchen Arbeit Brüder bereit stehen, um ggf. schwierige Lehrauseinandersetzungen übernehmen zu können und auch die Arbeit gegenüber den Behörden zu vertreten. Aber das Gros der evangelistischen Arbeit am Büchertisch besteht aus (Kurz-) Kontakten, die sich kaum von privaten Kontakten an anderer Stelle unterschei- den. Bestimmte„Zielgruppen“ wie muslimische Frauen lassen sich zudem viel leichter und problemloser von Frauen erreichen als von Männern. Ob nicht auch manche der tüchtigen Mitarbeiterinnen aus Römer 16 ihre Nachbarn/innen oder Mitsklaven/innen durch private Gespräche diese Weise zum Herrn geführt haben?!
Übrigens gibt es zahllose andere Bereiche,in denen man als Mann oder auch als Frau evangelistisch aktiv sein kann. Der Büchertisch ist einer von diesen, aber bei weitem nicht der einzige. Man denke beispielsweise an Kinderstunden in der Nachbarschaft, an die Versorgung von Altenheimen und Krankenhäusern mit evangelistischer Literatur, an Gespräche mit Mitschülern oder mit Eltern von Klassenkameraden eigener Kinder, woraus sich auch Kontakte und weitere Aufgaben ergeben können, usw. Welche Aufgabe jeder einzelne im Reich Gottes hat – das hat jede/r einzelne/r vor dem Herrn zu prüfen. Nur sollte man nicht beim Prüfen stehen bleiben, sondern auch aktiv werden. Ist nicht das Gebet eine der wichtigsten „Evan- gelisationsmethoden“ (Phil 1,19.27)?!
Müsste die Frau (dabei) ein Kopftuch tragen, weil es ja weissagen ist!?
In 1. Korinther 11,5 heißt es: „Jede Frau, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre“. Die besonderen Umstände des Betens oder Weissagens in diesem Kapitel bestanden doch offenbar darin, dass beides in kleinem, aber doch öffentlichen Kreis, hörbar, womöglich in Gegenwart von Männern, erfolgte. Siehe hierzu die entsprechenden Artikel in FMN (Heft 3/2007, S. 15/16, Heft 4/2007, S. 13-17). Die eigentliche Tätigkeit am Büchertisch geschieht jedoch nicht öffentlich, sondern persönlich (s.o.). Aber der Knackpunkt ist noch ein anderer: Ist die Weitergabe eines Traktats, eine kurze Beschreibung des Evangeliums, überhaupt schon Weissagen? Weissagen ist doch ein Reden aus der Gegenwart, aus der Nähe des Herrn, das nicht so „eben mal“ erfolgt. Die Töchter Philippus’ weissagten (Apg 21,8) – das war doch offenbar mehr als nur auf dem Markt gute Worte weiter- zusagen, denn es wird als Besonderheit berichtet und dürfte wohl kaum ständig erfolgt sein. Auch von den Männern in Korinth wird nicht Weissagen zu jeder Zeit erwartet, sondern besonders auf die Zusammenkünfte bezogen (1. Kor 14,1ff.). „Wer weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung“ (Vers 3).
In der evangelistischen Arbeit kommt man vielleicht mit einer interessierten Person in ein näheres Gespräch – am ehesten zuhause oder zumindest in einem ungestörten, „nicht-öffentlichen“ Umfeld –, und für eine konkrete Situation ist dann ein „Gotteswort“ oder/ und ein Gebet erforderlich. Dann wird sicher der Punkt kommen, wo ein Mann die Mütze (falls vorhanden) absetzt und eine Frau die Kopfbedeckung aufsetzt, um in der richtigen äußeren und natürlich auch inneren Haltung zu beten oder zu reden. Das Miteinander hat eine andere geistliche Dimension bekommen, was auch äußerlich Folgen haben sollte.
Keine gläubige Frau soll mit diesen Zeilen in ihrer persönlichen Überzeugung und Praxis eingeschränkt werden, und einmal zuviel ist sicher besser als einmal zu wenig. Aber aus dem Gedanken heraus, dass eine persönliche Weitergabe des Evangeliums nicht in die Thematik von 1. Korinther 11 einzuordnen ist und dass nicht jedes Reden über geistliche Dinge gleich Weissagen bedeutet, sind die Voraussetzungen für eine notwendige Kopfbedeckung der Frauen am Büchertisch meines Erachtens nicht gegeben. Aber es ist sicher auch eine Sache des persönlichen Glaubens – in dem jeder in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt sein sollte (Röm 14,5).
Vielleicht waren Dir und Deiner Mitschwester diese wenigen Zeilen eine kleine Hilfe und sind Anregung für weiteres eigenes Nachdenken. Und wir alle wollen uns anspornen lassen, Christus, das Wort des Lebens, in unserer verdrehten Gesellschaft darzustellen – zur Errettung vieler Menschen in unserer Umgebung!
Mit herzlichen Grüßen,
Martin Schäfer
Du aber ..., tu das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst. (2. Timotheus 4,5)
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