Bibelstudium

Das Lied der Lieder - ein Bibelbuch mit Klippen? (Teil 2)

Der erste Teil dieser kleinen Studie über das Lied der Lieder sollte den Rahmen und die Struktur dieses wenig gelesenen Bibelbuches kurz beleuchten. Der zweite Teil behandelt einige Themen und Texte, um den inhaltlichen Tiefgang und die Anwendung auf uns als Christen aufzuzeigen. Dabei darf das geistliche Rüstzeug aus der Einführung dann helfen, dem biblischen Text auch Herzenswärme abzugewinnen…

Diese Arbeit bietet keine Vers-für-Vers-Auslegung, sondern soll Anregungen für das eigene Studium geben. Wir wollen uns deshalb auf vier Themenkreise beschränken und den merkwürdigen Refrain, die beiden Hauptpersonen (Bräutigam und Braut) und das Hauptthema (Liebe) überdenken, um einen Einstieg in die Texte und in die innere Schönheit dieses Buches zu finden.

 

1. Der Refrain

„Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschen des Feldes, dass ihr weder weckt noch stört die Liebe, bis es ihr gefällt!“ (Kap 2,7; 3,5; 8,4)

Es fällt auf, dass nach jeder Wiederholung dieses Refrains ein Hinweis auf das Kommen des Bräutigams folgt, davon zweimal zusammen mit seiner Braut. Beim ersten Mal kommt der Messias und offenbart sich selbst. Nach Kap. 3,9 kommt Er als König-Messias mit seiner Braut, und nach Kap. 8,4.5 kommt die Braut aus der Wüste mit Ihm und lehnt sich an den Geliebten. Es gibt also einen erfreulichen Fortschritt in den Beziehungen der Braut zum Bräutigam. Die „Beschwörung“, die Liebe weder zu wecken noch zu stören, bis es ihr (oder ihm) gefällt, ist wohl so zu verstehen, dass die jeweils erreichte Intensität der Liebe nicht von den oft unverständigen „Töchtern Jerusalems“ unterbrochen werden soll. – Könnte es sein, dass eine Phase der glücklichen Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus sogar durch Mitchristen, die dafür kein Gespür hatten, abrupt beendet wurde – oder dass man selbst als Störenfried aufgetreten ist? – Andererseits wird der Herr seine irdische Braut tatsächlich einmal aufwecken und sie in die Ruhe Zions einführen. Dann wird der Messias in seiner Liebe ruhen (Zeph 3,17). So muss uns vielleicht auch der Herr manchmal wachrütteln (Eph 5,14), um die Gemeinschaft mit uns neu „erleben“ zu können.

2. Die Entwicklung der Zuneigung der Braut In einem kurzen Durchgang durch das Buch wollen wir der Entwicklung der Braut nachspüren und auch Anwendungen auf uns machen.

1,1 – 2,7 Die Braut ist angezogen von der Liebe des Bräutigams, sie findet ihn „schön“ (1,16) und genießt seine Zuneigung (2,6). Aber sie weiß noch wenig von den vielen Schönheiten des Freundes und von ihren eigenen Schwächen.

  • Die erste, frische Liebe zu unserem Herrn dürfen und sollen wir uns immer erhalten (Off 2,5) – und zugleich bereit sein zum Wachsen in der Erkenntnis seiner Person.

2,7 – 3,5 Die Freundin wird von ihrem Geliebten aus dem „Winterschlaf der Liebe“ geweckt; er möchte sie sehen und hören (2,14). Dieses Werben löst in der Braut den ersten von drei ähnlichen Reimen aus:

„Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein, der unter den Lilien weidet“ (2,16). Der Freund gehört ihr, und sie ihm – das erfüllt sie mit tiefer Freude, auch wenn sie ihn dann noch umständlich sucht (3,1-4).

  • Der Herr bemüht sich immer wieder um uns und, tatsächlich, Er hat Interesse an uns. Seine Liebe zu uns bewirkt bei uns das Bewusstsein, Ihn zu besitzen und Ihm zu gehören. Lassen wir Ihn an uns arbeiten?

3,6 – 5,1 Salomo und die Braut kommen gemeinsam aus der Wüste heraus (Hos 2,16). Der Bräutigam beschreibt in 16 Versen die Schönheit der Braut und will damit ihre Zuneigungen zu ihm vertiefen – und selbst die Früchte dieser Liebe genießen (5,1).

  • Für uns ist es oft nicht begreiflich, warum der Herr uns so und immer noch liebt, aber wir dürfen Ihm durch Zuneigung eine Antwort auf seine Liebe geben – Er wartet auf uns!

5,2 – 6,12 Die Braut liegt im Bett und ist zu spät bereit, dem Geliebten zu öffnen. Sie ist im Innern erregt, und auf die Nachfrage der Töchter Jerusalems, was denn an ihrem Freund so besonderes sei, beschreibt sie ihn mit ergreifenden Worten. Jetzt kommt sie zu einer zweiten wichtigen Etappe und formuliert: „Ich bin meines Geliebten; und mein Geliebter ist mein, der unter den Lilien weidet“ (6,3). Für sie ist es jetzt wichtiger, dass sie ihm gehört als umgekehrt.

Der Bräutigam beschreibt nochmals, was die Braut ihm bedeutet – alles.

  • Nach einer geistlichen Erweckung (Eph 5,14) wird uns die Person des Herrn oft besonders groß. Haben wir schon einmal einige seiner Schönheiten persönlich im Wort Gottes erforscht und Ihn dafür gepriesen?

7,1 – 8,4 Der König möchte Sulamith anschauen (7,1) und beschreibt dann abermals detailliert ihre Schönheiten – was die Braut dazu veranlasst, ihm mit einem letzten der drei ähnlich lautenden Reime ins Wort zu fallen:

„Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen“ (7,11). Nicht mehr ihr Besitz des Bräutigams, sondern sein Besitz und sein Verlangen nach ihr erfüllen jetzt das Herz der Braut.

  • Der Herr möchte uns in der Schönheit, mit der Er uns selbst bekleidet hat, sehen. Dann dürfen wir auch in schwierigen Umständen um seinen „Besitz“ wissen und aus diesem Blickwinkel heraus ein Leben der Hingabe führen.

8,5 – 8,14 Die Braut ist vollends von der Liebe des Geliebten überw.ltigt und bittet ihn um seine dauerhafte Liebe (8,6-7). Zugleich kümmert sie sich um das Wohl ihrer kleinen Schwester (8,8) und anderer Weingärtner (8,11.12). Nochmals fordert der Bräutigam sie auf, ihre Stimme hören zu lassen, und sie beschreibt ihn als ihren Geliebten in jugendlicher Frische (8,13.14).

  • Als Christen haben wir die Gewissheit, dass uns nichts von der Liebe des Christus scheiden wird (Röm 8,35.39), und doch sollte es unser Wunsch sein, dass Er wirklich echt in unserem Herzen durch den Glauben wohnt, so dass wir in dieser Liebe gewurzelt und gegründet sind (Eph 3,17). Und das wird unseren Blick weiten auf viele andere Gläubige (vgl. „mit allen Heiligen“ in Eph 3,18).

 

3. Die Schönheit des Bräutigams

„Ein ausgegossenes Salböl ist dein Name“, sagt die Braut gleich zu Beginn des Buches (1,3). Und das ist sicher Grund genug, um die Beschreibung dieser großartigen Person in Kapitel 5,10-16 zu überdenken. Das kann zugleich hilfreich sein, um einen ersten Zugang zu der Bildersprache des Liedes der Lieder zu bekommen. Nach einer ersten Charakterisierung malt die Braut, die übrigens fast immer über ihren Freund und selten zu ihm direkt spricht (der Bräutigam dagegen spricht nur zu ihr), den Töchtern Jerusalems ihren Freund in zehn Aspekten vor Augen.

„Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden.“

„Weiß und rot“ deuten offenbar auf die Frische und Kraft hin (Klgl 4,7). Der Herr Jesus war von innerer Kraft und Entschiedenheit (Lk 9,51), und gerade in seiner vollen Manneskraft diente Er seinem Gott (Ps 102,25; Lk 3,23). Weiß ist zugleich das Zeichen von Reinheit, wie es zum Beispiel in Markus 9,3 auf dem Berg der Verwandlung im Gewand des Herrn Jesus deutlich wird.

 

(1) „Sein Haupt ist gediegenes, feines Gold,“

Vom Haupt gehen Befehle aus, es steuert den Leib. So ist der Herr Jesus Haupt über das ganze Universum (Eph 1,23), Haupt des Leibes (Kol 1,18) und auch Haupt jedes Mannes (1. Kor 11,3). Doch der Herr Jesus konnte während seines Erdenlebens sein Haupt nirgendwo hinlegen (Lk 9,58); dieses Haupt wurde mit einer Dornenkrone verunstaltet (Mt 27,29) und zudem geschlagen (Mt 27,30)! Dabei blieb Er der Sohn Gottes, so wie Gold auf göttliche Herrlichkeit (vgl. z.B. die vielen Geräte in der Stiftshütte) hinweist. Er starb aus eigener Initiative, er „neigte das Haupt“ (Joh 19,30) in vollem Bewusstsein und übergab den Geist an seinen Vater. Und bald wird auf seinem Haupt eine Krone aus gediegenem Gold prangen (Ps 21,4); Er wird viele Diademe tragen (Off 19,12)!

 

(2) „seine Locken sind herabwallend, schwarz wie der Rabe;“

Lange Haare symbolisieren in Gottes Wort stets die Abhängigkeit und Hingabe, so zum Beispiel im Gesetz des Nasiräers (4. Mo 6). So weihte sich auch der Herr Jesus Gott völlig und ließ sich von Ihm täglich das Ohr öffnen (Jes 50,5). Das war kein Zeichen von Schwäche. Ohne graues Haar, d.h. in jugendlicher Kraft, lebte Er als Knecht Gottes für Ihn.

 

(3) „seine Augen wie Tauben an Wasserbächen, badend in Milch, eingefasste Steine;“

„Die Lampe des Leibes ist das Auge“ (Mt 6,22) und wird durch das Gebot des Herrn erleuchtet (Ps 19,9). Diese „Wasserbäche“ des Wortes Gottes kennzeichneten das Leben des Herrn Jesus: „Dein Gesetz ist im Innern meines Herzens“ (Ps 40,9); und Er praktizierte sie ohne jeden Falsch „wie die Tauben“ (Mt 10,16). Auch Milch weist auf das Wort Gottes hin (1. Pet 2,2), vielleicht auch auf die Reinheit, in der diese Augen ruhten: „Mein Gedanke geht nicht weiter als mein Mund“ (Ps 17,3). War diese Übereinstimmung des Herrn mit dem Wort Gottes und mit Gott selbst nicht ein Stein, ein Juwel, eine Freude für den Vater?

 

(4) „seine Wangen wie Beete von Würzkraut, Anhöhen von duftenden Pflanzen;“

Die Braut sehnt sich in Kapitel 1,2 nach den Küssen des Freundes – die Wangen sind dafür besonders geeignet. Doch der Herr empfing einen Judaskuss (Mt 26,49), man raufte Ihm die Wangen (Jes 50,6). Er, der Richter Israels, wurde vom eigenen Volk verworfen, was der Prophet mit dem Schlagen auf die Wange vergleicht (Mi 4,14); die Obersten schlugen Ihm ins Gesicht (Mt 26,67). Er erntete Hass statt Liebe – aber dieses geduldige Ertragen seiner Leiden ist für Gott und auch für uns eine persönliche Schönheit des Sohnes Gottes, ein Duft, den wir mit Gott genießen dürfen.

 

(5) „seine Lippen Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe;“

Über die Lippen verlassen die Worte unseren Mund, und so werden die Lippen immer wieder als Symbol für das Reden erwähnt (z.B. Spr 11,21). Als der Herr in Nazareth redete, wunderten sich die Leute „über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Lk 4,22). Die Schönheit seiner Rede („Lilie“) war einzigartig (Ps 45,3), das ganze Volk hing an seinem Mund (Lk 19,48). Aber sprach Er nicht auch immer wieder von seinen bevorstehenden Leiden (Lk 9,22; 17,25; 18,32)? Die Myrrhe fließt als eine Art Saft aus einer Baumrinde (durch Anschneiden), schmeckt bitter, und wenn man sie verbrennt, entfaltet sie einen wohlriechenden Geruch – insgesamt ein treffendes Symbol für die Leiden des Herrn Jesus. Gerade die messianischen Psalmen zeigen uns, mit welchen von Myrrhe träufelnden Worten Er über sein Leben und sein Sterben redet.

 

(6) „seine Hände goldene Rollen, mit Topasen besetzt;“

Nicht nur das Haupt, auch Hände und (Unter-)Schenkel (oder vielleicht die Fü.e) waren aus Gold. Die Hände reden immer vom Handeln, vom Wirken; so wird die Schöpfung als das Werk seiner Hände bezeichnet (Ps 19,2; Heb 1,10). Da wirkte der Sohn Gottes mit göttlicher Weisheit und Einsicht (Spr 3,19). Auch als der Sohn des Menschen handelte Er so: „wohl tuend und alle heilend, die von dem Teufel überw.ltigt waren; denn Gott war mit ihm“ (Apg 10,38). Topase oder Chrysolithe fanden sich auch auf dem Brustschild des Hohenpriesters (2. Mo 28,20), und zwar in der vierten Reihe. Könnte das ein Hinweis auf das vierte Evangelium sein, in dem der Herr besonders als Sohn Gottes (vgl. „Gold“) vorgestellt wird? Hesekiel 1,16 und Daniel 10,6 deuten in eine ähnliche Richtung. Und wir dürfen auch für uns heute wissen, dass Er uns mit seinen „göttlichen“ Händen leitet und sicher führt (Jes 49,16; 51,16).

 

(7) „sein Leib ein Kunstwerk aus Elfenbein, besetzt mit Saphiren;“

Das Wort für „Leib“ bedeutet ursprünglich „Eingeweide“ und verbindet sich mit dem Gedanken an innere Gefühle und den inneren Willen. Das Gesetz Gottes war im Innern (wörtlich „Eingeweide“) seines Herzens (Ps 40,9), auch als sein Herz in tiefsten Leiden inmitten seiner Eingeweide „zerschmolzen“ war (Ps 22,15). Dieses „Kunstwerk“ seiner Hingabe zeigt seinen inneren Reichtum, so wie Elfenbein früher ein Statussymbol für Reichtum war (1. Kön 10,11; Amos 6,4). Ein Saphir findet sich auf der zweiten Reihe des hohenpriesterlichen Brustschilds (2. Mo 28,18) und wird auch bei der Beschreibung des Menschensohns in Hesekiel 1,26 erwähnt. Könnte dieser Edelstein vielleicht auf Christus als den Knecht Gottes hindeuten, wie Er im Markusevangelium beschrieben wird?

 

(8) „seine Schenkel Säulen aus weißem Marmor, gegründet auf Untersätze aus feinem Gold;“

Gott hat kein Wohlgefallen an den Beinen des Mannes (Ps 147,10), aber die Energie und Hingabe des Herrn Jesus war für Ihn wertvoll (vgl. auch den Schenkel des Hebopfers in 3. Mose 7,34) und einmalig, wie Marmor damals eine Rarität war – und auch auf Standfestigkeit hindeutet (1. Chr 29,2). Sein Leben, seine Hingabe basierte letztlich auf seiner eigenen persönlichen Herrlichkeit als Sohn Gottes – so sind die Untersätze, d.h. die Fü.e, aus Gold. Er ließ sein Leben aus eigener Kraft (Joh 10,17), ein neuer Anlass für die Liebe des Vaters zu Ihm.

 

(9) „seine Gestalt wie der Libanon, auserlesen wie die Zedern;“

Eine Zeder auf dem Libanon (Ps 92,13) war immer Ausdruck von Majestät und Kraft (Ps 80,11). Die Braut tritt sozusagen einen Schritt zurück und betrachtet ihren Freund von oben bis unten. Die Größe und Erhabenheit des Herrn Jesus, seine Vortrefflichkeit (Phil 3,8) bringt auch uns dazu, vor Ihm niederzufallen und Ihm zu huldigen.

 

(10) „sein Gaumen ist lauter Süßigkeit,“

Der Geschmack seines Mundes war für die Braut von großer Sü.igkeit. Für den „Gaumen“ des Gläubigen sind seine Worte sü. (Ps 119,103), so wie seine Frucht dem Gaumen der Braut süß war (Hld 2,3). Der Gaumen deutet dabei vielleicht besonders auf den inneren Geschmack, die innere Freude hin. – Ist das Wort des Herrn für uns täglicher Genuss?

„und alles an ihm ist lieblich.“

Dieses Résumé wird nicht nur die irdische Braut des Messias einmal ziehen, sondern in diesen Ausruf wird jeder Gläubige, der seinen Erlöser ein wenig kennen gelernt hat, aus vollem Herzen mit einstimmen.

 

4. Die Einzigartigkeit der Liebe

Am Ende des Buches hat die Braut ihren Geliebten viel besser kennen gelernt – und sich selbst auch. Deshalb bittet sie ihn in ergreifenden Worten (Kap. 8,6-7) um seine dauerhafte, starke Liebe. Die Inhalte dieser vier Strophen dürfen wir uns alle zu Herzen nehmen:

(1) Lege mich wie einen Siegelring an dein Herz, wie einen Siegelring an deinen Arm!

Die Braut hat erkannt, „dass alle ihre Segnungen von seiner und nicht von ihrer Liebe abhängen“. Deshalb bittet sie ihn darum, dass er sie an sein Herz und an seinen Arm ketten möge. Auf die Schulter und auf das Brustschild des Hohenpriesters wurden damals die Namen der zwölf Stämme Israels in Siegelstecherei eingraviert (2. Mo 28,11.12.21.29), der sie so „zum Gedächtnis“ auf der Schulter und auf dem Herzen trug, wenn er vor Gott erschien. Auf diese Weise möchte auch die Braut sich auf die Liebe (Herz) und die Kraft (Arm) ihres Bräutigams verlassen. Wir als Christen sind von dem Herrn geliebt und getragen, aber wir dürfen und sollten uns Ihm auch wirklich ganz ausliefern und auf eigene Kraftanstrengungen verzichten!

 

(2) Denn die Liebe ist gewaltsam wie der Tod, hart wie der Scheol ihr Eifer.

Warum will die Braut sich unbedingt dem Bräutigam und seiner Liebe verschreiben? Die Liebe des Freundes war mächtig und zugleich eifernd, sie hat die Braut immer wieder mit dieser Kraft und diesem Eifer getragen und für sich reserviert. Hat der Herr Jesus seine Liebe nicht durch Liebe bis zum Tod am Kreuz bewiesen? Und eifert Er nicht jetzt um uns, dass wir unsere Zuneigung, unser Leben nur Ihm schenken (2. Kor 11,2)?

 

(3) Ihre Gluten sind Feuergluten, eine Flamme Jahs.

Das Feuer der Liebe des Bräutigams war so stark, so energiegeladen, dass er in der an sich durchaus nicht perfekten Braut Schönheiten sah, die ihm das Herz raubten (4,9), die ihn fesselten (7,6). Und am Kreuz hat diese gleiche Person, der Herr Jesus, gezeigt, was göttliche Liebe ist („Jah“ ist eine dichterische Bezeichnung für den Herrn) – die größten Leiden in der Gottverlassenheit konnten Ihn nicht davon abbringen, aus Liebe zu den Seinen und zu seinem Gott auszuharren.

(4) Große Wasser vermögen nicht die Liebe auszulöschen, und Ströme überfluten sie nicht.

Die Liebe der Braut ist durch manches Wasser der Trübsal ins Wanken geraten, drohte vielleicht sogar auszulöschen. Aber die Liebe des Bräutigams konnte durch ihr Versagen nicht ausgelöscht werden. Und als der Messias dann unter seinem Volk war, hat Er die Wasser der Leiden um der Gerechtigkeit willen durchlebt wie kein Zweiter (Psalm 69,15.16) – und doch betete Er am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Und auch das Leiden um unserer „Ströme“ von Sünden willen, die über Ihn kamen, hat seiner Liebe keinen Abbruch getan. Wer von uns möchte sich nicht dieser bedingungslosen Liebe anvertrauen?

(5) Wenn ein Mann allen Reichtum seines Hauses für die Liebe geben wollte, man würde ihn nur verachten.

Neben der Kraft, dem Feuer und der Unauslöschbarkeit der Liebe schildern diese Abschlussworte ihre Selbstaufgabe. Echte Liebe gibt nicht nur den Besitz, sondern die eigene Person – das ist der höchste Beweis der Liebe. Christus hat uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben (Eph 5,2)! Seiner Liebe können wir völlig vertrauen!

So darf die Beschäftigung mit dem nicht einfachen, aber zugleich „besten Lied“ der Bibel uns helfen, in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus zu wachsen (2. Pet 3,18).