Was die Jugendlichen bewegt (?)

Was die Jugendlichen bewegt (?)

Eine Auswertung der Shell-Studie 2006 mit Fragen an Euch

Manchmal fragen wir uns als FMN-Team, was wirklich in den Köpfen – und mehr noch: in den Herzen – unserer Leser vorgeht. Da kommt nun die Shell-Jugendstudie 20061 in die Redaktion geflattert. Für diese Studie wurden über 2.500 Jugendliche zu allen möglichen Themen befragt, erstmals auch zur Religiosität. Sie kann sicher auch in der Schule ein Thema sein, deshalb stellen wir in diesem Aufsatz die wesentlichen Ergebnisse der über 500 Seiten vor und bewerten sie kurz, so weit das für Euch interessant sein könnte. Viel wichtiger ist uns aber: Was ist Eure Meinung, Eure Position dazu? Habt Ihr dieselben Wünsche, Ziele, Sorgen, Werte wie die befragten Jugendlichen? Versteht Ihr unter „Religiosität“ dasselbe wie sie? Oder seid Ihr anders? Wir würden uns freuen, wenn Ihr uns schreibt oder mailt – vor allem aber die Frage: Habt Ihr (zumindest innerlich) zu alledem Stellung bezogen? Sicher kann das Nachdenken über diese Studie auch helfen, auf (Mit)-Jugendliche zuzugehen, um das Evangelium weiterzusagen.

 

Werte

Ein Hauptthema der Studie ist: „Werte“. Den Jugendlichen wurden 24 Wertaussagen genannt, die sie abgestuft als wichtig oder unwichtig für ihr persönliches Leben und Verhalten einordnen konnten.

Das Ergebnis:

  • Die wichtigsten Werte sind „Gemeinschaftswerte“ wie Freundschaft, Partnerschaft, Familienleben.
  • Dann folgen „Selbstverwirklichungswerte“: Individualismus und Unabhängigkeit, aber auch Kreativität und Handeln nach eigenen Gefühlen. Dahinter liegen Sekundärtugenden2 wie Fleiß und Ehrgeiz, Sicherheit, Gesetz und Ordnung, auch diese Werte sind durchaus wichtig.
  • Auch Materialismus3 und Hedonismus4 sind „in“, bei den Jugendlichen deutlich stärker als im Rest der Bevölkerung: insbesondere „die guten Dinge des Lebens in vollen Zügen genießen“, „hoher Lebensstandard“ usw.
  • Aber: Der Gottesglaube ist unwichtig.

Unterm Strich: Die Jugendlichen „wollen im Leben vor allem Spaß haben“5.

Sind das auch meine und Deine „Werte“? Ich habe das Wort „Werte“ bewusst in Anführungszeichen gesetzt. Die Spitzen- reiter „Freundschaft“ und „Familienleben“ sind wichtige Themen – auch in der Bibel.

Auch einige andere von diesen „Werten“ sollte man (ebenso) bei Nachfolgern des Herrn Jesus finden. Aber ist das alles? Man konnte wohl nicht erwarten (warum eigentlich nicht?), dass in dieser Studie christliche Tugenden abgefragt wurden wie Gottes- furcht, Nächstenliebe oder solche, wie sie in Galater 5 aufgeführt sind6. Auch nicht gefragt wurde nach Werten wie Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Unterordnung unter Autoritäten o.ä.

Das heißt: Solche Werte scheinen nach Auffassung der Autoren entweder nicht wichtig oder nicht weit genug verbreitet zu sein, um sie in die Umfrage aufzunehmen. Und die Antworten können nicht besser sein als die Fragen – es gibt in dieser Umfrage keine Jugendlichen, denen Nächstenliebe oder Gottesfurcht wichtig ist ... Frage an mich und Dich: Was ist mir wichtig, was ist Dir wichtig?

Glaube und Kirche

Interessant – aber traurig – sind die Ergebnisse der Studie zu Glauben und Kirche:

Es gibt vier Gruppen von Jugendlichen: An einen persönlichen Gott (d.h. an Gott als eine Person) glauben 30% – die Studie nennt sie „kirchennahe Gläubige“.

  • An eine überirdische Macht glauben 19%.
  • An keine Art von Gott („weder noch“) glauben 28%.
  • Unsicher („weiß nicht“) sind 23%.

Wie viele Jugendliche sind wirklich gläubig im Sinne der Bibel – haben sich bekehrt, haben neues Leben und Vergebung der Sünden, haben ewiges Heil? Wie viele führen ein bewusstes Leben mit Gott, erkennen Jesus Christus als Herrn an?

Nur bei der erstgenannten Antwort kann es sich überhaupt um biblisch begründeten Glauben handeln, denn die Bibel lehrt eindeutig, dass es Gott gibt und dass Gott eine (dreieine) Person ist und nicht nur eine Macht oder ein „Da-ist-noch-irgend-etwas-über- uns“. Der christliche Glaube ist der Glaube an Jesus Christus: Dieser ist „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (. Joh 5,0). „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm“ (Joh 3,36).

Ob die „kirchennahen“ 30% auch solch ein biblisch begründetes Glaubensbild haben, wird in der Shell-Jugendstudie nicht hinterfragt. Es ist sicher nicht so. Diese 30% schließen z.B. auch Jugendliche „mit Migrationshintergrund“ ein, die zum Teil aus anderen Kulturkreisen stammen und mit nicht-christlichen Religionen aufgewachsen sind. Deren „Gott“ hat keinen Sohn, der gestorben ist, um Sündern Vergebung anzubieten, und für sie gibt es keine Sicherheit des ewigen Heils.

Nicht einmal ein Drittel aller Jugendlichen glaubt, dass Gott die Welt geschaffen hat; kaum ein Fünftel glaubt, dass man nach dem Tod über sein Leben Rechenschaft ablegen muss – das sind aber elementare Bestandteile des christlichen Glaubens. Zugleich glaubt über die Hälfte (dabei 2/3 der Mädchen) an eine Lebensbeeinflussung durch Schicksal und Vorbestimmung, gute/böse Geister, Sterne, Hellseherei oder Ufos usw. Dabei ist es so gnädig von Gott, dass Er in der Bibel seine Wahrheit offenbart hat. Davon kann ich überzeugt sein (Heb 11,1). Mit der Bibel habe ich eine stabile Grundlage für meinen Glauben, für mein Leben. Was sie mir sagt, kann ich festhalten (2. Tim 1,13). Ich brauche nicht zu spekulieren, brauche mir nicht mein eigenes Gottesbild zurechtzuzimmern. Also: Was glaube ich eigentlich? Was glaubst Du? Wem glaubst Du? An wen glaubst Du?

Und die Kirche? Fast drei Viertel finden es zwar gut, dass es sie gibt. Geradezu tragisch ist aber, dass nur ein Viertel der Jugendlichen in der Kirche Antworten auf die Fragen findet, die sie bewegen. Findest Du sie in der Versammlung (Kirche; Gemeinde)? Habe ich Antworten auf die Fragen der Jugendlichen, die sie wirklich bewegen? Dabei ist die Beziehung zu Gott in erster Linie eine persönliche, und jeder hat eine persönliche Verantwortung gegenüber Gott, die er nicht auf eine Institution abwälzen kann. Niemand sollte deshalb der Versuchung erliegen, das ganze Thema „Glauben“ über Bord zu werfen, weil er/sie meint, in „seiner“ Versammlung keine befriedigenden Antworten zu bekommen. Wahr ist aber eben auch, dass die Gemeinschaft der Gläubigen insgesamt mit passender geistlicher Nahrung für alle Bedürfnisse versorgt werden soll: Wir sollen suchen, „überströmend“ zu sein „zur Erbauung der Versammlung“ (vgl. z. B. . Kor 4,).

Sind gläubige Jugendliche anders?

Extra nachgegangen sind die Autoren der Studie der Frage, ob und wie Glaube und Werte zusammenhängen: Kann man feststellen, dass religiöse Jugendliche „höhere“ Werte haben? Gibt es Unterschiede zwischen „kirchennahen“ und „ungläubigen“ Jugendlichen?

Die Studie kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Die einzige Gruppe, die sich aus den vier Kategorien von Jugendlichen heraushebt, ist die der „kirchennahen“ Jugendlichen:

  • Der Glaube ist für ihre persönliche Lebensführung besonders wichtig.
  • Familie, Tradition und Gesundheit haben eine besonders große Bedeutung.
  • Sie haben eine etwas größere Hilfsbereitschaft für sozial Benachteiligte, aber auch ein größeres Umweltbewusstsein; auch Freunde und soziale Kontakte sind ihnen etwas wichtiger.

Umgekehrt formuliert: Wer nur an eine übernatürliche Macht glaubt, lebt (statistisch gesehen) nicht anders als der, der gar nicht glaubt oder glaubensunsicher ist. Nur der Glaube an einen persönlichen Gott macht einen Unterschied. Aber es bleibt die Frage: Glauben die hier befragten „kirchennahen“ Jugendlichen wirklich an den Gott der Bibel?

Es gibt also Unterschiede zwischen den „kirchennahen“ und den übrigen Jugendlichen, aber:

  • Sie sind nicht groß (in der Abweichung von den Normalwerten).
  • Sie sind am prägnantesten im stärkeren Gesundheits- und Umweltbewusstsein (!).
  • Es tauchen bei den „kirchennahen“ Jugendlichen keine Werte auf, die bei den anderen nicht vorhanden sind7.

Es ist ernüchternd, dass es zwar spürbare Unterschiede zwischen „kirchennahen“ und anderen Jugendlichen gibt, dass die Unterschiede aber weder grundlegend noch groß sind. Insgesamt haben die kirchennahen Jugendlichen kein wirklich anderes Wertekonzept.

Unwillkürlich fragt man sich: Habe ich eins? Hast Du eins? Was ist mir als Christ wichtig, was ist das Koordinatensystem meines Lebens? Wie ist es mit einem Bibelvers wie Römer ,: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“? Bin ich „verwandelt“, oder bin ich wie die anderen, habe ich dieselben Ziele, dieselben Werte? Sieht man bei mir, bei Dir eine „erneuerte Gesinnung“? Sei ein lebendiger Fisch, schwimm’ doch gegen den Strom!

Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick

Noch ein paar Aussagen der Studie im Überblick. Jeder hat einen persönlichen Eindruck von seiner Umgebung – hier hat man Ergebnisse, mit denen man einen Vergleich anstellen kann. Wie würden die Tabellen bei mir persönlich aussehen? Und bei Dir? Hast Du auch den Eindruck, dass zwischen „gläubigen“ und „ungläubigen“ Jugendlichen gar kein großer Unterschied besteht? Wenn ja: Warum ist das so?

Was tun Jugendliche in ihrer Freizeit?

  • Häufigste Freizeitbeschäftigungen: Musik hören, Fernsehen, Leute treffen.
  • Stark zugenommen hat: Surfen im Internet, Videos/DVDs und Computerspiele.
  • Aber man liest auch mehr Bücher.
  • Sport rangiert hinter Partys.
  • Familie auf den hinteren Plätzen.
  • Fast 40% rauchen täglich oder gelegentlich (Jungen wie Mädchen gleich).
  • Die Hälfte der Jungen und knapp ein Drittel der Mädchen trinkt mindestens einmal pro Woche Alkohol.

Was ist „in“?

  • „Mega-in“ ist alles, was äußerlich etwas her macht: Toll aussehen liegt über 90%, Technik und Markenkleidung bei 80%.
  • „In“ ist, was erfolgreich und unabhängig macht: Karriere (über 80%), Studieren und Sich-selbstständig- machen.
  • Nicht so „in“ sind innere und traditionelle Werte: Treue erreicht zwar fast 80%, aber Heiraten nur die Hälfte davon; „an etwas glauben“ 59%.

Familie

  • 75%: „Man braucht eine Familie, um glücklich zu sein.“
  • Über 50% wollen selbst Kinder haben.
  • Fast alle kommen gut mit ihren Eltern zurecht.

Zukunft

  • Die Hälfte blickt „zuversichtlich“ in ihre persönliche Zukunft, das sind deutlich weniger als vor vier Jahren (schlechte Schul- oder Berufsperspektiven).
  • (Nur) /3 der Azubis gehen davon aus, übernommen zu werden – vor vier Jahren waren das noch 80%. Die größten Ängste haben die Jugendlichen vor Armut und Arbeitslosigkeit, erst dann folgen Terroranschläge usw.

Und Ihr?

Sicher habt Ihr eine Meinung dazu! Es ist nicht immer ganz leicht, aber doch wichtig, einen festen Standpunkt zu haben, der auf den persönlichen Glauben an Gott und auf die Bibel gestützt ist. Wir würden uns freuen, wenn Ihr uns zu dem einen oder anderen Punkt schreiben oder mailen würdet. Die Redaktion ist gespannt auf Eure Kommentare!

 

1 Shell Deutschland Holding (Hrsg.): 15. Shell Jugendstudie: Jugend 2006 – Eine pragmatische Jugend unter Druck, Fischer-Verlag 2006.

2 Sekundärtugenden werden solche Werte genannt, die für sich allein ethisch keine Bedeutung haben, wenn sie nicht wertvollen (Primär-) Tugenden dienen.

3 Materialismus: Lebenseinstellung, hauptsächlich nach materiellem Besitz und Wohlstand zu streben.

4 Hedonismus: Lebenseinstellung, hauptsächlich nach Genuss und Befriedigung der eigenen Lust zu streben.

5 Diese Aussage bekam im Durchschnitt 3,3 von 4 Punkten und war Spitzenreiter bei der Frage, was die Jugendlichen vom Leben erwarten.

6 Gal 5,22.23: „Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit (Selbstbeherrschung).“

7 Weil der Kreis der abgefragten Werte sehr begrenzt war (s.o.), weiß man leider nicht, ob biblisch geprägte Werte bei den kirchennahen Jugendlichen möglicherweise stärker gepunktet hätten.