Bibel praktisch

Haushaltungen

Haushaltungen – was ist das eigentlich? Gehört haben den Begriff viele, aber was bedeutet er – und warum ist das Thema wichtig?

 

Betty’s Überraschung

Bevor wir uns an einer Antwort versuchen, was Haushaltungen eigentlich sind, möchte ich hier eine interessante Geschichte wiedergeben, die Bruder Ironside (1876 – 1951) einmal dazu erzählte:

 

Bettys Entdeckung

Nehmen wir an, eine junge Frau – nennen wir sie Betty – sucht eine Stelle als Haushaltshilfe. Schließlich wird ihr eine Stelle angeboten, und zwar in einer einfachen Arbeiterfamilie. Dort gibt es eine Reihe von Regeln, die sie beachten muss: Morgens um 5 Uhr steht sie auf, macht Frühstück und Butterbrotpakete für die, die zur Arbeit gehen. Um 6 Uhr läutet sie die Glocke: Es ist Zeit zum Aufstehen. Um 6.30 ist die Familie am Frühstückstisch und um 7.00 Uhr gehen sie zur Arbeit. Schnell lernt Betty, was sie tagsüber zu tun hat, und sie lernt die Wünsche der Hausherrin (oder die Regeln der „Haushaltung“) gut kennen.

Einige Zeit später bekommt sie eine neue Stelle, diesmal in einer Villa auf dem Berg. Als Betty dann in die Villa einzog, wollte  ihre neue Hausherrin sie in ihre neuen Pflichten einweisen. Aber Betty hielt das nicht für nötig: „Sie brauchen mir keine Anweisungen zu geben“, sagte sie ihrer erstaunten Chefin. „Ich weiß genau, wie man einen Haushalt führt, ich habe Erfahrung ...“

Am nächsten Morgen ertönt – um 6.00 Uhr morgens – die Glocke. Die Bankiersfamilie, die andere Arbeitszeiten gewöhnt ist, ist entrüstet, so früh aus dem Schlaf gerissen zu werden. Zur Rede gestellt entgegnet Betty: „Es ist Zeit zum Aufstehen. Das Frühstück ist bald fertig.“

„Aber wir frühstücken doch nie vor 8.30 Uhr!“, ruft die Hausherrin. Betty, bemüht ihre gute Arbeit zu beweisen, entgegnet: „Die Butterbrotpakete sind auch schon fertig!“ – worauf sie nur zu hören bekommt: „Bei uns nimmt niemand Butterbrote mit zur Arbeit. Siehst du, Betty, du verstehst noch nicht, wie sich das Leben in unserem Haus abspielt. Ich werde dir heute alles genau erklären“.

So lernte die arme verwirrte Betty, wie wichtig es ist, die „Haushaltungen“ zu verstehen.

 

Haushaltungen in der Bibel

In der Bibel gibt es auch verschiedene „Haushaltungen“, oder verschiedene Arten der „Verwaltungen“. Das griechische Wort (oikonomia) – von dem unser Wort Ökonomie kommt – setzt sich aus zwei Teilen zusammen: oikos (Haus) und nomos (Gesetz). Es kann also frei übersetzt werden als „Gesetz oder Prinzip, nach dem ein Haus verwaltet wird“. Dazu gehörte(n) früher nicht nur die Familie im engeren Sinn, sondern oft auch Diener, Angestellte und ein landwirtschaftlicher Betrieb. Der „oikonomos“ war also der Verwalter, der das alles zu planen und zu „managen“ hat (z.B. in der Geschichte vom ungerechten Verwalter in Lukas 16,1 ff.).

Eine interessante Stelle, in der dieses Wort vorkommt, ist Epheser ,0: „Verwaltung der Fülle der Zeiten“. Gemeint ist damit das 000–jährige Reich. Gott hat einen Plan dafür, wie dieses Reich verwaltet werden soll, nämlich indem Christus der unbestrittene Herrscher ist: „alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist“ (Eph 1,10.11).

Dieses Beispiel zeigt einen wichtigen Punkt: Eine „Haushaltung“ im biblischen Sinn bedeutet, dass Gott bestimmt, nach welchen Grundsätzen ein bestimmter Zeitabschnitt der Weltgeschichte „verwaltet“ werden soll. Es geht also um Epochen oder Phasen in der Geschichte, in denen Gott jeweils unterschiedliche Grundsätze festgelegt hat.

Der Frage, welche Haushaltungen es gegeben hat und noch geben wird, wollen wir im nächsten Artikel nachgehen. Zunächst einmal geht es darum, überhaupt einzusehen, dass es Haushaltungen gibt, mit anderen Worten: dass Gott nicht immer mit  allen Menschen in verschiedenen Zeitaltern gleich verfährt.

 

Kann Gott sich etwa ändern?

Das bringt unwillkürlich die Frage mit sich: Kann Gott sich etwa ändern? Natürlich nicht. Bei Gott gibt es keine Änderung, noch nicht einmal „der Schatten eines Wechsels“ (Jak 1,17). Außerdem lesen wir: „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (Heb 13,8).

 

Was ändert sich dann?

Wenn sich Gott nicht ändern kann – was kann sich denn dann ändern? Im Prinzip zwei Dinge: Gottes Offenbarung und Gottes Wege.

Gott hat sich stückweise – oder schrittweise – offenbart: Adam und Eva wussten etwas von Gott, aber noch nicht so viel wie Abraham. Ihm offenbarte sich Gott als der Allmächtige (1. Mo 17,1). Mose lernte ihn kennen als Jahwe: der Gott, der einen Bund mit dem Volk Israel machte. Aber das war immer noch nicht die volle Offenbarung Gottes. Die gab es erst, als der Herr Jesus kam. Der Sohn Gottes selbst hat das gewaltige Geheimnis gelüftet: Gott ist ein Gott der Liebe, Er hat einen Sohn, Er liebte die Welt (d.h. die Menschen) so sehr, dass Er Seinen Sohn gab (Joh 1,18; 3,16). Und jetzt liebt Er uns – mit derselben Liebe, mit der Er Seinen Sohn geliebt hat (Joh 17,23). Das hatte keiner der Gläubigen im Alten Testament wissen können!

 

Soll sich etwa die Wahrheit weiter entwickeln?

Ändert sich denn dann die Wahrheit – entwickelt sie sich weiter? Natürlich nicht. Die Wahrheit über Gott bleibt immer dieselbe. Aber es war nicht immer alles bekannt. Gott ist beispielsweise noch immer der „Allmächtige“, aber wir kennen Ihn viel besser: Für uns ist Er der „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 1,3; 3,14). Es handelt sich also um eine progressive (oder fortschreitende) Offenbarung Gottes, die allerdings mit dem Kommen seines Sohnes abgeschlossen wurde (Heb 1,1).

 

Und Gottes Wege?

Gottes Wege ändern sich auch. Hier einige Bibelstellen und Beispiele dazu:

  • Adam und Eva: Sie durften sich im Paradies aufhalten und dort von jedem Baum essen, außer von einem. Nach dem Sündenfall durften sie nicht mehr im Paradies sein (1. Mose 3,23.24).
  • Von Adam bis Mose: Römer 5 sagt uns, dass es in diesem Zeitraum Sünde gab, aber kein Gesetz (Röm 5,13.14).
  • „Bevor aber der Glaube kam“: Galater 3,23 spricht hier von dem Zeitpunkt, als der christliche Glaube kam bzw. offenbart wurde. Dieser Vers unterscheidet also ganz klar die Zeit des christlichen Glaubens von der Zeit davor.
  • Das Gesetz: In dieser Stelle (Gal 3,23.24) wird ebenso das Gesetz von der Zeit des christlichen Glaubens abgegrenzt. Siehe dazu auch Johannes 1,7: „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“
  • Das „Ende dieser Tage“ und die „Fülle der Zeit“: Hier (in Heb 1,1 und Gal 4,4) haben wir zwei prägnante  Ausdrücke, die uns klarmachen, dass das Kommen Christi eine riesige Veränderung mit sich brachte. Es war das Ende der bruchstückartigen – oder fortschreitenden – Offenbarung (wie bei einem Mosaik) – jetzt war der Sohn gekommen, man konnte das Gesamtbild sehen.
  • „Vorher“ und „die jetzige Zeit“: Paulus unterscheidet hier klar die Zeit vor dem Erlösungswerk von der „jetzigen Zeit“ (Röm 3,25)
  • Die „anderen Geschlechter“ und „jetzt aber“ (Eph 3,5): Man könnte es kaum mit mehr Nachdruck betonen, als Paulus es tut: Das Geheimnis von Christus und der Versammlung (Gemeinde, Kirche) war über Generationen hinweg unbekannt. Erst „jetzt“, also zu der Zeit, als Paulus predigte und schrieb, war es bekannt geworden.

Es gibt noch andere Stellen, die man in diesem Zusammenhang zitieren könnte (z.B. „das Ende der Zeitalter“ in . Korinther 10,11 etc.), aber soviel steht doch nun fest:

  • Es hat Gott in seiner Weisheit gefallen, sich schrittweise zu offenbaren.
  • Die Anweisungen Gottes für die Menschen und seine Wege mit ihnen sind nicht zu allen Zeiten dieselben.

 

Welche Haushaltungen gibt es?

Damit stellt sich die Frage, welche Haushaltungen es eigentlich gibt. Wann hat es Gelegenheiten gegeben, wo Gott ganz klar eingegriffen hat und seine Vorgehensweise geändert hat (nicht etwa, weil Er einen Fehler gemacht hätte, sondern weil Er den Menschen auf eine neue Weise erproben wollte – oder eben nicht mehr erprobte, nämlich in der Gnadenzeit). Einige Beispiele sind wohl leicht zu erkennen, zum Beispiel:

  • Als Gott Noah als Regierung einsetzte, mit Autorität über Leben und Tod (1. Mo 9,6).
  • Als Abraham von Gott eine hohe Berufung bekam:
  1. aus Chaldäa auszuziehen ein neues Land,
  2. zu einer großen Nation zu werden, und
  3. ein Kanal des Segens zu werden für andere Völker (1. Mo 12,1–3).
  • Als Gott seinem Volk das Gesetz gab (2. Mo 20).

 

Die sieben verschiedenen Haushaltungen

Müssen es genau sieben sein? Nicht unbedingt. Manche Zeitabschnitte sind etwas schwerer zu erkennen, und es hat verschiedene Einteilungen gegeben. Aber das soll uns nicht beunruhigen. Wichtig ist, dass man die Entwicklung in den Wegen Gottes mit dem Menschen überhaupt erkennt. Eine mögliche Unterteilung sieht so aus: Dabei erkennt man schnell ein gewisses „Muster“: Am Anfang der Haushaltung bestimmt Gott die Grundsätze, die nun gelten sollen. Sehr schnell danach sieht man dann – immer wieder – dass der Mensch versagt und den Segen Gottes, der mit den neuen Grundsätzen verbunden ist, missbraucht. Somit muss schließlich Gericht folgen.

 

Kleine Unterschiede

Manche nehmen eine etwas andere Einteilung vor, indem sie

  • die Zeit im Paradies und die Zeit vor der Flut nicht als getrennte Haushaltung ansehen.
  • die Zeit Israels unterteilen in „Gesetz“, „Priestertum“ und „Königtum“.
  • die „Versammlung“ nicht als „Teil des Geschehens“ betrachtet wird, da sie aus der Welt „herausgenommen“ ist (vgl. Joh 7,4; Gal 1,4). Man bezeichnet dann die Haushaltung der Gnade als „Zeit der Nationen“ einerseits und als Epoche „des Geistes“ andererseits (weil der Geist Gottes in der Zeit der Gnade auf der Erde wohnt).

Man könnte noch weitere Unterscheidungen treffen, etwa die Zeit, in welcher der Herr Jesus auf der Erde war, die Versammlung aber noch nicht existierte; oder die Zeit zwischen der Entrückung und dem Beginn des 1000-jährigen Reiches.

 

Das Wesentliche

Aber das Wichtige erst einmal ist nicht, ob es nun sechs oder sieben (oder auch acht) Haushaltungen gibt. Wichtig ist vielmehr

  • die Tatsache, dass es Haushaltungen gibt, und
  • die Tatsache, dass wir als Christen heute in einer ganz besonderen Haushaltung leben.

Dass es verschiedene Haushaltungen gibt, erkennt im Grunde genommen fast jeder Gläubige an – wenn auch nur in der Praxis und oft nicht mit diesen Worten... Warum? Nun, sonst müssten sie ja noch, so wie im Alten Testament, Schafe, Rinder etc. auf einem Altar opfern. Das ist wohl der weiten Mehrheit klar: In unserer „Haushaltung“ werden geistliche Schlachtopfer gebracht (also Lob), nicht materielle (. Pet ,5). Außerdem wird jeder Gläubige zugeben, dass es ein Altes Testament und ein Neues Testament gibt, mit deutlichen Unterscheidungsmerkmalen.

Auf den zweiten Punkt, nämlich dass wir in einer ganz besonderen Haushaltung leben, möchte ich in einem späteren Artikel eingehen.

Im nächsten Heft werden folgende Themen behandelt:

  • „Verschiedene Wege der Errettung?“ – ein Angriff auf die Lehre der Haushaltungen
  • Wie lese ich die Bibel? – Eine weitere Begruedung der Haushaltungen
  • Die Zeit der Versammlung – Eine ganz besondere Haushaltung