Personen in der Bibel

Esra - eine Hilfe sein

Erst im siebten Kapitel des nach ihm benannten Buches tritt Esra in Erscheinung. Nachdem zum erstenmal unter der Regierung des Königs Kores Juden aus der babylonischen Gefangenschaft zurück nach Palästina gezogen waren (Esra 1), sind fast 70 Jahre vergangen.

Der Altar und der Tempel in Jerusalem sind wieder gebaut und der Gottesdienst ist wieder eingeführt. Mit dieser Einführung des Gottesdienstes und dem Feiern des Passahs endet der Bericht des Buches Esra in Kapitel 6. Fast 50 Jahre vergehen, ohne dass uns etwas über diese Zeit berichtet wird. Dann tritt Esra in Kapitel 7,1 ins Blickfeld.

Dieser Mann zog mit fast 1.500 weiteren Juden zurück nach Jerusalem. Sie kamen mit einem ganz bestimmten Ziel – sie wollten das Haus Gottes in Jerusalem verherrlichen (7,27). Das bedeutet, dass sie zur Schönheit dieses Hauses beitragen wollten, um damit Gott selbst zu ehren und zu verherrlichen. Esra war der Anführer dieser vielen Menschen, und er erhielt in Jerusalem eine besondere Aufgabe. Diese Aufgabe war sicher völlig anders, als er sich seine Tätigkeit vorgestellt hatte; aber es war eine Aufgabe, deren Erfüllung die Verherrlichung des Hauses Gottes bedeutete.

Esra, dessen Name „Hilfe“ bedeutet, ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen und macht damit seinem Namen alle Ehre – er war wirklich eine Hilfe in dem Werk Gottes und für das Volk Gottes. Doch bevor seine eigentliche Arbeit der „Hilfe“ im Volk Gottes beschrieben wird, werden uns zunächst die Qualifikationen gezeigt, die Esra mitbrachte, um diese Aufgaben übernehmen zu können. Diese Qualifikationen Esras wollen wir in diesem Artikel kurz untersuchen.

 

Esra kam aus der Priesterfamilie

Die erste Qualifikation Esras war die, dass er aus der priesterlichen Familie kam. Sein Stammbaum ging bis auf Aaron zurück, der hier als der Hauptpriester bezeichnet wird (7,5).

Übertragen auf uns heute erkennen wir, dass nur der eine Hilfe im Volk Gottes sein kann, der

  • zum Volk Gottes gehört, weil er aus Gott geboren ist (jeder, der aus Gott geboren ist, gehört zu der „priesterlichen Familie“, vgl. z.B. 1. Pet. 2,5.9 und Offb. 1,6) und der
  • eine Lebensverbindung zu dem Herrn Jesus, unserem Haupt- oder Hohenpriester (vgl. z.B. Heb. 8,1.2), unterhält.

Nur wer so für sich persönlich eine Hilfe in dem Herrn Jesus gefunden hat, kann eine Hilfe für andere sein.

 

Esra war als Schriftgelehrter bekannt

Die zweite Qualifikation hatte Esra sich selbst erworben. Er war nicht damit zufrieden gewesen, ein Nachkomme Aarons zu sein. Nein – er hatte auch selbst dafür gesorgt, dass er die Schriften Gottes kannte. Das war nicht unbemerkt geblieben, denn der König Artasasta, der Esra schließlich nach Jerusalem ziehen ließ, bezeichnet ihn als den vollkommenen Schriftgelehrten (Esra 7,12).

Esra hatte also auch im fremden Land, in Babel, die Schriften seines Gottes studiert. Das hatte er getan, indem er diese Schriften

  • zur Hand genommen hatte (7,14),
  • sie gelesen und erforscht hatte (7,10a),
  • das tun wollte, was er darin gefunden hatte (7,10b) und
  • das weitergeben wollte, was er selbst gelernt hatte (7,10c).

Ist Esra darin nicht ein Ansporn für uns, unsere Bibel – eine weit umfassendere Offenbarung Gottes als sie Esra zur Verfügung stand – wirklich zur Hand zu nehmen und eifrig darin zu lesen, um dieses Wort Gottes kennen zu lernen?

Wenn wir nur gelegentlich in der Bibel lesen, wird unser geistliches Leben verkümmern. Wir werden die Bibel nie richtig kennenlernen und sie nie wirklich gerne lesen. Wenn wir täglich wenige Minuten für das Lesen der Bibel reservieren, kann uns das Kraft für den Tag geben – wir werden dann sicher einen Vers „mitnehmen“ können in unsere Alltags-Beschäftigung und davon profitieren können. Aber wenn wir die Bibel – und damit das große Thema der Bibel, den Herrn Jesus – wirklich und gut kennenlernen wollen, müssen wir uns auch einmal – und das nicht nur einmal – mehr als einige Minuten Zeit nehmen, um darin zu lesen. Dann dürfen wir aufmerksam Buch für Buch der Bibel lesen und überdenken. Wir dürfen mit Gott im Gebet das besprechen, was wir gelesen haben und wir dürfen Gelegenheiten nutzen, die Gott uns gibt, um sein Wort besser zu verstehen (Versammlungsstunden, Vorträge, Bibelauslegungen, Gespräche mit Freunden, das Befragen von einsichtigen Brüdern, ...). Dann erleben wir, wie es Freude macht, das Wort Gottes zu lesen und zu verstehen. Wir lernen Gottes Gedanken kennen und haben schließlich die Weisheit Gottes bei uns (Esra 7,25) um zu wissen, was nach den Gedanken Gottes in einer speziellen Situation zu tun ist. Spornt uns das Beispiel Esras nicht an, wieder mehr Energie für das Erforschen des Wortes Gottes aufzuwenden?

In Verbindung mit dem Erforschen des Wortes Gottes haben wir bei Esra noch zwei weitere wichtige Punkte gefunden. Einmal werden wir nur dann wirklich weiterkommen im Verständnis der Gedanken Gottes, wenn wir die Bereitschaft haben, das, was wir verstanden haben, auch zu tun. Gott wird uns nur dann etwas „Neues“ zeigen, wenn wir bereit sind zu tun, was er uns bereits gezeigt hat! So hatte auch Esra den Wunsch, das Gesetz des Herrn zu erforschen und zu tun.

Dann hatte sich Esra auch vorgenommen, in Israel Satzung und Recht zu lehren. Das bedeutet, dass er die erworbene Kenntnis der Gedanken Gottes auch weitergeben wollte. Selbst der fremde König Artasasta erkannte, dass es für das Volk Gottes wichtig ist, die Gedanken Gottes zu kennen und so fordert er dazu auf, alle, die diese Gesetze nicht kennen, in den Gesetzen zu unterrichten (Esra 7,25). Wir haben manchmal eine seltsame Scheu, das weiterzugeben, was wir aus Gottes Wort verstanden haben. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen – wir dürfen diese Scheu überwinden und nachdem wir das Wort erforscht haben und es zu tun wünschen, dieses auch weitergeben. Was für ein Segen wäre es für alle, wenn das Wort Gottes mehr Thema in unseren Gesprächen wäre, wenn wir uns  mehr gegenseitig im Verständnis des Wortes Gottes helfen würden und wenn wir uns auch in praktischen Fragen mit dem Wort Gottes raten könnten. Das wäre sicher ein erster und großer Schritt, um zur „Hilfe“ zu sein!

 

Esra hatte sein Herz ausgerichtet

Alles, was wir bisher gesehen haben, war bei Esra eine Herzensangelegenheit. Er hatte sein Herz darauf gerichtet, diese Dinge zu tun (7,10). Er hatte sich das nicht als „persönliches Karriereziel“ gesetzt, er hatte das nicht aus Zwang oder nur deshalb getan, weil er sich durch seine Abstammung verpflichtet fühlte. Nein – es war ihm ein Herzensanliegen, das zu tun. Sein Herz und seine Zuneigungen gehörten seinem Gott. Und deshalb richtete er sich danach aus, die Mitteilungen Gottes kennenzulernen.

Wenn wir die Bibel lesen, um mehr Bibelwissen zu erwerben, als unsere Freunde es haben, ist das ein schlechtes Motiv. Wenn wir Gottes Gedanken weitergeben, um als Bibelkenner bekannt zu werden, ist das ebenso ein schlechtes Motiv. Aber wenn wir den Herrn Jesus lieb haben, dann werden wir ein Verlangen danach haben, sein Wort zu lesen und auch davon weiter zu geben!

Wir können unser Herz auf viele Dinge richten. Auch in Babel gab es viele Dinge, denen Esra sein Herz hätte schenken können. Aber er hatte seine Wahl getroffen. Er wusste, wem er sein Herz schenken wollte. Wem schenken wir es?

 

Die gute Hand Gottes

Im Leben Esras haben wir vieles gefunden, was nachahmenswert ist. Vielleicht denken wir aber auch, dass wir nie wie Esra werden. Doch es bleibt noch ein entscheidender Punkt: Die gute Hand Gottes war über Esra. Das war schließlich das Entscheidende, das Esra zu einem solchen Vorbild werden ließ. Das ist auch das, was bis heute gleich geblieben ist: Die gute Hand Gottes hat sich bis heute nicht verändert und sie ist bis heute über denen, die ihm von ganzem Herzen nachfolgen möchten. Auf seine gute Hand dürfen wir uns stützen, wenn wir unser Herz ausrichten wollen, wie Esra es getan hat.

So bleibt zum Schluss die Frage: Möchte ich eine Hilfe im Volk Gottes sein? Liegt mir an der Ehre Gottes oder geht es mir um mein eigenes Leben? Wenn ich den Wunsch habe, eine Hilfe zu sein, darf ich im Vertrauen auf die „gute Hand Gottes“ in meinem Leben die Voraussetzungen schaffen, die wir bei Esra gefunden haben. Die passende Aufgabe wird Gott dann schenken – vielleicht schneller als erwartet.