Bibel erklärt

Der "strenge" Herr - Antworten auf die Autoritätskrise in der Gesellschaft

Was für ein Verhältnis habe ich zu Autorität und zu denen, die sie ausüben? Der Herr Jesus war sanftmütig und von Herzen demütig, Er offenbarte die Liebe Gottes. Und gerade aus dieser tiefen Liebe heraus hat Er manches Mal „streng“ gehandelt. Das wird sicher zunächst verwundern. Und doch führt es bei näherer Betrachtung zur Bewunderung unseres Herrn. Und auch in Bezug auf diesen besonderen Aspekt seines Dienstes gilt für uns: „Lernt von mir“. Das gilt sowohl für das Ausüben als auch für das Annehmen von Autorität. Dazu soll dieser Artikel, der sich auf Begebenheiten aus dem Markusevangelium bezieht, eine Hilfe sein.

 

1. Machtvolle Strenge

Der Herr Jesus ist der Sohn Gottes und konnte als solcher Dämonen (Mk 1,25: „Und Jesus gebot“) und Naturgewalten (Mk 4,39: „Und er schalt den Wind“) gebieten. Darin ist Er einzigartig und sicher durch uns nicht nachzuahmen. Und doch können wir auch bei dieser Seite seines Dienstes von Ihm lernen: Stets benutzte Er seine Macht im rechten Augenblick und zum Wohl der Menschen. Auch wir haben durch den Heiligen Geist Kraft zum Dienst empfangen. Mit den Korinthern (siehe 1. Kor 12-14) wollen wir aber beachten, dass die Ausübung unserer Gnadengaben stets zum Nutzen, zur Erbauung der anderen sein soll und wir nicht einfach – zur Selbstdarstellung – damit „spielen“ dürfen. Auch der Herr benutzte seine Macht übrigens nie zu seinem eigenen Nutzen.

 

2. „Streng“ gegen eigene Beliebtheit

Kaum war der Aussätzige durch den Herrn selbst geheilt worden, gebot Er „ihm ernstlich (w. fuhr ihn an) und schickte ihn sogleich fort und spricht zu ihm: Gibt Acht, dass du niemand etwas sagst“ (Mk 1,43). Der Herr Jesus wollte keine Sensationsnachrichten verbreiten lassen, sondern zum Gewissen der Einzelnen und des Volkes reden. Mehrfach wird Geheilten oder auch den Jüngern, ja selbst den Dämonen eine ähnliche Aufforderung mit auf den Weg gegeben (Mk 3,12; 5,43; 7,36; 8,26.30). Das große Wirken Gottes durch seinen Christus konnte natürlich nicht verborgen bleiben, aber der Diener selbst unterbindet alles, was Ihn selbst herausstellt. Wenn wir in Treue unsere Aufgaben erfüllen, wird Gott selbst dafür sorgen, dass unsere guten Werke offenbar werden – entweder noch hier auf der Erde oder aber bald in seiner Herrlichkeit (1. Tim 5,25).

 

3. „Streng“ gegenüber ablehnenden Menschen

Zornig – und betrübt

Verstockt waren sie, diese Zuschauer in der Synagoge. Sie wollten es einfach nicht wahr haben, dass hier Gott in der Person des Herrn Jesus mächtig unter ihnen wirkte. Der Herr nahm das wahr und „blickte auf sie ringsum mit Zorn“ (Mk 3,5). Es war ein gerechtes, heiliges Erzürnen über den bewussten Unglauben der Menschen. Und doch war Er zugleich „betrübt über die Verstocktheit ihres Herzens“. Diese Leute wollten nicht auf seine Liebe reagieren, und das betrübte Ihn. Auch wir werden aufgefordert: „Zürnt, und sündigt nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn“ (Eph 4,26). Zorn im Miteinander als Gläubige oder auch in der Familie, aber auch im Umgang mit Menschen unserer Umgebung mag im Einzelfall durchaus erforderlich sein, aber er darf nie sündig sein, sondern muss aus einem Herzen echter Liebe und gerechten Empfindens kommen (s.a. Jak 1,20). Wie oft haben wir alle wohl schon diese Bedingung übersehen?! Aber wir sollten gerade als Jüngere auch bereit sein, ernste, berechtigte Ermahnungen anzunehmen – wie viel Gebet mag vielleicht gerade einer solchen Zurechtweisung vorangegangen sein?

 

Klare Worte für taube Ohren

„Das Gebot Gottes habt ihr aufgegeben“ (Mk 7,8). Wie ein Donnerschlag müssen diese Worte in den Ohren der Pharisäer und Schriftgelehrten geklungen haben. Sie, die so penibel alle Details des Lebens nach dem Gesetz und eigenen Geboten geregelt hatten, sollten Gottes Gebot aufgegeben haben? Ja, denn sie hatten ihre Traditionen über das Wort Gottes gestellt. Und der Herr Jesus nennt ihnen diesen Tatbestand mit schonungsloser Offenheit – sicher, um den einen oder anderen doch noch aufzurütteln. Ob vielleicht einige der Zuhörer zu den später zum Glauben gekommenen Pharisäern gehörten (Apg 15,5)? Auch in unserem Leben kann es Situationen geben, in denen wir anderen ein deutliches Wort sagen müssen, um Menschen ihre aussichtslose Lage vorzustellen oder um Mitgeschwister vor einem falschen Weg zu warnen. (Hast du nicht schon bei einem jungen Bruder, einer jungen Schwester „kommen sehen, wo das mal enden wird“ und hast nichts gesagt?) In einer Haltung des Gebets und echter Liebe werden die treu gemeinten Wunden dessen, der liebt (Spr 27,6), zur Heilung beitragen. Und auch das Umgekehrte, sich einmal ein deutliches, biblisch begründetes Wort sagen lassen, wird zum Segen sein.

 

Auf klare Worte folgt eine klare Handlung

Schon oft hatte der Herr zu den Pharisäern gesprochen, und dennoch kamen sie wieder einmal nur, um mit Ihm zu streiten und ein Zeichen von Ihm zu verlangen (Mk 8,11). Der Herr Jesus empfindet tief ihre dauerhafte Ablehnung und sagt, dass dieser Generation, dieser Menschengruppe auf keinen Fall ein Zeichen gegeben würde (Vers 12). Und dann beendet Markus die Beschreibung dieser Szene mit den Worten: „Und er verließ sie“ (Vers 13). Er wendet sich ganz abrupt von den Pharisäern ab und unterstreicht dadurch den Inhalt seiner Worte. „Wie hart!“, dachten vielleicht seine Jünger. Wir können nicht beurteilen, wann Gott das Herz eines Menschen verhärtet, und deshalb sollen wir auch nie aufhören, für Ablehnende zu beten oder auch ihnen immer wieder die Botschaft vom Kreuz zu bringen. Aber es kann sein, dass der Herr auch uns klarmacht, dass wir Kontakte zu Menschen abbrechen müssen, wenn unser Reden ihnen gegenüber glaubhaft sein soll. Und gerade gegenüber religiösen Menschen (wie die Pharisäer es ja waren), die sich zum Christentum halten, ist die Distanzierung eine deutlichere Predigt als viele Worte: „Von diesen wende dich weg“ (2. Tim 3,5).

 

Die Tempelreinigung

Den Herrn als mitempfindenden, heilenden Retter, der Kinder in seine Arme nahm und segnete, kennen wir alle aus den Evangelien. Aber wer denkt beim Herrn Jesus schon an solche Szenen wie die der Tempelreinigung, die uns Markus deutlich schildert: „Und als er in den Tempel eingetreten war, fing er an hinauszutreiben ..., und die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer stieß er um“ (Mk 11,15). Hier steht Er als der Messias vor uns, den der Eifer um das Haus Gottes verzehrte (Ps 69,10). Auch wenn es uns in der Zeit der Gnade nicht zusteht, einen „Bildersturm“ gegen alles Böse in der Christenheit zu entfesseln, wollen wir doch einmal überdenken, ob wir Eifer für Gottes Haus, für Gottes Sache entfalten – keinen aus dem bösen Herzen kommenden, sondern einen heiligen, zu seiner Ehre. Zum Beispiel, indem wir dem Herrn in den Zusammenkünften alle Rechte „einräumen“ – und das braucht sicher auch geistliche Energie, gottgemäßen Eifer.

 

4. „Streng“ gegenüber seinen Jüngern

Anweisungen für den Dienst

Nur sehr zögernd scheinen die Jünger begriffen zu haben, dass der Herr die Volksmengen durch sie selbst versorgen will. Deshalb „befahl er ihnen, dass sie (die Volksmengen) alle sich in Gruppen lagern ließen“ (Mk 6,39). Die Jünger brauchten wohl diesen „Druck“ ihres Meisters für ihren Dienst und erlebten dann, wie Er selbst seine Macht offenbarte und 5000 Männer gesättigt wurden. Wie oft sind auch wir ängstlich oder auch einfach matt. Dann schenkt der Herr oft durch Worte wie „geh hin in dieser deiner Kraft“ (zu Gideon in Richter 6,14) oder ein „sei stark und handle“ (zu Esra in Esra 10,4) einen Impuls, die Aufgabe auch zu erfüllen. Hören wir mit dem richtigen Gehör auf solche „Befehle“?

 

Wegweisung auf einem schwierigen Weg

„Warum hat uns der Meister denn gerade in dieser Nacht auf den See geschickt? Er wusste doch, was kommen würde und hätte uns diese Not doch er sparen können.“ So könnten die Jünger in Seenot gedacht haben. Denn direkt nach der Speisung der 5000 „nötigte er seine Jünger, in das Schiff zu steigen“ (Mk 6,45). Und dann kamen sie in Schwierigkeiten, die sie vorher nicht erwartet hatten – schon gar nicht auf einem vom Herrn gebotenen Weg. Und doch – so großartig haben sie seine Hilfe vorher noch nicht erfahren! Geht es uns nicht oft ähnlich, dass wir den Herrn besonders spürbar erleben, wenn Er uns Wege führt, die wir nicht recht verstehen? Lasst uns deshalb neu Mut fassen, um jeden Preis seinen Weg zu gehen. Er wird uns nicht im Stich lassen!

 

Öffentlicher Tadel

Petrus liebte seinen Meister feurig – so feurig, dass er nicht selten sich selbst oder die Situation falsch einschätzte. Als der Herr Jesus seine Leiden ankündigte, tadelte ihn Petrus, um Ihm solche Zukunftsvisionen auszureden. Aber damit wurde Petrus ein Sprachrohr des Teufels. Der Herr „wandte sich um und ... er tadelt Petrus, und er sagt: Geh hinter mich, Satan!“ (Mk 8,33). Derselbe Petrus wurde übrigens später von seinem Mitapostel Paulus vor allen für sein Verhalten zur Rede gestellt (Gal 2,14 ff.). Und wenn Timotheus die Aufforderung bekommt, „die da sündigen, überführe vor allen“ (1. Tim 5,20), wollen wir für uns daraus die Bereitschaft ableiten, korrekturbereit zu sein – auch wenn es nicht angenehm ist. Aber im Nachhinein ist sicher mancher schon dankbar gewesen für einen Verweis, der ihn vor weiterem Fehlverhalten bewahrt hat! Andere mussten traurig anerkennen, dass sie eine Warnung nicht verstehen wollten.

 

Die ungläubigen Jünger

Die Jünger hatten bereits oft erlebt, wie der Herr in Abhängigkeit vom Herrn und in tiefer Hingabe Menschen geheilt hatte. Gebet und Fasten (Mk 9,29) kennzeichneten Ihn. Doch als sie dann selbst gefordert werden, einen Dämonen auszutreiben, heißt es: „Und sie vermochten es nicht“ (Vers 18). Der Herr ruft angesichts dieser Haltung der Jünger aus: „O ungläubiges Geschlecht! Bis wann soll ich bei Euch sein? Bis wann soll ich Euch ertragen?“ (Vers 19). Wie gnädig ist der Herr, dass Er uns immer noch erträgt, obwohl wir vielleicht schon oft seine Kraftquellen für einen wirkungsvollen Dienst, für ein fruchtbares Leben für Ihn missachtet haben! Und sollten wir es Ihm nicht „ersparen“, auch über uns so seufzen zu müssen?

 

Nochmals Tadel – und dennoch Aufgaben von Ihm

Auch seine Auferstehung hatte der Herr den Jüngern mehrfach vorhergesagt (Mk 8,31; 9,31; 10,34). Aber trotz aller Aussagen und Erlebnisse wollten sie diese frohe Botschaft am Auferstehungstag einfach nicht für wahr halten (Mk 16,13). Als der Herr dann schließlich selbst zu ihnen kommt, „offenbarte er sich den Elfen und schalt ihren Unglauben und ihre Herzenshärte, dass sie denen, die ihn auferweckt gesehen hatten, nicht geglaubt hatten“ (Vers 14). Wieder, zum letzen Mal, muss Er seinen Jüngern so ernste Worte sagen. Waren sie überhaupt zuverlässige Leute, denen Er einen Auftrag geben konnte? Der Herr gibt ihnen trotz allem direkt danach den Auftrag: „Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Vers 15). Wenn der Herr auch uns manchmal – vielleicht durch Mitgeschwister – „hart rannehmen“ muss, so entspringt doch alles seiner Liebe. So wie Joseph zwar mit harten Worten, aber doch mit „Seilen der Liebe“ (Hos 11,4), seine Brüder zur Umkehr brachte. Und diese Liebe möchte Er auch in uns sehen. Lasst uns deshalb in unserem Verhalten zueinander lernen, mit einem Herzen der Liebe Ermahnungen anzunehmen und weiterzugeben! Es wird zum Segen für uns alle sein.