Nachgedacht
Aufrichtigkeit
Der Herr Jesus war in allem vollkommen aufrichtig. Er war wirklich das, was er zu den Menschen redete (Joh 8,25). Seine Worte entsprachen dem, was in seinem Innern war (vgl. Ps 17,3). Er war der Mann, in dessen Mund kein Trug gefunden wurde (Jes 53,9).
Bei uns ist es leider häufig anders. Unsere Worte verbergen zuweilen unsere tatsächlichen Überlegungen. Wir sind nicht immer ehrlich, geradlinig, offen und wahrhaftig. Es mangelt an Aufrichtigkeit vor uns selbst, vor Mitmenschen und vor Gott. Deswegen wollen wir das Thema Aufrichtigkeit ein wenig überdenken.
Beispiele für aufrichtiges Reden
Aufrichtigkeit ist eine Gesinnung, die sich in Worten und Taten zeigen kann. Bei den nachfolgenden Beispielen beschränken wir uns auf das Reden - das Reden über andere und über uns selbst. Denn da mag sich besonders leicht Unaufrichtigkeit einschleichen.
Reden über andere
Wer aufrichtig ist, wird Positives über andere sagen, selbst dann, wenn es persönliche Nachteile zur Folge hat. So sprach Jonathan offen vor Saul über das Gute, das David getan hatte (1. Sam 19,4.5), obwohl er um den Hass seines Vaters wusste. Diese Aufrichtigkeit hätte ihn das Leben kosten können (vgl. 1. Sam 20,32.33)!
Wir hingegen überdenken allzu oft die Folgen dessen, was wir über andere mitteilen, statt geradeheraus die Wahrheit zu sagen und uns um die Konsequenzen nicht zu kümmern! Wenn wir dabei abhängig vom Herrn sind und die jeweilige Situation berücksichtigen, werden wir sowohl vor falscher Zurück- haltung als auch vor unangemessener „Würdigung“ einer Person bewahrt bleiben.
Wer aufrichtig ist, wird auch Trauriges über andere sagen, sofern es notwendig ist: Die Hausgenossen der Chloe teilten dem Apostel Paulus die Streitigkeiten der Korinther mit (1. Kor 1,11) und gaben ihm damit Gelegenheit, auf dieses Problem in seinem Brief einzugehen. Es wäre nicht gut gewesen, wenn sie unter dem Deckmantel der Bruderliebe geschwiegen oder gar „Schönfärberei“ betrieben hätten.
Doch wenn wir auf das Fehlverhalten von Geschwistern aufmerksam machen wollen, sollten wir prüfen, ob wir bereit sind, als Informanten erwähnt zu werden, so wie das bei den Hausgenossen der Chloe der Fall war. Wenn nicht, ist etwas faul und wir schweigen lieber (vgl. auch Spr 12,18). Und sicher ist es notwendig, zunächst mit dem oder den Betroffenen selbst zu sprechen, ehe wir auf andere zugehen.
Reden über sich selbst
Wer aufrichtig ist, wird seine eigenen Fehler offen bekennen. So prangerte Nehemia nicht nur die Ungerechtigkeit seiner Zeitge- nossen an, die von ihren Landsleuten Zins genommen hatten, sondern er bekannte, es selbst getan zu haben (vgl. Neh 5,6ff). Seine Aufrichtigkeit trug sicher mit dazu bei, dass seinem Vorschlag, die Zinsen zu erlassen, gefolgt wurde.
Wir glauben manchmal, unsere Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn wir unsere Fehler zugeben. Aber tatsächlich ist nichts unglaub- würdiger als ein Schein von Perfektionismus, mit dem man sich umgeben will!
Wer aufrichtig ist, wird, wenn es wirklich nützlich sein kann, von dem eigenem Dienst reden und dabei auch nicht untertreiben. Paulus und seine Begleiter sprachen nach dem Ende einer Missionsreise über alles, was Gott mit ihnen getan hatte (Apg 14,27). Sie verschwiegen den „Erfolg“ nicht! Gewiss sollten wir dabei Gott allein alle Ehre geben und die eigene Person so weit wie möglich in den Hintergrund rücken - wie es Paulus und seine Mitarbeiter auch getan haben.
Das Wort Aufrichtigkeit in den Psalmen und Sprüchen
Im Vergleich zu anderen Bibelbüchern kommt dieser Ausdruck in den Psalmen und Sprüchen sehr häufig vor. Nachfolgend einige Zitate daraus.
Kennzeichen des Aufrichtigen
Er ist unsträflich (Spr 11,3), gerecht (Spr 11,6) und weicht von dem Bösen (Spr 16,17).
Er findet einen gebahnten Weg in seinem Leben (Spr 15,19), auf dem er aufmerksam und vorsichtig wandelt (Spr 21,29). Er ist glücklich: „Licht ist gesät dem Gerechten und Freude den von Herzen Aufrichtigen“ (Ps 97,11), und verständig: „Den Aufrichtigen geht Licht auf in der Finsternis“ (Ps 112,4).
Der Aufrichtige und seine Mitmenschen
Er begegnet seinen Mitmenschen mit Wohl- wollen (Spr 14,9) und kümmert sich um ihre Seelen (Spr 29,10). So wird er zu einem Segen für sein Haus (Spr 14,11), sein Geschlecht (Ps 112,2) und seine Stadt (Spr 11,11).
Von den Gottlosen wird der Aufrichtige gehasst: „Denn siehe, die Gesetzlosen spannen den Bogen, sie haben ihren Pfeil auf der Sehne gerichtet, um im Finstern zu schießen auf die von Herzen Aufrichtigen“ (Ps 11,2). Autoritätspersonen hingegen schätzen ihn: „Des Königs Wohlgefallen sind gerechte Lippen; und wer Aufrichtiges redet, den liebt er“ (Spr 16,13).
Der Aufrichtige und Gott
Gott rettet den Aufrichtigen (Ps 7,10), freut sich an seinem Gebet (Spr 15,8) und gibt ihm Einsicht in Seine Gedanken (Spr 2,7; Spr 3,32).
Gott verheißt ihm auch eine herrliche Zukunft:
„Ja, die Gerechten werden deinen Namen preisen, die Aufrichtigen werden vor deinem Angesicht wohnen“ (Ps 140,13).
Schlussgedanken
Wenn wir uns durch diese Hinweise in Gottes Wort zur Aufrichtigkeit anspornen lassen, dann bedeutet das allerdings nicht, dass wir eine ängstlich fragende Haltung einnehmen müssen, was Aufrichtigkeit denn in den verschiedenen Situationen unseres Lebens bedeuten mag. Darüber müssen wir uns nicht den Kopf zerbrechen. Nein, wenn wir ein Leben in wahrer Gottesfurcht und in Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus führen, wird diese schöne Eigenschaft wie von selbst hervorkommen und geradezu „selbst- verständlich“ werden.
Wie einfach und gesegnet wird unser Leben sein, wenn wir aufrichtiger sind! Es ist dann ein Leben zur Ehre und Freude Gottes, der Aufrichtigkeit gern sieht:
„Denn gerecht ist der HERR, Gerechtigkeiten liebt er. Sein Angesicht schaut den Aufrichtigen
an (Ps 11,7)“.
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