Das Buch des Propheten Jona - Bibelstudium

Bibelstudium

Das Buch des Prooheten Jona. das euch in den letzten Monaten ein Ansporn sein sollte, Bibelstudium zu betreiben, ist außerordentlich vielseitig. Zunächst haben wir gesehen, dass die Gläubigen als Zeugen und Propheten eine Aufgabe in dieser Welt haben. So, wie Jona lernen musste, seinem Herrn nicht davonzulaufen und aus persönlichem Stolz Aufgaben nicht zu erfüllen, haben auch wir zu lernen, dem Herrn Jesus treu zu dienen. Im letzten Heft wurde deutlich gemacht, dass dieses prophetische Buch ein Licht auf den geistlichen Zustand der Nationen (Heiden) und des Volkes lsrael wirft, das den Herrn Jesus abgelehnt , hat und künftig noch einmal ablehnen wird, wenn Er noch einmal auf diese Erde kommen wird. In dem jetzt vorliegenden Kapitel lernen wir etwas über den Überrest aus Israel, der nach der Entrückung derjetzt lebenden Gläubigen- der Versammlung - durch große Nöte geführt wird und den Herrn Jesus als Messias aufnehmen wird. Das ist ein Thema, das in den prophetischen Schriften des Alten Testamentseinen besonderen Platz einnimmt, und daher für uns von großem Interesse sein sollte. Und es führt immer zu Christus.

Das Buch des Propheten Jona von Henri Rossier (/V)

Der Überrest

Das Hauptziel des Buches Jona liegt - wie mir scheint - im zweiten Kapitel, das ich bisher absichtlich ausgelassen habe. Bislang haben wir gesehen, dass die Person Jonas uns die Charakterzüge vorstellt, die die Zeugen des HERRNhätten tragen sollen, und dann sahen wir den jüdischen Propheten als Zeugen. Schließlich stellten wir fest, dass die gleiche Person uns die Geschichte des Volkes Israel zeigt, das trotz allem der Zeuge Gottes für die Nationen gewesen ist und auch wieder sein wird. Ich sage „sein wird, denn das Volk als Ganzes wurde zwar endgültig verworfen, als die Geduld Gottes ihr Ende erreichte, aber in der Zukunft wird doch ein Überrest aus dem Volk hervorkommen. Dieser wird der Kern eines künftigen Volkes sein, das wie das gesamte Volk Israel die Blutschuld zu tragen hat, das heißt die Verantwortung für den Tod des Messias zu übernehmen hat, und so die Folgen in der Drangsalszeit über sich ergehen lassen muss. Dieses Elend wird jedoch im Herzen dieser Treuen eine Buße zum Heil hervorbringen. Sie werden nämlich nicht versuchen, ihre eigene Verantwortung von der des Volkes, aus dem sie stammen, zu trennen. Sie werden ihre Züchtigung als verdient anerkennen, werden verstehen, dass der Sturm, der immer härter wird, die gerechte Vergeltung ihrer Schandtaten ist, und dass sie „aus dem Land der Lebendigen abgeschnitten" (Jesaja 53,8) werden müssen, da sie den Sohn Gottes gekreuzigt haben. Wenn sie jedoch - bildlich gesehen - durch den großen Fisch verschlungen sein werden, werden sie in ihrer Not erkennen, dass ihr Messias die gleichen Ängste und Nöte durchlitten hat und dass der HERR Ihm geantwortet hat (2,3). Diese Überzeugung wird diesen Treuen eine große Sicherheit geben, so dass sie zu Gott schreien werden in der Überzeugung, dass Er sie hört.

Das Gebet Jonas

Ihre Erfahrungen werden uns im zweiten Kapitel des Propheten wiedergegeben. Und zwar im Gebet Jonas, das zwei Themen enthält:

1. Die Erfahrungen des gläubigen Überrestes, des wahren Israel am Tag der Bedrängnis(2,3), aus der er gerettet wird.

2. Der Tod und die Leiden Christi, die im nächsten Kapitel behandelt werden.

In Verbindung mit dem ersten Thema, das uns jetzt beschäftigt, hoffen wir, dass der Leser ausreichend mit dem Alten Testament vertraut ist, um zu wissen, dass uns die Propheten und die Psalmen fast durchgehend über den gläubigen jüdischen Überrest des Endes und die Drangsale berichten, die er erdulden muss. Das Gebet Jonas kann dafür als Beweis dienen. Die acht Verse geben eine solche Anzahl an Stellen aus den Psalmen und dem Propheten Jesaja wieder, dass es den Rahmen dieser kurzen Studie sprengen würde, wenn wir sie alle hier zitieren wollten. Jeder Leser, der eine gute Konkordanz besitzt, kann für sich selbst eine Liste aufstellen. Wir beschränken uns daher auf einige wichtige Stellen.

Jona im Bauch des Fisches

„Und Jona betete zu dem HERRNs,einem Gott, aus dem Bauch des Fisches und sprach: Ich rief aus meiner Bedrängnis zu dem HERRN, und er antwortete mir"(2,2-3)

Es ist bemerkenswert,dass der Schrei Jonas erst nach dem Schreien der Nationen (Kap. 1,14) kommt. So wird es in der Tat auch mit dem Überrestsein. Das Schiff der Nationen heute, das diejenigen enthält, die durch den Glauben zu Anbetern des wahren Gottes geworden sind, setzt seinen Kurs fort und es steigen alle die hinein, die durch ihr Schreien zu dem HERRN Errettung erfahren haben. Israel dagegen ist von dem Völkermeer verschlungen worden, aber ein Überrest wird im Schoß des Scheol erwachen. Aus den Tiefen seiner Not, aus dem Schoß dieser großen Drangsal, die in erster Linie auf den Treuen des alten Volkes Gottes lasten wird, ruft dieser Überrest zu Gott, gegen Den er sich versündigt hat.

Dieser Vers ist in eine Form gekleidet, die wir auch aus den Psalmen kennen. Er stellt eine Zusammenfassung des ganzen Inhaltes des Gebets dar und gibt im voraus das Ergebnis an, während die folgenden Verse den Weg beschreiben, wie dieses Ergebnis erreicht wird. In die Tiefen des Abgrundes geworfen, von dem Ungeheuer verschlungen, das Gott als Mittel der Bewahrung bereitet hat, betet und ruft der Treue zu Gott. Mit welcher Freude kann er feststellen, dass die Antwort bereits eingetroffen ist. Psalm 120, der als Vorwort der kleinen Sammlung der Stufenlieder dient, spricht in den gleichen Ausdrücken. Es handelt sich in diesem Psalm um den Überrest, der durch Verfolgungen wieder aus seinem Land hinausgeworfenworden ist, in das er vorher zusammen mit der ungläubigen Nation zurückgekehrt war.

Wehe! denn groß ist jener Tag, ohnegleichen, und es ist eine Zeit der Drangsalfür Jakob; doch wird er aus ihr gerettet werden. (Jeremia 30,7)

Die große Drangsal

Das ist der Tag der Drangsal Jakobs (vgl. Offb 12,13-16). Daher sagt der Überrest: „Zu dem HERRN rief ich in meiner Bedrängnis, und er erhörte mich" (PS 120, 1). Der HERR rettet ihn aus allen seinen Bedrängnissen, wie es häufig im Psalm 107 heißt, der seinerseits wie ein Vorwort des fünften Buches der Psalmen ist, zu welchem die Stufenlieder gehören. „Er erhörte mich", das ist die Zusammenfassung aller Erfahrungen, die die Treuen machen durften: eine vollständige Erlösung. Das finden wir auch in Psalm 130: „Aus den Tiefen rufe ich zu dir, HERR"(PS 130,1). Dieser Psalm beschreibt uns die ernsten Übungen des Gewissens des Überrestes und die Ergebnisse seiner Errettung: ewiger Segen (vgl. auch PS 18,6; 86,7).

„Ich schrie aus dem Schoß des Scheols, du hörtest meine Stimme" (2,3). Nach der Zusammenfassung im ersten Vers des Gebets, von der wir gerade gesprochen haben, finden wir dann die Reihe der Erfahrungen, bis der HERR antwortet. Zunächst schreit der Treue aus dem Schoß des Scheols, und Gott hört. Die Antwort ist noch nicht eingetroffen, aber der Betende hat die tröstliche Sicherheit,dass das Gebet des Glaubens zu den Ohren des HERRNgelangt ist. Das Gebet Hiskias (Jes 38,10) hat viele Ähnlichkeiten mit demjenigen Jonas, nur ist seine Not nicht so tief wie die Jonas. Hiskia geht hin zum Scheol, Jona ist dort, David wird in Psalm 30,3 von dort heraufgeführt (vgl. auch PS18,4-5).

Die Empfindungen des Überrestes in der Drangsal

,,Denn du hattest mich in die Tiefe, in das Herz der Meere geworfen, und der Strom umschloss mich; alle deine Wogen und deine Wellen fuhren über mich hin" (2,4).

Man findet genau den gleichen Ausspruch in Psalm 42,7. Jeder, der ein wenig mit der Prophetie vertraut ist, weiß, dass das zweite Buch der Psalmen (PS 42-72) die Empfindungen und Erfahrungen des Überrestes Judas beschreibt, der während der großen Drangsal unter die Nationen verjagt ist. Genau das sind auch die Erfahrungen, die uns das Gebet Jonas vorstellt2.

„Und ich sprach: Verstoßen bin ich aus deinen Augen; dennoch werde ich wieder hinschauen nach deinem heiligen Tempel" (2,5).

Auch hier treffen wir wieder das Gebet Hiskias (Jes 38,10-11), aber auch viele Verse aus dem zweiten Buch der Psalmen (43,2;44,9;60,1.10) und andere Textstellen (PS 74,1; 77,7; 31,22; Klgl 5,22). Das Bewusstsein, verworfen zu sein, zerstört bei dem armen Überrest jedoch in der Not nicht die Sicherheit des Glaubens. Wenn er auch aus Jerusalem vertrieben ist, hört er doch nicht auf, zum Tempel zu schauen, so wie Daniel sein Fenster nach Jerusalem hatte (Dan 6 ,11 ; vgl. auch PS 42,4; 43,3-4; 18.6; Hab 2,20). Die Gläubigen, die diese Stelle heute auf sich anwenden, wenn sie sich in Bedrängnis befinden, wissen, dass der Tempel für sie das Vaterhaus in den Himmeln ist.

Die Folgen der Sünde werden empfunden

„Die Wasser umfingen mich bis an die Seele, die Tiefe umschloss mich, das Meergras schlang sich um mein Haupt" (2,6).

Die Seele macht in dieser Drangsal die Erfahrung, was das Gericht Gottes wegen der Sünde in Wirklichkeit bedeutet. Im zweiten Buch der Psalmen, von dem wir bereits gesprochen haben, wird dieser schreckliche Zustand in unauslöschlichen Zügen aufgezeichnet: „Tiefe ruft der Tiefe beim Brausen deiner Wassergüsse; alle deine Wogen und deine Wellen sind über mich hingegangen"(PS 42,7). In Psalm 69 wird die Schwere dieser Seelenangst und-not beschrieben. Das Eintreten in den tiefen Schlamm der Sünde bedeutet das Gericht als unausweichliche Folge: die Tiefe der Wasser, die verschlingt, und die Flut, die überschwemmt, im selben Moment, in dem sich eine Grube öffnet, die keinen Grund hat (PS 69,2. 15). Wir werden später sehen, dass der Treue in dieser Grube auf Christus trifft, auf den Jesus, der für ihn dort hinabgestiegen ist. Auch wir Christen haben die gleiche Erfahrung gemacht, ohne dass wirjedoch wieder Überrest diesen Abgrund kennenlernenmussten, außer in unseren Gewissen.

Durch die Auferstehung Christi sind alle unsere Sünden im Abgrund zurückgeblieben, wo sie nie wieder gefunden werden können.

Der Tod steht vor der Tür

,,Ich fuhr hinab zu den Gründen der Berge; der Erde Riegel waren hinter mir auf ewig. Da führtest du mein Leben aus der Grube herauf, HERR,mein Gott" (2,7).

Die Not stößt an ihre letzten Grenzen. Der Elende kann nicht mehr weiter hinabsteigen. Hier finden wir den Tod mit seinem ganzen Schrecken. Die Türen, die den Zugang zu der Erde der Lebendigen verschließen, sind für immer verriegelt. Diese gleichen Erfahrungenfinden wir auch in dem Lied Hiskias (Jes 38,10-11) und in der Antwort Gottes darauf: „Du, du zogest liebevoll meine Seele aus der Vernichtung Grube; denn alle meine Sünden hast du hinter deinen Rücken geworfen." „Der HERR war bereit, mich zu retten" (Jes 38,17;20). Durch die Auferstehung Christi sind alle unsere Sünden im Abgrund zurückgeblieben, wo sie nie wieder gefunden werden können.

„Als meine Seele in mir verschmachtete, da gedachte ich des HERRN, und zu dir kam mein Gebet in deinen heiligen Tempel" (2,8).

Im Moment der größten Angst und des größten Todeskampfes erinnert sich der Treue an den HERRN, nd sein Gebet wird nicht mehr nur gehört, sondern an dem Ort, wo Gott wohnt, angenommen.

Das Verurteilendes Götzendienstes

„Die auf nichtige Götzen achten, verlassen ihre Gnade" (2,9).

Hier wird deutlich die Missbilligung und Verurteilung über das abtrünnige Volk ausgesprochen, das von neuem durch den Dämon des Götzendienstes beherrscht wird (Mt 12,4345) und für nichtige Götzen den ihm angebotenen Platz der Gnade verlassen wird. Besser wäre es, in tiefe Not gestürzt zu werden - wo aber wirkliche Hoffnung bleibt -, als das Los derer kennen zu lernen, deren Herr der Antichrist ist ist. In Psalm 31 können wir den Unterschied sehen zwischen denjenigen, „welche auf nichtige Götzen achten" (V. 6), und denjenigen, die auf den HERRN trauen (V. 1) und deren einzige Quelle die Gnade ist.

Von Todesangst zur Anbetung

,,Ich aber werde dir opfern mit der Stimme des Lobes; was ich gelobt habe, werde ich bezahlen. Bei dem HERRNist die Rettung" (2,10).

Hier kommt der treue Überrest zur wahren Anbetung, die die Nationen während der Zeit seiner Untreue ausüben durften. Diese Verehrung dürfen die Christen schon heute Gott bringen. Später, in der prophetischen Zukunft, werden die Nationen unter der Herrschaft des Messias dem HERRN, dem Gott Israels, Opfer bringen und zusammen mit Seinem Volk nach Jerusalem hinaufgehen, um anzubeten (PS 116,14-15; 22,25). Es wird also sowohl für Israel als auch für die Nationen eine Zeit kommen (Jona 1,16), wo sie Gelübde bezahlen, dem HERRN freiwillig und ohne Zurückhaltung dienen als ein ,,Volk voller Willigkeit" (PS 110,3; 56,12; 61,8; 66,13; 76,12; 3. Mo 7,16; 5. Mo 23,21).

Das letzte Wort dieses prophetischen Gebetes ist:

Bei dem HERRN ist Rettung." -

Das letzte Wort dieses prophetischen Gebetes ist: „Bei dem HERRN ist Rettung." Rettung ist da, und nur durch Ihn bewirkt. Sie ist einzig die Frucht Seiner Gnade (Jes 38,20; 52,10). Israel wird am Ende der Tage diese große Wahrheit erfassen, die schon heute die Freude und die Sicherheit aller Gläubigen sein darf, und auf die jede Heilsgewissheit für immer gestützt ist. Wie wird diese Rettung bewirkt? Die Antwort heißt Christus. Darauf werden wir im nächsten Kapitel dieser kurzen Betrachtung eingehen.

 

1 Diese Bedrängnis wird auch ,,Drangsal Jakobs" (Jeremia 30,7) und - ganz allgemein - ,,die große Drangsal" genannt. Vergleiche auch in Verbindung mit dem Wort "Bedrängnis" oder ,,Drangsal" die vielen Stellen in den Psalmen und Propheten, die diese Gedanken aufgreifen.

2 Vgl. dazu auch das Büchlein ,,Betrachtungen über die Psalmen" von Henri Rossier und hier vor allem das Kapitel ,,Die Stufenlieder: erschienen im Ernst Paulus Verlag, Neustadt.