Beeindruckend
Zwanzig Minuten Verspätung - Gott sei Dank
Es hätte Hunderte Tote geben kön-nen, wenn ... Doch lasst mich der Reihe nach erzählen, was in der Nacht vom Donnerstag, den 17. zum Freitag, den 18. Dezember 1998 geschah. Den genauen Ablauf der Ereignisse erfuhr ich erst später aus der Zeitung, und da legte es sich mir aufs Herz, dass mein gütiger Gott und Vater seine Hand im Spiel hatte gemäß seinem Wort: „Geschieht ein Unglück in der Stadt, und der HeRR hätte es nicht bewirkt?" (Amos 3, 6).
In dieser Nacht reiste ich mit meinem 7-jährigen Sohn David mit der Bahn von Erfurt nach Stralsund. Die erste Etappe der Fahrt bis Berlin-Ostbahnhof verlief planmä-Big. Es ist 23:43 Uhr. Wir haben es uns im bereitstehenden Schnellzug „Nils Holgersson" bequem gemacht und warten auf die Abfahrt. Da steigt noch ein junger Mann zu. Schon sind wir im Gespräch, und ich biete ihm einen Evangeliums-Kalender an, der ihn nach Malmö, seinem Reiseziel, be-gleitet. Dann suchen wir uns ein stilles Plätzchen zum Schlafen. Aber mein Schlaf ist unruhig, ich will ja nicht mein Reiseziel verpassen.
Plötzlich werde ich wach, denn der Zug hält. Ich eile zur Tür und stoße dabei fast mit einem anderen Fahrgast zusammen, der auch wissen will, wo wir uns befinden. Es ist 1.05 Uhr, wir sind in Pasewalk. Die frische Luft tut gut, obwohl es sehr kalt ist. Ich habe das Gefühl, dass ich auch mit diesem Mann über den Herrn sprechen sollte. Aber ich will zu meinem Jungen, der schon im tiefen Schlaf ist. Als der Zug wieder anfährt, fällt mein Blick auf die Bahn-hofsuhr, und ich registriere, dass wir 20 Minuten Verspätung haben. Wieder sinke ich in einen unruhigen Halbschlaf.
Ein Rucken des Zuges und die folgende Stille schrecken mich erneut auf. Es ist 1.40 Uhr. Da verlöscht auch noch das Licht. Ich taste mich zur Tür. Der Reisende von vorhin ist schon da und schimpft laut über die Unpünktlichkeit der Bahn. Wir stehen im Bahnhof Ducherow, kurz vor Anklam. Fahrplanmäßig dürfte der Zug hier gar nicht halten.
Der Zugchef kommt und weiß auch nicht, wie lange der Aufenthalt dauern wird. Jetzt habe ich Zeit für das Evangelium. In der Unterhaltung mit dem Fahrgast wird mir deutlich, dass er ein weitgereister Mensch ist. Er erzählt von Thailand, von den hübschen Mädchen und Frauen dort und den Hütten der Armen. Das gibt mir Freimütigkeit, mit ihm über die samaritische Frau zu sprechen (Johannes 4), der der Herr Jesus einst ihr sündiges Leben gezeigt und die Ihn dann als den Heiland der Welt erkannt hatte. Ich spüre, dass dieser Mann sich ebenso nach wahrem Herzensfrieden sehnt wie die Samariterin damals.
Jetzt kommt das Begleitpersonal und gibt bekannt, dass auf dem vor uns liegenden Streckenabschnitt ein Zug entgleist ist und die Strecke gesperrt werden musste. Man informiert uns, dass wir mit dem Taxi weiterbefördert werden sollen. Als ich mich von dem Mann verabschiede, sagt er mit Tränen in den Augen (das vergesse ich nicht): „Bei mir in der Gärtnerei in Greifswald ist eine fromme Frau, die mir dasselbe gesagt hat, was Sie mir sagten.
Die lange Wartezeit verbringen wir völlig durchgefroren im ungeheizten Zug - der Strom ist noch immer abgeschaltet. Die Temperatur draußen ist auf minus 10 Grad gesunken, Schneeflocken wirbeln durch die Luft. Endlich, gegen 3 Uhr morgens, fahren wir mit dem Taxi durch Anklam. Bei Klein-Bunzow verlangsamt der Taxifahrer die Fahrt, fährt in einen Seitenweg und sagt, nach vorn weisend: Das ist der Unfall bei der Bahn - o weh ..." Das Wort erstirbt ihm auf den Lippen, denn ein Bild des Grauens tut sich auf: Meterhoch ragt ein verbogenes Bahngleis durch die Luft, das Gleisbett ist aufgeworfen, der Bahndamm völlig zerwühlt. Güterwagen liegen quer über den Schienen. Einige sind auseinander gebrochen, andere ineinander verkeilt. Dazwischen verstreut das Frachtgut: riesige Papierballen. Eine erste Ahnung steigt auf, dass Gott uns wohl vor noch Schlimmerem bewahrt hat.
Welche Gefahr mir selbst, meinem Kind und allen Mitreisenden des Zuges drohte, wurde mir erst deutlich, als ich die Einzelheiten des Unglücks in der Tagespresse nachlesen konnte. Es stellte sich sehr bald heraus, dass es sich nicht bloß ein regionales Unglück war, sondern zu einer Serie von kriminellen Anschlägen gehörte, durch die Unbekannte die Bahn erpressen wollten. Die Verbrecher wurden dann später auch ermittelt und festgenommen.
Wunderbarerweise war dem Lokführer des Güterzuges nichts Schlimmes zugestoßen. Obwohl völlig auf sich allein gestellt, verhinderte er durch sein umsichtiges Handeln ein noch größeres Unheil, indem er sofort die Sperrung des Streckenabschnitts, einschließlich der Gegenrichtung, veranlasste und auch den Fahrstrom ab-schaltete. Denn wenig später hätte der entgegenkommende Schnellzug, in dem ich mit meinem Kind saß, fahrplanmäßig die Unfallstelle passieren müssen. Da der Unglückszug auch das Nachbargleis blo-ckierte, wäre die nächste, noch schlimmere Katastrophe vorprogrammiert gewesen.
Die Zeitung schrieb: „Es hätte Hunderte Tote geben können..." Beim Nachsinnen über diese Zusammenhänge dachte ich mit Grauen daran, dass der Lokführer trotz seiner Geistesgegenwart das Verhängnis nicht hätte abwenden können, wenn mein Zug nicht 20 Minuten Verspätung gehabt hätte. Nur 10 Minuten hätten nichts genutzt, es mussten doppelt soviele sein!
Wer sonst könnte dieses präzise abgestimmte „Timing" wohl zustande bringen als nur der allmächtige Gott, der das Geschick jedes einzelnen Menschen in seiner Hand hält? Es versteht sich von selbst, dass ich erst einmal Jesus Christus, meinen Herrn, preisen und Ihm danken musste für sein unsichtbares Eingreifen und dafür, dass Er die Anschläge böser, von Satan verführter Menschen an mir vorbeigelenkt hatte. Doch galt seine wunderbare Bewahrung wirklich nur mir, seinem Erlösten? Oder gab es noch andere Gläubige in diesem Zug? Der Vers kam mir in den Sinn: „Wider dein Volk machen sie listige Anschläge und beraten sich wider deine Geborgenen" (Psalm 83, 3).
Tatsächlich wurden auch alle, die mit mir reisten, gerettet, und das sicher nicht nur, weil sie „zufällig" mit mir und meinem Sohn im Zug saßen. Denn auch das Unglück geschah ja nicht zufällig, sondern die Befestigungs-Schrauben der Schienen wurden vorsätzlich gelöst und die Schienen mit Absicht verbogen, nur eben von irregeleiteten Menschen, die Satan, der Menschenmörder von Anfang, für seine Zwecke angeworben hatte - zweifellos mit dem Ziel, möglichst viele unerlöste Menschenseelen in die Ewigkeit zu befördern, zu ihrem ewigen Verderben. Doch Gott, der gnädig über uns allen wachte, hat das ver-hindert, denn Er will noch Menschen retten für seine Herrlichkeit, so wie Er mich gerettet hat. Erst Gerettete können Ihn rühmen „wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat .... als auch wir in den Vergehungen tot waren" (Epheser 2, 4. 5).
Nichtsdestoweniger verhielt sich der Lokführer heldenhaft. Durch ein Wunder Gottes blieb er unverletzt. Als ihm seine Unversehrtheit bewusst geworden war, setzte er sich mit seiner ganzen Person dafür ein, dass auch die, die noch in Todesgefahr schwebten, gerettet wurden. Und Gott ließ es gelingen.
Das schenke mein Herr auch mir, dass ich, weil ich mir meines ewigen Heils in Christus bewusst geworden bin, meine eigenen Interessen und mein Ansehen vor Menschen hintenan stelle und stattdessen meine ganze Kraft dem Herrn weihe, damit sich noch viele meiner Mitmenschen als verlorene Sünder vor Gott erkennen und sich erretten lassen.
„Errette, die zum Tode geschleppt werden, und die zur Würgung hinwanken, o halte sie zurück! Wenn du sprichst: Siehe, wir wussten nichts davon - wird nicht er, der die Herzen wägt, es merken, und er, der auf deine Seele Acht hat, es wissen? Und er wird dem Menschen vergelten nach seinem Tun" (Sprüche 24, 11. 12).
Nach einem Erlebnisbericht von Stephan Schramm
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