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Christen in der Politik

Der Artikel „… dass ihre Forderung geschehe" von Michael Hardt klingt sehr schlüssig. Zunächst wirft er bei mir aber vor allem die Frage auf, wie es zu bewerten ist. wenn Christen politisch Geschichte gemacht haben wie Martin Luther King, wobei ich über ihn und vor allem inwiefern er ein echter Christ (oder Politiker?) war, sehr wenig weiß...

Andererseits ist die Argumentation des Artikels teilweise angreifbar: weil „die Welt" auf schmutzige Weise Politik betreibt, würde christliche Politik ja nicht ebenso aussehen (und neben den großen Parteien gibt es durchaus Parteien von echten Christen, die andererseits wohl eine Randgruppenerscheinung bleiben werden). Die Zeugen Jehovas verurteilen das Geburtstagfeiern; weil in der Bibel nur (zwei) böse Menschen auf böse Weise Geburtstag gefeiert haben.

Letztlich bleibt vor allem das Argument, dass Jesu Reich anders ist und dafür anders gekämpft wird (geistig) - heißt das wirklich, dass wir nie „unseren Senf öffentlich dazugeben sollten und stattdessen ausschließlich beten? (...)

Mit Dank und freundlichen Grüßen

M. Trotta

 


Lieber Herr Trotta,

Vielen Dank für Ihre Anregungen und Fragen zum Thema Christen und Politik. Ich möchte kurz auf die beiden Hauptpunkte eingehen, die Sie angeführt haben, nämlich:

  1. Wie es zu bewerten ist, wenn Christen politisch Geschichte gemacht haben
  2. Christliche Politik würde anders aussehen als die schmutzige Politik der Welt

 

Zu Punkt 1:

In bezug auf die Christen, die politisch aktiv waren und unter Umständen auch ,Geschichte gemacht' haben, müssen wir zwei Dinge unterscheiden. Einerseits dürfen oder brauchen wir nicht zu bezweifeln, dass es echte wiedergeborene Christen gegeben hat, die versucht haben, ihrem Herrn dort, wo sie standen, treu zu sein - auch in der Politik. Solchen streiten wir auf keinen Fall ab, dass sie wahre Christen waren, manchmal sogar sehr mutige.

Eine andere Frage ist aber, ob es wirklich Gottes Wille war, dass sie sich politisch betätigt haben. Um dieser Frage nachzugehen, ist es vielleicht nützlich, einmal zu überlegen, wie Christen am Anfang vorgegangen sind und was sie empfohlen haben. Nehmen wir einmal das Beispiel des Apostels Paulus.

 

Zu der Zeit, als Paulus lebte, wurde Sklave- rei praktiziert. Hat Paulus sich nun poli- tisch dafür eingesetzt, die Sklaverei abzu- schaffen? Sein 'Lebenslauf' in Phil. 3 (Verse 5-8 und Apg.22:3) zeigt. dass er durch- aus die Fähigkeit und das Ansehen gehabt hätte. um sich politisch betätigen zu können. Aber gerade das tat er nicht. Vielmehr ermunterte er die christlichen Sklaven. ih- ren Herren treuzu dienen (s.Eph. 6.5.6. Kol. 3.22.24 etc.).

Ein weiteres Problem ('Tagesthema') zur Zeit des Aoostels Paulus war die Christenverfolgung im Römischen Reich. Hat Paulus nun eine politische Bewegung oder Partei gegründet. um sich gegen die Christen- verfolgung einzusetzen. hat er Christen zum Widerstand aufgerufen? Im Gegenteil. Er hat nicht versucht, die Welt oder das politische System zu verändern oder zu beeinflussen. sondern er ermahnte die Christen (gerade in Rom. wo Nero regierte und Christen umbrachte). derRegierung untertan zu sein (s.Römer 13,l-7).

Paulus hat sich dafür eingesetzt. dass Men- schen Christus fanden. dass sie dann wuchsen in der Wahrheit und in der Erkenntnis Seiner Person. dass sie auferbaut wurden. belehrt usw. Aber das erreicht man eben nicht politisch. sondern durch das einzige Mittel, das auferbauen kann, das Wort Gottes (Apg.20:32).Christen wollen - oder, besser gesagt, das Christentum will - nicht die Welt verändern, sondern die Menschen, die in ihr leben. Christus wird die Welt dann selber verändern. wenn Er in Seiner Macht kommt und sein Reich aufrichtet. Dann wird Gerechtigkeit herrschen.

Zusammenfassend können wir also sagen, dass sich wahre Christen politisch betätigt haben. dass es aber weder dem Beispiel des Verhaltens von Christen in der Bibel noch der Grundhaltung des Christentums entspricht.

Zu Punkt 2:
Natürlich wäre zu hoffen. dass Christen - wenn sie sich schon politisch betätigen - sich dabei nichts zu Schulden kommen lassen. was wir als 'schmutzige' Dinge der Politik bezeichenen würden -wie bei- spielsweise Korruption. Aber Korruption. Unterschlagungen. etc. sind eigentlich nur Randerscheinungen der Politik. die aus der Versuchung heraus entstehen, eine Macht- position zu missbrauchen. Selbst wenn ein Christ das nicht tun würde. hätte er doch zwei grosse Probleme bei seiner politischen Aktivität:

Er wäre (in einer Demokratie) auf die Unterstützung der Massen angewiesen und daher in Versuchung.seine Überzeugung zu relativieren und so der Tagesmeinung anzupassen

Auf dieses Problem ging ja der Aitikel „... dass ihre Forderung geschehe" schon ein.

Er wäre tätig in dem Bestreben, die Welt besser oder angenehmer zu machen

Gerade das ist eben nicht der christliche Auftrag. Die Welt ist das System, das Kain 'erfunden' hat (s. 1.Mose 4). um die Sün- de zu vergessen. ohne die Frage der Sünde zu lösen. Der Mensch war aus dem Paradies vertrieben worden. Abel brachte ein Opfer von den 'Erstlingen seiner Herde'. also ein Opfer. das vom Sühnungstod des Herrn Jesus sprach. Kain tat das nicht. Er brachte nur von der Frucht des (verfluchten) Erdbodens, ein Opfer. auf das Gott nicht 'blickte'. Dann erschlug Kain seinen Bruder und begann, die 'Welt' zu gründen: er baute eine Stadt und seiner Nachkom- menschaft entwickeltedie Kunst, Musik, Industrie usw., kurz, alles das, was der Menschbraucht,umsoangenehmwie möglich zu leben, ohne (!) mit Gott ins Rei- ne gekommen zu sein.

Politik will die Welt angenehm machen - ohne Sühnung. Der Christ hat den Dienst der Versöhnung empfangen, nicht den der Weitverbessemng.

„Daher, wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist uergangen, siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Jesum Christum und hat uns den Dienst der Versöhnunggegeben: nämlich dass Gott in Christo war, die ,Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Ubertretungen nicht zurechnend, und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt Sosind wir nun Gesandtefür Christum, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Lasst euch uersöhnen mit Gott!" 2. Korinther 5:17-20

Man mag noch entgegenhalten, dass Chri- sten sich aber politisch einsetzen koennten, nicht um die Welt zu verbessern, sondern um die Verbreitungdes Evangeliumszu ermöglichen etc. Doch selbst dann gilt das Wort:

„denn die Waffen unseres Kampfessind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtigzur Zerstörung von Festungen"
(2.Kor. 10,4)

und auch

,,Übrigens, Brüder, seidstark in dem Herrn und in der Machtseiner Stärke. Ziehet an die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr zu bestehen vermöget wider die Listen des Teufels. Denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte derBosheit in den himmlischen Örtern. Deshalb nehmet dieganze Waffenrüstung Gottes, auf dass ihr an dem bösen Tagezu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermöget. Stehet nun, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit, und angetan mit dem Brustharnisch der Gerechtigkeit, und beschuht an den Füßen mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens, indem ihr über das alles ergriffen habt den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auszulöschen vermöget, alle,feurigen Pfeile des Bösen. Nehmet auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist; zu aller Zeit betend mit allem Gebd und Flehen in dem Geiste, und eben hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, und für mich, auf dass mir Rede verliehen werde im Auftun meines Mundes, um mit Freimütigkeit kundzutun das Geheimnis des Evangeliums, (für welches ich ein Gesandter bin in Ketten], damit ich in demselben freimütig rede, wie ich reden soll." Epheser 6,lO-20

Diese Verse zeigen deutlich, wer und wo unsere Gegner sind und auch welche Waffen wir benutzen sollten in diesem Konflikt. Auch sieht man. dass die Waffe (oder Methode), die Paulus empfiehlt, um an der Verbreitung des Evangeliums mitzuwirken und um günstige umstände für dessen Verkündigung herbeizuführen, das 'Gebet und Flehen in dem Geist' ist, und nicht etwa politische Betätigung.

Ich hoffe, dass diese Ausführungen und vor allem die angeführten Bibelstellen hilfreich sein können, und wünsche Ihnen Gottes Segen.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Hardt