Vergebung - Biblische Begriffe

Biblische Begriffe: Vergebung

Zunächst die Frage an jeden Leser: Bist du sicher, dass du Vergebung deiner Sünden, deiner Schuld hast? Wer den Herrn Jesus und seinen Opfertod für Schuld und Sünde als für sich persönlich geschehen gläubig annimmt, darf wissen, „dass jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen" (Apg 10,43). Vergebung zu empfangen ist eine außerordentlich glückliche und befreiende Erfahrung, ein Geschenk der Gnade Gottes.

Jedes Fehlverhalten in moralischer Hinsicht - und hierbei müssen göttliche Maßstäbe angewandt werden, wie sie durch Gottes Wort vor die Gewissen und Herzen gestellt werden - ist ein Affront, ist „Frevel", ist eine Beleidigung Gott gegenüber. Jedes Vergehen in dieser Hinsicht ist in seinem Wesen Sünde und in Bezug auf Gott - und vielleicht auch gegen Menschen - außerdem noch Schuld.

Darum ist der Gedanke der Vergebung nicht zu trennen von dem Gedanken der Schuld, insbesondere der Schuld vor Gott, und damit auch nicht zu trennen von der Gerechtigkeit, die eines der Wesensmerkmale Gottes ist.

Wenn es auch Vergebung von Schuld gegenüber Menschen gibt, ist doch in einer solchen Situation stets Schuld auch Gott gegenüber entstanden. Wir wollen daher vor allem diese Frage der Vergebung durch Gott betrachten.

 

„Der Gesetzlose verlasse seinen Weg und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung." (Jes 55,7)

Dass der Mensch schuldig geworden ist vor Gott, ist unbestreitbar. Das gilt für alle Menschen - von Adam und Eva an - und für jeden Einzelnen persönlich. Dies zu erkennen und zu bekennen ist allerdings unerlässlich, wenn man erfahren möchte, was Vergebung heißt. Und dabei können wir nicht an der Tatsache vorbeigehen, dass Gott absolut gerecht ist. Gott übersieht nicht einfach Sünde und Schuld, Er geht nicht darüber hinweg, als sei nichts geschehen. Er kann zwar handeln wie Er will und ist niemand Rechenschaft schuldig. Aber Er handelt in seinem Ratschluss entsprechend seinem Wesen, indem Er selbst die Grundlage dafür schafft, dass Vergebung möglich wird. Wir sehen daher in der Vergebung durch Gott die beiden Wesenszüge Gottes völlig ans Licht gestellt - nämlich Licht (1. Joh 1,5), d. h. seine Heiligkeit und Gerechtigkeit, und Liebe, d.h. in seiner Hinwendung in Gnade zu dem Sünder (Eph 1,7).

Wie aber konnte der heilige Gott dem sündigen Menschen Vergebung schenken?

Er kann es tun und tut es auf der Grundlage des Sühnopfers Christi, weil darin die Forderung seiner Gerechtigkeit Erfüllung fand. Er tut es, weil der Herr Jesus am Kreuz die „Strafe zu unserem Frieden" (Jes 53,5) auf sich nahm, so dass wir in Ihm „die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade" (Eph 1,7). Vergebung [gr. aphesis] ist der Erlass einer Schuld oder Verbindlichkeit (wie in 5. Mo 15,3), die vollständige Vergebung von Schuld und Sünde (als ob sie nie begangen worden wären) und darüber hinaus die völlige Freisprechung (Mt 26,28).

Es scheint, dass wir in der Heiligen Schrift drei Beweggründe dafür finden, dass Gott vergibt:

1. seine Gnade: Es ist die Vergebung nach dem Reichtum seiner Gnade (vgl. Eph1,7),

2. der Sohn seiner Liebe: Er ist es, in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden (s. Kol 1,14),

3. das Blut seines Kreuzes, denn ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung (Heb 9,22; s. Mt 26,28: „Dies ist mein Blut, ... das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden").

Übrigens: Was unser Verhältnis zu Gott dem Vater betrifft, so ist auch dies eng mit der Vergebung der Sünden verknüpft: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen" (1. Joh 2,12). Das ist ein Wort absoluter Sicherheit und Freude vor Ihm.

Schon bei der Ankündigung der Geburt des Herrn Jesus lässt Gott die „Vergebung der Sünden" ankündigen (Lk 1,77); der Vorläufer des Herrn, Johannes der Täufer, predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden (Mk 1,4); die Apostel - zuerst Petrus in seiner Rede am Pfingsttag in Jerusalem (Apg 2,38) und dann vor dem Synedrium (Apg 5,31), aber auch Paulus vor Agrippa und Festus (Apg 26,18) - predigten die Buße zur Vergebung der Sünden.

Und noch früher schon hatte Gott sich der Gott genannt, „der Ungerechtigkeit, Übertretung und Sünde vergibt" (2. Mo 34,7), fügt aber hinzu: „aber keineswegs hält er für schuldlos den Schuldigen". In dieser Zeit, der Zeit des Gesetzes, hat Gott sich noch nicht offenbart als der Gott aller Gnade, der „uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus" (2. Kor 5,18). Aber auch hier schon hat er dem Glaubenden Vergebung geschenkt, und zwar allein im Hinblick auf das Opfer seines Sohnes viele Jahre später, weil er Nachsicht" übte im „Hingehenlassen der vorher geschehenen Sünden" (Röm 3,26).

Wie können wir heute Vergebung empfangen? Die Schrift gibt uns klare Hinweise:

  • durch das Bekennen unserer Sünden (1. Joh 1,9) [und das Unterlassen - als Beweis der Echtheit unseres Bekenntnisses: "wer seine Übertretungen bekennt und lässt" (Spr 28,13)] und
  • durch den Glauben an den Herrn Jesus (Apg 10,43).

Auch für Gläubige gilt dieser Grundsatz weiter. Wenn ein Gläubiger, ein Kind Gottes, in Sünde fällt, braucht es Vergebung. Sonst ist die Freude des Heils getrübt, und die Freude der Gemeinschaft mit Gott ist dahin. Der Weg ist derselbe: reuevolles Bekenntnis der Sünde, damit Gott die Sünde vergibt und von aller Ungerechtigkeit reinigt.

Da eine Sünde oft auch gegen einen Menschen gerichtet ist, muss auch ein Bekenntnis vor dem betroffenen Menschen - ob gläubig oder ungläubig - abgelegt werden. Wird der andere das Böse, das ihm angetan wurde, vergeben? Hier darf ein Gläubiger, ein Kind Gottes, sich danach richten, wie Gott, sein Vater, es getan hat: von Herzen vergeben! In Matthäus 18,21-35 gibt der Herr Jesus eine tiefgehende Erklärung über das Vergeben. Petrus hatte Ihn gefragt, wie oft er seinem Nächsten vergeben solle, und meinte, wenn er es siebenmal getan hätte, müsse der Herr doch zufrieden sein. Die Antwort des Herrn zeigt auf der einen Seite die unendlich große Vergebungsbereitschaft Gottes und auf der anderen Seite die kleinliche und boshaft selbstgerechte Härte des Menschen.

Uns ist so viel vergeben worden, sollten wir nicht geschehenes Unrecht vergeben? Manchmal hört man: Ich will das gern vergeben, aber ich kann es nicht vergessen. Und bei sich bietender Gelegenheit holt man dann das alte Unrecht wieder hervor. Dies ist kaum ehrliches und vollständiges Vergeben. Je mehr wir überwältigt sind von der großen Vergebung, die wir bei Gott erfahren haben, um so echter und herzlicher wird auch unser Vergeben sein.

 

Noch eine kurze Erklärung zu dem Wort des Herrn Jesus an seine Jünger nach seiner Auferstehung aus den Toten (Joh 20,22-23).

Er sandte seine Jünger in seinen Dienst (V. 21) und hauchte in sie mit den Worten „Empfangt den Heiligen Geist! Welchen irgend ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben, welchen irgend ihr sie behaltet, sind sie behalten". Er hauchte damit ein neues Leben in sie, das Leben des Geistes. Damit besaßen sie die Fähigkeit zu erkennen, wer wirklich Leben aus Gott, also dieses neue Leben hatte. Sie konnten damit bestätigen, dass jedem, der an den Herrn Jesus glaubt, die Sünden vergeben sind und dass dem, der nicht glaubt, seine Sünden nicht vergeben sind, dass sie ihm „behalten" sind. Dies taten sie dann zum einen in der Verkündigung der Wahrheit von der Vergebung, zum Beispiel Petrus in Apostelgeschichte 10,43 und Paulus in Apostelgeschichte 13,38. Zum anderen taten sie dies, indem sie in „administrativer" Weise für das Leben auf dieser Erde Sünde als vergeben oder als nicht vergeben, d. h. „behalten" bestätigten. Die Sünde von Ananias und Sapphira (Apg 5,1-11), die wohl Gläubige waren (!), und die Begebenheit mit Simon dem Zauberer (Apg 8,20ff.) sind Beispiele dafür. [Dies geschieht heute noch durch das „Binden" und „Lösen" (der Sünde auf bzw. von jemand) durch die Versammlung (s. Mt 18,18).]

Im tiefen Sinne und in Auswirkung für die Ewigkeit kann allein Gott Sünden vergeben (2. Chr 7,14; Mk 2,7-9). Darum konnte der Herr Jesus es. Diese Seite der Vergebung aber berührt Er an dieser Stelle gar nicht.