Hat Jephta seine Tochter tatsächlich geopfert

Frage: Immer wieder wird die Frage gestellt, ob Jephta aufgrund seines Gelübdes in Richter 11 tatsächlich seine Tochter als Brandopfer dargebracht hat oder nicht. Wir drucken dazu die Erklärung eines Bi-belauslegers aus den USA ab.

Antwort: Bei dem Gelübde scheint Jephta nicht nur voreilig gewesen zu sein, sondern auch falsch gehandelt zu haben; mit Sicherheit hat er jedoch kein menschliches Opfer dargebracht, wie viele angenommen haben. Die meisten neueren Bibelausleger sind sich darin einig und nehmen an, dass seine Tochter lediglich Gott geweiht war, ein unverheiratetes Leben zu führen, wie die Verse 37-39 wohl eindeutig zeigen. Kein Wort wird über ihren Tod gesagt, es sei denn, man versteht Vers 31 so: „Ich werde es als Brandopfer opfern". Doch Jephtas Worte an den König der Ammoniter zeigen, dass er das Gesetz kannte. Das Gesetz verbot Menschenopfer als Gräuel (3. Mo 18,21 u. a.). Kein Altar hätte sich für sie gefunden, kein Priester würde das ausgeführt haben; und die beiden Monate, in denen man ihre Jungfrauschaft beweinte, hätten völlig ausgereicht, dass das beabsichtigte Opfer in ganz Israel bekannt geworden wäre. Jephta kannte sicherlich das Gesetz. Genauso wenig kann man sich vorstellen, dass er darauf beharrt hätte, dem HERRN einen Gräuel zu opfern, indem er seine geliebte Tochter opferte. Alles spricht gegen die Ausübung eines solchen Verbrechens.

Das Hebräische erlaubt auch folgende Übersetzung von Vers 31: ,,... es soll dem HERRN gehören, oder ich werde es als Brandopfer opfern!"

„Die großen jüdischen Kommentatoren des Mittelalters" sagt Edersheim, „haben, im Gegensatz zum Talmud, darauf hingewiesen, dass diese beiden Ausdrücke nicht identisch sind. Es wird niemals von einem tierischen Brandopfer gesagt, dass es ,dem HERRN gehören soll', und zwar aus dem einfachen Grund nicht, weil es Ihm als Brandopfer ohnehin gehörte. Doch in den Fällen, wo dem HERRN Menschen dargebracht wurden, wird dieser Ausdruck gebraucht, wie im Fall des Erstgeborenen unter Israel oder vom Stamm Levi (4. Mo 3,12.13). Doch dabei hat niemand an ein wirkliches Opfern von Menschen gedacht." Er argumentiert wie andere: „Wenn die geliebte Tochter sich selbst dem Tod unterworfen hätte, ist es völlig unglaublich, dass sie gewünscht hätte, die beiden ihr verbleibenden Monate nicht bei ihrem gebrochenen Vater zu verbringen, sondern in den Bergen mit ihren Freundinnen."

Hat Jephta seine Tochter tatsächlich geopfert?

Außerdem bedeutet das Wort im Hebräischen nicht unbedingt „Brandopfer" , sondern einfach „Opfer, das aufsteigt" - alles steigt zu Gott auf. Das ist ein großer Unterschied. Jephta gelobte nicht, dass das Opfer verbrannt werden sollte, obwohl das die Art und Weise gewesen wäre, wie ein tierisches Opfer „aufgestiegen" wäre. Daher habe ich das hebräische Wort mit „Ganzopfer" übersetzt und denke, dass damit wahrscheinlich die Schwierigkeit verschwindet.

Jephta wurde durch die Folgen seines Gelübdes auf die Probe gestellt, doch - obwohl er in seinem Herzen getroffen war, bestand er die Prüfung und bewies dem HERRN seine Ergebenheit, eine Ergebenheit, die seine edle Tochter völlig teilte. Wenn ihr Name in diesem Bericht auch nicht genannt wird, so nimmt sie doch einen hervorragenden Platz unter den großen historischen Frauen Israels ein.