Bibel erklärt
Überlieferung und Tradition - Biblische Begriffe
Überlieferungen sind Worte, Lehren und Mitteilungen, die nicht schriftlich festgehalten worden waren, sondern von Mund zu Mund und von einer Generation zur anderen weitergegeben wurden. Schließlich fand sich häufig jemand, der sie nach seinem Hören, seiner Erinnerung und seinem Verständnis niederschrieb. In der lateinischen Sprache wurden diese Uberlieferungen „traditio" genannt, daher der Begriff Tradition, den wir heute kennen.
Solche Überlieferungen oder Traditionen sind oft sehr alt und erhalten allein schon dadurch in den Augen der Menschen eine gewisse Autorität, ob berechtigt oder nicht. Sie können oft tiefe menschliche Weisheit, die aus Erfahrungen gewonnen wurde, enthalten. Sie können auch - einfach weil sie von Menschen stammen und von Menschen weitergegeben wurden - völlig irreführen, bis hin zu Aberglauben und Mystizismus.
Das Leben der Juden in der Zeit des Herrn Jesus auf der Erde war geprägt von einer großen Zahl an überlieferten Mitteilungen der „Altesten", die durch Gesetzgelehrte weitergegeben worden waren, die auch ihrerseits eine nicht unbedeutende Autorität für die Juden darstellten (die sog. Mischna, die im 2. Jh. n. Chr. aufgeschrieben wurde, und die Gemara; beide zusammen bilden den Talmud). Ein Volk, das wie die Juden aus der Geschichte lebte, d. h. in der lebendigen und lebendig erhaltenen Erinnerung an die Geschichte der „Väter", legte größten Wert darauf, diese „Überlieferung der Altesten" zu halten (Mk 7,3). Auf diese Weise meinte es die Uberzeugung zu bewahren, das Volk Gottes zu sein, und darin Kraft zu finden im Uberlebenskampf gegen die Völker, die es unterdrückten.
Man könnte meinen, dass diese Überlieferungen eine sehr nützliche Funktion hatten, da sie ja im Volk offenbar das Bewusst-sein, ein Volk zu sein, förderten und stärkten.
In Wirklichkeit aber hatten sie in mehrfacher Hinsicht eine sehr schädliche Wirkung:
- Sie traten im Bewusstsein des Volkes und besonders der Führer des Volkes an die Stelle des von Gott selbst gegebenen Wortes und Gesetzes (Mk 7,8),
- sie hinderten durch die Fülle ihrer äußerlichen Gebote und Vorschriften, die es zu halten galt, die Menschen, den Blick auf eine wahre innere Herzenshaltung der Liebe zu Gott zu richten und Ihn zu ehren (Mt 15,8),
- sie widersprachen in manchen Einzelheiten und darin enthaltenen Vorschriften geradezu den Geboten Gottes (Mk 7,13; Mt 15,3.6).
Dies hat der Herr Jesus den Juden mit sehr klaren Worten vorgestellt und auch an Beispielen ihres Verhaltens verdeutlicht: „Denn Gott hat geboten und gesagt: , Ehre den Vater und die Mutter! und: , Wer Vater oder Mutter schmäht, soll des Todes ster-ben.' Ihr aber sagt: Wer irgend zum Vater oder zur Mutter spricht: Eine Opfergabe sei das, was irgend dir von mir zunutze kommen könnte - der wird keineswegs seinen Vater oder seine Mutter ehren. Und so habt ihr das Gebot Gottes ungültig gemacht um eurer Überlieferung willen. Ihr Heuchler! Treffend hat Jesaja über euch geweissagt, indem er spricht: , Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir'" (Mt 15,4ff.). Dabei taten sie noch fromm, indem sie den Eltern das vorenthielten, was ihnen zustand, und zwar mit der Begründung, es (im Tempel) opfern zu wollen.
Andererseits hat auch der Apostel Paulus an einigen Stellen in seinen Briefen von der Uberlieferung gesprochen, die sie von ihm empfangen hatten, und er lobt z. B. die Korinther, dass sie daran festhielten (1. Kor 11,2; vgl. 2. Thes 2,15; 3,6). Die Din-ge, die er ihnen mitgeteilt hatte, waren jedoch nicht vorher von Mund zu Mund gegangen, sie waren auch nicht von Menschen ausgedacht und vorgebracht wor-den, sondern er hatte ihnen Gottes Gedanken mitgeteilt.
Wir erkennen daraus, dass es wichtig ist, das folgende zu bedenken:
- Von wem stammt die Uberlieferung im Einzelnen
- Überlieferung und Tradition gehen stets bis auf den deutlichen Ausnahmefall bei Paulus - von Menschen aus.
- Gottes Wort steht immer absolut über jeder Uberlieferung: „In Ewigkeit, HERR, steht dein Wort fest in den Himmeln" (Ps 119,89).
Noch ein Wort zu Traditionen. Wir Menschen haben Gewohnheiten, die wir schätzen und die zu Traditionen werden können. Vielleicht legen wir ihnen auch erhöhten Wert bei, wenn sie schon alt sind und darüber hinaus von geschätzten Vätern und Vorvätern stammen. Für diese Vorfahren waren es zu ihrer Zeit natürlich noch keine „Traditionen", sondern gut begründete und wohlüberlegte, oft auch gut zu handhabende Verhaltensweisen. Das heißt nicht, dass diese damals maßgebend und unabänderlich gewesen wären oder es heute wären. Maßgebend und unabänderlich ist allein das Wort Gottes, die Heilige Schrift. Es heißt aber auch nicht, dass sie deswegen als veraltet zu betrachten oder gar abzulehnen sind. Traditionen dürfen nicht bloß deshalb abgelehnt werden, weil sie eben Traditionen sind oder weil sie angeblich nicht in unsere Zeit gehören. Sie müssen in ihrem Wert geprüft und eingeschätzt werden. Eine solche Sicht wird uns sehr oft davon überzeugen, dass sie auch für unser gemeinsames Leben heute noch immer gut begründet, wohlüberlegt und gut zu handhaben sind. Eine solche Einstellung gegenüber Uberlieferungen und Traditionen wird uns vor extremer Haltung in der einen oder anderen Richtung bewahren.
Eines aber bleibt festzuhalten: Der einzige Weg, Gott zu ehren, ist, die Autorität seines Wortes anzuerkennen und unser Leben danach auszurichten in einem „einfältigen" Gehorsam, der nicht mit Worten streitet.
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