Jim Elliot

Jim Elliot

Im feuchten Tropenurwald Ecuadors wurden am 8. Januar 1956 fünf junge Missionare von wilden, steinzeitlichen Kopfjägern vom Stamm der Waorani-Indianer (auch bekannt als Aucas) ermordet. Einer dieser jungen Männer, die dort ihr Leben für den ließen, der sie erlöst und in seinen Dienst gestellt hatte, war Jim Elliot. Er war zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt.

Was bewegte ihn dazu, sein Leben im südamerikanischen Urwald aufs Spiel zu setzen?

Jim Elliot wurde 1927 in Portland in Oregon/USA geboren. Sein Vater war Evangelist und Prediger. Schon im Alter von sechs Jahren übergab Jim sein Leben dem Herrn Jesus.

Bereits in seiner Schulzeit kamen seine außergewöhnliche Redegabe und auch sein scharfer Verstand zum Vorschein. Von 1945 bis 1949 besuchte er das Wheaton College in Illinois, wo er sein Studium mit glänzenden Auszeichnungen abschloß. Außerdem war er ein guter Ringkämpfer, der sich mit seinem muskulösen und durchtrainierten Körper nicht zu verstecken brauchte und bei etlichen Wettkämpfen seine Gegner seine Kraft spüren ließ. Er war also, menschlich gesprochen, ein junger Mann, dem alle Türen offenstanden.

Doch Jim strebte nicht nach weltlichen Ehren. Er hatte schon früh erkannt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Als er 21 Jahre alt war, schrieb er in sein Tagebuch den bedeutungsvollen Satz, der sein Leben prägte: „Der ist kein Narr, der hingibt, was er nicht behalten kann, damit er gewinne, was er nicht verlieren kann." Er hatte beschlossen, sein ganzes Leben in den Dienst Jesu Christi zu stellen. Das kann man einigen Gebeten entnehmen, die er seinem Tagebuch anvertraute. So betete er: „Herr, zünde an den toten Reisighaufen meines Lebens, gib, daß ich aufflamme und für Dich verbrenne. Verzehre mein Leben, Herr, denn es ist Dein. Ich trachte nicht nach einem langen Leben, sondern nach einem erfüllten, gleich Dir, Herr Jesus." Wie stark seine Hingabe an seinen Gott war, zeigt ein weiteres Gebet aus dem Jahr 1948: „Vater, nimm mein Leben, ja, mein Blut, wenn Du es willst, und verzehre es in Deinem Feuer. Ich will es nicht behalten, denn es ist nicht mein, daß ich es für mich behielte. Nimm es, Herr, nimm es ganz. Gieß mein Leben aus als eine Opfergabe für die Welt. Blut ist nur von Wert, wenn es von Deinem Altar fließt."

Zu seiner Studentenzeit war er unter anderem Vorsitzender der „Student Foreign Missions Fellowship". In dieser Funktion wurde er oft zu Vorträgen in verschiedene Gemeinden eingeladen, um die Gläubigen von der Notwendigkeit der Missionsarbeit zu überzeugen und sie zu dieser zu ermuntern. In seiner freien Zeit war er meistens gemeinsam mit seinem Vater oder einem Freund irgendwo in den Vereinigten Staaten unterwegs, um das Evangelium zu verkündigen. Doch schon während seines Studiums wurde ihm immer deutlicher, daß Gott ihn als Missionar zu den Menschen senden wollte, die noch nie etwas von Jesus Christus gehört hatten: zu den unerreichten Indianerstämmen in den Urwäldern Südamerikas. Am Ufer des Curaray-Flusses, dem Ort, wo er ermordet wurde, wurde ein Notizbuch Jims gefunden, dessen auf dem Sand verstreut liegende Blätter u.a. folgenden Inhalt hatten: „64% der Menschheit hat noch nie etwas von Christus gehört. In jeder Stunde sterben 5000 Menschen. In den fremden Ländern gibt es einen Reichsgottesarbeiter auf je 50.000 Menschen, während es in den USA einen auf 500 gibt." Als Jims Mutter ihm zu seiner Studentenzeit einmal schrieb, er könne doch seine Aufgabe in der Arbeit sehen, die er bereits für die ,,Student Foreign Missions Fellowship" tue, schrieb er zurück: „Es gibt ohnehin schon allzu viele gute Prediger, die Abend für Abend den Leuten vorhalten, wie nötig es sei, die verlorenen Seelen der Heiden zu retten, aber diese Prediger haben die Anforderungen eines opfervollen Dienstes als Außenmissionar nie selbst erfahren. Für mich, habe ich das Gefühl, gibt es keinerlei Berechtigung, einen Körper, wie Du ihn mir gegeben hast, auf Kanzelbrüstungen zu lehnen und verfetten zu lassen. Es gibt viel zu tun, und es sind gelernte Arbeiter nötig, um den Bau Gottes zu vollenden. Gott gebe, daß ich einer von ihnen sei. Kann es eine größere Auszeichnung geben, als dabei mithelfen zu dürfen, daß dem Erlöser eine strahlende Gemeinde dargebracht wird?"

Nach Beendigung seines Studiums ging Jim, nachdem er noch einige Zeit um konkrete Führung gebetet hatte, nach Ecuador. Dort lebte er zunächst bei einem Missionarsehepaar und lernte die spanische Sprache. Dann endlich ging sein Wunsch in Erfüllung, und er übernahm gemeinsam mit einem Freund eine Missionsstation im Urwald bei den Ketschua-Indianern.

Nachdem Jim dort einige Zeit gearbeitet hatte, heiratete er Elisabeth Howard, die ebenfalls als Missionarin im südamerikanischen Urwald tätig war. Jim und Elisabeth kannten sich bereits seit ihrer Studentenzeit, und obwohl sie schon damals eine gegenseitige Zuneigung empfanden, hatten sie gewartet, bis sie sich beide über den Weg, den sie im Auftrag des Herrn zu gehen hatten, im klaren waren. Jim hatte zu der Zeit, als sie sich kennenlernten, mehrmals betont, daß ein Erkennen und Befolgen des Willens des Herrn für ihr Leben nicht durch eine frühzeitige Bindung behindert werden dürfe. Jetzt aber konnten sie gemeinsam unter den Ketschuas arbeiten.

Dann geschah eines Tages folgendes: Jim und Elisabeth erhielten die Nachricht, daß ein Missionspilot in nicht allzu weiter Entfernung von dem Ort, wo sie als Missionare tätig waren, Siedlungen der Aucas oder Waoranis gefunden hatte, eines Eingeborenenstammes, der für seine Gewaltbereitschaft berüchtigt und noch nie von Missionaren erreicht worden war. Sofort war Jims Interesse geweckt. Diese Aucas zu erreichen war sein Gebet und seine langjährige Hoffnung gewesen. Nachdem er jetzt endgültige Gewißheit bekommen hatte, machte er sich gemeinsam mit dem Missionspiloten und drei weiteren jungen Missionaren an die schwierige Aufgabe, mit den Aucas Kontakt aufzunehmen. Sie überflogen das Gebiet, in dem die Aucas wohnten, regelmäßig, ließen Geschenke an einem Seil herunter und bekamen schließlich auf dem gleichen Weg auch Gegengeschenke der Eingeborenen. Nach über drei Monaten der Kontaktaufnahme aus der Luft wagten die fünf Männer mit den Wilden persönlich in Verbindung zu treten: Sie landeten mit ihrem Flugzeug auf einem Sand-streifen am Ufer des Curaray-Flusses in der Nähe der entdeckten Siedlung. Nachdem die erste Begegnung mit einer Delegation der Aucas positiv verlief, hofften die fünf Missionare auf näheren Kontakt.

Am 8. Januar 1956 teilte Nate Saint, der Missionspilot, seiner zu Hause wartenden Frau über Funk mit: „Wir hoffen auf Besucher um etwa 14.30 Uhr. Ich werde um 16.35 wieder von mir hören lassen. " Aber am gleichen Nachmittag, noch vor 16.30 Uhr, überfluteten die stillen Wasser des Curaray die mit Speeren durchbohrten Leichen der fünf Kameraden, erschlagen von den Menschen, deretwegen sie gekommen waren, um sie für Christus zu gewinnen.

Die Nachricht vom Märtyrertod dieser fünf jungen Missionare ging um die ganze Welt. Viele fragten nach dem Sinn dieser Tragödie. Doch Gottes Wege sind nicht die Wege der Menschen.

In den Monaten nach dem Mord an den fünf Missionaren wurden Missionskommissionen mit Angeboten überschwemmt, den Platz der fünf Märtyrer einzunehmen. Von der Zeitschrift „Eternity" wurden sechshundert Missionare gezählt, die, angetrieben durch das Beispiel Jims und seiner Freunde, in dieses Gebiet gingen. Auch die Witwen der ermordeten Missionare gaben nicht auf:

Noch keine zwei Jahre nach dem grausamen Vorfall hängten Elisabeth Elliot, ihre Tochter Valerie und Rachel Saint ihre Hängematten bei den Aucas auf, und während Valerie mit den Kindern der Mörder ihres Vaters spielte, bezeugten die beiden Frauen den Aucas den Weg zu Christus. Neun Jahre später gab es erste Exemplare des Markus-Evangeliums in der Auca-Sprache der Waorani, und im Jahr 1992 wurde den Waoranis das Neue Testament in ihrer Sprache vorgestellt. Heute gibt es in keiner anderen indianischen Volksgruppe in Ecuador einen so hohen Prozentsatz von Christen wie unter den Waoranis.

Und in den zivilisierten Ländern fordert das Leben und Sterben Jim Elliots immer noch junge Christen heraus, ihr Leben in den Dienst ihres Erlösers und Herrn zu stellen, der gesagt hat: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde. Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern" (Mt 28,18.19). Es fordert heraus, das eigene Leben auf das Wesentliche auszurichten und so wie Jim Elliot das zu verwirklichen, was dieser einmal in sein Tagebuch geschrieben hatte: „Der ist kein Narr, der hingibt, was er nicht behalten kann, damit er gewinne, was er nicht verlieren kann."