Lebensbeschreibung

Nikolaus Decius - O Lamm Gottes unschuldig

O Lamm Gottes, unschuldig

Am Stamm des Kreuzes geschlachtet

Allzeit erfunden geduldig

Wiewohl Du wurdest verachtet:

All' Sünd hast Du getragen,

Sonst müßten wir verzagen.

Erbarm' dich unser, o Jesu!

Dieses Lied, das inzwischen einige Textänderungen erfahren hat, tauchte das erste Mal 1539 in dem Schumannschen Gesangbuch von Leipzig auf. Der Verfasser dieses Passionsgesanges ist ein gewisser Nikolaus Decius. Er lebte von 1485 bis 1529 und war wie Martin Luther zunächst auch Mönch. Da er ein sehr begabter Mann und außerdem sehr strebsam war, wurde er schließlich zum Propst des Klosters Steterburg bei Wolfenbüttel berufen. Ihm sollte es in dieser Stellung eigentlich an nichts fehlen - doch es fehlte ihm dennoch etwas sehr Entscheidendes: Die falschen Lehren und toten Formen konnten ihm keinen Frieden im Herzen geben. Als er von dem wahren Evangelium hörte, nahm er es sofort in sein Herz auf. Später, als er dieses Lied dichtete, wußte er aus eigenem Erleben, wovon er sprach:

All' Sund hast du getragen,

sonst müßten wir verzagen.

Dieser Glaubensschritt bedeutete, daß er die Propstei aufgeben mußte. Seine nächsten Stationen hießen Braunschweig - diese alte, ehrwürdige Stadt hatte die „neue Lehre" sehr bald aufgenommen - und 1523 schließlich Stettin. Hier wirkte er die letzten Jahre seines Lebens Jahre an der Kirche St. Nicolai und predigte - so berichtet es der Geschichtsschreiber - das „reine Wort Gottes mit großer Kraft"

200 Jahre später wird dieses Lied einem gewissen Peter Paasche der Anlaß zur Rettung seines Lebens. Zu dieser Zeit, am Anfang des 18. Jahrhunderts, befand sich der deutsche Prinz Eugen im Krieg mit den Türken. Bei der Erstürmung Belgrads wurde Prinz Eugen getötet und Peter Paasche von den Türken gefangengenommen. Man mißhandelte ihn und wollte ihn mehrfach zwingen, seinen Glauben zu verleugnen. Als man dieses Ziel nicht erreichte, begann man ihn an ein Holz zu binden und bereitete zu seinen Füßen einen Scheiterhaufen. Ihm kam das alte Kirchenlied in den Sinn: „O Lamm Gottes, unschuldig" , und er begann in seiner Not zu singen. Als er eben die letzte Strophe gesungen hatte, erklang ein Trompetenstoß. Deutsche Reiter brachen durch den Wald und sahen ihren Landsmann, der inzwischen ohnmächtig zusammengesunken war. Sie konnten ihn befreien, und als Pasche wieder zu sich gekommen war, fragte er seine Befreier: „Wie hat euch Gott gerade zur rechten Stunde gesandt?" „Wir waren zur Verfolgung der Türken ausgeschickt", berichteten sie, „da hörten wir vom Walde her den Gesang: ,O Lamm Gottes, unschuldig.' Da ist ein Christ', riefen wir und jagten hinein in den Wald. Das Lamm Gottes, dem du vertrautest, hat dich gerettet."

Wie vielen Menschen mag dieses Lied in der Folge Trost und Segen gewesen sein?