1. Mose 37-50 - Bibelstudium
Bibelstudium
In den beiden vorigen Heften haben wir mit der Einführung zum 1. Buch Mose (Teil l und II) begonnen. Hier folgt nun der 3. Teil dieser Einführung. Wir wiederholen am Ende dieses Artikels die Hinweise auf Studienbücher, die wir als weiterführende Lektüre empfehlen. - Fragen zu diesem Bibelbuch sind uns sehr willkommen. Gern versuchen wir, soweit es uns möglich ist, eine Antwort darauf zu geben.
Einführung in das 1. Buch Mose (Teil 3) - Das Leben Josephs
Nachdem wir bereits über die Erschaffung des Menschen, den Sündenfall, die Sintflut, die Sprachverwirrung, dann über das Leben der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob nachgedacht haben, wollen wir uns nun mit einer der faszinierendsten Persönlichkeiten des Alten Testaments beschäftigen, mit dem Patriarchen Joseph. Er erreichte das hohe Alter von 110 Jahren. Wir werden sehen, daß sein Leben eng mit dem Leben seines Vaters Jakob verflochten ist. Was die prophetische Bedeutung dieses Mannes Gottes betrifft, so ist er eines der eindrucksvollsten Vorbilder von unserem Herrn Jesus als Erretter des Volkes Israel - genauer: eines Überrestes aus diesem Volk - und schließlich der gesamten Welt.
Kapitel 37 beginnt mit den Worten: „Und Jakob wohnte in dem Lande, in welchem sein Vater als Fremdling geweilt hatte, im Lande Kanaan. Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph, siebenzehn Jahre alt..." Begann die eigentliche Geschichte Jakobs erst mit der Geschichte seines Sohnes Joseph?
Joseph hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Vater. Sein Vater seinerseits brachte seine Wertschätzung für ihn dadurch zum Ausdruck, daß er ihm ein sehr wertvolles Untergewand schenkte. Daraufhin wurden die Brüder neidisch auf Joseph; sie straften ihn mit Verachtung und brachten es nicht einmal mehr fertig, ihn zu begrüßen.
Gott wollte Joseph jedoch für eine große Aufgabe und zum Segen für die gesamte Familie gebrauchen. Im folgenden sehen wir, wie Gott ihm zwei Träume gab. Im ersten Traum band er mit seinen Brüdern Getreidegarben, dabei richtete sich seine Garbe auf und blieb stehen. Die Garben der Brüder verneigten sich vor seiner Garbe. Würden seine Brüder ihn eines Tages doch ehrfurchtsvoll beachten? Sicher litt Joseph unter der damaligen Ablehnung. Die Brüder, denen Joseph den Traum erzahlte, verstanden die Grundaussage sehr wohl. Sie meinten, er wolle etwas Besseres sein, und haßten ihn noch mehr.
Im zweiten Traum verneigten sich Sonne, Mond und Sterne vor ihm. Allen, die davon hörten, war klar: Die elf Sterne sind die elf Brüder Josephs; Sonne und Mond müssen ein Bild der Eltern Josephs sein. Auch seinem Vater erzählte er den Traum. Jakob tadelte ihn sehr, doch dachte er weiter über die Träume nach und bewahrte sie in seinem Herzen.
Als Jakob Joseph dann nach Sichem schickte, um zu erfahren, wie es seinen anderen Söhnen ging, erfüllte Joseph nicht nur bereitwillig diesen Auftrag, er suchte seine Brüder sogar, als er sie nicht in Sichem fand, und ging ihnen bis Dothan nach. Dabei wußte er doch um die Feindschaft seiner Brüder gegen ihn! Doch er wollte seinem Vater die Freude machen, das zu tun, was er ihm aufgetragen hatte, und das nicht nur buchstäblich. Als er den Brüdern näherkam, ersannen sie den teuflischen Plan, ihn umzubringen. Ruben setzte sich für Joseph ein und erreichte, daß sie ihn nicht töteten, sondern in eine Grube warfen. Juda, der Rubens Absicht, Joseph zu retten, nicht verstanden hatte, schlug vor, Joseph nach Ägypten zu verkaufen. Und so geschah es. Der Vater bekam die Information, die er brauchte. Das bedeutete unbeschreibliches Herzeleid für ihn. Bei den Brüdern findet man eine absolute Gefühlskalte. Welch eine Familientragödie! Doch Gott leitete alles; Er hielt zu jeder Zeit die Fäden in der Hand und verfolgte bei allem seine Ziele.
Judas Sünde
Das nächste Kapitel (38) ist der weiteren persönlichen Entwicklung Judas gewidmet, des Vaters eines Stammes, aus dem die Könige Israels hervorkommen sollten. Vor unseren Augen enthüllt sich ein düsteres Bild sittlicher Verfehlungen. Ziemlich zu Beginn des Geschlechtsregisters in Matthäus heißt es: „Juda aber zeugte Perez und Serach von der Thamar." Thamar ist die Frau, die als erste im Neuen Testament genannt wird. Die näheren Umstände der Verbindung zwischen Juda und Thamar und die Geburt der beiden Söhne werden in diesem Kapitel beschrieben. Hier finden wir die Sünde; im Neuen Testament sehen wir, wie die Gnade triumphiert.
Joseph in Ägypten - im Haus des Potiphar und im Gefängnis
Im leuchtenden Gegensatz dazu steht Josephs sittliche Reinheit in dem folgenden Kapitel. Statt über den Verkauf nach Ägypten bitter zu sein, fügt Joseph sich in die Führung Gottes. In Ägypten sehen wir ihn im Haus des hohen Regierungsbeamten Potiphar, der die Leibwache des Pharaos befehligte. Da Potiphar oft außer Haus war, übertrug er Joseph die gesamte Verwaltung seines Hauses. Joseph war einer schweren Versuchung ausgesetzt: Die Frau Potiphars forderte von ihm Tag für Tag die Sünde des Ehebruchs. Als die Versuchung eines Tages ihren Höhepunkt erreichte, blieb Joseph standhaft und floh aus dem Haus. Nun wurde er unzüchtiger Absichten beschuldigt und landete kurzerhand im Gefängnis, wo er sich so vorbildlich führte, daß der Oberste des Gefängnisses ihm die Leitung des Gefängnisses übertrug. Gottes Absicht mit alledem erfahren wir in Psalm 105,17-19: Gott läuterte Joseph.
Eines Tages wurden zwei wichtige Beamte des Pharao inhaftiert (Kapitel 40). Als beide einen Traum hatten, war es Joseph, der ihnen die Träume deutete. Der Bäcker mußte erfahren, daß er drei Tage später hingerichtet werden würde, der Mundschenk hörte, daß er wieder in Amt und Würden eingesetzt werden würde. War es da nicht verständlich, daß Joseph ihm erzählte, daß er zu Unrecht im Gefängnis saß, und ihn bat, sich beim Pharao für ihn einzusetzen? Der Mundschenk vergaß jedoch alles. Zwei weitere Jahre vergingen. Gott hatte seine eigene Zeitrechnung. Brauchte Er noch diese beiden Jahre zur Zubereitung Josephs? „Gottes Zeit ist die beste Zeit."
Joseph vor dem Pharao - er wird Zweiter in Ägypten
Nach dieser Zeit hatte der Pharao zwei Träume, die ihn sehr beunruhigten (Kap. 41). Niemand in Agypten war in der Lage, sie zu deuten. Jetzt erinnerte sich der Mundschenk an Joseph. Schnell wurde Joseph aus dem Gefängnis geholt. Und nun stand dieser hebräische Sklave vor dem mächtigen Herrscher, dem Pharao. Unerschrocken legte er dem Pharao dar, daß Traumdeutungen nicht bei ihm lägen, sondern daß Gott zum Heil des Pharao antworten würde. Kurz und präzise deutete Joseph die Träume und flocht den Rat mit ein, daß der Pharao sich nach einem verständigen und weisen Mann umsehen möge, damit dieser die Getreideaufsammlung mit Umsicht überwache.
Joseph war inzwischen dreißig Jahre alt. Der Pharao setzte ihn über seinen Regierungsapparat. Ab sofort hatten alle Minister - unter ihnen Potiphar! - das zu tun, was Joseph ihnen auftrug. Der Pharao sah die unübertreffliche Weisheit Josephs, die Gott ihm verliehen hatte. Der Pharao wollte nur um den Thron größer sein. Joseph bekam den Siegelring des Pharao: Er würde im Namen des Königs Befehle erteilen und Gesetze erlassen. Feinste königliche Kleider wurden ihm angezogen und, wie es damals bei hochgestellten Personen üblich war, eine goldene Kette wurde ihm um den Hals gelegt. Welch ein Wechsel: Soeben noch im Gefängnis, jetzt Herrscher über Ägypten. Aus der Tiefe, von einem langen Leidensweg zu höchsten Höhen emporgehoben.
Welch leuchtendes Vorbild von dem Herrn Jesus! Gott hat Ihn, der Knechtsgestalt annahm und sich selbst bis zum Kreuz erniedrigte, hoch erhoben und Ihm einen Namen über jeden Namen gegeben. Gott wollte, daß sich jedes Knie einmal vor Ihm beugen würde (vgl. Phil 2,6-11). Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde (Mt 28,18).
Wir sehen mit den Augen des Glaubens, wie Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt ist, eine Herrlichkeit, die kein Mensch beschreiben kann (Heb 2,9) und die um so größer ist auf dem Hintergrund tiefsten Elends und unbeschreiblicher Leiden, die Er zuvor durchlitten hat. Größere Gegensätze sind nicht denkbar.
Joseph bekommt eine Familie - sieben Jahre überreicher Ernten
Wie gut, daß Joseph sich im Haus des Potiphar rein bewahrt hatte. Nun bekam er Asnath zur Frau; zweifellos eine Frau, die seiner neuen Würde völlig entsprach. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor: Manasse und Ephraim, beide Häupter von Stämmen in Israel.
Alles traf genau so ein, wie Joseph es bei der Deutung der Träume vorausgesagt hatte. Es gab sehr reiche Ernten, und Getreide wurde aufgehäuft wie Sand am Meer, bis man es nicht mehr wiegen konnte. Joseph erfüllte treu den Auftrag des Pharao. Anschließend folgte eine Zeit großer Hungersnot für das ganze Land Agypten und weit darüber hinaus. Die Menschen kamen in Scharen zu dem Pharao und schrien nach Brot. Der Pharao schickte alle hungrigen Menschen mit den Worten zu Joseph: Gehet zu Joseph. Wieder denken wir an den Herrn Jesus und Stellen im Neuen Testament wie Apostelgeschichte 4,12: „Es ist in keinem anderen das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in dem wir errettet werden müssen", und Johannes 14,6: "Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich."
Die Brüder Josephs in Ägypten
Während Joseph seine Aufgaben in Agypten erfüllte, wurden die Lebensmittel auch im Land Kanaan rar (Kap. 42). Jakob schickte zehn seiner Söhne nach Agypten, weil er davon gehört hatte, daß es dort Getreide gab; Benjamin, der zweite Sohn der geliebten Rahel, der jüngere Bruder Josephs, blieb jedoch zu Hause. In Ägypten angekommen, verbeugten sich die zehn Brüder ehrfurchtsvoll vor ihm (vgl. Kap. 37,7.9). Joseph erkannte seine Brüder sofort, sie ihn aber nicht; es war zwanzig Jahre her, seit sie ihn zuletzt gesehen hatten. Er behandelte sie hart und warf ihnen vor, das Land auszukundschaften, was sie entschieden zurückwiesen. Nun verlangte Joseph, daß einer von ihnen Benjamin holen sollte. Zuerst einmal kamen alle Brüder drei Tage ins Gefängnis - das war nichts im Vergleich zu der langen Zeit, die er im Gefängnis verbracht hatte. Danach entschied Joseph, daß alle hinziehen könnten bis auf einen, der im Gefängnis bleiben sollte.
Nun gerieten die Brüder in große Not. In diesen Augenblicken kamen ihre harten Gewissen in Bewegung. Sie erinnerten sich an die schreckliche Not, die Joseph durchgemacht hatte, als sie ihn in die Grube geworfen und schließlich verkauft hatten. Sie sagten sogar: „Darum ist diese Drangsal über uns gekommen" (V. 21). Hier werden die Brüder zu einem Vorbild des künftigen Überrests aus Israel, der in die große Drangsal kommen wird, weil sie ebenfalls ihren „Bruder", den Herrn Jesus, ans Kreuz schlagen ließen.
Liegt auf deinem Weg eine Sünde, vielleicht seit langer Zeit? Gott möchte mit dir darüber sprechen.
Als Joseph diesem Gespräch der Brüder untereinander zuhörte, mußte er sich plötzlich abwenden, um zu weinen1. Als er wiederkam, ließ er ihren Bruder Simon vor ihren Augen abführen. Mit vollen Säcken, Wegzehrung und dem Geld in den Säcken entließ er sie nach Hause. Joseph konnte ihre Sünde zwar nicht übergehen, doch er konnte ihnen Gnade erzeigen. Beides zusammen führte schließlich zur Zurechtbringung der Brüder. - Sie verstanden die Gnade nicht. Zutiefst erschrocken merkten sie dennoch, daß Gott zu ihnen sprach. Zu Hause angekommen, berichteten sie ihrem Vater getreu alles, was sie erlebt hatten, insbesondere, daß Benjamin beim nächsten Mal mitziehen sollte. Die Hungersnot war schwer für Jakob, doch daß er nun nach dem Verlust Josephs und Simeons auch noch Benjamin verlieren sollte, war noch viel schwerer für ihn. Warum sagten die Söhne ihrem Vater immer noch nicht, daß sie Joseph damals verkauft hatten? Was sollte der Vorschlag Rubens, Jakob könne seine beiden Söhne töten, wenn er Benjamin nicht wieder mit nach Hause brächte?
Merkst du, daß auch Jakob der Schule Gottes nicht entging? Gott kam auch mit ihm zum Ziel.
Die Brüder erneut in Ägypten
Die Zeit verging, das Getreide war aufgebraucht (Kap. 43). Jakob forderte seine Söhne auf, erneut nach Ägypten zu ziehen. Juda ließ seinem Vater gegenüber keinen Zweifel daran, daß sie nur zögen, wenn Benjamin bei ihnen wäre. Auch er verbürgte sich für Benjamin - er war es damals, der den Vorschlag gemacht hatte, Joseph nicht zu töten, sondern ihn zu verkaufen (37,26); damals wollte er Joseph nicht etwa schonen, sondern Geld kassieren! Die Hungersnot zwang Jakob zuzustimmen, daß Benjamin mitzöge. Er wünschte ihnen Barmherzigkeit von dem Allmächtigen; er wußte, daß jetzt allein Gott helfen konnte. Mit doppeltem Geld in der Tasche und einigen Kostbarkeiten des Landes Kanaan machten sie sich auf den Weg, Benjamin unter ihnen.
Als die Brüder so vor Joseph traten, ließ er sie unmittelbar in sein Haus bringen. Wie verlangte er danach, sie zu segnen. Sie erschraken wieder. Alle Erklärungsversuche und Unschuldsbeteuerungen seitens der Brüder waren vergeblich, statt dessen hörten sie aus dem Mund des Mannes am Eingang des Hauses Josephs die Worte: „Friede euch! Fürchtet euch nicht! Euer Gott und der Gott eures Vaters ... euer Geld ist zu mir gekommen." Das Getreide war bezahlt!? Wie sollten sie das verstehen? Wieso sprach der Mann von Frieden und von Gott? Was hatte das alles zu bedeuten? Als Joseph ins Haus kam, verbeugten sie sich wieder vor ihm und überreichten ihm das Geschenk. Als er Benjamin gegenüberstand, mußte er wieder schnell hinausgehen, um zu weinen. Nachdem er zurückgekommen war, wurde das Essen aufgetragen: Die Brüder wurden angewiesen, sich in ihrer Geburtsfolge niederzusetzen!? Was ging da vor sich? Benjamins Ehrengericht fünfmal größer?? Fragen über Fragen!
Der silberne Kelch im Sack Benjamins
Wieder bekamen die Brüder ihr Getreide und obenauf erneut das Geld (Kap. 44). In Benjamins Sack befand sich zusätzlich ein silberner Kelch. Am nächsten Morgen machten sich die Brüder auf den Weg. Kaum auf der Reise, wurden sie eingeholt und wegen des Bechers zur Rede gestellt. Welche Augenblicke waren das, als sie alle auf die Säcke starrten und der Becher schließlich aus Benjamins Sack zum Vorschein kam. War nun alles vorbei? Benjamin verloren? Was würde der Vater sagen?
Nach kurzer Zeit standen die Brüder wieder vor Joseph. Wieder fielen sie vor ihm auf die Erde. Hart wurden sie zur Rede gestellt. Nun kam es den Brüdern zum Bewußtsein: „Gott hat die Missetat deiner Knechte gefunden." Würden die Brüder Benjamin nun ebenso leicht aufgeben, wie sie damals Joseph ohne Rücksicht auf die Gefühle ihres Vaters verkauft hatten? Nein, Juda hielt eine großartige Rede und bekannte von Benjamin: „Und sein Vater hat ihn lieb." Vierzehnmal erwähnte Juda in seiner feurigen Rede den Vater (V. 18-34). Juda berichtete den gesamten Verlauf der letzten Ereignisse. Er hob besonders den Schmerz des Vaters wegen Joseph hervor. Juda war bereit, an Benjamins Stelle zu treten. Welch ein Werk des Geistes Gottes in dem Herzen Judas, der sowohl im Blick auf den Verkauf Josephs die größte Schuld auf sich geladen hatte als auch moralisch sehr tief gefallen war (Kap. 38). So wird Gott einmal das Volk der Juden durch eine Zeit schrecklicher Bedrängnis zurechtbringen.
Joseph gibt sich seinen Brüdern zu erkennen
Nach dieser bewegenden Rede Judas konnte Joseph nicht mehr an sich halten. Nachdem er alle seine Bediensteten hinausgeschickt hatte, gab er sich seinen Brüdern mit den Worten zu erkennen: „Ich bin Joseph." Die Brüder konnten es vor Bestürzung nicht fassen. Sie hörten aus dem Mund Josephs, daß nicht sie es waren, die ihn nach Ägypten gesandt hatten, sondern Gott!
Die Brüder sollten den Vater so schnell wie möglich holen. Joseph nahm Benjamin in den Arm und konnte nicht aufhören zu weinen, so auch Benjamin. Anschließend küßte er alle seine Brüder. Welche herzbewegenden Augenblicke! Sie vermitteln uns einen Eindruck von den Augenblicken, wenn der Messias bald zu seinem irdischen Volk Israel zurückkehren und sich ihm zu erkennen geben wird. Und dabei hat das Volk seinen Messias damals nicht nur „verkauft, sondern ermordet. Eines Tages wird er lebend vor ihnen stehen.
Als der Pharao davon hörte, daß die Brüder Josephs gekommen waren, gab auch er Befehl, daß der Vater aus Kanaan geholt würde. Das Beste des Landes Agypten sollte ihnen zur Verfügung stehen. Reich beladen und mit Wagen ausgestattet zogen sie nach Hause. Als Jakob die Worte hörte: „Joseph lebt noch", erstarrte er. Das war zuviel! - „Genug! Joseph, mein Sohn, lebt noch!" Unverzüglich machte sich die gesamte Familie auf und zog nach Agypten. Die Weissagung aus 1. Mose 15,13 begann sich zu erfüllen, nämlich daß die Nachkommen Abrahams nach Agypten ziehen würden, wo sie sich lange Zeit aufhalten würden.
Jakob und Joseph sehen sich wieder
Jakobs Geist lebte wieder auf. Er war inzwischen 130 Jahre alt. Noch 17 Jahre würde er leben; Jahre echter geistlicher Frucht für Gott. Kapitel 46 beginnt mit der Mitteilung, daß Jakob Gott Schlachtopfer darbrachte. Daraufhin erschien Gott Jakob in Gesichten der Nacht und ermutigte ihn, nach Ägypten hinabzuziehen. Ein großer Zug setzte sich in Bewegung. Als sie schließlich in Gosen angekommen waren, machte sich Joseph auf, um seinen Vater wiederzusehen (Kap. 47). Wieder weinte er lange, nun in den Armen seines Vaters. Jakob war so bewegt, daß er sterben wollte. Kurze Zeit später trat Jakob sogar vor den damals mächtigsten Herrscher der Welt, den Pharao, und segnete ihn (vgl. Heb 7,7). Auch legte er ein Bekenntnis über seine wenigen und bösen Lebensjahre ab.
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels sehen wir, wie Joseph seine Aufgabe zum Wohl der Menschen erfüllte. Er war nicht nur für seine Familie ein Segen, sondern für das ganze Land. Das Kapitel endet mit der Mitteilung, daß das Lebensende Jakobs nahte und Joseph ihm schwören sollte, daß er nach seinem Tode in dem Erbbegräbnis seiner Väter begraben werden würde. Auf den letzten Vers dieses Kapitels - „Und Israel betete an zu den Häupten des Bettes [o. über seinem Stabe]" - nimmt u. a. Hebräer 11,21 Bezug und weist damit auf eine besondere Tat des Glaubens Jakobs hin. Hier erkennen wir, wie das Glaubensleben Jakobs einen gewissen Höhepunkt erreichte.
Jakob auf dem Sterbebett
Als Joseph erfuhr, daß sein Vater erkrankt war (Kap. 48), machte er sich mit seinen beiden Söhnen Ephraim und Manasse auf, um den Vater zu besuchen. Jakob berichtete Joseph einige wichtige Dinge aus seinem Leben. Voller Freude, Josephs Sohne vor sich zu haben, küßte und umarmte er sie. Gott hatte es ihm geschenkt, nicht nur seinen Sohn Joseph wiederzusehen, sondern auch dessen Söhne vor sich zu haben. Sehen konnte er sie nicht mehr, weil er erblindet war. Joseph meinte, der Vater würde einen Fehler machen, als er dem jüngeren beim Segen seine rechte Hand auflegte. Doch in diesem Fall „sah" der wiederhergestellte Jakob deutlicher als Joseph.
Und Israel betete an zu den Häupten des Bettes.
Nachdem Jakob die beiden gesegnet hatte, rief er seine zwölf Söhne an sein Sterbebett und verkündigte ihnen zukünftige Dinge (Kap. 49). Dieses Kapitel hat eine große Tiefe. Es sprengt den Rahmen dieser kurzen Be-trachtungen, näher darauf einzugehen. Es beschreibt in wenigen inhaltsreichen Worten die Geschichte des Volkes Israel bis hin zur glorreichen Herrschaft des wahren Joseph (hier „Sohn eines Fruchtbaums" genannt) und der Unterwerfung der Völker im Friedensreich. Im Anschluß an diesen Segen zog Jakob seine Füße aufs Bett und verschied. Damit endete das lange und bewegte Leben dieses bemerkenswerten Patriarchen.
Das Begräbnis Jakobs
Manche großen Fürsten in Ägypten wurden in einer Pyramide begraben, der Patriarch Jakob hingegen in Kanaan. Das Herz Jakobs war in dem verheißenen Land, dort sollte auch sein Leib begraben werden. Wieder sehen wir, wie Joseph über Jakob weinte und ihn küßte. Nach siebzig Tagen Beweinens erfüllte Joseph treu seinen Auftrag, zusammen mit seinen Brüdern den Vater in Kanaan zu begraben. Als die Brüder anschließend noch einmal kurz an der Liebe Josephs zu ihnen zweifelten, sehen wir Joseph zum siebten Mal weinen. Hatten die Brüder so wenig Vertrauen zu ihm?
Josephs Tod und Aufbewahrung seines Leibes
Das erste Buch Mose endet mit der Erwähnung des Todes Josephs. Gott gab ihm noch eine gesegnete Zeit in Ägypten, er durfte die Enkel Ephraims sehen. Joseph ließ seine Brüder bzw. deren Nachkommen ebenfalls schwören, daß sie seinen Leib, wenn Gott das Volk Israel aus Ägypten in das verheißene Land zurückführen würde, mit hinaufnähmen. So enden die beiden letzten Kapitel dieses großartigen ersten Buches der Bibel mit dem Tod dieser beiden großen Patriarchen, deren Leben so eng miteinander verflochten war. In ihren Anweisungen bezüglich ihrer gestorbenen Leiber kam der Glaube an die Auferstehung zum Ausdruck. Sie wollten in dem Land begraben sein und dort auferstehen, wo einmal der Messias in Herrlichkeit erscheinen und regieren würde. Wenn wir zum Neuen Testament kommen, dann werden wir finden, daß die Beschreibung des Lebens des großen Sohnes Gottes in den vier Evangelien nicht mit seinem Tod endet, sondern mit seiner Auferstehung.
1 Siebenmal lesen wir, daß Joseph weinte (42, 24; 43,30; 45,14.15; 46,29; 50,1.17).
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