Vergeltet niemand Böses mit Bösem

Vergeltet niemand Böses mit Bösem (Röm 12,17)

In der Welt gilt: Wie du mir, so ich dir. Das scheintauch ein Grunder der Pharisäer gewesen zu sein (Mt 5,43). Stimmte das nicht mit dem Gesetz überein, wo Gott durch Mose angeordnet hatte: „Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß" (2. Mo 21,24)? Hat der, der uns Böses zufügt, nicht genau dieses Böse verdient? Ja, wenn es um die Rechtsprechung geht, gilt dieser Grundsatz nach wie vor. Er ist durch die Gnade nicht aufgehoben. Gott wird die Menschen einmal nach ihren Werken richten (Offb 20,13).

"... leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet" (1. Petrus 2,23)

Was aber für die Rechtsprechung gilt, das gilt noch lange nicht für mich persönlich. Die Bibel kennt keine Selbstjustiz, schon gar nicht für Gläubige, die aus Gnaden gerechtfertigt sind. Wie gut, daß Gott uns nicht entsprechend unserem Handeln Ihm gegenüber getan hat: „Er hat uns nicht getan nach unseren Sünden, und nach unseren Ungerechtigkeiten uns nicht vergolten" (Ps 103, 10).

Wenn uns jemand Böses zufügt, ist das eine einmalige Chance, etwas von der Liebe und Gnade Gottes zu zeigen. Niemand hat jemals soviel Böses eingesteckt wie unser Herr, dem wir die Gnade Gottes verdanken: „Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet" (1. Pet 2,23). In 1. Thessalonicher 5,15 bittet Paulus die Gläubigen sogar, achtzugeben, daß auch ihre Mitgeschwister nicht Böses mit Bösem vergelten würden.

Wer gäbe uns übrigens das Recht, mit Bösem auf Böses zu antworten? Das Recht haben wir nicht. Wir haben eine hervorragende Möglichkeit, mit zugefügtem Bösen fertigzuwerden: Wir sprechen mit Gott, unserem Vater, über eine Sache, bitten für die entsprechende Person um Wiederherstellung, wenn es sich um einen Gläubigen handelt, und wenn es sich um einen Ungläubigen handelt, flehen wir Gott um seine Rettung an.

Ich las einmal von einer Begebenheit, wo ein Bauer nachts bestohlen wurde. Er ertappte die beiden Diebe auf frischer Tat, sprach gütig auf sie ein und lud sie zu einem Nachtessen ein. Den beiden war sicher nicht ganz wohl. Sie gingen aber mit dem Bauern ins Haus. Keiner von beiden hat ihn je wieder beklaut - der eine hat sich sogar kurze Zeit später bekehrt. Der Bauer hatte Böses nicht mit Bösem vergolten. Er hat übrigens auch nicht die Polizei alarmiert ...