Timotheus - Diener Jesu Christi

Timotheus - Diener Jesu Christi (IV)

5. Der Wandel

Der Wandel eines Christen hängt nicht von äußeren Vorschriften ab, die es zu beachten gilt, sondern von dem inneren Leben, das sich in einem Leben für Gott äußert. Das ist die Belehrung von Römer 12,2: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes." Der Apostel schrieb hier nicht: Seid nicht gleichförmig dieser Welt und geht nicht in den Zirkus oder zu diesem heidnischen Fest, zieht nicht dieses unpassende Kleidungsstück an. Nein, er sagt vielmehr: „werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes". Der Sinn ist das innere Sein des Menschen, die Quelle der Gedanken. Seine Verwandlung wird durch die Erneuerung der neuen Geburt unter der Wirksamkeit des Geistes Gottes zustande gebracht. Eigentlich geschieht dies ein für allemal; aber es geschieht ebenso „Tag für Tag" (2. Kor 4,16) - und zeigt sich auch äußerlich, in Worten und im Wandel, die Gott gemäß sind.

5.1. Die Gottseligkeit

„Übe dich aber zur Gottseligkeit" (1. Tim 4,7), forderte der Apostel Timotheus auf. Bevor er auf die Lehre achten sollte, sollte er auf sich selbst achthaben (V. 16). Die Gottseligkeit äußert sich durch Gottesfurcht und Vertrauen auf Gott. Die Furcht bewahrt davor, Ihm zu mißfallen; mehr noch, sie führt dazu, daß man sucht, Ihm zu gefallen, „indem ihr prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist" (Eph 5,10). Das Vertrauen stützt sich auf einen Gott voller Gnade und Fürsorge für die Seinen, der auch die Macht hat, uns zu bewahren, ohne daß wir straucheln.

Die Gottseligkeit verlangt eine ständige Ausübung. Zwar ist die körperliche Ertüchtigung an ihrem Platz nicht unnütz; im Vergleich zur Gottesfurcht ist sie jedoch nur zu wenigem nütze. Diese dagegen besitzt die Verheißung des Lebens, und zwar des jetzigen und des zukünftigen (1. Tim 4,8). Das bedeutet, daß wir bei einem treuen Wandel die wertvolle Gemeinschaft mit dem Herrn an jedem Tag unseres Lebens erfahren, indem wir nahe bei Ihm bleiben. Und dieser glücklichen Gemeinschaft werden wir uns auch in Ewigkeit erfreuen, wenn wir bei Ihm sein werden, der seinen Verheißungen für unsere Zeit auf Erden treu geblieben ist.

Führt die Gottseligkeit zu einer steifen und traurigen Lebenshaltung? Ganz im Gegenteil! „Die Gottseligkeit mit Genügsamkeit aber ist ein großer Gewinn" (1. Tim 6,6). Um zufrieden zu sein, muß man „Genüge haben". Der Apostel schrieb, daß man bereits zufrieden sein kann, wenn man „Nahrung und Bedeckung" hat (1. Tim 6,8). Mit wie vielen Wohltaten überschüttet uns Gott darüber hinaus! Wir sollten doch die Weisheit haben, alle diese Dinge aus seiner Hand mit Danksagung und Genügsamkeit entgegenzunehmen, ohne immer andere oder noch bessere Dinge zu wünschen - besser aus unserer Sicht! Die Gottseligkeit mit Genügsamkeit führt nicht dazu, immer mehr zu beanspruchen oder gar aufzubegehren, sondern das Empfangene wertzuschätzen. Ein Leben der Gottseligkeit strahlt die Freude und den Frieden aus, die der Herr uns ins Herz gibt, ohne daß dabei die Ernsthaftigkeit fehlt, die dem Wandel mit Christus geziemend ist.

Dieses Leben der Gottseligkeit können wir leicht verlieren. Daher schrieb der Apostel auch, daß wir der Gottseligkeit nachstreben sollen (1. Tim 6,11). In 2. Petrus 1,5.6 fügt sie sich einer Aufzählung von Eigenschaften an, für die aller Fleiß angewandt werden muß: Glaube, Tugend, Erkenntnis, Enthaltsamkeit, Ausharren. Und zu ihr muß dann auch noch die Bruderliebe hinzugefügt werden. Die Gottseligkeit führt uns nicht in die Isolation. Sie führt uns im Gegenteil zu denen, die Ihn lieben und zu seiner Ehre wandeln wollen. Sie macht auch unser Zeugnis vor der Welt glaubhaft.

5.2. Fliehe - Strebe nach!

In 1. Timotheus 6,11 haben wir die Ermahnung: „Fliehe diese Dinge." Welche? In dem Zusammenhang der Verse sind es die Streitfragen und Wortgezänke, die leeren Geschwätze; die Gefahr, aus der Gottseligkeit eine Quelle des Gewinns zu machen; und vor allem die Geldliebe, die eine Wurzel alles Bösen ist.

Doch dann folgt auch die andere Seite, nämlich die Aufforderung: „Strebe aber nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes". Das ist praktische Gerechtigkeit in unserem Verhalten anderen gegenüber; die Gottseligkeit in unseren Beziehungen zu Gott; der Glaube und die Liebe, im Gegensatz zum zügellosen Streben nach materiellen Dingen; das Ausharren und die Sanftmut des Geistes, wodurch leere Geschwätze, Wortgezänke und böswillige Unterstellungen vermieden werden.

Kurze Zeit später besteht der Apostel noch einmal darauf, daß Timotheus die „ungöttlichen, leeren Geschwätze und Widersprüche der fälschlich sogenannten Kenntnis" fliehen soll. Diese Aufforderung wiederholt er noch einmal im zweiten Brief (2,16). Timotheus sollte es festhalten, nicht mit denen zu streiten, die falsche Lehren bringen, die von dem Wort Gottes abweichen: „Zeugen Jehovas", die die Gottheit Christi leugnen; „Mormonen", die ihr Buch der Bibel hinzufügen; „Christliche Wissenschaft" , die nur den Namen als christliches Element hat; und viele andere Philosophien heidnischen Ursprungs, die immer mehr in unsere Länder eindringen. Wir sollten, anstatt mit solchen Menschen zu diskutieren, die Gelegenheiten suchen und nutzen, wo wir wirklich eine Hilfe sein können, indem wir Christus bringen, was zur Auferbauung dient. Ein Kind Gottes wird aufgefordert, die intellektuellen Streitgespräche, die „ungöttlichen und leeren Geschwätze" und die „Streitfragen" sorgfältig zu vermeiden.

In 2. Timotheus 2,22 kommt der Apostel auf das „Fliehen" und „Nachstreben" zurück. Er spricht davon, „die jugendlichen Begierden" zu fliehen und "nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden" zu streben, und zwar,wie er hinzufügt, "mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen". Diese jugendlichen Begierden finden wir in 1. Johannes 2,15.16, die Lust der Augen, die Lust des Fleisches, den Hochmut des Lebens und die Liebe zur Welt. Die Begierde der Augen sucht das, was gut aussieht, die Eitelkeit äußerer Pracht in allen denkbaren Bereichen. Durch die Begierde des Fleisches wird die einzigartige Fähigkeit, die Gott dem Menschen gegeben hat, bewußt sein Leben fortzupflanzen, um einer verderblichen Befriedigung willen aus dem geziemenden Zusammenhang gerissen. Der Hochmut des Lebens treibt einen Menschen dazu, sich stets zu erheben, sowohl im geistlichen als auch im materiellen Bereich. Die Liebe zur Welt ist unvereinbar mit der Liebe des Vaters.

In einem anderen Sinn, den wir im Zusammenhang der Verse in 2. Timotheus 2 wohl sehen müssen, sind die jugendlichen Begierden alles das, was die Jugend in besonderer Weise charakterisiert, die Liebe zum Streitgespräch, die Sucht nach Neuem, das unüberlegte und ungezügelte Temperament, das aus der Ungeduld hervorkommt, sich behaupten zu wollen (2. Tim 2,16.17.23).

Das Streben nach Gerechtigkeit steht hier im Gegensatz zur Ungerechtigkeit in Vers 19, d. h. zu dem, was in den Augen Gottes nicht gerecht ist und nicht seinem offenbarten Willen entspricht. Der Glaube, die Liebe und der Friede gehören unmittelbar dazu, damit wir einen gemeinsamen Weg "mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen", gehen können. Der Christ, der sich vom Bösen zurückzieht, ist nicht berufen, seinen Weg allein zu gehen.

In dem Bewußtsein, durch den Heiligen Geist mit den vom Herrn Erkauften verbunden zu sein, wird er die Freude haben, ein Zusammenkommen um Ihn, der als Herr anerkannt wird, zu kennen bzw. kennenzulernen. Und dort wird er zusammen mit denen, die Ihn aus reinem Herzen anrufen, alle Anstrengung unternehmen, sich demütig seinem Wort zu unterwerfen.

Es gibt noch zwei weitere Ermahnungen, die auf einem solchen Weg im Gedächtnis gehalten werden sollen: „Beharre" (1. Tim 4,16); es ist so leicht, auf dem Weg zu ermüden, nachdem man gut begonnen hat; und „sei nüchtern" (2. Tim 4,5); Nüchternheit und Besonnenheit, was sich nicht nur auf Essen oder Trinken bezieht, sondern auch auf Selbstdisziplin in allen Bereichen und auf Ausgewogenheit, zu der der Christ in der Abhängigkeit vom Herrn aufgerufen ist.

5.3. Ein Vorbild sein

Timotheus ist von Paulus aufgefordert worden, in der großen Versammlung in Ephesus zu lehren und zu ermahnen (1. Tim 6,2) und viele Dinge an den richtigen Platz zu stellen.

Vor allem aber sollte er „ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Keuschheit" sein (1. Tim 4,12). Der Apostel selbst hatte in 2. Korinther 6,6.7 in dieser Hinsicht ein Beispiel gegeben, indem er sich „in allem als Gottes Diener" erwies, „in Reinheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Güte, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, im Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes; durch die Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken". Timotheus wird zuerst ermahnt, ein Vorbild im Wort zu sein. Unüberlegte und leichtsinnige Äußerungen, übereilte oder unangebrachte Worte können so leicht den Dienst eines Dieners Gottes beflecken. Wachsamkeit im Wandel, verbunden mit Liebe, Glauben und Reinheit, verleiht dem Diener eine moralische Autorität, ohne die die beste Belehrung ihren Wert verlöre.

Timotheus war noch recht jung: „Niemand verachte deine Jugend" (1. Tim 4,12). Er war jung in bezug auf die so wichtige Aufgabe, die ihm anvertraut war. Paulus war während seiner zweiten Missionsreise ungefähr im Jahr 49/50 nach Lystra gekommen. Seinen ersten Brief an Timotheus schrieb er wohl 63/64. Wenn Timotheus zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahre alt war, als er berufen wurde, dann war er weniger als vierzig Jahre alt, als er den Brief des Apostels empfing. Wie wichtig war daher sein Verhalten, das ihn bei denen empfahl, die er belehren würde: „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre" (V. 16). J. N. Darby1 hat dazu einmal vermerkt: „Es war nötig, daß er durch seinen Wandel das Gewicht erwarb, das ihm seine Lebensjahre noch nicht gaben."

Christus ist unser vollkommenes Vorbild (1. Pet 2,21; Joh 13,15). Doch die, die Ihm nachfolgen wie Paulus und die, „die so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt" (Phil 3,17), üben auf ihre Umgebung einen nicht zu leugnenden Einfluß für ihren Herrn aus. So werden die Ältesten in 1. Petrus 5,3 nicht aufgefordert zu herrschen, sondern Vorbilder der Herde zu sein.

Mit welcher Dankbarkeit dürfen wir uns solcher Führer erinnern, die uns eine Hilfe waren - von Anfang an und während unseres ganzen Lebens als Christen. Ihr Beispiel und ihr moralischer Einfluß, ihre Gottesfurcht, ihre Freude im Herrn hatten für uns ein mindestens ebenso großes Gewicht wie die Ermah-nungen, die sie uns mitgegeben haben.

5.4. Die Hilfsquellen

Da Timotheus manchen entmutigenden Umständen gegenüberstand, wies der Apostel ihn in seinem 2. Brief insbesondere auf drei Hilfsquellen hin, die immer noch aktuell sind.

  • „Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen" (2,15). Im Bewußtsein seines recht jungen Alters hätte Timotheus besonders Unterstützung in der Zustimmung der Brüder suchen können. Es ist zweifellos gut, wenn der Herr es so führt, die Ratschläge der auf dem Weg des Glaubens erfahreneren Brüder zu Herzen zu nehmen. Aber wer Christus dienen möchte, ist vor allen Dingen dazu aufgerufen, „sich selbst Gott als bewährt darzustellen" Dies verlangt vielleicht eine lange Herzensübung im Gebet und Nachsinnen in der Gegenwart des Herrn. Andererseits gilt in bezug auf den Dienst, wie auch J. N. Darby einmal sagte: „Sobald Gott uns seinen Willen offenbart hat, dürfen wir keinem anderen Einfluß, der plötzlich aufkommt, erlauben, den Willen Gottes wieder in Frage zu stellen, selbst wenn dieser Einfluß die Form des Wortes Gottes anzunehmen scheint. Wenn wir moralisch gesehen näher beim Herrn wären, dann spürten wir, daß es der einzig rechte und wahre Weg ist, die Richtung zu verfolgen, die er uns zunächst gezeigt hat."
  • „Sei stark in der Gnade" (2,1). Gott handelt mit uns als der Gott aller Gnade. Diese Gnade ist in Christus Jesus. Wenn man seine Gemeinschaft sucht und „in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus" wächst (2. Pet 3,18), wird man gestärkt.
  • Schließlich: „Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus den Toten" (2,8). Zweifellos erinnern wir uns mit Dankbarkeit und Anbetung des für uns gestorbenen Heilandes. Wir sollen ständig „sein Fleisch essen und sein Blut trinken" (Joh 6,56). Besser noch ist aber - welch großartiges Vorrecht! -, heute einen lebendigen Christus anzuschauen, der unser Hoherpriester bei Gott ist, „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens" (Heb 7,16). So „vermag er auch die völlig [bis zur Vollendung] zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er immerdar lebt, um sich für sie zu verwenden" (Heb 7,25). Seine Auferstehung war das göttliche Siegel, das auf sein Werk gesetzt wurde. Durch sie ist er „als Sohn Gottes in Kraft" erwiesen (Röm 1,4).

6. Der Dienst

Das Thema des Dienstes nimmt einen großen Raum in den beiden Briefen an Timotheus ein. Es mag verfrüht erscheinen, diesen Gegenstand jungen Gläubigen vorzustellen. Dennoch wissen wir, daß, wenn der Herr noch nicht kommt, Er nach und nach diejenigen zu sich nimmt, die diese Aufgabe zur Zeit wahrnehmen: Dann sind die jüngeren Brüder aufgerufen, diesen Dienst nach und nach und in dem Maß, wie Gott sie darin führt, in der einen oder anderen Weise auszuführen.

Die Ermahnungen, die Paulus in dieser Hinsicht an Timotheus richtet, sind ganz von der Situation geprägt, in der sich der Apostel und die Versammlung damals befanden. Die Zeit des Abscheidens des Paulus war gekommen; der Niedergang machte sich in den Versammlungen breit. Was blieb noch? Allem anderen voran die heiligen Schriften! Der Diener predigt das Wort, indem er darin gegründet ist. „Er stützt sich auf die Schrift, die Autorität ist für alle und das legitimiert, was er sagt. Sie verleiht somit seinen Worten die Autorität Gottes über das Gewissen derer, die er ermahnt oder belehrt" (J. N. Darby).

6.1. Die Belehrung

Die Belehrung wird in erster Linie für Gläubige ausgeübt. Das Evangelium richtet sich an Ungläubige, die Unterweisung in der Lehre des Wortes kann jedoch nur von denen verstanden werden, die den Heiligen Geist besitzen. „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird; der geistliche aber beurteilt alles" (1. Kor 2,14.15). Somit ist die Tätigkeit des Heiligen Geistes nötig sowohl für das Lehren selbst als auch für das Aufnehmen dessen, was vorgestellt wird.

Timotheus sollte acht haben auf die Lehre (1. Tim 4,16). Der Apostel fordert ihn auf, diese Dinge den Brüder „vorzustellen" (V. 6), zu „gebieten" und zu „lehren" (V. 11). Drei Tätigkeiten bildeten insbesondere seinen Dienst: das Lesen, das Ermahnen, das Belehren.

  • Das öffentliche Vorlesen war in dieser Zeit sehr wichtig, da es damals viele gab, die nicht lesen konnten. Das einfache laute Vorlesen eines geeigneten Abschnittes des Wortes Gottes in einer Versammlung kann ein großer Segen sein und das geistliche Niveau einer Gebetszusammenkunft, ja auch des Zusammenkommens zum Brotbrechen anheben.
  • Die Ermahnung ist vorzugsweise die Aufgabe des „Propheten", der „zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung" redet (1. Kor 14,3). Es ist das übliche regelmäßige Vorstellen des Wortes, um aufzuerbauen, zu nähren, zu ermuntern. Es geschieht im Bewußtsein, daß dadurch den augenblicklichen Bedürfnissen entsprochen wird.
  • Aber auch die Unterweisung in der Lehre hat ihren Platz. Sie legt die Grundlage und bestimmt die Ausrichtung. Die Kehathiter im Alten Testament hatten die Aufgabe, die heiligen Geräte des Zeltes der Zusammenkunft zu tragen (4. Mo 4,15): das ist der Dienst, der in erster Linie die Person Christi vorstellt. Die Merariter hatten die Aufsicht über die Bretter, die Riegel, die Säulen und ihre Füße (4. Mo 4,31), das heißt über den Aufbau und die Struktur des Hauses Gottes. Das ist genau die gesunde Belehrung, die verhindert, daß man „von jedem Wind der Lehre hin und her geworfen und umhergetrieben" wird (Eph 4,14). Den Gersonitern waren die Decken des Heiligtums anvertraut, der Vorhang des Eingangs, die Umhänge des Vorhofs und der Vorhang am Eingang des Tores und ihre Seile: alle Textilteile (4. Mo 4,25.26). Das zeigt uns im Vorbild vor allem die Stellung und die Vorrechte der Gläubigen in Christus, also den Dienst sowohl lehrmäßi-ger als auch auferbauender Art.

Für jede Art des Dienstes und ganz besonders für den Dienst am Wort ist eine „Gnadengabe" unabdingbar (und nicht die Ausnahme! Vgl. 1. Pet 4,10, wo von „jedem" gesprochen wird). Timotheus besaß eine solche Gabe (1. Tim 4,14). Diese Gnadengaben werden nach 1. Korinther 12,4 von dem Geist verliehen; in Epheser 4,11 vom Herrn und in Römer 12,3-8 von Gott selbst. Laßt uns - neben anderen Dingen in dieser zuletzt zitierten Stelle - die Vielfalt der Gaben beachten: den Dienst, die Lehre, die Ermahnung, das Geben (Mitteilen), das Vorstehen und das Üben der Barmherzigkeit. Das Ausüben der Gnadengabe ist immer, auch beim „Gebieten" (1. Tim 4,11), mit „Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben" (1. Tim 1,5) verbunden.

Timotheus gehörte nicht zu denen, die die Offenbarung Gottes unmittelbar empfangen hatten wie die Männer - Apostel oder andere -, die Gott benutzt hat, sein Wort niederzuschreiben (1. Kor 2). Er wurde aufgefordert, in dem zu bleiben, „was du gelernt hast", und das sollte er anderen anvertrauen. Die Wahr-heiten, die er aus dem Mund des Apostels hören durfte, sind für uns in den Briefen des Paulus aufgezeichnet worden. Heute darf jeder Dienst nur auf die Schrift selbst gegründet sein. „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit" (2. Tim 3,16). Sie nimmt einen wichtigen Platz im 2. Brief an Timotheus ein: „Halte fest das Bild gesunder Worte, die du von mir gehört hast, in Glauben und Liebe, die in Christus Jesus sind" (1,13); „was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Leuten an" (2,2); „Dies bringe in Erinnerung, ... das Wort der Wahrheit" recht teilend (2,14.15); „Predige das Wort ... ermahne mit aller Langmut und Lehre" (4,2).

Nur so konnte Timotheus seinen Dienst vollführen [= vollständig ausführen] (2. Tim 4,5). Wir finden dafür ein schönes Beispiel in Kaleb, der dem HERRN während aller Jahre der Wüstenreise völlig nachfolgte und auch während der Einnahme des Landes ausharrte. Er steht darin im Gegensatz zu Archippus, der in Kolosser 4,17 daran erinnert werden mußte: „Sieh auf den Dienst, den du im Herm empfangen hast, daß du ihn erfüllst." Ein anderer wesentlicher Gesichtspunkt bei der Belehrung ist, nicht zu streiten und die törichten Streitfragen sowie die Wortzänkereien zu vermeiden. Dazu gehört auch, Fabeln und gesetzliche Verordnungen abzulehnen: „Ein Knecht des Herr aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein, lehrfähig, duldsam, der in Sanftmut die Widersacher zurechtweist, ob ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit" (2. Tim 2,24.25). Streitigkeiten zu vermeiden und die Wahrheit vorzustellen, das war es, worüber die Diener zu Beginn des letzten Jahrhunderts gewacht haben, ganz besonders in ihren Schriften, in denen sie Streitfragen häufig beiseite gelassen haben, um sich auf die wahre Lehre zu konzentrieren, die Wahrheit vorzustellen und die Seele zu erbauen. J. G. Bellett, ein geschätzter Schreiber des vorigen Jahrhunderts, einer der ersten, die zusammen mit J. N. Darby Anfang des letzten Jahrhunderts das Brot nach den Gedanken des Herrn brachen, wurde seinerzeit mit verschiedenen Lehren konfrontiert, die die Person unseres Herrn Jesus angriffen. Er ließ sich jedoch damals nicht auf fruchtlose Debatten ein, sondern schrieb zwei Büchlein, die über Generationen hinweg unzählbare Herzen erwärmt haben: Die moralische Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus als Mensch und Der Sohn Gottes.2

 

1 J. N. Darby ist ein Schriftausleger, der im letzten Jahrhundert gelebt hat und der mit anderen die Wahrheit in bezug auf die Versammlung (Gemeinde, Kirche) des lebendigen Gottes wieder richtig aus der Schrift verstanden, gelehrt und praktiziert hat. Er war maßgeblich an einer geistlichen Erweckung beteiligt, von der wir heute noch Nutzen ziehen dürfen. [Anmerkung der Übersetzer]

2 Beide Bücher sind in Deutsch erhältlich.