Zum Nachdenken

Ihr Kleingläubigen

Oft erleben wir Zeiten, in denen es uns äußerlich gutgeht und in denen wohl auch unser Glaube fest und sicher zu sein scheint. Aber dann tauchen plötzlich in unserem Leben Schwie-rigkeiten, Nöte oder Druck auf: eine Krank-heit, Probleme in der Schule oder am Ar-beitsplatz, Belastungen in der Familie, finanzielle Sorgen oder andere Dinge. Und schon bald merken wir, wie unser Glaube gefordert ist.

 

1. Kleinglaube beginnt in unseren Überlegungen

"Als aber Jesus es erkannte, sprach er: Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige, weil ihr keine Brote mitgenommen habt?" (Mt 16,8).

Tauchen nicht oft schon sehr bald ganz lei-se, unausgesprochene Überlegungen in unserem Inneren, unserem Herzen auf? Natürlich erinnern wir uns noch an so manche Situation, in der uns der Herr geholfen hat. Aber wird Er es auch dieses Mal tun? Ist unsere jetzige Schwierigkeit nicht anders als frühere Erlebnisse? Und was wird geschehen, wenn der Herr jetzt einmal nicht eingreift?

Die Jünger hatten kurz zuvor das gewaltige Wunder erlebt, wie ihr Herr mit sieben Broten und ein paar kleinen Fischen viertausend Männer mit ihren Familienangehörigen versorgt und gesättigt hatte. Ist es da nicht überraschend, daß sie sich bereits kurz danach Gedanken machten, weil sie keine Brote auf die Seereise mitgenommen hatten? Und offensichtlich vergaßen sie, daß dies für den Herrn überhaupt kein Problem darstellen würde. Aber handeln wir nicht oft genauso? Wir können sogar manchmal anderen sehr gut erklären, wo und wie sie vertrauen können und müssen, aber wenn es dann einmal uns trifft...?

Ein weiteres Beispiel für diese Haltung finden wir im Leben Davids. „Und David sprach in seinem Herzen: Nun werde ich eines Tages durch die Hand Sauls umkom-men; mir ist nichts besser, als daß ich eilends in das Land der Philister entrinne, und Saul wird von mir ablassen" (1. Sam 27,1). David hatte die eindeutige Zusage Gottes und seines Propheten Samuel, daß er auf den Thron Israels kommen sollte (1. Sam 16,1.12). Er hatte Gottes Hilfe und Bewahrung vielfach erfahren. Aber sein Königtum ließ über lange Jahre auf sich warten, und die zermürbenden Verfolgungen durch Saul hörten nicht auf. Da fing David schließlich an, in seinem Herzen an Gottes Verheißung zu zweifeln, und er versuchte, sich ein sicheres und ruhiges Leben zu ver-schaffen, indem er im Land der Feinde Israels wohnte.

 

2. Kleinglaube führt zum Zweifel

Wenn unsere sorgenvollen Überlegungen erst einmal Eingang und bald auch ihren festen Platz in unserem Denken gefunden haben, werden sie weiter wachsen bis hin zum Zweifel. In unserer Einschätzung werden die Nöte immer größer und gewichtiger. Unser Vertrauen zu unserem Herrn schwindet mehr und mehr, bis wir uns nicht mehr ganz sicher sind, ob Er uns wirklich noch helfen kann.

„Als er [Petrus] aber den starken Wind sah, fürchtete er sich; und als er anfing zu sinken, schrie er und sprach: Herr, rette mich! Sogleich aber streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und spricht zu ihm: Kleingläubiger, warum hast du gezweifelf?" (Mt 14,30.31).

Petrus war zunächst nach der Aufforderung des Herrn mutig aus dem Boot auf das Wasser hinausgegangen, und in wunderbarer Weise konnte er darauf laufen wie sein Meister. Erst als er den Blick von Ihm weg auf Wind und Wellen richtete, kamen starke Zweifel in ihm auf, wie der Herr Jesus feststellte. Er sah nur noch die tatsächliche Bedrohung, aber er tat das einzig Richtige in dieser Situation: Er schrie zum Herrn, und der Herr errettete ihn sofort - trotz seiner Zweifel!

Auch David machte Erfahrungen, daß Gott hilft, gerade in ausweglosen Situationen, die uns Anlaß zum Zweifeln geben können. „Und David war in großer Bedrängnis, denn das Volk sprach davon, ihn zu steinigen; denn die Seele des ganzen Volkes war erbit-tert, ein jeder um seine Söhne und um seine Töchter. Aber David stärkte sich in dem HERRN, seinem Gott" (1. Sam 30,6). Als David und seine Männer einmal zu ihrer Stadt Ziklag im Land der Philister zurück-kehrten, mußten sie mit Entsetzen entdek-ken, daß die Stadt niedergebrannt war und alle ihre Angehörigen als Gefangene weggeführt worden waren. Anders als Petrus, der auf Befehl des Herrn handelte, war David seinerzeit aus eigenem Antrieb in dieses Land gezogen und hatte in Ziklag gewohnt. Nun jedoch befand er sich plötzlich in Lebensgefahr, da seine Leute aus Wut und Enttäuschung davon sprachen, ihn, ihren Anführer, zu steinigen. Wir lesen hier nicht, daß David gezweifelt hätte; vielleicht hätten wir es in seiner Situation getan. Aber er fand den richtigen Ausweg: Er stärkte sich in seinem Gott, und Gott brachte eine unerwartete Hilfe, so daß sie die gesamte Beute zurückgewinnen konnten.


3. Aus Zweifel wird Furcht

Wenn es uns nicht gelingt, aus dem Zweifel herauszukommen, werden wir schließlich gar nicht mehr (wirklich) mit der Hilfe des Herrn rechnen. Dann bleibt uns nur noch die Furcht vor unserer bedrohlichen Situation übrig.

„Und er spricht zu ihnen: Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf und schalt die Winde und den See; und es trat eine große Stille ein" (Mt 8,26).

Die Jünger hatten bereits seine gewaltige Lehre gehört und einige Heilungswunder erlebt, bevor sie mit dem Herrn über den See fuhren. Selbst für diejenigen unter ih-nen, die als Fischer den Umgang mit Wind und Wellen kannten, stellte dieser Sturm eine Situation dar, aus der sie sich nicht mehr selbst retten konnten. Die nackte Todesfurcht hatte sie gepackt. Es spricht für ihr Vertrauen zum Herrn Jesus, daß sie Ihn in ihrer aussichtslosen Bedrohung anriefen. Ahnten sie ganz schwach, daß Er hier noch helfen konnte? Nach seinen Worten war ihr Glaube nur klein, ja sogar kaum vorhanden (Lk 8,25). Aber sie durften seine Allmacht erleben, die Er als Gott in Menschengestalt besaß. Sie konnten eine für sie bisher noch unbekannte Seite seiner Person kennenlernen. Er stillte den Sturm mit dem Wort des Schöpfers.

Im Leben des Propheten Elia lesen wir auch eine Begebenheit, wo er nur noch Furcht kannte. „Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: So sollen mir die Götter tun und so hinzufügen, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dein Leben dem Leben eines von ihnen gleich mache! Und als er das sah, machte er sich auf und ging fort um seines Lebens willen" (1. Kön 19,2.3). Unmittelbar nach seinem großen Glaubenssieg über die 450 Götzenpriester des Baal packte ihn die Todesfurcht aufgrund der Drohung einer einzelnen Frau, der Königin. In dieser Bedrängnis bemühte sich Gott in beeindruk-kender Weise um seinen erschöpften Knecht, indem Er ihn in seine Gegenwart führte, wo er Gott „ganz aus der Nähe" erleben durfte und die Gefahr vorüber war.


Von außen nach innen

Wenn wir genau hinsehen, finden wir, daß das Matthäus-Evangelium, das übrigens die meisten Aussagen über den Kleinglauben enthält, die angeführten Verse in genau der umgekehrten Reihenfolge bringt, wie wir sie benutzt haben. Dies hat wohl mit der Ausbildung der Jünger durch ihren Herrn zu tun. Gott ließ zunächst schwere äußere Bedrohungen zu, in denen die Jünger die Schwachheit ihres Glaubens und die Macht des Herrn erleben konnten. In weiteren Schritten zeigte ihnen der Herr danach, daß Kleinglaube nicht durch die Größe der Schwierigkeiten verursacht wird, sondern durch unser Denken, durch die Grundhaltung unseres Herzens.

So möchte Er auch uns die Wurzel unseres Kleinglaubens aufzeigen, die tief in unserem Herzen steckt. Er möchte, daß wir uns immer wieder über unsere Motive klarwer-den. Dann dürfen wir Ihn um Glauben bitten (Mk 9,24; Lk 17,5) und lernen, wieder neu ganz auf seine Größe und Macht sowie auf seine liebevolle Fürsorge zu vertrauen. Dabei läßt Er uns erfahren, daß seine Hilfe da ist - trotz Überlegungen, Zweifel und Furcht bei uns.

Wie groß ist unser Herr!