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Die Sache mit dem Fisch
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Liebe Folge-mir-nach -Redaktion!
Mit großem Interesse habe ich den Artikel „Der Fisch am Auto" in Heft 3/98 gelesen. Ich habe mich gefreut, daß hier wieder einmal ein ganz konkretes, praktisches Thema zur Sprache kam. Über die Art und Weise, wie dieses Thema behandelt wurde, war ich dann aber - offen gestanden - etwas enttäuscht; mir scheint, daß Andreas Steinmeister den Fisch-Aufkleber insgesamt zu negativ beurteilt, ohne wirklich überzeugende Gründe dafür anzugeben. Um dem Fisch etwas mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, möchte ich seinen Gegnern gerne folgendes zu bedenken geben:
1.Was soll mit dem Fisch-Aufkleber ausgedrückt werden? Br. Steinmeister geht offenbar davon aus, daß er in erster Linie eine evangelistische Absicht verfolgt, und diese Absicht sieht er im Symbol des Fisches nicht eindeutig genug zum Ausdruck gebracht. Hier scheint mir ein Miß-verständnis vorzuliegen: Der Fisch ist doch wohl nicht primär ein Mittel zur Verkündigung des Evangeliums, sondern ein Zusammengehörig-keits-Abzeichen, an dem sich wiedergeborene Christen untereinander erkennen sollen. Wenn sich dadurch auch Gespräche mit Nichtchristen ergeben, die sich für die Bedeutung des Symbols interessieren, ist dies sicher ein willkommener Nebeneffekt; der Hauptzweck ist es wohl kaum (zur Verkündigung des Evangeliums wäre in der Tat ein eindeutigerer Aufkleber angebracht).
2.Das erste Mißverständnis hat ein zweites zur Folge: Br. Steinmeister stellt dem Fisch-Aufkle-ber das verbale Zeugnis gegenüber, als ob die beiden sich gegenseitig ausschlössen - als ob jeder, der sich einen Fisch ans Auto klebt, damit seine Absicht bekundete, nie wieder eine eindeutige evangelistische Botschaft weiterzusagen. Kann man diesem Verdacht wirklich nur durch einen zusätzlichen klar evangelistischen Aufkleber entgehen? Ich denke, Fisch-Aufkleber und Evangeliumsverkündigung sind zwei,verschiedene Dinge; es gibt gewiß viele Chri-sten, die das Evangelium lieber mündlich als durch Autoaufkleber weitersagen und sich trotzdem einen Fisch-Aufkleber zulegen - eben als davon unabhängige Botschaft für ihre Mitchristen.
3.Daß das Fischsymbol nicht nur von wiederge-borenen Christen, sondern auch von bloßen Bekennern verwendet wird, mag in Einzelfällen stimmen; insgesamt kann man aber doch, wie mir von mehreren Seiten bestätigt wurde, nach wie vor daran festhalten, daß der Fisch vorwiegend ein Erkennungszeichen für sog. bibeltreue oder evangelikale Christen ist. Ich kenne einen Pfarrer, der den Fisch als urchristliches Symbol zwar bejaht, ihn aber trotzdem nicht an sein Auto kleben würde, um nicht in eine bestimmte „fundamentalistische" Ecke gestellt zu werden. Wenn Br. Steinmeister den Fisch-Aufkleber bereits als Bekenntnis zur Okumene interpretiert, geht er meines Erachtens ein paar Schritte zu weit.
4.Was man dem Fisch am allerwenigsten vorwerfen kann, ist die Tatsache, daß er in irgendwelchen antiken Kulturen mit okkulten Bedeutungen verknüpft war. Fast alle Symbole, die wir heute kennen und verwenden, hatten in älteren Kulturen ganz andere, oft okkulte oder mythologische Bedeutungen; selbst die so urchristlich erscheinenden Symbole Brot und Wein bilden da keine Ausnahme (das Brot war im Mithras-kult Symbol der Verwandlung und neuen Lebens, bei germanischen und slawischen Völkern galt es als glückbringend; der Wein wurde in verschiedenen Völkern und Religionen als Le-benselixier, Unsterblichkeitstrank und als Instrument zur Erlangung esoterischen Wissens angesehen [vgl. Manfred Lurker: Wörterbuch der Symbolik, Udo Becker: Lexikon der Svmbo-lel). Für unseren gegenwärtigen Gebrauch sind alle diese historischen Bedeutungen irrelevant (den Verwendern der Symbole sind sie ohnehin fast nie bewußt); maßgebend ist einzig und allein die aktuelle Bedeutung des Symbols für uns, und diese Bedeutung wird durch Konvention festgelegt. Im Fall des Fisch-Aufklebers lautet diese Konvention: Erkennungszeichen für wiedergeborene Christen. Andere symbolische Bedeutungen hat der Fisch in unserer Kultur meines Wissens nicht (jedenfalls nicht in der typischen Aufkleber-Form als Um-rißlinie mit gegabeltem Schwanz); insofern sind auch kaum Verwechslungen mit anderen Fisch-symbolen möglich. (Zum Problem der historischen Belastung von Gegenständen vgl. auch den Leserbrief von J. Klein in Folge mir nach 8/97, S. 15.)
5)Unklar bleibt mir schließlich noch, weshalb Br. Steinmeister am Ende seines Artikels fiktive Vorwürfe von Fischgegnern und -befürwor-tern zurückweisen zu müssen glaubt. Welcher Fischgegner verurteilt denn die verfolgten Christen im alten Rom dafür, daß sie das I Fischsymbol benutzten? Und welcher Fischbefürworter bezeichnet die Fischgegner als „ungehorsam, untreu oder ungeistlich"? Ist der Fisch wirklich ein solches Kampfthema unter Christen? Bisher war er es, wie mir scheint, nicht - dazu ist er wohl doch etwas zu nebensächlich; und auch in Zukunft wird es hoffentlich möglich sein, daß Befürworter und Gegner friedlich miteinander umgehen. „Ein jeder sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt" - dieses Wort aus dem Rö-merbrief (Kap. 14,5) läßt sich sicher auch hier anwenden: Wer den Fisch als christliches Erkennungssymbol schätzt, soll ihn ruhig benutzen; wer ihn ablehnt, wird von niemandem dazu gezwungen, ihn ans Auto zu kleben. Ich persönlich freue mich jedenfalls immer, wenn ich ein Auto mit Fisch-Aufkleber sehe; ich darf dann annehmen: Hier sind Menschen mit demselben Herrn und demselben Lebensziel unterwegs.
M. Schneider, Siegbach
Lieber Bruder Schneider,
vielen Dank für Ihre aufmerksamen Hinweise zum Thema „Fischaufkleber". Es tut mir leid, wenn ich den Freunden des Fisches etwas sehr nahe getreten bin, habe aber dennoch die Auffassung, daß ich diesen Aufkleber nicht zu negativ beurteilt habe, obwohl ich gern hinnehme, daß die Gründe nicht für jeden überzeugend sind. Einige Gedanken möchte ich Ihnen zu Ihren aufgelisteten Punkten noch mitteilen:
Zu 1)
Selbst wenn der Fisch nicht primär ein Verkündigungszeichen ist, sondern ein „Zusammengehörigkeits-Abzeichen", so enthält er doch eine Botschaft. In diesem Sinn wirkt er verkündigend. Ich denke, darin sind wir uns einig. Diese Botschaft beinhaltet Ihrer Meinung nach folgendes: Der Fischaufkleber besagt, daß der Inhaber des Autos ein wiedergeborener Christ ist. Nun das bezweifle ich. Sie können in unserer Gegend Fischaufkleber sogar im Kaufhaus bekommen. Es ist nicht anzunehmen, daß nur wiedergeborene Christen diese Aufkleber kaufen. Menschen unterschiedlichster Konfessionen haben das Fischabzeichen auf dem Auto (Katholiken, Protestanten, Freikirchler, Charismatiker usw.). Das Fischabzeichen selbst kann ohne Frage u. a. als christliches Symbol verstanden werden, aber als Symbol für wiedergeborene Christen steht es durchaus nicht, wohl als Symbol für bekennende Christen. Bekennende Christen sind nicht unbedingt wiedergeborene Christen. Darüber sind wir uns einig.
Zu 2)
Sie glauben also, daß der Fisch am Auto geistliche Verbundenheit ausdrückt. In manchen Fällen trifft das zu. In manchen Fällen täuscht man sich - wie Sie ja auch feststellen. Meiner Meinung nach sollte ein nicht-eindeutiges Symbol nicht zum Erkennungssymbol in unserer Zeit hochstilisiert werden. Ich würde dann mit dem Fisch eine Einheit, eine Gemeinschaft oder eine geistliche Verbindung vortäuschen, die in Wahrheit nicht existiert. Gerade darin sehe ich eine mögliche Gefahr des Fisches.
Zu 3)
Hier betonen Sie, daß der Fisch von bibeltreuen und evangelikalen Christen benutzt wird. Leider bedeutet „evangelikal" nicht sogleich „bi-beltreu". In „idea-Spektrum" 45/97, S. 15 können Sie nachlesen, daß der „Pro-Christ"-Predi-ger U. Parzany die Zusammenarbeit mit Pietisten, Charismatikern und katholischen Ge-meiden positiv bewertet: „Doch an der Zusammenarbeit mit charismatischen und katholischen Christen finde ich nichts Kritikwürdi-ges". Ich schon! Sind Katholiken bibeltreu? "Evangelikal" steht in unserer Zeit auf jeden Fall nicht immer für „bibeltreu". Lesen Sie das Buch von F. Schaeffer: „Die große Anpassung
Das Beispiel, was Sie mit dem Pfarrer andeuten, erfreut mich und scheint zu bestätigen, daß in dem Umkreis des Pfarrers offensichtlich der Fisch vorwiegend von fundamentalistisch orientierten Christen benutzt wird.
Eine Christin schrieb zu meinem Artikel: „Vielleicht kann man zusammenfassend feststellen, daß Bildsymbole in den Bereich der visuellen Kommunikation fallen und damit der Deutlichkeit entbehren. Soll mit dem Fischsymbol eigentlich so etwas wie ein Geheimcode unter Christen geschaffen werden? Sind wir eine Unter-grundorganisation?"
Die Christen in der Apostelgeschichte verkündigten das Wort Gottes, „alle Worte dieses Le-bens" (Apg 5,20). Eine in Worten und Taten ausgedrückte Botschaft entspricht a) dem Willen des Herrn Jesus (Mk 16,15; Joh 13,34), b) ist in Uberstimmung mit dem Tun der ersten Jünger (Apg 8,4; 20,35) und ist eindeutig, während ein Symbol als Verkündigungs- und Erkennungs-bzw. Verbundenheitszeichen nicht ohne weiteres eindeutig ist.
Zu 4)
Ich gebe Ihnen recht, daß viele der von uns verwendeten Symbole in den alten Kulturen sehr oft okkulte bzw. mythologische Bedeutung hatten. Nur können wir die Symbole „Brot und Wein" nicht mit dem Symbol „Fisch" auf eine Stufe stellen, auch wenn Brot und Wein in vergangenen alten germanischen und slawischen Völkern und alten Religionen einen bestimmten symbolischen Wert hatten. Immerhin hat der Sohn Gottes Brot und Wein selbst als Mittel für das Gedächtnismahl eingesetzt, während das Fischsymbol auf jeden Fall keine biblische Autorisierung hat. Diesen Unterschied sollten wir auf jeden Fall bedenken.
Zu 5)
Ich bin völlig Ihrer Meinung, daß Fischgegner und Fischbefürworter friedlich miteinander umgehen sollten. Römer 14,5 ist eine gute Schriftstelle dafür. Nur sollten wir doch darauf aufmerksam machen, daß wir nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß jeder Autofahrer mit Fischaufkleber wiedergeborener Christ ist. Ich grüße Sie mit den Worten aus 1. Thessalonicher 5,21
Ihr Andreas Steinmeister
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