Bibel praktisch
Antiochia - aus dem Leben der ersten Christen
Antiochia (in Syrien) wurde etwa im Jahre 300 v. Chr. gegründet und war mit ungefähr 400.000 Einwohnern in der Zeit des Neuen Testaments nach Rom und Alexandria die drittgrößte Stadt der damaligen Welt. Sie lag ca. 480 km nördlich von Terusalem und 26 km landeinwärts vom Mittelmeer am Fluß Orontes.
In dieser Großstadt lebten Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammen. Viele verschiedene religiöse Strömungen trafen aufeinander. Mitten darin, so wird uns in Apostelgeschichte 11,19-30 be-richtet, befand sich die erste christliche Versammlung im Bereich der „Nationen". Eine lebendige Gemeinde, ein Vorbild für uns. Eine spannende Geschichte, wie sich die Gläubigen dort einsetzten, das Evangelium den Menschen zu bringen, die keine guten Voraussetzungen hatten, um die „Frohe Botschaft" zu verstehen. Wir leben heute in einer anderen Zeit, aber die Herausforderungen für die christlichen Gemeinden damals und heute gleichen sich sehr.
Wir können viel von Barnabas und Paulus lernen. Gehen wir doch einmal den Spuren dieser aufregenden Zeit in Antiochia nach. Für die gesamte Kirche sollte sie weltweit eine große Bedeutung ha-ben. Nach Vorarbeit von Judenchristen, die aus Jerusalem zerstreut worden waren, fingen hier zum erstenmal Christen aus den Juden an, Menschen aus den „Nationen" zum Glauben an den Herrn Jesus Christus einzuladen. Das war eine ganz neue Situati-on. Barnabas reiste von Jerusalem an, um in dieser für Judenchristen schwierigen und neuen Lage zu helfen und zu klären. Barna-bas war ein Mann, dem Vertrauen entgegengebracht wurde: Er hatte Land verkauft und das Geld den Aposteln zu Füßen gelegt (Apg 4,36.37), er hatte Saulus in die Jerusalemer Gemeinde eingeführt (Apg 9,27), er war ein guter Mann und voll Heiligen Geistes und Glaubens. Barnabas wurde der Versammlung in Antiochia eine große Hilfe. Und was erlebte dieser Mann Gottes?
Barnabas war ein Jude, aber ein Zypriot; er war also in einem hellenistischen Land in griechischer Umgebung groß geworden. Darum brachte er einen weiteren Blick und ein weiteres Herz für die griechische Welt mit, als man das in Jerusalem gewohnt war. Was er sah, erfüllte sein Herz mit großer Freude. Mit Staunen erlebte er eine in der Mehrzahl aus Heiden gebildete, frohe und lebendige Versammlung. - Er fand hier denselben Glau-ben, hier wehte derselbe Geist, hier pulsierten dieselbe Liebe und Hoffnung wie in Jerusalem. „Da freute er sich", heißt es in der Apostelgeschichte. In dieser ersten Freude hielt ihnen Barnabas eine Predigt voll Geist und Feuer. Der ersten Predigt folgten noch viele weitere. Das Ergebnis war, daß die Versammlung wuchs und eine zahlreiche Menge dem Herrn hinzugetan wurde (Apg 11,24). Der Heilige Geist konnte mächtig unter den Heiden wirken, so wie Er am Pfingsttag in Jerusalem gewirkt hatte.
Fragte Barnabas sich bei der zunehmenden Arbeit angesichts der wachsenden Zahl der Bekehrten, wer ihm bei der Arbeit helfen konnte? Für eine so aufblühende Versammlung waren auch ausgewählte Mitarbeiter nötig. - Da führte der Herr ihn in Gedanken nach Tarsus zu Paulus, den Barnabas gut kannte und schätzte. Wenn man auch in Jerusalem vielleicht noch Bedenken gegen Paulus hegte, so hatte Barnabas doch einen tiefen Eindruck von ihm erhalten. Jetzt erinnerte er sich an ihn und beschloß, ihn zur Mitarbeit in Antiochia aufzufordern.
Wenn sein Schiff in Seleuzia, der Hafenstadt von Antiochia, am Montag die Anker lichtete, konnte Paulus schon am folgenden Sonntag in Antiochia sein und zu den Gläubigen sprechen. In zwei Tagen war das na-hegelegene Tarsus bequem zu erreichen.
Es war vermutlich im Jahre 43, als Barnabas ganz unvermittelt bei Paulus in Tarsus ein-trat. Er war mutig und demütig genug, um Paulus zu Hilfe zu holen. - So waren beide wenige Tage später in Antiochia. Wie mag Paulus über die vielen Bauten und den äu-Beren Glanz in dieser Weltstadt gestaunt haben. Aber all das konnte das Auge des Paulus nicht blenden. Hinter diesem Schimmer des pulsierenden Lebens lag wie heute in unseren Städten ein trauriger Abgrund von Sünde und Sittenlosigkeit. In der ganzen Welt gab es damals wohl wenige Städte, die so sehr wie Antiochia nur eine Parole kannten: „Genuß, Genuß um jeden Preis!"
Paulus war ein Mann von etwas mehr als vierzig Jahren, als er hier seine Arbeit voller Mühen und Gefahren für den Herrn Jesus aufnahm. Hier durfte er mit großer Freude arbeiten, und wir lesen nichts von Schwierigkeiten oder Hemmnissen. Man ließ die kleine Schar der „Christen" ruhig gewähren.
Wenn sich in der Versammlung von Antiochia schon früher durch die Predigt des Barnabas viele Menschen dem Heil im Herrn Jesus Christus zugewandt hatten, wieviel mehr mußte das der Fall sein, seitdem sich ein so überragender Geist wie Paulus vom Herrn gebrauchen ließ. Paulus war auch nicht allein. Es war hier ein Kreis von ausge-zeichneten, glaubensmutigen Männern, die gemeinsam im Namen Jesu Christi predigten: Barnabas, Paulus, Simeon (Niger), Luzius von Kyrene und Manen, der einst mit dem Prinzen Herodes in Rom erzogen worden war.
So wurde vom Herrn aus dem Völkerge-wimmel der syrischen Großstadt „eine zahlreiche Menge" (Apg 11,26) gesammelt. Fern von Jerusalem entstand im hohen Norden die erste Gemeinde, die nicht nur von Juden gebildet worden war. Diese Gemeinde war vom Herrn Jesus dazu bestimmt, eine wichtige Rolle für die Ausbreitung des Evangeliums bis hin nach Europa zu spielen. Hier wurden die Neubekehrten zuerst „Christen" genannt. Sie waren so treu in der Darstellung des Wesens ihres Herrn, daß man sie mit keinem anderen Wort besser kennzeichnen konnte. Hier wurde das Evangelium verkündigt, und hier wurde auch der Belehrung ein wichtiger Platz eingeräumt.
So waren es auch die Brüder in Antiochien, die erkannten: „Glaube ohne Werke ist tot." Als in Judäa eine große Hungersnot eintrat, gab jeder Gläubige, .je nachdem einer von ihnen begütert war". Paulus und Barnabas waren sich nicht zu schade, die Gaben der Liebe selbst nach Jerusalem zu bringen.
So können auch wir heute viel von den ersten Christen in Antiochia lernen. Es sind dreimal drei Dinge:
1. Für jeden Dienst gilt:
- Der Dienst muß mit Freuden und Engagement getan werden.
- Wer für den Herrn arbeiten will, sollte als ein „guter Mann" bzw. eine „gute Frau" nach dem Maßstab der Heiligen Schrift gekannt sein.
- Ein gesegneter Dienst kann nur in der Kraft des Heiligen Geistes, d. h. in absoluter Abhängigkeit vom Herrn erfolgen.
2. Für die einzelnen Versammlungen gilt:
- Die Gnade Gottes muß in unseren Reihen sichtbar sein.
- Wir müssen bereit sein, notwendige Hilfestellungen anzunehmen.
- Gerade in der heutigen Zeit brauchen wir echte „Herzensentschlüsse, bei dem Herrn zu bleiben"
3. Eine solche innere Einstellung wird auch heute noch zu folgenden Ergebnissen füh-
ren:
- Das Evangelium wird verkündigt, und es werden Menschen dem Herrn Jesus hinzugetan.
- Wir sind bereit - auch über einen längeren Zeitraum - eine „gute Belehrung" an-zunehmen.
- Wir haben ein Herz für die Nöte der Menschen um uns herum und geben von dem ab, was der Herr uns an Geld und Gut geschenkt hat.
Eine Arbeit in diesem Sinne bringt Segen, ganz sicher!
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