Timotheus - Diener Jesu Christi

Timotheus - Diener Jesu Christi (II)

3. Der Dienst

Der Dienst, der Timotheus anvetraut wurde, umschließt, wie uns die Apostelgeschichte und die Briefe ausführlich deutlich machen, zwei Gesichtspunkte:

  • Er arbeitete „mit Paulus" zusammen, nach dem Wunsch des Apostels (Apg 16,3). Timotheus begleitete ihn so auf verschiedenen seiner Reisen. Der Apostel erwähnte Timotheus auch beim Schreiben von sechs seiner Briefe.
  • Bei anderen Gelegenheiten war Timotheus der Abgesandte des Paulus, um - häufig zusammen mit einem weiteren Gefährten in einer Versammlung oder Gegend einen bestimmten Auftrag zu erfüllen.

3.1. Mit Paulus unterwegs

Gibt es für einen jungen Mann, der zum Dienst für den Herrn berufen ist, eine bessere Vorbereitung, als einen älteren Diener zu begleiten? So kann er lernen, wie man sich richtig verhält, oder auch, wie man sich nicht verhält. So kann er die Dinge lernen, die bei jedem Dienst für den Herrn wichtig sind.

Auf diese Weise hat auch der junge Elisa viele Jahrhunderte zuvor Elia begleitet und ihm gedient (1. Kön 19,21), indem er Wasser auf die Hände des Elia goß (2. Kön 3,11). An dem Tag, wo sein Herr weggenommen wurde, erhielt er dann ein doppeltes Teil des Geistes, der auf Elia ruhte, und wurde selbst Prophet an Elias Statt. In seinem Dienst war er unmittelbar Gott verantwortlich und wurde so zum Segen für sein Volk.

Wir lesen im Neuen Testament sehr häufig, daß Diener zu zweit oder zu mehreren ausgesandt wurden. Als der Herr die zwölf Jünger in Markus 3,14 berief, sollten sie zunächst „bei ihm" sein, bevor Er sie aussandte, daß sie predigten und heilten. Später gingen sie jeweils zu zweit aus, um zur Buße aufzurufen und verschiedene Wunder zu vollbringen (Mk 6,7). In Apostelgeschichte 8,14 sandten die Apostel Petrus und Johannes nach Samaria. Barnabas ging zwar zunächst allein nach Antiochien (Apg 11,22), aber dann zog er nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen. Sie hielten sich gemeinsam ein ganzes Jahr in Antiochien auf, um die Versammlung zu belehren.

Während seiner verschiedenen Reisen wurde Paulus fast immer von einem oder mehreren Mitarbeitern begleitet. So hatte er sich ja auch Timotheus ausgesucht. Er wollte, „daß dieser mit ihm ausgehe" (Apg 16,3). Dieser junge Jünger sollte den Apostel in verschiedene Provinzen Kleinasiens begleiten, dann nach Mazedonien, Philippi, Thessalonich und Beröa (17,14). Später traf er Paulus in Korinth (18,5), wo er einen Dienst, vergleichbar dem des Pau-lus, ausführte (2. Kor 1,19). Es scheint nicht so zu sein, daß sich Timotheus dem Paulus angeschlossen hatte, als dieser nach Jerusalem zurückkehrte (Apg 18,21). Während der dritten Missionsreise des Paulus treffen wir ihn jedoch wieder in Ephesus an, wo Paulus mehr als zwei Jahre arbeitete (Apg 19,22). Er wird ausdrücklich als einer von denen bezeichnet, „die ihm dienten".

Nachdem Paulus aufs neue Mazedonien und Griechenland besucht hatte, unternahm er seine letzte Reise nach Jerusalem. Auch hier finden wir Timotheus unter seinen Begleitern (Apg 20,4). Weiter hören wir nichts über Timotheus, bis wir ihn in Rom zusammen mit dem Apostel wiederfinden, der sich mit ihm beim Schreiben seiner Briefe aus der ersten Gefangenschaft verbindet (außer im Epheserbrief). Aus Philipper 2,19 können wir deutlich erkennen, daß Timotheus sich bei seinem geistlichen Vater aufhielt. Bei einer bestimmten Gelegenheit wurde auch Timotheus gefangengenommen (Heb 13,23). Wir wissen nicht, ob das gleichzeitig mit der Gefangennahme des Paulus in Rom oder bei einer anderen Gelegenheit geschah.

Wir finden also bei Timotheus zunächst eine Zeit einer gewissen Ausbildung. Dann folgen, wie wir gesehen haben, verschiedene Missionsaufträge. Dazwischen finden wir Timotheus wieder bei dem Apostel, wie er ihm diente und von ihm lernte, um anderen das weitergeben zu können, was er so gelernt hatte 2. Tim 2,1.2).

3.2. Der Abgesandte des Apostels

Zweifellos konnte Paulus in der Kraft der apostolischen Autorität, die ihm vom Herrn verliehen worden war, seinen Begleitern „befehlen", diese oder jene Dienste auszuführen. Aber konnte er ihnen auf diese Weise nicht auch manche heiklen Aufgaben übertragen? Sein Beispiel ist auch für uns bedeutend. Sicherlich nicht in der Weise, daß wir Diener, die unmittelbar vom Herrn abhängig sind, dem sie verantwortlich sind, dirigieren oder abkommandieren. Aber ältere Diener dürfen auch heute, sicherlich mit der nötigen Vorsicht, der Praxis des Apostels folgen und zu einer passenden Gelegenheit einem jungen Bruder einen gewissen Dienst andeuten oder ihn auf ein Bedürfnis hinweisen, damit ein jüngerer Diener sich vor dem Herrn fragt, ob ein bestimmter Dienst seine Aufgabe ist. Wenn Gott dann einen solchen Auftrag dem jüngeren Diener bestätigt, darf er den Auftrag annehmen, ohne daß er sich gezwungen fühlt.

Wir finden in der Apostelgeschichte und in den Briefen zumindest vier Gelegenheiten, wo Paulus seinem jungen Begleiter einen speziellen Dienst anvertraute.

Timotheus in Thessalonich

Silas und Timotheus waren in Beröa geblieben. Sie erhielten dort den Auftrag, den Apostel aufzusuchen (Apg 17,15). In 1. Thessalonicher 3,2 können wir nachlesen, daß Paulus, vielleicht durch einen weiteren Boten, Timotheus nach Thessalonich sandte. Die Neubekehrten dieser Stadt waren manchen Verfolgungen ausgesetzt, so daß Paulus um ihren Glauben fürchtete. Welch ein schöner Auftrag für Timotheus, die glaubensfrischen Thessalonicher zu besuchen.

Nun hätte es sein können, daß er sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlte oder zögerte, an einen Ort zu gehen, wo es besonders schlimme Verfolgungen gab. Man sieht bei ihm jedoch keinerlei Unentschlossenheit. Und als er dann zusammen mit Silas mit guten Nachrichten über den Glauben und die Liebe der Thessalonicher den Apostel in Korinth wieder traf (Apg 18,5), erfuhren Paulus und seine Begleiter viel Freude und Trost. Brachte Timotheus vielleicht sogar eine Gabe der Versammlungen, die es Paulus erlaubte, seine ganze Zeit dem Wort Gottes zu widmen (vgl. 2. Kor 11,8)? Man darf das vielleicht daraus schließen, daß der Apostel nach der Rückkehr der beiden nicht mehr gezwungen war, Zelte zu machen, sondern sich völlig dem Dienst am Wort widmete und während eines Jahres und sechs Monaten so das Werk des Herrn in dieser Stadt tat.

In Korinth

In Apostelgeschichte 19,22 lesen wir, daß Timotheus sich in Ephesus aufhielt. Paulus sandte ihn von dort aus zusammen mit Erastus nach Mazedonien. Nach 1. Korinther 4,17 und 16,10 muß er sich dann unter anderem auch in Korinth aufgehalten haben. Das war wirklich eine schwierige Mission, in eine Versammlung zu kommen, die sehr von ihren Vorrechten eingenommen war, wo Zwietracht, Unordnung, moralisch Böses und Streit herrschten, ganz zu schweigen von den lehrmäßigen Verir-rungen. Man kann verstehen, daß Timotheus hier furchtsam war. Paulus mußte ihn daher den Korinthern ganz besonders empfehlen: „Er arbeitet am Werk des Herrn wie auch ich" (1. Kor 16,10). - Aus seinem zweiten Brief an die Korinther sehen wir, daß sich Paulus Timotheus zugesellte, nachdem er in Mazedonien durch Titus die gute Nachricht über die Korinther erhalten hatte (2. Kor 7,6.13-15).

In Philippi

In Philipper 2,19-24 lesen wir von einem dritten Auftrag des Paulus an Timotheus. Er sollte mit Epaphroditus nach Philippi gehen. Hierbei handelte es sich sicherlich um eine leichtere Mission als die, die er in Korinth zu erfüllen hatte. Er sollte den Philippern berichten, wie es Paulus ergangen war und ihm danach von ihren „Umständen" berichten. Welch schönes Zeugnis konnte Paulus Timotheus bei dieser Gelegenheit geben: „Denn ich habe keinen Gleichgesinnten, der von Herzen für das Eure besorgt sein wird" (Phil 2,20). Sollten wir es nicht vermehrt wünschen, „von Herzen besorgt" zu sein, besonders für die Diener des Herrn, die in der Ferne oft durch schwierige Umstände gehen müssen, sei es in ihren Familien, in ihrer Gesundheit oder auch in ihrem Dienst? Genaue und aktuelle Nachrichten ermöglichen es uns, gezielter zu beten und ihnen nicht nur auf materielle Weise zu zeigen, daß wir „von Herzen besorgt sind für sie, sondern auch liebevolles Interesse zu beweisen durch einen Brief oder durch andere Mittel, zu denen der Herr uns Gelegenheit gibt.

In Ephesus

Schließlich vertraute der Apostel nach 1. Timotheus 1,3 „seinem geliebten Kind" einen besonderen Dienst an, diesmal in Ephesus, wo Timotheus „bleiben" sollte. Paulus hoffte, ihn dort zu treffen (1. Tim 3,14).

Wir kennen nur lückenhaft die weiteren Ereignisse. Nach zwei Jahren Gefangenschaft kam Paulus wahrscheinlich wieder frei. Zwischen den Jahren 63-66 durchreiste er erneut den Nahen Osten und besuchte verschiedene Versammlungen. In der zweiten Hälfte des Jahres 66, zu Beginn der Verfolgungen durch Nero, wurde er erneut gefangengenommen; wahrscheinlich war Timotheus bei ihm, der bei dieser Gelegenheit offenbar Tränen vergossen hat, wie Paulus in seinem zweiten Brief schrieb (2. Tim 1,4).

Paulus mußte, nachdem er nach Rom zurückgebracht worden war, somit eine zweite Gefangenschaft erdulden, die viel schwerer war als die erste. Sein Begleiter blieb offenbar in Ephesus, wie man aus 2. Timotheus 1,18 schließen kann, ohne das sicher behaupten zu wollen. Sechzehn Jahre waren nun vergangen, seitdem Timotheus mit Paulus ausgegangen war. Jahre der Gemeinschaft, in denen der junge Mann in der Schule des Apostels lernen konnte. Es waren aber auch Jahre, die mit großer Verantwortung angefüllt waren, wo Timotheus verschiedene Aufgaben erfüllte, verhältnismäßig leichte in Thessalonich und Philippi, und wo er Freude und Gemeinschaft mit den Geschwistern erlebte. Es gab aber auch äußerst schwierige Aufgaben in Korinth, wo sich Timotheus mit großer Furcht aufhielt, und in Ephesus, in einer Versammlung, die nach und nach ihre erste Liebe verließ und wo sich manche Fehler und Nöte eingeschlichen hatten.

3.3. „Befleißige dich, bald zu mir zu kommen" (2. Tim 4,9-16.22)

Der Apostel war mittlerweile ein „Greis" war einsam. Die meisten seiner Begleiter waren zu verschiedenen anderen Orten gegangen, um dort das Werk des Herrn auszuführen. Einer von ihnen hatte ihn verlassen, weil er den „jetzigen Zeitlauf liebgewonnen" hatte (2. Tim 4,10). Bei der ersten Verantwortung des Paulus stand ihm niemand bei. Niemand wollte riskieren, als Entlastungszeuge vor dem kaiserlichen Tribunal auszusagen. Der Schmied Alexander erwies ihm viel Böses. Als Onesiphorus von Ephesus nach Rom kam, um den Apostel zu besuchen, mußte er sehr viel Mühe aufwenden, um ihn zu finden. Das scheint anzudeuten, daß man in der Versammlung in Rom zu dieser Zeit nicht wußte, wo sich der Apostel aufhielt. Vielleicht wollte man es auch nicht wissen. Um den Greis vor der Kälte des Winters zu schützen, sollte Timotheus ihm vom weit entfernten Troas den Mantel mitbringen, den Paulus bei Karpus zurückgelassen hatte. Warum konnte ihm niemand aus der Versammlung in Rom mit einem Mantel helfen?

Wir verstehen das innige Verlangen des Paulus, sein geliebtes Kind noch einmal wiederzusehen, und auch die zweifache Ermahnung, sich zu beeilen, um vor dem Winter zu kommen. Wir wissen nicht, ob Timotheus seinen geistlichen Vater noch einmal wiedergesehen hat. Das Wort Gottes schweigt darüber. Es enthält auch keinen Bericht über den Märtyrertod des Apostels, auch nicht über den des Petrus oder des Johannes. Lediglich die Steinigung des Stephanus wird uns aus ganz bestimmten Gründen in Einzelheiten mitgeteilt. Auch erfahren wir - fast nebenbei - das Ende des Jakobus. Ein einziger Tod beherrscht eben das ganze Neue Testament: der Tod unseres Herrn Jesus. Dieser Tod allein soll in seiner ganzen Größe vor unseren Herzen stehen, als Gegenstand unserer Anbetung.

Es soll keine Verehrung von Reliquien oder bestimmten Orten geben! Der Vorhang bleibt geschlossen über Petrus, der das Haus der Maria verließ und von dort fortging (Apg 12,6-17); wir wissen wenig über Paulus, der einsam im Gefängnis saß; wir wissen wenig von Timotheus, der gern seinen geistlichen Vater wiedersehen wollte. Wenn Menschen die Bibel geschrieben hätten, welch beeindruckende Szene hätten sie dann aus dem Wiedersehen des Timotheus mit Paulus gemacht, wie er die letzten Augenblicke mit dem greisen Apostel verbrachte und ihn über die Ostische Straße begleitete, wo er enthauptet wurde. Wir kennen dieses letzte Ereignis aus der Geschichtsschreibung. Das Wort Gottes hat den Vorhang nicht gelüftet, damit allein Christus vor unseren Augen bleibt.

Aber welches Zeugnis bleibt von dem, der, durch den Geist Gottes getrieben, sich selbst als Sklaven Jesu Christi, „Herold und Apostel ... Lehrer der Nationen, in Glauben und Wahrheit" bezeichnet. Wenn wir Christus folgen, dann sehen wir Ihn als den Anfänger und Vollender des Glaubens. Hinter Ihm kommen die, die uns als Vorbilder vorgestellt werden, auf die wir sehen sollen (Phil 3,17). Dazu gehören auch Paulus und Timotheus. Auch sollen wir die nicht vergessen, die wir gekannt haben und für deren Herzen der Herr Jesus der groBe Gegenstand war: „Gedenkt eurer Führer, die das Wort Gottes zu euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmt ihren Glauben nach" (Heb 13,7).

(Übersetzt aus dem Französischen; Titel des französischen Originals: „Timothée - serviteur du Christ Jésus")