Augenblick

Es bahnt sich was an in Eschede

Dieser Schriftzug wurde vor 13 Monaten als Jubiläumsspruch zum 150-jährigen Geburtstag des Bahnhofs an der Frontseite des Gebäudes angebracht. Inzwischen ist er zu einer makabren Ironie geworden. Am 3. Juni ereignete sich kurz vor 11.00 Uhr in der Nähe dieses Bahnhofs das schwerste Zugunglück in der deutschen Eisenbahngeschichte. Als die Einwohner . von Eschede in den Mittagsstunden von der Katastrophe erfuhren, war der Schrecken kaum zu beschreiben.

Bernd, der seit einigen Jahren in diesem Ort wohnt und in der Lüneburger Heide missionarisch arbeitet, machte sich bald auf den Weg zur Unglücksstelle. Vielleicht kann man irgendwie helfen, war sein Gedanke.

Inzwischen hatten die Einsatzkräfte in einer Turnhalle ein Seelsorgezentrum eingerichtet, das der seelsorgerischen Betreuung der vielen verzweifelten und suchenden Angehörigen dienen sollte. Zwar fehlte Bernd die offizielle „Ordination", aber einer der verantwortlichen Kräfte erkannte ihn wieder als den, der in den Faltblättern „Der Zugbegleiter" und auf Bundesbahnfahrplä-nen mit einem kurzen Text für das Evangelium wirbt: „Wer Jesus hat, hat das Leben So bekam er die Genehmigung, ratsuchen-den Menschen zu helfen. Es verging nur eine kurze Zeit, als er einen Vater traf, der mit seinem Sohn auf der Suche nach seiner Frau war. Bis zuletzt trieb sie ein letzter Funken der Hoffnung. Nach der Nachricht, daß die Mutter dieser Familie - sie war erst in Hannover zugestiegen - unter den Vermißten war, lud Bernd die beiden ein, in sein Haus zu kommen und auch bei ihm zu übernach-ten. Sie beteten zusammen, sie sprachen und sie schwiegen zusammen. Am nächsten Morgen verließen die beiden das Haus mit einem evangelistischen Buch und einer seelsorgerischen Schrift. Ob sie den kennenlernen werden, der allein trösten kann Jes 51,12)? Ein ähnlicher Vorgang wiederholte sich dann noch einmal, als er einen Vater und dessen Tochter aus Süddeutschland traf. Sie suchten ebenfalls die Mutter der Familie - eine Mutter von vier Kindern.

Neben der seelsorgerischen Betreuung der verzweifelten Angehörigen ergaben sich auch manche Gespräche mit Medienvertretern, die in „ausreichender" Menge vorhanden waren. Immer wieder wies Bernd sie darauf hin, daß Gott hier geredet hat, daß das Leben eines jeden Menschen in seiner Hand ist. Wie er jetzt erfuhr, schlugen sich diese Gespräche zum Teil in den Zeitungsberichten nieder. Oft konnte man in in- und ausländischen Zeitungen lesen, daß man in Eschede das Beten wieder gelernt habe und daß man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, daß es doch einen Gott gibt.

Nach solch schweren Ereignissen dauert es nicht lange, bis die Frage nach Gott und dem Sinn des Lebens auftaucht. Es ergeben sich dann einmalige Gelegenheiten, in einfühlsamer und mitfühlender Weise diesen Gott zu bezeugen. Nutzen wir diese Gele-genheiten? „Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch versöhnen mit Gott!" (2. Kor 5,20). Beachten wir das Reden Gottes (Hiob 33,14)? Will Gott nicht einem Volk, einer Gegend oder einem kleinen Ort etwas sagen? Beten wir dafür, daß Menschen sich bewußt auf die Suche nach Gott machen und eine Bekehrung erleben!

Vier Wochen vor der Katastrophe änderte Bernd seinen Text für die Anzeigen im Zug-begleiter von Juli 1998 an. Der Text erscheint immer vor der Kontaktadresse unter dem Bibelwort. Dort heißt es dann: „Wo werden Sie sein, wenn Sie plötzlich sterben? Falls Sie Fragen haben" Dann folgt die Kontaktadresse von Eschede. Die Katastrophe vom 3. Juni hat erneut das Wort Davids bestätigt: „Nur ein Schritt ist zwischen mir und dem Tode!" (1. Sam 20,4).