Bibel erklärt
Biblische Begriffe: Pharisäer

Wehe aber euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler!", so redet der Herr Jesus diese Gruppe des Volkes mit ganzem Ernst an (Mt 23,13). Geradezu sprichwörtlich sind sie geworden für Heuchelei und Selbstgerechtigkeit.
Es waren Männer, die, wie der Herr es an anderer Stelle sagt, das Wort Gottes, d. h. das Gesetz und die Propheten, kannten (vgl. Mt 23,3; Joh 3,10), die er somit auch „Schriftgelehrte" nennt. Sie waren darüber hinaus aber auch Angehörige einer Sekte der Juden, die wohl zunächst von anderen „Pharisäer" genannt wurden und sich dann auch selbst so nannten. Das Wort selbst hat eine hebräische Wurzel (parash) mit der Bedeutung „Unterschied machen, absondern, trennen", was darauf hindeutet, daß diese Männer sich von den übrigen Juden absonderten und trennten mit der Absicht, höher zu stehen, heiliger und dem Gesetz treuer zu sein als die Masse des Volkes - was die Bezeichnung „Sekte" rechtfertigt. Ihre „Absonderung"ging so weit, daß sie so dachten, wie ein typischer Vertreter von ihnen es in Lukas 18,11 ausdrückt, indem er „bei sich selbst" betete: „O Gott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie die übrigen der Menschen."
Historisch fällt ihr erstes Auftreten wahrscheinlich in die Zeit der auf das griechische Großreich Alexanders folgenden Diadochen-Reiche mit der Ausbreitung hellenistischen Gedankengutes und hellenistischer Kultur, besonders aber wohl in die Zeit der griechisch-syrischen Seleukiden, zu denen Antiochus IV. Epiphanes gehörte, der den Gottesdienst verbot und im Tempel in Jerusalem eine Statue des Zeus zur Verehrung aufstellen ließ.
Dem großen Einfluß der heidnischen griechischen Kultur und besonders Philosophie entgegenzuwirken war nun das erste Anliegen der gesetzestreuen Schriftgelehrten der Pharisäer, die das ganze Gesetz als Richtschnur des Lebens jedem Juden auferlegen wollten, d. h. die 5 Bücher Moses, die Propheten und die Psalmen, darüber hinaus aber auch die mündlichen Uberlieferungen. Innerhalb der Gruppe der Pharisäer gab es allerdings auch manche Kontroverse, wo eine strengere Gruppe in der Nachfolge eines Rabbi Schammai und eine weniger strenge, die Jünger des Rabbi Hillel, unterschiedlicher Ansicht waren (z. B. in Bezug auf Ehescheidung, siehe Mt 19,3ff. u. Mk 10,2ff.). Auf der anderen Seite standen die Sadduzäer, die zum priesterlichen Geschlecht gehörten (ihr Name soll abgeleitet sein von dem Priester Zadok, der zur Zeit Davids das alleinige Priestertum erhielt, vgl. 1. Kön 2,35; 1. Chr 29,22), die eine mehr politische Haltung einnahmen und eigentlich nur die 5 Bücher Mose gelten ließen. Aus den Evangelien wissen wir, daß sie aber auch grundlegende Wahrheiten, die schon im Alten Testament enthalten sind, leugneten, nämlich die Existenz von Engeln und die Auferstehung. Beide Parteien standen in relativ scharfem Gegensatz, auch wenn sie sich in der Ablehnung des Herrn Jesus eins waren. Einfluß-reicher im Volk waren zweifelsohne die Pha-risäer; politisch einflußreicher, auch unter der Herrschaft der Römer in der Zeit des Herrn, waren die Sadduzäer.
Die oben erwähnte Schelte des Herrn Jesus gegen die Pharisäer betraf nun nicht ihr unbedingtes Festhalten an den Geboten Gottes - diese Haltung wird in der Schrift nie ver-urteilt, sondern hat stets die Zustimmung Gottes -, sondern drei Aspekte:
Zum einen ist es die Hinzufügung vieler Vorschriften und „Ausführungsbestimmun-gen" zum Gesetz, die aus mündlichen Überlieferungen stammten und bis in die kleinsten Einzelheiten des täglichen Lebens grif-fen; „sie binden aber schwere und schwer zu tragende Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen" (Mt 23,4). Ihrer Meinung nach durfte man am Sabbat keine Ähren pflücken (Mk 2,24), keine Kranken heilen (Mk 3,1-6), man durfte nicht mit ungewaschenen Händen es-sen, mußte Becher, Krüge und Tischla-ger Waschungen unterziehen (Mk 7,2 ff.). Der Herr zeigt ihnen aber in Matthäus 15,1-7, daß sie um der „Überlieferungen der Ältesten" willen das Gesetz - und zwar hier das Gebot, Vater und Mutter zu ehren - sogar übertraten: „Und so habt ihr das Gebot Gottes ungültig gemacht um eurer Überlieferung willen." Und als Folge davon: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren" (Mt 15,6.8.9; s. a. Mk 7,3-13).
Zum zweiten muß der Herr bei ihnen ver-urteilen, daß sie den wahren Sinn der Schriften nicht sahen - blind waren -, indem sie „die wichtigeren Dinge des Gesetzes beiseite ließen: das Gericht und die Barmherzigkeit und den Glauben" (Mt 23,23) und Er sagt: , Ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen; denn ihr geht nicht hin-ein, noch laßt ihr die hineingehen, die hineingehen wollen" (Mt 23,13). Sie meinten, daß Gott einfach deshalb daran gebunden sei, ihnen einen Platz im Reich zu geben, weil sie (von Geburt) Söhne Abrahams waren (Mt 3,9) und weil sie doch in allem dem Gesetz gehorchten. Daß dies keineswegs der Fall war, sahen wir schon, aber es zeigte sich noch besonders darin, daß sie dem Zeugnis der Schriften nicht glaubten (also auch nicht gehorchten), die von dem Herrn selbst zeugten. „Ihr erforscht die Schriften, denn ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen; und ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr Leben habt ... ich kenne euch, daß ihr die Liebe Gottes nicht in euch habt. Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen" (Joh 5,39.40.42. 43). So waren sie blinde Leiter der Blinden (Mt 15,14). Sie führten durch ihre Haltung solche, die Gott wirklich suchten, in die Irre, ja, machten einen solchen „zu einem Sohn der Hölle" (Mt 23,15). Deshalb nennt der Herr sie auch „Söhne des Teufels" (Joh 8,44).
Schließlich aber ist es ihre persönliche Hal-tung, die der Herr vor seinen Jüngern bloß-stellt: Heuchelei, Hochmut, Selbstgerechtigkeit, Ehrsucht. Dies kennzeichnete sie - von Ausnahmen wie Nikodemus, Gamaliel, Sau-lus abgesehen Joh 7,50; Apg 5,34; Phil 3,5 ff.). Die innere Haltung, das Innere des Menschen ist die Quelle der Gedanken und des Handelns. „Denn von innen aus dem Herzen der Menschen gehen hervor die schlechten Gedanken: Hurerei, Dieberei, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, List, Ausschweifung, böses Auge, Lästerung, Hochmut, Torheit; alle diese bösen Dinge gehen von innen aus und verunreinigen den Menschen" (Mk 7,21-23).
Heuchelei - sie wollen fromm erscheinen, indem sie „ihre Gebetsriemen breit" machen (Mt 23,5), indem sie „düster" ausse-hen, als fasteten sie ständig (Mt 6,16), indem sie in der Öffentlichkeit und zum Schein lange Gebete halten (Mk 12,40; Lk 20,47). Der Herr sagt ihnen: „Ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüs-sel, innen aber sind sie voll von Raub und Unenthaltsamkeit. Blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Innere des Bechers und der Schüssel, damit auch ihr Äußeres rein werde. Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr gleicht übertünchten Gräbern, die von außen zwar schön scheinen, von innen aber voll von Totengebeinen und aller Unreinigkeit sind" (Mt 23,25-27).
Hochmut, Selbstgerechtigkeit, Ehrsucht - „Alle ihre Werke aber tun sie, um sich vor den Menschen sehen zu lassen" (Mt 23,5), sie essen nicht - im Gegensatz zum Herrn Jesus - mit „Zöllnern und Sün-dern" (Mt 9,11; Lk 5,30), sie fasten, während die Jünger des Herrn nicht fasten (Lk 5,33), sie gehen - um aufzufallen - in langen Gewändern umher und lieben die Begrüßung auf den Märkten (Mk 12,38), sie,„haben sich auf den Stuhl Moses ge-setzt" (Mt 23,2), ja, sie meinten, sie seien die Gesetzlehrer Israels. Hochmut führt ja stets zu Verblendung. Darüber hinaus aber war ihre Bosheit so groß, daß sie es nicht ertragen konnten, in der Person des Herrn Jesus den Heiligen Geist wirken zu sehen, was sie zu der Lästerung führte: „Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch den Beelzebul, den Fürsten der Dämonen" (Mt 12,24; s.a. Mt 9,34; Mk 3,22; Lk 11,15).
Wie wir gesehen haben, hat der Herr Jesus die Pharisäer in ihrer Haltung, ihren Taten, ihren Gedanken und Motiven erkannt, durchschaut und auch - um ihrer selbst willen und um der Zuhörer, besonders der Jünger, willen - öffentlich gebrandmarkt. Nur Er konnte Gedanken und Motive erkennen und beurteilen. Gleichzeitig warnt Er seine Zuhörer davor, zu denken und zu handeln wie sie, und fordert sie auf, sich vor ihnen und ihrer Lehre - ihrem „Sauer-teig" - zu hüten, dies offenbar, weil sie damit persönlich einem gefährlichen Einfluß ausgesetzt wären.
Auch wir wollen uns zu Herzen nehmen, daß Heuchelei, Hochmut, Selbstgerechtigkeit und Ehrsucht Tendenzen unserer natürlichen Herzen sind, vor denen wir nur durch die Nähe des Herrn, den wir stets aufsuchen wollen, bewahrt bleiben. Allein die Gemeinschaft mit Ihm macht demütig.
Andererseits wollen wir uns aber hüten, andere Gläubige nach ihren Motiven und Gedanken zu beurteilen und vielleicht das Urteil des „Pharisäertums" über sie zu fäl-len, wo sie in Wirklichkeit dem Wort Gottes und damit dem Herrn selbst treu sein wollen und sich deshalb von Bösem absondern zu Ihm hin. Zu einer solchen Haltung und Gesinnung fordert uns Gottes Wort nämlich gerade auf (2. Kor 6,17).
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