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Leserbrief zu Ohrringe

Als ich im Heft 7/97 die Fragenbeantwortung zum Thema Ohrringe las, stellte sich mir (obwohl ich noch nie welche getragen habe) folgendes Problem: Was ist, wenn Ohrringe nicht als Amulett getragen werden? Sind sie auch dann (also per se) mit diesem okkulten Hintergrund in Verbindung zu bringen? Dies ist ein grundsätzliches Problem, weil es die Frage aufwirft, ob ein Gegenstand per se irgendwelche Bedeutung hat und ob er als Zeichen mit negativer Bedeutung fungiert, wenn er in der Bibel in negativem Zusammenhang erwähnt wird.

Wenn es um Aberglauben geht, müssen wir zunächst festhalten, daß hier „allem irgendwie Auffälligen oder Ungewöhnlichen schicksalhafte Bedeutung zugeschrieben wird, man es also als Zeichen mit einer bestimmten Botschaft deutet" (Folge mir nach 3/97, S. 24). In unserem Beispiel messen die Träger des Amuletts Ohrring diesem schicksalhafte Bedeutung bei. Anders ausgedrückt: Dem Zeichen Ohrring wird z. B. konkret folgende Bedeutung zugeschrieben: „Seinem Träger Schutz und Kraft verleihen" (so in Eurrer Antwort zitiert). Hinter dem Tragen des Ohrrings steht somit eine zielgerichtete Absicht. Der Hintergrund des Tragens ist der Glaube an dessen Kraft, an die Kraft der Götzen (z. B. in der Zeit des Alten Testaments) oder an die Kraft des Teufels.

Bei der Frage nach der Bedeutung eines Gegenstandes per se nehmen wir zur Veranschaulichung des Problems ein Hufeisen: Wenn ein Pferd dieses trägt, so käme niemand auf die Idee, es als okkult oder ähnliches zu bezeichnen. Wird das Hufeisen aber im Auto als Talisman mitgeführt, so erhält es seine negative Bedeutung dadurch, daß z. B. der Fahrer an dessen Wunderwirkung glaubt. Weiterhin dürfte Kaffeepulver für viele etwas sehr Angenehmes sein. Kaffeesatz, aus dem man meint, die Zukunft lesen zu können, ist Aberglaube. Der Geißbock des 1. FC Köln ist ein Tier. Der Geißbock des 1. FC Köln als Maskottchen ist ein Götze. Des weiteren: Hätte der hebräische Knecht von Geburt an ein Loch in seinem Ohr gehabt, so hätte dieses gar nichts bedeutet. Brachte man ihn aber vor die Richter, stellte ihn an eine Tür oder einen Pfosten und durchbohrte sein Herr ihm das Ohr mit einer Pfrieme, dann bekam durch diesen Vorgang das Loch eine Bedeutung: Er wollte freiwillig „nicht frei ausgehen" und seinem Herrn „dienen auf ewig" (2. Mo 21,5.6). Oder: Trotz der schrecklichen Tatsache, daß bei der Kreuzigung des Herrn Jesus Nägel durch seine Hände und Füße geschlagen wurden, haben Nägel bis heute keine negative Bedeutung an sich.

Somit kann man als Ergebnis formulieren: Ein Gegenstand hat weder per se eine Bedeutung, noch reicht es aus, wenn er in der Bibel in negativem Zusammenhang erwähnt wird, daß er dadurch als Zeichen mit negativer Bedeutung fungiert. Wird Schmuck (z. B. Ohrringe) als Amulett getragen, so hat dieses Tragen einen okkulten Hintergrund. Wird er nicht als Amulett getragen, so kann dies nicht als okkult bezeichnet werden.