Fragen und Anworten

Lieber Bruder Mücher,

ich grüße Sie sehr herzlich in unserem gemeinsamen Herrn Jesus Christus ... Seit langem beschäftigt mich die Frage, die mir auch oft Not macht, ob ich in der Frage der Frau im Dienst der Gemeinde zu sehr konservativ bin. Es geht mir dabei in erster Linie darum, ob die Aussagen der Bibel, des Apostels Paulus und damit auch die Offenbarung unseres Herrn durch den Heiligen Geist, so einfach übergangen werden können, ohne daß die Gemeinde dadurch Schaden leidet oder gestört werden kann.

Dabei habe ich in dem vorhandenen Fall den Eindruck, was auch schon gesagt wurde, dal diese Stellen über das Verhalten der Frau in der Gemeinde in heutiger Zeit anders gesehen werden müßten und man aus Liebe zur Frau (Schwester) großzügiger sein müßte.

Da ich in dieser Frage entschieden für die Ordnungen der Bibel bin und sie auch öffentlich vertrete, komme ich mir - auch andere Geschwister - wie von vorgestern vor, zumal ich hinter meine Erkenntnis nicht zurückmöchte. Nicht aus Besserwisserei oder Unbeugsamkeit, sondern einfach dem Wort zu gehorchen. Ich bin im Alter von fast 73 Jahren von Herzen noch so beweglich, mich in allen Glaubensfragen anzuschließen und offen zu halten, was mir Gottes Wort an richtiger Erkenntnis deutlich macht. Leider wird heute vieles über „ich meine, ich denke" abgewickelt, und dabei bringen einen doch Meinungen aus dem Gleis, wenn sie Gottes Wort ersetzen sollen.

Über folgende Punkte bitte ich Sie, mir Ihre Erkenntnis (nicht Meinung) zu vermitteln: Gibt es nach biblischer Sicht eigentlich Diakoninnen?

  1. Diakoninnen in der Gemeindeleitung und beim Austeilen des Abendmahls.
  2. Beten der Schwester vor der Gemeinde ohne Hauptbedeckung.
  3. Predigtdienst von der Kanzel im Gottesdienst.

Über das Austeilen des Abendmahls wird gesagt, daß darüber in der Bibel nichts steht. Meine Erkenntnis ist, daß die Aussagen über die Stellung der Frau (Schwester) in der Gemeinde in allen Bibeltexten enthalten sind, die darüber etwas aussagen. Wenn aber Unklarheiten sind, sollte man sich doch immer daran halten und deuten, statt einen „eigenen Weg = Irrtum" einzuschlagen und den Frieden mit anderen Geschwistern zu stören.

Hoffentlich habe ich mich so ausgedrückt, daß Sie meine Sorge verstehen und Sie mir persönlich antworten können.

Mit geschwisterlichen Grüßen verbleibe ich dankbar

W. Weingarten

 

Lieber Bruder Weingarten,

Ihre Not bezüglich der Nichtbeachtung deutlicher Aussagen der Schrift teile ich voll und ganz. Wir können niemals ohne Schaden für uns selbst und andere das Wort Gottes vernachlässigen oder dem Wort entgegenhandeln. Natürlich hat Gott mit Schwachheit Nachsicht und mit Geschwistern, die mangelhaft belehrt sind. Aber ein klares Zuwiderhandeln ist eine traurige Sache. Dadurch berauben wir uns des Segens, den Gott so gern geben will. Wie könnte Er jemals Ungehorsam segnen?

Zweifellos gibt es in der Bibel zeitgebundene Aussagen, oder besser gesagt, personengebundene Aussagen. Jedem Bibelleser ist klar, daß vieles, was Gott dem Volk Israel vorgeschrieben hat, für uns als Christen heute keine Gültigkeit hat. Dabei denke ich vor allem an die Zeremonialgesetze oder auch an das Halten des Sabbats. Sogar im Neuen Testament gibt es Aussagen, die sich eindeutig an die Jünger zur Zeit Jesu richten, wenn man an Stellen in den Evangelien denkt. Doch wenn man zu den Briefen der Apostel kommt, die ja gerade für die christliche(n) Gemeinde(n) bestimmt sind, kann ich dieses Argument, daß bestimmte Aussagen nicht mehr gültig seien, nicht nachvollziehen.

Würde jemand Einschränkungen machen z.B. bei dem Brief des Jakobus bezüglich des Salbens von Kranken mit Öl (Jakobus 5,14), dann würde ich dem ebenfalls zustimmen, denn es handelt sich um einen jüdischen Brauch - aber dieser Brief richtet sich auch an „die zwölf Stämme" Israels (Kap. 1,1). Dergleichen finden wir aber nicht in der Anrede der Briefe des Apostels Paulus. Im Gegenteil, der Apostel schreibt in den beiden ersten Versen des 1. Korintherbriefes: „Paulus, berufener Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Sosthenes, der Bruder, der Versammlung Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen, samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, ihres und unseres Herrn." In diesem Brief wird also unmißverständlich eine universelle Reichweite unterstrichen. Was sollten denn auch die Argumente sein, mit denen man Aussagen dieses Briefes als zeitbedingt abstempelt?

Wenn Sie mit Ihren Ansichten von vorgestern sind, dann bin ich es auch. Lassen Sie sich nicht beirren. Es ruht großer Segen darauf, das Wort Gottes ohne alle Abstriche festzuhalten. Man hat schon mehr als einmal gesehen, was geschieht, wenn jemand in einem Punkt das Wort Gottes nicht mehr genau nimmt oder umdeutet. Wo endet das oft?

Gern komme ich nun auf die einzelnen Punkte in Ihrem Brief zurück.

1. Gibt es nach biblischer Sicht eigentlich Diakoninnen - Diakoninnen in der Gemeindeleitung und beim Austeilen des Abendmahls?

Diakoninnen gibt es. In Römer 16,1.2 schreibt der Apostel Paulus folgendes: „Ich empfehle euch aber Phöbe, unsere Schwester, welche eine Dienerin der Versammlung in Kenchrea ist, damit ihr sie in dem Herrn, der Heiligen würdig, aufnehmt und ihr beisteht, in welcher Sache irgend sie euch nötig hat; denn auch sie ist vielen ein Beistand gewesen, auch mir selbst." Das griechische Wort für „Dienerin" ist diakonon. Diakonische Dienste sind in Gottes Wort Hilfsdienste oder „Hilfeleistungen" (siehe 1. Kor 12,28). Solche Dienste beziehen sich auf vielfältige Aufgaben in einer örtlichen Gemeinde. Beispiele sind die Verwaltung der Finanzen, die Pflege des Versammlungshauses und viele andere praktische Dienste wie das Besuchen und Unterstützen von Kranken und Alleinstehenden. Witwen zu besuchen ist Gott sehr wohlgefällig (Jak 1,27). Dann können wir auch an die vielen missionarischen Hilfeleistungen denken. Da von Phöbe keine Einzelheiten ihrer Dienste genannt werden, wollen wir vorsichtig sein mit Vermutungen

Meines Wissens gibt es in der Schrift keine Beispiele dafür, daß Diener oder Dienerinnen eine besondere Rolle spielten in den direkten gemeindlichen Zusammenkünften. Ihre Aufgaben bestanden in den verschiedenen Hilfeleistungen außerhalb der Zusammenkünfte.

Vielleicht sollte ich noch etwas deutlicher ausführen, was die Schrift unter einem Diener versteht. Ein Beispiel solcher Diener finden wir zu Beginn der Christenheit in Apostelgeschichte 6,1-6. Dort wuchs die Versammlung derartig, daß die Apostel nicht mehr in der Lage waren, sämtliche Dienste selbst zu erfüllen. Bestimmte Witwen wurden bei der täglichen Bedienung (Austeilung von Gaben) übersehen. Die zwölf Apostel empfanden, daß es nicht gut wäre, wenn sie sich solchen Diensten widmeten und dadurch das Predigen des Wortes Gottes und das Gebet vernachlässigten. Sie berieten sich deshalb mit der Versammlung in Jerusalem. Man suchte sieben Männer aus, die diesen Dienst der Verteilung der Gaben übernehmen sollten. Wir sehen also, daß nicht die Apostel diese Diener bestellten, sondern die Jünger in der Versammlung in Jerusalem. So kann das auch heute geschehen. Diener können durchaus von einer Versammlung bestimmt werden, um gewisse praktische Dienste zu erfüllen, wenn sie das Vertrauen der Versammlung haben und auch den in 1. Timotheus 3 genannten Kennzeichen entsprechen.

Wenn es um Leitung in Gemeindeangelegenheiten geht, hat das zu tun mit dem Dienst der Aufseher und Altesten, wie sie in 1. Timotheus 3,1-7 beschrieben werden. Allein aus dieser Stelle ist deutlich, daß Frauen für diesen Dienst nicht vorgesehen sind. Es gibt auch keine Stelle im Neuen Testament, wo eine Frau „Älteste" war. Gemeindeleitung durch eine Frau ist nach meinem Bibelverständnis nicht denkbar.

Nun, was das Austeilen des Abendmahls angeht, so sind es Brüder, die für Brot und Kelch danken und diese dann an die Gemeinde weitergeben. Damit kommen wir zur zweiten Frage:

2. Beten der Schwester vor der Gemeinde ohne Hauptbedeckung?

Zu dieser Frage müssen wir zwei Bibelstellen aufschlagen: „Jede Frau aber, die betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, entehrt ihr Haupt; denn es ist ein und dasselbe, wie wenn sie geschoren wäre" (1. Kor 11,5) und „Die Frauen sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt zu reden, sondern sie sollen unterwürfig sein, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen; denn es ist schändlich für eine Frau, in der Versammlung zu reden" (1. Kor 14,34.35). Wenn also eine Frau öffentlich betet oder weissagt, dann erwartet Gott, dais sie sich bedeckt. Unter „öffentlich" verstehe ich: in Gegenwart anderer. Wenn sie still für sich betet, findet das m. E. keine Anwendung. Sie könnte ja auch nachts, wenn sie nicht schlafen kann, beten. Umgekehrt gilt, daß ein Mann nicht mit Kopfbedeckung beten soll, das heißt natürlich nicht, daß er nicht mit einem Hut auf dem Kopf leise beten dürfte.

Hinzu kommt jedoch die deutliche Anweisung in 1. Korinther 14,34.35, daß eine Frau in den Gemeindestunden überhaupt schweigen soll.

Gibt es eine einfachere, eindeutigere Sprache als diese wenigen Verse? Ich kann diesen Versen nichts hinzufügen.

3. Predigtdienst von der Kanzel im Gottesdienst?

In diesem Punkt gilt sinngemäß dasselbe wie für das Beten und Reden der Frau im allgemeinen. In den Gemeindestunden kommt ein Reden der Frau nicht in Frage. Dazu kommt natürlich, was man jetzt genau unter „Predigen" versteht. Dafür gibt es mindestens zwei Möglichkeiten: entweder Weissagung im Sinn von Auferbauung (vgl. 1. Kor 14,2) oder Lehren, d. h. die Darlegung der biblischen Lehre. Wie wir in 1. Korinther 11,5 gesehen haben, gibt es Gelegenheiten, wo Frauen weissagen. Ein Beispiel dafür sind die vier Töchter des Evangelisten Philippus in Apostelgeschichte 21,9. Sicher haben diese Schwestern ihre Gabe nicht in den Gemeindestunden ausgeübt.

Beim „Lehren" ist das anders. Gottes Wort gestattet ausdrücklich einer Frau nicht zu lehren. Wir lesen dazu in 1. Timotheus 2,11-14: „Eine Frau lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein, denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung." Auch diese Aussage läßt an Klarheit nichts zu wünschen übrig.

Nun liegt es an mir, lieber Bruder Weingarten, zu hoffen, daß ich mich ausreichend klar genug zu Ihren Fragen geäußert habe. Wenn Dinge undeutlich geblieben sind, schreiben Sie mir bitte wieder. Ich freue mich, wenn wir uns weiter über Gottes Wort austauschen können. Wir wollen uns gegenseitig die Hände stärken, das Wort Gottes in allen Einzelheiten zu beachten.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und Segen beim Lesen des Wortes. Möge uns die Person unseres treuen Erlösers und sein teures Wort jeden Tag wertvoller werden.

In herzlicher Verbundenheit bin ich Ihr Bruder in Christus.

Werner Mücher