Zum Nachdenken
Der Mann, dessen Hand am Schwert klebte
Vielleicht wunderst du dich über diese seltsame Überschrift. Wer mag das sein, der Mann, dessen Hand am Schwert klebte? Die gleiche Frage habe ich mir vor einigen Monaten gestellt, als ich diese Überschrift in einem alten Buch von C.H. Spurgeon fand. Doch des Rätsels Lösung war schnell gefunden. Es handelt sich tatsächlich um eine biblische Person, und zwar um Eleasar, einen der Helden Davids. Der biblische Bericht über diesen Mann ist kurz, aber lehrreich.
Wir lesen die kleine Geschichte Eleasars in 2. Samuel 23,9.10: „Und nach ihm Eleasar, der Sohn Dodos ...; er war unter den drei Helden mit David, als sie die Philister ver-höhnten, die daselbst zum Streit versammelt waren, und als die Männer von Israel wegzogen. Selbiger machte sich auf und schlug unter den Philistern, bis seine Hand ermüdete und seine Hand am Schwert klebte; und der HERR schaffte an jenem Tag eine große Rettung. Das Volk aber kehrte um, ihm nach, nur um zu plündern."
Dieser Mann war also ein Soldat, ein Kriegsheld, der im Kampf für seinen König stand. Auch Christen haben einen Kampf zu kämpfen, den Kampf des Glaubens. Judas fordert uns ausdrücklich auf, „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen" (V.3). Gemeint ist das Glaubensgut oder die Glaubenswahrheit, die Gott uns in Seinem Wort gegeben hat. Fragen wir uns: Sind wir bereit, uns für die Sache unseres Herrn zu engagieren, oder kämpfen wir lieber für unsere eigenen Interessen oder gar für die Interessen dieser Welt? Diese Frage stellt sich, auch - oder gerade - wenn wir noch jung sind. Wenn wir bereit sind, uns im Dienst für den Herrn gebrauchen zu lassen und für seine Sache zu kämpfen, können wir von Eleasar einiges lernen:
1. Gegen den Strom schwimmen
Die Situation war klar. Die Philister griffen an, und die Kinder Israel verließ der Mut. Sie suchten das Weite. Nicht so Eleasar. Er bewies Mut und Entschlossenheit, auch wenn alle anderen das Heil in der Flucht suchten und ihn allein ließen. Tapfer erhob er sich gegen die Philister und wagte einen Alleingang. Das Verhalten seiner Mitkämpfer war nicht der Maßstab für sein eigenes Handeln. Er richtete sein Handeln nach der Notwendigkeit aus, die sich aus der Situation heraus ergab. Sicher, Eleasar hätte resignieren können, aber nein, Tapferkeit zeichnete ihn aus. Er handelte anders als die anderen. So war es übrigens bei jeder Erweckung im Volk Gottes. Einige wenige Männer und Frauen hatten den Mut, anders zu sein als die übrigen und den Trott der breiten Masse zu verlassen. Damit will nicht gesagt sein, daß wir immer alles anders machen sollen als die anderen. Aber die Lektion liegt doch auf der Hand: Es geht im Kampf für unseren Herrn immer um unsere persönliche Verantwortung. Wir können uns nicht mit der beliebten Entschuldigung aus der Affäre ziehen: „Aber die anderen ..." Der Herr Jesus sagte zu Petrus: „Folge du mir nach." Wir dürfen uns freuen, wenn andere mitziehen, aber das nimmt nichts von der persönlichen Verantwortung weg, die jeder einzelne vor dem Herrn trägt.
2. Beispiel geben
Eleasar war ein Einzelgänger. Obwohl er von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt war, blickte er nicht schief auf die anderen, die sich aus dem Staub gemacht hatten. Zumindest lesen wir nichts davon. Die Bibel berichtet uns nicht, daß er seine Brüder wegen ihres feigen Verhaltens getadelt oder ihnen gar eine lange Moralpredigt gehalten hätte. Er diskutierte auch nicht mit ihnen herum, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Es scheint fast so, als habe er sich gar nicht lange damit aufgehalten, daß sie wegliefen. Er tat etwas anderes. Er gab ihnen durch sein eigenes Verhalten ein Beispiel. Sein Tun wirkte beispielhaft, deshalb konnte er sich lange Worte sparen. Die Anwendung auf uns liegt auch hier sehr nahe. Wie oft verlieren wir uns in endlose Debatten über dieses und jenes, anstatt uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wir sehen einen Fehler bei unserem Bruder oder unserer Schwester und reden darüber, ohne es selbst besser zu machen. Wie manches Fehlverhalten bei anderen würde sich wie von selbst lösen, wenn wir - du und ich - durch unser Verhalten ein positives Signal setzen würden. Das heißt nicht, daß wir nicht miteinander reden können (und sollen), wenn wir eine Fehlentwicklung sehen, aber der wichtige Punkt, den wir hier lernen wollen, ist der, daß wir zunächst durch unser eigenes Verhalten ein positives Beispiel geben wollen.
3. Klasse statt Masse
Mit diesem Sprichwort umschreiben die Menschen dieser Welt einen Tatbestand, den wir in der Geschichte Eleasars auch sehen. Gott rettet nicht unbedingt durch die vie-len, sondern er sucht sich seine Leute nach ganz bestimmten Maßstäben aus. Zum Erfolg im geistlichen Kampf ist nicht die Masse erforderlich, sondern Männer und Frauen, die geistlichen Mut haben und sich mit ihrem Gott etwas zutrauen. David drückt das einmal so aus: „Denn mit dir werde ich gegen eine Schar anrennen, und mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen" (Ps 18,29). Die Geschichte Gideons (Rich 6-8) illustriert uns dies ebenso wie die Heldentat Eleasars. Nach menschlichen Überlegungen hätte Eleasar den Kampf wohl besser gar nicht erst begonnen, aber im Vertrauen auf seinen Gott hat er es doch gewagt. Und seine Rechnung ging auf. Wie oft fehlt uns gerade dieses unbedingte Vertrauen auf die Hilfe unseres Herrn. Wir sehen auf die Menge der Leute, die mit uns gehen. Wir vertrauen auf unser Können, auf unsere Intelligenz oder andere Hilfs-mittel. Gerade als junge Leute orientieren wir uns gern an anderen, und es fällt uns besonders schwer, allein auf den Herrn zu vertrauen. Das Beispiel Eleasars will uns Mut machen.
4. Kein Übermensch
Eleasar war kein Übermensch. Seine Leistung war in der Tat beeindruckend. Wir wissen nicht, wie lange er gekämpft hat. Wir wissen auch nicht, wie viele Feinde er besiegt hat. Aber zwischen den Zeilen lesen wir, daß es wohl eine lange Zeit gewesen sein muß, in der mancher Philister niedergestreckt wurde. Der Augenblick kam, wo seine Hand müde wurde. Gottes Wort weist uns ausdrücklich darauf hin - und das sicher nicht ohne Grund. Doch diese Ermüdung trat erst auf, als die Schlacht geschlagen und der Sieg errungen war. Der Hinweis auf die Ermüdung Eleasars will uns sicher zeigen, daß wir in der Einschätzung unserer Kraft realistisch sein sollten. Es ist ja nicht unsere Kraft, in der wir uns für den Herrn engagieren, sondern es ist seine Kraft, die Er uns gibt. Wir brauchen das deutliche Bewußtsein unserer eigenen Schwachheit, sonst kann Gott uns nicht gebrauchen. Der Apostel Paulus schrieb den Korinthern: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark" (2. Kor 12,10). Das ist kein Wider-spruch, sondern eine Umschreibung der Tat-sache, daß Paulus wußte, daß es nicht seine eigene Kraft, sondern die Kraft Gottes war, die in ihm wirkte. In sich selbst war er schwach. Aber das Wissen darum war gerade die Voraussetzung dafür, daß Gott ihm Kraft geben konnte. Bei uns ist es nicht an-ders. Selbstüberschätzung ist völlig fehl am Platz.
5. Beharrlichkeit
Gottes Wort ist sehr genau, und wir tun gut daran, auf Einzelheiten zu achten. Die Hand Eleasars wurde nicht nur müde, sondern es wird ausdrücklich hinzugefügt, daß sie am Schwert klebte (o. erstarrte). Das zeigt uns das volle Engagement dieses Mannes. Er schaute nicht nach rechts und nach links, sondern er konzentrierte sich voll auf seinen Kampf. Hätte er seine Waffe zwischendurch einmal losgelassen, wäre die Verkrampfung der Hand wohl kaum aufgetreten. So aber hatte er sein Schwert so fest umklammert, daß es sich nach dem Kampf nicht mehr von der Hand lösen ließ. Das läßt uns noch einmal an den Apostel Paulus denken, der in einem etwas anderen Zusammenhang den Philippern schrieb: „Eines aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus" (Phil 3,13.14). Von der Beharrlichkeit und dem Einsatz dieser Männer können wir viel lernen. Es war Einsatz bis zum Äußersten, eine Energieleistung, die wir nur bewundern können. Und wie steht es bei uns? Wofür gebrauchen wir unsere Energie? Und halten wir das Wort Gottes - das ja im Neuen Testament mit einem Schwert verglichen wird - im Bild so fest, wie Eleasar es getan hat?
6. Der Sieg
Der Ausgang des Kampfes war ein großartiger Sieg. Gott belohnte den Einsatz und das Vertrauen Eleasars. Wir wollen auch hier genau lesen. Es heißt nämlich nicht, daß Eleasar Israel rettete (obwohl das stimm-te), sondern der inspirierte Schreiber sagte ausdrücklich: „Und der HERR schaffte an jenem Tag eine große Rettung." Es war also Gott, der durch Eleasar für den Sieg sorgte. Eleasar war an dem Sieg nicht unbeteiligt, dennoch wird er eindeutig Gott zugeschrieben. Die Belehrung für uns ist leicht herauszufinden, aber es ist schwierig, sie im täglichen Leben zu verwirklichen. Wie schnell bilden wir uns etwas ein, wenn Gott durch uns etwas getan hat. Stolz und Hochmut sind schnell da, und wir haben eine hohe Meinung von uns selbst. Die Bibel warnt uns an vielen Stellen davor, und manche Begebenheit ist uns als warnendes Beispiel gegeben. Wir erinnern nur noch einmal an die oben schon erwähnte Geschichte Gide-ons, die nach einem schönen Anfang ein so trauriges Ende nahm. Wir wollen uns gegenseitig dazu ermuntern, in allen Dingen Gott die Ehre zu geben und nicht unsere eigene Person in den Vordergrund zu schieben.
7. Das Ende
Ein Happy-End? Man könnte es so nennen. Die Feinde sind besiegt, und Gott hat Rettung geschafft. Doch das letzte Wort dieser Begebenheit gilt nicht dem Helden, sondern dem Volk. Nachdem der Sieg errungen war, kehrte das Volk zurück und folgte Eleasar nach, um zu plündern. Diejenigen, die sich vorher feige verkrochen hatten und sich an dem Kampf nicht beteiligt hatten, waren jetzt plötzlich wieder da, als es darum ging, Beute zu machen. Wir lesen nicht, daß Eleasar sich dagegen gewehrt hätte. Bereitwillig teilte er die Ergebnisse seines Kampfes mit seinen Volksgenossen. Diese Haltung ehrt ihn. Doch wir lernen noch etwas anderes.
Sein Beispiel war nicht ohne Folgen geblie-ben. Zuerst stand er allein gegen den Feind, doch jetzt folgten ihm die anderen nach. Die Schwachen schöpften Mut aus der Tapferkeit des Starken. Die Braut im Hohenlied sagt einmal: „Ziehe mich: wir werden dir nachlaufen" (Hld 1,4). Das kann die Folge einer konsequenten und entschiedenen Nachfolge sein. Sie wirkt ansteckend für andere. Das macht uns Mut, es so zu tun wie Eleasar. Wenn ich persönlich bereit bin, für den Herrn einzustehen, dann kann das positive Auswirkungen auf meine Brüder und Schwestern haben. Plötzlich stehen wir nicht mehr allein da, sondern andere schließen sich uns an.
Wollen wir nicht das Beispiel des Mannes, dessen Hand am Schwert klebte, auf uns wirken lassen?
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