Der Doppelfluß aus dem Heiligtum

Dieser Artikel soll keine abschließende Betrachtung dieses Schriftabschnitts sein - das kann nur in Verbindung mit einer Betrachtung des Buches Hesekiel in seinem Gesamtzusammenhang geschehen -, sondern einige Studienhinweise geben und daran einige erbauliche Gedanken anschließen.

Hesekiel hat zur Zeit der Wegführung des Zwei-Stämme-Reichs Juda und Benjamin in die babylonische Gefangenschaft gelebt. Er hat das Gericht Gottes, das lange angekündigt war, miterlebt. Gott benutzte ihn, denen, die sich unter die Wege Gottes beugten, in einer schweren Zeit Trost und Ermunterung zu schenken. Was kann Gläubige mehr ermuntern als die Beschäftigung mit dem Herrn selbst und ein Ausblick auf den Reichtum der Segnungen, den Gott in der Zukunft aufgrund des Werkes Jesu schenken wird? Die Kapitel Hesekiel 40-48 befassen sich mit dem Tempel und dem Dienst für Gott im künftigen Friedensreich. Nun wollen wir uns mit einer Besonderheit in diesen Kapiteln beschäftigen und sehen, wie in dem zukünftigen Friedensreich ein Fluß aus dem neuerbauten Tempel hervorkommen wird. Es geht uns jetzt um die Beschreibung, wie wir sie in Kapitel 47,1-12 finden:

Vers 1

Und er führte mich zurück zu der Tür des Hauses; und siehe, Wasser flossen unter der Schwelle des Hauses hervor gegen Osten, denn die Vorderseite des Hauses war gegen Osten; und die Wasser flossen herab von unten, von der rechten Seite des Hauses her, südlich vom Altar.

Dieser Abschnitt wird mit den Worten „Und er führte mich..." eingeleitet. Hesekiel wird zu der Tür des Hauses, dem Haupteingang zum Heiligtum, zurückgeführt. Die wichtige Frage ist: Wer ist „er"? Ohne Zweifel ist das hier Christus selbst, wie aus der Beschreibung von Hesekiel 40,3 hervorgeht (vgl. Dan 10,5.6; Offb 1,15). Christus ist es, der auch heute die Seinen durch den Heiligen Geist führt. Er möchte uns bekanntmachen mit Seinen Gedanken, insbesondere über die Zukunft. Lassen wir uns von Ihm führen? Wie brannte das Herz der Jünger auf dem Weg nach Emmaus, als der Herr sich ihnen anschloß und ihnen das Verständnis für die Schriften öffnete. Vorher waren sie niedergeschlagen (Lk 24,13-35).

Wenn die Zeit angebrochen sein wird, von der dieser Abschnitt handelt, wird der Tempel in Jerusalem erbaut sein. Die Herrlichkeit des HERRN wird dorthin zurückgekehrt sein. Gott wohnt dann wieder im Tempel, wie das auch früher - wenn auch nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit von etwa 1000 Jahren1 - der Fall war.

Hesekiel sieht dort am Eingang zum Tempel, wie ein Wasserbächlein aus dem Heiligtum hervorkommt: „Wasser flossen unter der Schwelle des Hauses hervor gegen Osten." Weiterhin heißt es hier, daß die Wasser von unten hervorkamen und trotzdem herabflossen. Wie soll man sich vorstellen, daß Wasser von unten herabfließen? Das ist schlecht vorstellbar. Sehen wir darin vorbildlich nicht einen Hinweis auf das Kreuz, den Tiefpunkt der Leiden Christi? Er stieg in die tiefsten Tiefen hinab. Das ist der Ausgangspunkt für alle Segnungen, die uns als Folge Seines Werkes am Kreuz geschenkt sind. Sie fließen gleichsam von unten herab. Erinnert uns das nicht daran, wie aus der Seite des gestorbenen Heilands Blut und Wasser herabfloß (Joh 19,34)? Das Blut ist zur Vergebung der Sünden: Das ist die Gott zugewandte Seite des Werkes Christi; Gott kann aufgrund dieses Blutes Sünden vergeben. Zugleich kam Wasser hervor: Das weist auf die zum Menschen gerichtete Seite des Werkes Christi hin: Wir brauchten eine vollkommene Reinigung. Die Wasser nehmen Sünde und Unreinigkeit weg (Sach 13,1).

Außerdem kommen sie von der rechten Seite des Hauses her. „Seite" ist wörtlich „Schulter". Der Ursprung auch dieses Wassers ist Er, auf dessen Schulter die Herrschaft dieses neuen Reiches ruhen wird Jes 9,6). Es kommt hervor aus der unmittelbaren Gegenwart Gottes, „aus dem Heiligtum hervor" (V. 12). Psalm 84,10: „Ich will lieber an der Schwelle stehen im Hause meines Gottes ..." Wenn der Eingang am Haus Gottes bereits solch ein begehrter Platz ist, wieviel mehr das Innere des Heiligtums.

Wenn man den Verlauf des Bächleins weiter verfolgt, stellt man fest, daß es südlich am Brandopferaltar vorbeifließt. Dieser Altar ist ein Bild des Herrn Jesus am Kreuz. Auf diesem Altar wurden die Teile der Opfer geräuchert, die zum lieblichen Geruch für Gott waren. Die Teile der Opfer, die auf diesem Altar dargebracht wurden, weisen auf die Vollkommenheiten Christi hin, die das völlige Wohlgefallen Gottes an dem Werk des Herrn Jesus aufgrund Seiner vollkommenen Hingabe bis in den Tod bedingen. Das erste Motiv des Herrn Jesus, Mensch zu werden und das Werk zu erfüllen, lag darin, den Willen Gottes, des Vaters, zu vollbringen. In demselben Wohlgefallen erscheint nun der Opfernde vor Gott. Aufgrund dieses Werkes und unserer Einsmachung mit der Person (der Opfernde legte seine Hand auf den Kopf des Tieres - 3. Mo 1,4), die das Werk vollbracht hat, kann Gott uns überreich segnen: Wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten (Eph 1,6). Daran erinnert der Verlauf dieses Bächleins, das aus dem Heiligtum hervorkommt und am Brandopferaltar vorbeifließt.

Vers 2

Und er führte mich hinaus durch das Nordtor, und führte mich draußen herum zum äußeren Tore, des Weges zu dem gegen Osten gerichteten Tore; und siehe, Wasser rieselten von der rechten Torseite her.

Hesekiel wird durch das Nordtor aus dem Vorhof hinausgeführt. Das Osttor ist üblicherweise geschlossen (vgl. Hes 44,1-3). Von den Wassern heißt es nun, daß sie rieselten, zuerst also noch als ein kleines Bächlein. Sie passieren den äußeren Vorhof und fließen in der Nähe des Osttores weiter in Richtung Osten.

Verse 3-5

Und als der Mann gegen Osten hinaus-ging, war eine Meßschnur in seiner Hand. Und er maß tausend Ellen, und ließ mich durch die Wasser gehen - Wasser bis an die Knöchel; und er maß tausend Ellen, und ließ mich durch die Wasser gehen - Wasser bis an die Knie; und er mals tausend Ellen, und ließ mich hindurchgehen - Wasser bis an die Hüften; und er maß tausend Ellen - ein Fluß, durch den ich nicht gehen konnte; denn die Wasser waren hoch, Wasser zum Schwimmen, ein Fluß, der nicht zu durchgehen war.

Der kleine Fluß hält Uberraschungen bereit: Das Wasser nimmt beständig zu, ohne daß von einem Zufluß durch andere Bäche oder Zuleitungen die Rede ist. Das ist ein weiteres Wunder Gottes. Wir sehen darin ein Bild der stets zunehmenden Gnade und Segnungen, die während der Dauer des tausendjährigen Friedensreiches kein Ende finden werden. Das ist die Zeitspanne, in der Gott der Erde und ihren Bewohnern Segnungen in ungekanntem Maß zuströmen lassen wird. Schon früher wollte Gott vom Garten Eden aus die ganze Erde segnen: in 1. Mose 2 finden wir den Strom, der aus dem Garten Eden hervorkam, sich dann in vier Flüsse aufteilte, um die ganze Erde zu bewässern (er ergoß sich gleichsam in alle vier Himmelsrichtungen). Der Herr hat eine Meßschnur in der Hand. Alle tausend Ellen (etwa 500 m) muß Hesekiel sich in das Wasser begeben. Jedesmal ist das Wasser tiefer, bis er nicht mehr darin stehen kann. So unbegreiflich groß sind auch die Gnade Gottes und Seine Segnungen. Sie nehmen immer mehr zu, so daß wir schließlich darin untertauchen.

In der Bibel werden Längenmaße manchmal auch als Zeitmaß gebraucht (siehe Ps 39,4.5; Mt 6,27; Lk 12,25). Das kann für uns ein Anlaß sein, in den 4000 Ellen auch einen Hinweis auf die 4000 Jahre vor dem Kommen Christi zu sehen. Gott hat sich in den Jahrtausenden vor dem Kreuz immer weitergehend offenbart. Denken wir nur an die verschiedenen Epochen: (a) die Zeit vor der Flut, (b) die Zeit Abrahams und der Patriarchen, (c) Gottes Weg mit dem Volk (Mose) und (d) die Wiederherstellung aus der Gefangenschaft.

Doch als Christus, der Sohn Gottes, kam, als die Fülle der Zeit anbrach (Gal 4), war der Strom der Gnade so tief, daß man nicht mehr darin stehen konnte: Aus Seiner Fülle haben wir empfangen Gnade um Gnade Joh 1,16.17).

... AUS DESSEN LEIB WERDEN STROME LEBENDIGEN WASSERS FLIESSEN.

Nun eine persönliche Anwendung:

  1. Wasser bis an die Knöchel: Die Knöchel haben Bezug auf unseren Wandel. Gott will uns alle Gnade im Blick auf den Wandel darreichen (vgl. Eph 2,1-3.8-10).
  2. Wasser bis an die Knie: Welche Gnade ist es, wenn ein Mensch dahin geführt wird, Gott alles im Gebet vorzulegen und Ihm Anbetung darzubringen (Eph 3,14ff.). Denk an den Herrn Jesus, wie Er im Garten Gethsemane niederkniete, um zu beten (Lk 22,41).
  3. Wasser bis an die Hüften: Wenn jemand sich anschickte zu arbeiten, zog er das Gewand hoch und band es mit einem Gürtel um die Hüfte oder die Lenden. Kennen wir Gnade im Dienst für Gott und Sein Volk (Eph 4,10-16)?
  4. Wasser zum Schwimmen: Wandel, Gebet und Dienst treten zurück; nun taucht der Gläubige in den Strom der Gnade ein (oh 1,16).

Vers 6

Und er sprach zu mir: Hast du es gesehen, Menschensohn? Und er führte mich wieder zurück an dem Ufer des Flusses.

Sicher war Hesekiel so von dem beständig tiefer werdenden Strom beeindruckt, daß er nicht sah, was rechts und links um ihn war. Darum wird jetzt die Frage an ihn gerichtet: „Hast du es gesehen?" Wie viele Dinge mögen wir in unserem Leben übersehen? Wann nehmen wir uns die Zeit, all die Wunder Gottes um uns herum aufmerksam zu betrachten? Es ist kaum anzunehmen, daß die Bäume zur Rechten und zur Linken, die in Vers 7 erwähnt werden, noch nicht da waren, als Hesekiel an dem Fluß entlangging.

Hesekiel wird zurückgeführt. Auch für uns ist es gut, einmal Wege, die der Herr uns bereits geführt hat, zurückzuverfolgen. Wir sind sehr vergeßlich, wenn es um die Erinnerung an die Gütigkeiten Gottes in unserem Leben geht. Sicher würden auch wir staunen, wenn wir Gottes Wohltaten einmal aufzählen würden.

Im Hebräischen bedeutet „Ufer" zugleich „Lippen" (V. 6.7.12; vgl. dazu Sprüche 10,13.21.32). Ein schönes Beispiel für das Weiden durch die Lippen des Gerechten finden wir in Lukas 10, wo sich Maria zu den Füßen des Herrn Jesus niedersetzte. Siehe weiter Psalm 45,2; Hohelied 5,13; Lukas 4,22; Johannes 6,68: „Du hast Worte ewigen Lebens." Ist der Strom ein Bild von der Art und Weise, wie die verherrlichten Gläubigen im Friedensreich auf der Erde erscheinen werden, um die irdischen Heiligen zu belehren (vgl. den Engel bei Simsons Eltern, den sie erneut herbeiwünschten, um von ihm Belehrung zu empfangen - Ri 13,8)?

Vers 7

Als ich zurückkehrte, siehe, da standen an dem Ufer des Flusses sehr viele Bäume auf dieser und auf jener Seite.

Nun sieht Hesekiel die vielen Bäume auf beiden Seiten des Flusses. Auf diese Bäume wird noch einmal ausführlich in Vers 12 hingewiesen. Eine prophetische Anwendung: Die Bäume ziehen die Feuchtigkeit für das gute Wachstum aus dem Wasser des Flusses. Wenn nun die „Lippen" an die Worte der Gnade erinnern, kann man dann in den Früchten dieser Bäume nicht das Ergebnis der Verkündigung der Gnade im Friedensreich sehen? Die Frucht dieser Unterweisung finden wir unter anderem in Jesaja 53,11 und Daniel 12,3. Diese Bäume tragen Früchte, die zur Speise dienen, aber auch Blätter, die als Medizin zur Heilung dienen (siehe V. 12).

Vers 8

Und er sprach zu mir: Diese Wasser fließen hinaus nach dem östlichen Kreise, und fließen in die Ebene hinab und gelangen in das Meer; und werden sie in das Meer hinausgeführt, so werden die Wasser des Meeres gesund werden.

Nach den Mitteilungen über die Bäume erfahren wir nun, daß der Fluß sich weiter in Richtung Osten ergießt, und zwar nach dem östlichen Kreis. Die Fußnote gibt Aufschluß darüber, daß damit die Gegend oberhalb des Toten Meeres, also die Jordanebene, gemeint ist. Der Fluß gelangt schließlich in das Meer, das kein anderes als das Tote Meer sein kann. Die salzigen, unfruchtbaren Wasser des Toten Meeres werden durch diesen Flufs gesund. Übrigens ist der nördliche Zipfel des Toten Meeres lediglich 20 km Luftlinie von Jerusalem entfernt.

Völlig in Übereinstimmung mit der Beschreibung hier ist Joel 3,18: „Und alle Bäche Judas werden von Wasser fließen; und eine Quelle wird aus dem Hause des HERRN hervorbrechen und das Tal Sittim bewässern." Das Tal Sittim ist das unfruchtbare Jordantal oberhalb des Toten Meeres (siehe die Fußnote zu Joel 3,18). Das ist ein weiteres eindrucksvolles Wunder, das Gott in Verbindung mit diesem Fluß im Friedensreich wirken wird.

Vers 9

Und es wird geschehen, daß alle lebendigen Seelen, die da wimmeln, überall wohin der Doppelfluß kommt, leben werden. Und der Fische werden sehr viele sein; denn wenn diese Wasser dorthin kommen, so werden die Wasser des Meeres gesund werden, und alles wird leben, wohin der Fluß kommt.

Es wird im Toten Meer Fische geben, und zwar nicht nur große Mengen, sondern auch die verschiedensten Arten. Augenblicklich ist im Toten Meer aufgrund des hohen Salzgehaltes von 26% überhaupt kein Leben möglich.2

Der Fluß aus dem Heiligtum wird hier ohne weitere Erklärung der Doppelfluß genannt. Die Segnung der vielen Völker ist nicht das Thema der Prophezeiungen Hesekiels. Wir werden daher in seinem Buch vergeblich nach einer Erklärung suchen. Sacharja, der jedoch genau zu diesem Thema, der Wiederherstellung Jerusalems und der Segnung der Nationen, von Gott Gesichte bekam, geht auf die Erscheinung dieses Flusses näher ein: „Und es ... werden lebendige Wasser aus Jerusalem fließen, zur Hälfte nach dem östlichen Meere und zur Hälfte nach dem hinteren Meere" (Sach 14,8). Vorderes und hinteres Meer sind jeweils das Tote Meer und das Mittelmeer (vgl. Joel 2,20 einschließlich Fußnote).

Der Fluß wird sich also, bevor er in Richtung Osten abfällt, teilen. Die eine Hälfte nimmt dann eine Kehrtwendung und fließt Richtung Westen in das Mittelmeer. Das Mittelmeer ist als offenes Gewässer mit allen Weltmeeren verbunden. Gott wird im Friedensreich nicht nur Sein Volk Israel überreich segnen, sondern auch alle Völker der Erde.

In der Anwendung auf die heutige Zeit der Gnade können wir in dem Ausdruck „Doppelfluß" einen Hinweis auf das „Leben in Überfluß' sehen (Joh 10,10). Die Gläubigen des Alten Testaments kannten diese Segensfülle nicht, die durch den Herrn Jesus offenbar geworden ist. Wohl waren sie wiedergeboren, denn ohne die neue Geburt kann man das Reich Gottes nicht einmal sehen Joh 3). Doch sie kannten den Herrn Jesus nicht als das ewige Leben. Leben in und mit dem Herrn Jesus ist Leben in seiner reichsten Form: Es ist Gemeinschaft mit göttlichen Personen (Joh 17,3).

Es wird sehr viele Fische geben. Neben der wörtlichen Bedeutung ist dies ein Hinweis auf den Fischfang in Johannes 21,1-14: 153 Fische (12x12+3x3). Sind die Fische nicht in besonderer Weise ein Bild des Auferstehungslebens? Jona wurde im Bauch des Fisches bewahrt und am dritten Tag (dem Tag der Auferstehung) an das Land ausgespien.

Vers 10

Und es wird geschehen, daß Fischer an demselben stehen werden: von En-Gedi bis En-Eglaim werden Plätze sein zur Ausbreitung der Netze. Nach ihrer Art werden seine Fische sein, sehr zahlreich, wie die Fische des großen Meeres.

Es wird Fischfang am Toten Meer geben, und zwar von En-Gedi bis En-Eglaim (En = Quelle; Gedi = der Bock; Eglaim = zwei Kälber). Das sind zwei Orte am Westufer des Toten Meeres. Manche Ausleger sehen in diesen beiden Orten den jeweils nördlichsten und südlichsten Punkt des Toten Meeres.

In der übertragenen Bedeutung wird es also auch während des Friedensreiches den Dienst des Fischfangs geben. Es wird eine ununterbrochene Verkündigung des Evangeliums des Reiches geben, wodurch immer wieder Menschen zum lebendigen Glauben an Gott kommen werden. Gott wird in diesen tausend Jahren eine reiche Ernte einbringen. Er wird sich während des Friedensreiches eine sehr große Schar zubereiten.

Vers 11

Seine Sümpfe und seine Lachen werden nicht gesund werden, sie werden salzig bleiben.

Es wird im Friedensreich eine Erinnerung an die Folgen der Sünde geben, da die Sümpfe und Lachen nicht gesund werden. Bestimmte Gebiete werden nicht unter die segensvollen Wirkungen des Doppelflusses kommen. Es wird einen Bereich der Finsternis und der Nacht geben, in der sich die „Tiere des Waldes" regen. Bei Sonnenaufgang ziehen sie sich zurück und lagern sich in ihren Höhlen (Ps 104,20.22). So wie es Tiere gibt, die das Licht scheuen, so wird es im Friedensreich Menschen geben, die sich zwar äußerlich der Herrschaft Christi unterwerfen, nicht aber mit ihrem ganzen Herzen. Wenn am Ende des Friedensreichs Satan, der tausend Jahre gebunden sein wird, wieder freigelassen wird, wird er die Menschen ein letztes Mal verführen. Sie werden sich dann offen gegen Gott auflehnen und Jerusalem umzingeln (Offb 20,7-10).

Eine persönliche Anwendung und Frage dazu: Gibt es in Deinem und meinem Leben Bereiche, die wir der Wirksamkeit des Herrn Jesus und des Heiligen Geistes verschließen? Dann kann sich das neue Leben, durch das Gott uns segnen möchte, dort nicht entfalten. Hier kann sich die Sünde weiterhin schädlich auswirken.

Vers 12

Und an dem Flusse, an seinem Ufer, auf dieser und auf jener Seite, werden allerlei Bäume wachsen, von denen man ißt, deren Blätter nicht verwelken und deren Früchte nicht ausgehen werden. Monat für Monat werden sie reife Früchte tra-gen, denn seine Wasser fließen aus dem Heiligtum hervor; und ihre Früchte werden zur Speise dienen und ihre Blätter zur Heilung.

Das Flußufer ist besäumt mit Bäumen (V.7). Nun erfahren wir weitere Einzelheiten zu diesen Bäumen. Monat für Monat wird es reife Früchte geben. Es wird dort die verschiedenartigsten Bäume geben, von denen man ißt. Sicherlich wird mit dem Essen dieser Früchte ein besonderer Segen verbunden sein, wie es auch Gottes Absicht im Garten Eden war, insbesondere bei dem Baum des Lebens. Es wird in Palästina offensichtlich ein gleichbleibendes Klima geben, so daß während des ganzen Jahres Früchte geerntet werden können.

Außerdem haben die Blätter dieser Bäume eine besondere Funktion. Sie dienen zur Heilung. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es auf diese Weise Medizin für alle möglichen Krankheiten geben wird, so daß sie zu Beginn und während des Friedensreiches alle geheilt werden können (vgl. Ps 103,3). Welch ein Segen wird auf alle Weise mit diesem einzigartigen Strom aus dem Heiligtum verbunden sein.

Schluß

Zweifellos werden all diese Dinge, die hier beschrieben werden, buchstäblich stattfinden. Es wird wieder einen Tempel und den entsprechenden Tempeldienst geben; Opfer werden wieder dargebracht werden, und es wird auch diesen Strom geben, der zum Segen der gesamten Erde aus dem Heiligtum, der unmittelbaren Nähe Gottes, hervorkommen wird.

Darüber hinaus vermittelt diese Beschreibung uns einen Eindruck von den umfassenden Segnungen, die Gott über diese Erde ausschütten wird. Wenn schon die äußere Schöpfung unter einen derart gewaltigen Segen kommt, wieviel größer müssen dann die geistlichen Segnungen sein, die mit diesem Reich und der offenbaren Regierung des Herrn Jesus verbunden sind: Es wird Fülle von Frieden geben (Ps 72,7). „Die Erde wird voll sein [von] der Erkenntnis des HERRN, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken" (Jes 11,9). Welch unermeßlicher Segen ist allein in dieser Erkenntnis Gottes eingeschlossen.

Doch sollte diese Beschreibung nicht auch für uns ebenfalls eine tiefere geistliche Wirklichkeit vorbilden? Daran gibt es keinen Zweifel, wenn wir die Worte des Herrn Jesus lesen: „An dem letzten, dem großen Tag des Festes aber stand Jesus da und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war" (Joh 7,37-39).

Woran dachte der Herr, als Er sagte: „Gleichwie die Schrift gesagt hat'? Viele Ausleger glauben, daß Er genau an diesen Abschnitt in Hesekiel 47 dachte, mit dem wir uns nun beschäftigt haben. Der Segensfluß, der aus dem Heiligtum hervorkommt, ist ein Bild von den Segnungen, mit denen Gott unsere Umgebung erfrischen möchte. Unser Leib ist ja der Tempel des Heiligen Geistes geworden (1. Kor 6,19). Wenn wir also in Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus leben, können sich Ströme des Segens, durch die wir selbst beim Trinken erquickt worden sind, dann auch zu anderen ergießen. Das bedeutet, daß wir für andere Gläubige zu einer Quelle der Erfrischung werden. Und nicht nur das. Gott will uns benutzen, daß Menschen, die jetzt noch unter der Macht der Sünde stehen, sich bekehren. Wenn wir ihnen das frische Wasser des Wortes Gottes weiterreichen, wirkt zugleich der Heilige Geist an ihren Herzen, um sie durch die neue Geburt zu neuem Leben zu führen.

 

1 Die Zeit des Wohnens Gottes in der Stifthütte ist hier mit eingerechnet. 

2 Übrigens heißt das Tote Meer auf arabisch Al-Bahr al-Maijit oder Bahr Lut, d.h. „Lots Meer". Das Tote Meer erinnert uns an die Geschichte Lots und den Untergang Sodoms. Auch heute gibt es noch einen Ort Sodom am südlichen Zipfel des Toten Meeres.