Zum Nachdenken

Kreuzwege

Wer als Autofahrer in unbekannter Gegend an einer Kreuzung kommt, achtet selbstverständlich auf dort angebrachte Richtungshinweise. Natürlich muß er wissen, wohin er fahren möchte.

Auch unser Leben kennt Kreuzungen, an denen wir uns entscheiden müssen, oder besser gesagt, wo wir auf Richtungsschilder achten müssen, wenn wir das Ziel nicht verfehlen wollen. Zu unserem Bedauern müssen wir sicher alle zugeben, daß wir auf solche Hinweise nicht immer geachtet haben - das werden besonders die älteren unter unseren Lesern bestätigen. Sollten die jüngeren von deren Erfahrungen nicht profitieren?

Der bedeutsamste Augenblick in unserem Leben ist ganz eindeutig der, an dem wir überhaupt erst unseren Lebensweg in die Hände des Heilandes gelegt ha-ben, wo wir Ihn, den Herrn Jesus, kennenlernten und im Glauben erkannten, daß Er unsere ganze Schuld in Gottes Gericht getragen hat; als wir Errettung (Heil) und ewiges Leben empfingen. Von nun an hatten wir einen Herrn, dem wir uns ganz anvertrauen konnten und der uns in Seiner Liebe führt. Jetzt geht es für uns darum, das richtige Ziel zu errei-chen, was der Apostel Paulus mit folgenden Worten beschreibt: „Ich jage, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampf-preis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus" (Phil 3,14).

Eine erste Kreuzung auf unserem Lebensweg ist dann erreicht, wenn ein junger Mensch die Frage der Berufswahl vor sich hat. Bis hierhin hatten meist die Eltern entsprechend den Fähigkeiten des Kindes die schulische Laufbahn bestimmt; jetzt kommen entscheidende Fragen auf den jungen Mann oder das junge Mädchen zu, wichtige Fragen deshalb, weil der gewählte Beruf - jedenfalls in den meisten Fällen - für Jahrzehnte des Lebens einen großen Teil seiner Kraft und seiner Zeit beanspruchen wird.

Dabei stehen auch ganz praktische Fragen auf der Tagesordnung: Soll sofort eine Berufsausbildung begonnen werden? Soll ein Studium aufgenommen werden, ist die Fähigkeit und Ausdauer dazu vorhanden? Ein „Hinweisschild" sollten wir jedenfalls schon hier nicht über-sehen, nämlich dieses: Wähle einen Weg, auf dem du die Zustimmung des Herrn und Seine Gemeinschaft erfahren kannst! Ein weiteres Schild mag folgendes aus-sagen: Hüte dich vor einem Weg, der dich in Gefahr bringt, in der Welt etwas darzustellen!

Natürlich hat der junge gläubige Christ eine ganz persönliche Verantwortung in diesen Fragen, aber wenn er gläubige Eltern hat, dann ist auch deren Rat von höchstem Wert (Spr 6,20.21). Vor allem sollte die gesunde Verbindung zum Elternhaus nie abbrechen. Noch einmal kurz: Die Interessen und Fähigkeiten bilden den einen Aspekt bei der Berufswahl, der andere - wichtigere - ist die Frage, ob ich bei dem zu wählenden Beruf mein „geistliches" Leben pflegen kann oder ob es dafür nicht mehr genügend Zeit gibt. Eine dritte Überlegung ist, warum ich einen bestimmten Beruf anstrebe: um meinen Lebensunterhalt zu verdienen oder etwa, um „viel" zu verdienen oder auch in der Welt „groß herauszukommen" und angesehen zu sein. Unser Herr war bereit, den Beruf eines Zimmermanns zu erlernen und auszuüben, wo er als der demütige Mensch mit seinem Vater arbeitete.

Ist dann die Berufsausbildung abgeschlossen, ist man wieder an einer „Kreuzung" angekommen. Die Frage steht an, wo man seinen Beruf ausüben soll oder kann. Gerade die letzte Frage ist in der heutigen Zeit aktueller als vor zwanzig oder dreißig Jahren, als Arbeitslosigkeit noch selten war. Manch einer hat darin eine herbe Enttäuschung erlebt, daß seine Vorstellungen von seinem Berufsleben sich nicht erfüllten. Und da sehen wir vielleicht plötzlich ein „Hinweisschild", das uns zum Stillstehen und zu Vertrauen auf den Herrn auf-fordert. Und dann richtet Er unseren Blick auf einen Richtungsanzeiger, der uns ein anderes Arbeitsfeld, einen anderen Ort an-gibt, wo wir eine Aufgabe erhalten. Und dann wieder das Warnschild, nicht wegen der vielleicht größeren Entfernung die Zusammenkünfte der Gläubigen und ihre Gemeinschaft zu vernachlässigen.

Eines dürfen wir jedenfalls sicher wissen, nämlich, daß der Herr uns auf dem von Ihm erbetenen und gezeigten Weg segnen und glücklich machen wird und daß ein eigenwilliger Weg ohne Ihn sicher zu unserem Schaden ist.

Ohne es vielleicht richtig bemerkt zu haben, sind wir an einer Kreuzung angelangt, an der wir gut aufpassen müssen, wen wir „Zu uns einsteigen lassen": wir möchten nicht gern allein sein und suchen Anschluß bei anderen, bei Altersgenossen und Kollegen. Dieser oder jener ist uns sympathisch, und wir haben wohl auch einige gemeinsame Interessen. Warum nicht gut Freund sein und gemeinsame Aktivitäten un-ternehmen? Aber halt! Wie weit darf meine „Freund-schaft" gehen? Kann ich ihm oder ihr von meinem Herrn erzählen, von meinem festen Entschluß, meinem Herrn zu folgen? Oder noch anders gefragt: Liebt er, liebt sie auch den Herrn Jesus? Können wir deshalb diese gleiche Freude teilen? Die Weisheit, die sich an einer solchen Stelle aufgestellt hat (vgl. Spr 8,1.2) sagt zu uns: „Doch es gibt einen [Freund], der liebt und anhänglicher ist als ein Bruder" (Spr 18,24). Wenn dieser „beste", dieser wunderbare Freund auch der Freund unserer „Freunde" ist, dann können wir erst wirklich „gemeinsame Sache" machen, einen gemeinsamen Weg Ihm nach gehen!

Ein Hinweisschild aber wollen wir nicht übersehen: Daß es sich hier nicht um Freundschaften zwischen einem jungen Mann und einem jungen Mädchen handeln kann, macht Gottes Wort sehr deutlich (Spr 4,23): freundschaftliche Gefühle bleiben dann nicht frei von der natürlichen Anziehungskraft des anderen Geschlechts.

Das führt zum nächsten, ungemein wichtigen Kreuzungspunkt, wo die Frage entschieden wird, welchen Partner fürs Leben der Herr uns zeigt und schenkt. Wir sollten keine andere Richtung einschlagen als diese: „Eine einsichtsvolle Frau kommt von dem HERRN" (Spr 19,14) und: "Wer eine Frau gefunden, hat Gutes gefunden und hat Wohlgefallen erlangt von dem HERRN" (Spr 18,22).

Diese Frage ist in dieser Zeitschrift schon ausführlich behandelt worden (siehe Heft 1/94), und deshalb möchte ich nur noch einmal auf das deutliche Richtungsschild an dieser Kreuzung hinweisen (eigentlich ist es nicht nur ein „Gebotsschild", sondern sogar ein „Verbotsschild" für jede andere Richtung!) Es lautet: „Nur im Herrn!" (1. Kor 7,39). Darum gilt es, auf den Knien die Gedanken für mich von dem Herrn zu erbitten; Eigenwille in dieser Frage hat traurige Folgen.

Übrigens fährt der gläubige Christ auf seiner Lebensfahrt nicht allein, er darf sich freuen, den sichersten Führer überhaupt bei sich zu haben, der ihm immer wieder die Richtung weist. Es ist eben für ihn nicht so, wie es in einem modernen, traurigen Lied heißt:

Die Kreuzwege des Lebens gehn wir immer ganz allein. Allein, wir sind allein...

Nein, wir sind gar nicht allein. In allen Fragen des Lebens haben wir Ihn, den guten Hirten und treuen Führer, und Er sagt: „Das Wort, das ich mit euch eingegangen bin .... und mein Geist bestehen in eurer Mitte: Fürchtet euch nicht!" (Hag 2,5). Darum wollen wir Ihm folgen!