Aktuelles
Entfremdung
Nun ist es gut fünfzig Jahre her, daß nach dem Ende des zweiten Weltkrieges große Karawanen von Flüchtlingen aus dem Osten in der neuent-stehenden Bundesrepublik eine Heimat suchten. Sie waren Vertriebene, die häufig über Nacht Haus und Hof verlassen mußten. Viele alte Menschen überlebten die wochenlangen Reisen nicht und erlagen den Folgen großer Kälte oder hartnäckiger Krankheiten. Ein Einzelfall? In den letzten Jahren sind Millionen von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien geflohen; wie viele Menschen waren es in Ruanda? Alle diese Menschen flohen und wurden entwurzelt.
Der Große Brockhaus gibt als Begriffserklärung für Entfremdung: „Allgemein versteht man als Entfremdung ... die Situation der Entwurzelung und des 'Unbehaustseins' in der anonymen, unüberschaubaren Zivilisation." Die Bibel kennt den Begriff der Entfremdung sehr gut, sowohl dem Wort als auch der Sache nach. In zwei Briefen des Apostels Paulus lesen wir von der Entfremdung des Menschen von Gott, und zwar einmal in Epheser 4,18, wo es heißt, daß Menschen vor ihrer Umkehr zu Gott dem Leben Gottes entfremdet wa-ren, und in Kolosser 1,21, wo es heißt, daß Gläubige einst entfremdet waren und nun versöhnt sind mit Gott. Eine weitere Bibel-stelle, die von Entfremdung handelt, findet sich in dem bekannten Psalm 69, wo David sagt: „Entfremdet bin ich meinen Brüdern, und ein Fremdling geworden den Söhnen meiner Mutter" (V. 8). In seinem tiefen Elend ruft Hiob aus: „Und meine Bekannten sind mir ganz entfremdet" (Hiob 19,13).
Diese Beispiele zeigen uns verschiedene Ent-fremdungen, und zwar
- zwischen ganzen Völkern
- zwischen Gott und Menschen
- zwischen einzelnen Menschen (sogar engen Verwandten).
Frank Wallace weist in diesem Heft auf den hohen Wert von Freundschaften hin. Ist unsere moderne Zeit nicht arm an echten Freundschaften? Wir sind weniger aufeinander angewiesen. Der Staat übernimmt in großen Bereichen die Fürsorge für seine Bürger. Man braucht einander nicht mehr wie früher. Wir sind gegen alle Eventualitäten versichert. Die enorme Mobilität erlaubt eine Menge von Bekanntschaften auf große Entfernungen hin, die leider häufig oberflächlich bleiben. Für Briefeschreiben ist oft wenig Zeit, man greift lieber zum Telefonhörer. Zeiten des Urlaubs werden vornehmlich zur Entspannung ver-wendet, um die nötige Erholung von mancherlei Streß im Beruf zu gewinnen.
Leider muß man heutzutage beobachten, wie jahrelange oder sogar jahrzehntelange Freundschaften zerbrechen. Irgendwann ist eine Störung der Freundschaft, eine Entfremdung eingetreten. Ein besonders tragisches Symptom unserer kranken Gesellschaft ist die Entfremdung von Eheleuten. Statistiken zeigen, daß die Scheidungsrate bei ungefähr 50 Prozent liegt. Zunehmend kommt es sogar zu Ehescheidungen unter wiedergeborenen Christen.
Die Wurzel der Entfremdung
Es gibt jemand, dem grundsätzlich jede Freundschaft und jede glückliche Ehe, ja, jede Art von Frieden und Gemeinschaft ein Dorn im Auge ist. Das ist der TEUFEL. Er hat allerdings einen Verbündeten in uns, in der alten Natur des gefallenen, sündigen Menschen. Beide arbeiten gut zusammen. Doch wir wollen nicht leichtfertig die Schuld an so mancher Entfremdung dem Teufel zuschieben. Dennoch bleibt es wahr, daß er der Ursprung aller Zerstörung in dieser Welt ist (Joh 8,44), dem es gelang, bereits das erste Menschenpaar von Gott zu entfremden.
Das Problem der Entfremdung ist so alt wie die Menschheit: „Und die Schlange war listiger als alles Getier des Feldes, das der HERR Gott gemacht hatte; und sie sprach zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baume des Gartens? Und die Frau sprach zu der Schlange: Von der Frucht der Bäume des Gartens essen wir; aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens ist, hat Gott gesagt, davon sollt ihr nicht essen und sie nicht anrühren, auf daß ihr nicht sterbet. Und die Schlange sprach zu der Frau: Mit nichten werdet ihr sterben! Sondern Gott weiß, daß, welches Tages ihr davon esset, eure Augen aufgetan werden, und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Bö-ses. Und die Frau sah, daß der Baum gut zur Speise, und daß er eine Lust für die Augen, und daß der Baum begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Manne mit ihr, und er aß" (1. Mo 3,1-6). Wahrscheinlich ist der Sündenfall schon sehr bald nach der Erschaffung des Menschen eingetreten. Es ist der Schlange gelungen, Eva zu verführen.
Wir wollen kurz die wesentlichen Elemente der Verführung zusammenfassen:
Die Schlange hat
- Gottes Wort in Frage gestellt: „Hat Gott wirklich gesagt?"
- Gott offen der Lüge bezichtigt: „Mit nichten werdet ihr sterben."
- Gott als ungerecht und lieblos hingestellt, ihnen etwas vorzuenthalten: „Gott weiß, daß ... eure Augen aufgetan werden, und ihr sein werdet wie Gott."
Durch diese wenigen Worte hat Satan Miß-trauen in das Herz Evas Gott gegenüber ge-sät. Er hatte damit Erfolg. Schon war die Entfremdung zwischen Gott und dem Menschen vollzogen. Der Mensch wurde durch die Übertretung des ausdrücklichen Gebotes Gottes nicht nur ein Sünder, sondern eine der schrecklichen Folgen des Sündenfalls besteht darin, daß der Mensch fortan ein Feind Gottes wurde. Nicht Gott sah in dem Menschen Seinen Feind, nein, der Mensch sah und sieht bis heute in Gott seinen Feind. Entfremdung führt zu FEIND-SCHAFT.
Wie hat Gott auf die Entfremdung geantwortet?
Gott überließ den Menschen jedoch nicht seinem Schicksal, sondern ging ihm sofort nach. Noch an demselben Tag kam Gott in den Garten, um nach Adam und Eva zu sehen. Er stellte den beiden die Folgen ihrer Sunde vor, ohne sie zu verfluchen. Gott gab unmittelbar die erste Verheißung, nämlich, daß einmal der Same der Frau (Christus) der Schlange (dem Teufel) den Kopf zertreten würde (1. Mo 3,15). Außerdem bekleidete Er die beiden und bedeckte so ihre Schande. Dafür mußte Er unschuldige Tiere schlachten, so daß Er deren Felle für die Kleidung verwenden konnte.
Die Bibel ist ein einzigartiges Zeugnis der Liebe Gottes zu den Menschen. Auf alle erdenkliche Weise bemüht Gott sich, das Vertrauen des Menschen wiederzugewinnen. Als Krönung aller Bemühungen Gottes bietet Er dem Menschen die Versöhnung an: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle [Gottes], in ihm [Christus] zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen -, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes .. .. und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde waret nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er aber nun versöhnt" (Kol 1,19-21). Gott fleht den gefallenen Menschen durch Seine Boten, die das Evangelium verkündigen, an: „Laßt euch versöhnen mit Gott!" (2. Kor 5,20). Versöhnung ist die Überwindung der Feindschaft.
Der Teufel hat alles getan, um den Menschen von Gott zu entfremden - Gott hat alles getan, um den Menschen mit sich zu versöhnen und sich dazu eines Mittlers be-dient. Und dieser Mittler ist JESUS CHRISTUS (1. Tim 2,5). Er ist Gott und Mensch in einer Person. Er ist Mensch geworden, um uns Menschen mit Gott zu versöhnen. Er kannte die Gerechtigkeit Gottes und die Sündhaftigkeit des Menschen. Die Lösung des Problems der Feindschaft des Menschen zu Gott hat Er dadurch bewirkt, daß Er der Gerechtigkeit Gottes im Gericht über die Sünde auf Golgatha entsprochen hat, indem Er die Sünde des Menschen auf sich nahm. Auf diese Weise ist Er der Erretter für alle Menschen geworden, die an Ihn glauben.
Entfremdung zwischen Menschen
Wir haben bisher gesehen, daß Entfremdung durch den Verlust oder die Untergrabung des Vertrauens entsteht. Wenn einmal Entfremdung eingetreten ist, kommt es meist sehr schnell zur Feindschaft. Mißtrauen steckt uns tief im Blut. Müssen wir uns nicht immer wieder dabei ertappen, daß wir Gott doch nicht vertrauen? Selbst wiedergeborene Christen stehen in der beständigen Gefahr, ihr Vertrauen auf Gott aufzugeben. Wundert es uns da, daß wir häufig auch Menschen, denen wir eine Zeitlang vertraut haben, doch wieder mißtrauisch begegnen? Mißtrauen zerstört jedoch jede Freundschaft.
Ein zweiter Grund, der zur Entfremdung führen kann, ist das Aufnehmen falscher Informationen über jemand anders. Satan stellte Gott Eva gegenüber als nicht vertrauenswürdig dar und bediente sich dabei der Lüge. Salomo spricht von diesem Problem, wenn er sagt: „Ein verkehrter Mann streut Zwietracht aus, und ein Ohrenbläser entzweit Vertraute" (Spr 16,28). Wie viele Freundschaften und gute Beziehungen mögen schon durch böse Gerüchte zerbrochen worden sein!? Laßt uns alles, was wir über andere hören, auf seinen Wahrheitsgehalt prüfen. Und wenn wir das nicht können, müssen wir Gerüchte zurückweisen. Andernfalls machen wir uns eines Verstoßes gegen 2. Mose 23,1 schuldig: „Du sollst kein falsches Gerücht aufnehmen."
Ein dritter Grund scheint mir darin zu lie-gen, daß zwei Menschen einander nicht von Herzen vergeben können. Christen leben aus der Gnade und der Vergebung. Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht die Vergebung Gottes in Anspruch nehmen müßten. Je näher nun Menschen miteinander umgehen und sich dadurch sehr gut kennen, um so nötiger ist es, daß sie einander in einer vergebenden Haltung begegnen. Wir sollten uns niemals zu fein sein, uns zu entschuldigen - ob nun in der Familie, im engeren Geschwi-sterkreis, am Arbeitsplatz, in der örtlichen Gemeinde oder wo auch immer: wir brauchen die Vergebung. Wo man sich nicht ent-schuldigt, wird Vertrauen untergraben, was schließlich ebenfalls wieder zur Entfremdung führt. Wie viele Ehen mögen schon deshalb zerbrochen sein, weil man sich nicht von Herzen vergeben konnte und alte Sachen immer wieder hervorholte!?
Ein weiterer Grund ist die Abwendung von einem Freund, der in Not gerät. Natürlich kann man den Wert einer Freundschaft in Frage stellen, die im Augenblick der Not zerbricht. Ist ein Freund nicht gerade für die Zeit der Bedrängnis geboren (Spr 17,17)? Ein Freund liebt zu aller Zeit. Eine solch schmerzliche Erfahrung einer Entfremdung empfanden David und Hiob (siehe oben).
Schritte zur Überwindung der Entfremdung
Entfremdung kann nur dadurch überwunden werden, daß man beginnt, gegenseitig wieder Vertrauen aufzubauen. Dazu muß man erneut anfangen, dem anderen Liebe zu erzeigen. Vertrauen zu verlieren, ist manchmal schnell geschehen. Vertrauen wiederzugewinnen kann ein schwieriger Weg sein. Wieviel hat es Gott gekostet, den Menschen mit sich zu versöhnen! Aber es ist ein großartiger Weg. Gott hat die Feindschaft des Menschen mit Seiner Liebe überwunden.
Es kann sein, daß die Entfremdung zwischen Menschen so tief sitzt, daß sie von sich aus nicht mehr aus diesem Dilemma herauskommen. Dann ist es hilfreich, sich eines Mittlers zu bedienen. Voraussetzung für einen Mittler ist es, daß er das Vertrauen der beiden feindlichen Parteien hat. Ein Mittler muß sich durch Unparteilichkeit aus-zeichnen. Es muß für alle deutlich erkennbar sein, daß er das Wohl der streitenden Parteien im Auge hat. Er muß von echter Liebe zu allen Beteiligten durchdrungen sein.
Bei einer Vermittlung ist es erforderlich, sich gründlich mit den Problemen beider Seiten zu beschäftigen. Ein Mittler muß gut zuhören können. Nicht zuletzt bedarf er der Hilfe Gottes, die er sich durch die Abhängigkeit im Gebet erbittet und die er durch die Weisheit empfängt, die er aus dem Wort Gottes schöpft.
Ist es nicht eine großartige Aufga-be, zu einem Friedensstifter zu werden? Kann Gott Dich und mich zu solch einem Dienst gebrauchen?
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