Nachgedacht
Die kananäische Frau
Nachdem der Herr Jesus in einer Auseinandersetzung mit den Pharisäern den Widerspruch zwischen deren Überlieferungen und den Geboten Gottes aufgezeigt hat, wendet Er sich nun von der menschlichen Religion, ihren Vorschriften und ihrer Heuchelei ab. Er begibt sich in eine Gegend, in der keine solche Anmaßung zu finden ist, zu Seelen, die in Not sind und die Ihn brauchen. Eine arme, schwer geprüfte Fremde hat von dem Herrn Jesus gehört und macht Ihn ausfindig (Mk 7,24f.). Sie lebt mit ihrer Tochter zusammen, die auf grausame Weise von einem Dämon heimgesucht wird. Tag für Tag wird sie dadurch in ihren Gefühlen tiefster Zuneigung verletzt. Wer sollte sie aus ihrem Elend retten können? Sicherlich nicht die Religion mit ihren Vorschriften, ebensowenig die Tra-dition. Aber die Frau hat von jenem großen Propheten in Israel gehört, der Dämonen austreibt. Er ist nun ganz in ihrer Nähe. Sie sucht Ihn, findet Ihn und bringt ihre Bitte vor Ihn.
Sie schreit ihren Schmerz hinaus: „Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids!" Doch der Herr antwortet ihr nicht ein Wort. Hat Er kein Mitempfinden für die Verzweiflung ihrer Seele? Ganz im Gegenteil: Noch bevor sie den Mund öffnete, hatte Er bereits in Seinem Mitleid das Elend dieser Frau auf sich geladen (Mt 8,17). Aber Er wird sie auf die Probe stellen, um ihren Glauben erstrahlen zu lassen.
Die Frau ist eine Kananäerin. Dieses von Anfang an verfluchte Volk (1. Mo 9,25) sollte wegen seiner Ungerechtigkeit durch das Volk Israel ausgelöscht werden (2. Mo 23,23; 5. Mo 7,1). Deshalb hat jetzt der Herr als der „Sohn Davids" mit einer Tochter Kanaans nichts mehr zu tun; denn unter diesem Titel war Er gekommen, um allein Seinem Volk Segen zu bringen (vgl. Mt 10,5ff.). Wenn auch Israel selbst die Stimme seiner Propheten vergessen hatte, kann das den Herrn Jesus von seinem Auftrag nicht abbringen (V. 24). Warum also ruft diese Syro-Phöni-zierin den Herrn als „Sohn Davids" an? Meint sie, ihre Chance, gehört zu werden, sei größer, weil unter diesem Titel viele in Israel geheilt wurden (vgl. Mt 9,27)? Doch unter diesem Titel wird der Herr auch kom-men, um zu regieren und alle Völker, die Feinde Israels sind, zu vernichten: Die Frau gehört zu einem dieser Völker.
Der Herr antwortet also kein Wort. Seine Jünger deuten dieses Schweigen auf ihre Weise: Für sie hat diese Fremde kein Recht darauf, von dem Messias Israels etwas zu bekommen. Sie schreit hinter ihnen her, sie belästigt sie, der Meister soll sie nur fort-schicken. Welche Herzenshärte! Die Jünger können nicht einschätzen, was in diesem Augenblick im Herzen des Herrn Jesus vor sich geht. Nicht hinter ihnen schreit die Frau her, sondern sie ruft den Herrn an. Und Ihn läßt der schmerzliche Ruf nicht ungerührt.
„Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel": Die Antwort des Herrn scheint eine klar formulierte Abweisung zu sein, die in dieser Fremden nur eine tiefe Enttäuschung hervorrufen kann, zweifellos Verwirrung, vielleicht sogar innere Auflehnung. Doch nichts dergleichen geschieht. Im Gegenteil, die Frau nähert sich dem, der sie abweist. Anstatt ihre Verbitterung auszudrücken, huldigt sie Ihm, und das ist sicherlich der bemerkenswerteste Augenblick in dieser Begebenheit. Dann sagt sie: „Herr, hilf mir!" Das ist ihre zweite Bitte, sehr kurz, in nur drei Worten, aber die genügen, um alles zu sagen: „Herr": Du hast alle Autorität über diesen Dämon; „hilf mir": komm zu meiner Rettung, befreie mich, heile meine Tochter! Zähle uns zu den verlorenen Schafen!
Der Herr erhört sie immer noch nicht. Seine Worte scheinen sich nun zu einem Schwert zu verhärten, das die Seele dieser Mutter durchschneidet: „Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hündlein hinzuwerfen". - „Ja, Herr!" Diese Frau nimmt den Platz des „Hundleins" ein: ge-mein, unrein, verachtet. Sie will dies sein, um die Brosamen zu erhalten, die die Kinder nicht wollen.
Darauf kann der Herr antworten. Wohl kann Er den Zaun, der Israel von den unreinen Nationen trennt, nicht niederreißen, aber Er kann ihn überwinden. Diese Frau nimmt bewußt den Platz einer Kananäerin ein: sie ist verachtenswert, sie hat keinerlei Rechte, aber sie erwartet alles von der Gnade Gottes. „Dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst." Wie Er es schon zuvor getan hatte (Mt 8,10), hebt der Herr den großen Glauben der verachteten Fremden hervor, die den Kindern Israels zum Beispiel wurde. Er bestätigt einmal mehr, daß die Erhörung nicht hinter dem Maß des Glaubens zurückbleibt (Mt 9,29).
Was wir daraus lernen können: Waren wir nicht auch „Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung ha-bend" (Eph 2,11-19)? Sind wir nicht diese verlorenen Schafe, die zu suchen und zu retten der Herr Jesus gekommen ist? Die trennende Mauer ist jetzt niedergerissen. Ein neuer Weg ist durch das Blut des Herrn Jesus allen eröffnet, und die einst fern wa-ren, sind jetzt nahe geworden. Der Glaube antwortet so auf die völlige Gnade Gottes und ergreift Besitz von seinem kostenlosen Heil. Er kann sich nun in völligem Vertrauen auf Seine Liebe und Sein Mitleid äußern, mit der Beharrlichkeit, die diese Mutter in ihrer schweren Erprobung gezeigt hat. Haben wir nicht in unserer Familie Kinder, die Satan auf vielerlei Weise zur Beute gefallen sind? Seien wir beharrlich wie diese Kanaa-näerin, nehmen wir ihren Platz ein: Er wird antworten, wenn Er unseren Glauben erprobt hat.
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