Bibel erklärt

Biblische Begriffe

Wiederum habt ihr gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht fälschlich schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen.

Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht; weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron; noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel; noch bei Jerusalem, denn sie ist des großen Königs Stadt; noch sollst du bei deinem Haupte schwören, denn du vermagst nicht, ein Haar weiß oder schwarz zu machen. Es sei aber eure Rede: Ja, ja; nein, nein, was aber mehr ist als dieses, ist aus dem Bösen." So lesen wir in der sogenannten „Berg-predigt" des Herrn Jesus (Mt 5,33-37).

Was ist „schwören"? Was ist „beschwören"?

Aus dem Zusammenhang der zitierten Stelle erkennen wir, daß „schwören" bedeutet, eine Aussage zu bekräftigen, indem man etwas „Höherstehendes" zum Zeugen nimmt. Der „aussagekräftigste" Schwur war (ist) natürlich der Schwur vor Gott. Ihn als Zeugen zu nehmen, drückt aus, daß man absolut die Wahrheit sagt. Die Juden hatten hier im Lauf der Zeit wegen des unter ihnen verbreiteten Unglaubens berechtigte (!) Furcht, „vor Jahwe, vor Gott" zu schwören, und so waren sie auf den „Ausweg" verfal-len, statt dessen bei einer „ähnlich" hohen Instanz wie z.B. dem Himmel, dem Tempel, schließlich sogar dem Gold des Tempels oder beim Altar oder - wie die Pharisäer meinten - noch besser bei der Gabe auf dem Altar (s. Mt 23,16ff.) zu schwören! Diese Verhaltensweisen des unwahrhaftigen Menschen, der keine echte Gottesfurcht kennt (s. Jes 48,1; Jer 5,2 u.a.), tadelt der Herr Jesus und weist die Jünger und die gottesfürchtigen (und zum gläubigen „Uberrest" gehörenden) Juden darauf hin, daß ein klar ausgesprochenes „Ja" oder „Nein" genügt, um der Wahrheit die Ehre zu geben.

Im Alten Testament hatte Gott dem Volk gesagt, daß es zur feierlichen Bestätigung einer Zusage oder Aussage bei Ihm schwören solle, aber auch nur bei Ihm und nicht bei „fremden Göttern" (s. 5. Mo 6,13; 10,20; Jos 23,7; Mal 3,5 u.a.). Dies war stets eine feierliche Angelegenheit, wenn es auch sein konnte, daß jemand leichtfertig zum Ausdruck brachte: „So wahr der HERR lebt ..." was eine Eidesformel war.

Eine besonders ergreifende Szene finden wir in 1. Mose 22, wo Gott nach der Versuchung des Glaubensgehorsams Abrahams, Seines „Freundes" (Jes 41,8; Jak 2,23), „bei sich selbst" schwört, daß Er ihn reichlich segnen und seinen Samen mehren wird „wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist" (V.16.17). Darauf weist im Neuen Testament der Schreiber des Hebräerbriefs hin, wenn er sagt: „Denn als Gott dem Abraham Verheißung gab, schwur er, weil er bei keinem Größeren zu schwören hatte, bei sich selbst ..." (Heb 6,13).

So finden wir manche Begebenheiten, wo jemand andere - mehrfach sogar das ganze Volk Israel - schwören ließ, weil es ihm um eine sehr wichtige Sache ging: Abraham z.B. läßt seinen Knecht schwören wegen einer Frau für Isaak, Joseph seine Brüder wegen des Begräbnisses im Land Kanaan, Jonathan den David wegen seiner Nachkommenschaft unter Davids Königtum.

Aber auch den abgewandelten Begriff des „Beschwörens" finden wir. Er unterscheidet sich von unserem umgangssprachlichen Ausdruck: „Das kann ich beschwören", womit eine Beteuerung gemeint ist im Sinne von „ich schwöre, daß dies wahr ist." Die „Beschwörung" bzw. das Verb „beschwören" kommt im Alten Testament in zweierlei Bedeutung vor:

1. Es bedeutete, daß man jemanden vor Gott stellte, um eine wahre Aussage zu „erzwingen", weil dadurch seine Verantwortlichkeit vor Gott mit einer Konsequenz verbunden wurde, nämlich daß ihn bei Falschaussage der Fluch Gottes traf. Ein Beispiel dafür finden wir in 4. Mose 5.19.21. Der Fall einer vermuteten Untreue einer Ehefrau sollte auf diese Weise - verbunden mit dem Speisopfer der Eifersucht und fluchbringendem Wasser der Bitterkeit - aufgeklärt werden, so daß die Wahrheit ans Licht kam. In jedem Fall, wo jemand „die Stimme des Fluches", eine Beschwörung, hörte, mußte er unbedingt ein wahres Zeugnis abgeben (s. Mo 5.1: Spr 29.24 b), wenn er von einer begangenen Sünde wußte. Diese Beschwörung wendet der Hohepriester Kajaphas in der finsteren Nachtsitzung des Synedriums an, wo er die erklärte Absicht hat, unseren Herrn zum Tod zu verurteilen. Er mißbraucht sie eindeutig, denn sie hatte ja zum Zweck, daß der Augenzeuge einer Sünde oder jemand, der in eine Sünde eingeweiht war, sie unbedingt anzeigen mußte. Der Herr sollte bezeugen - was das ganze Synedrium wußte -, daß Er der Christus, der Sohn Gottes" war; und dies stellte der Hohepriester als die zu bezeugende Sünde dar. Es war eine unglaubliche und schändliche Verdrehung der Wahrheit durch diesen gottlosen, unwürdigen Hohenpriester, der dann selbst das Gebot Gottes übertrat, daß ein Hoherpriester sein Gewand nicht zerreißen durfte: Da zerriß der Hohepriester seine Kleider.." (Mt 26.63.65). Und der Herr, der geschwiegen hatte gleich dem Lamm. welches zur Schlachtung seführt wird. und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern" (es 53:7). in dessen Mund" kein Trug war (es 53.9), antwortete auf die beschwörende Stimme in göttlicher Würde: „Du hast es gesagt."


2. Andererseits bedeutet „jemanden beschwören" auch einfach, daß man ihn inständig und mit großem Ernst um etwas bittet. Das können wir im Lied der Lieder, im Hohenlied, fünfmal lesen, wo die Braut die Töchter Jerusalems inständig bittet: Ich beschwöre euch, .. daß ihr nicht wecket noch aufwecket die Liebe, bis es ihr gefällt" (2,7: 3:5 S.4) und sie bittet, daß sie dem Bräutigam sagen mögen, wie sehr sie, die Braut, ihn liebt (5.8.9). Dennoch ist auch hier der Gedanke vorhanden, daß man seine Bitte „vor Gott" ausspricht, um ihr höchstes Gewicht zu verleihen. In diesem Sinn schreibt der Apostel Paulus an die Thessalonicher: Ich beschwöre euch bei dem Herrn, daß der Brief allen heiligen Brüdern vorgelesen werde" (1. Thes 5.27).

Ein anderes, aber im Sinn ähnliches Wort (gr. (dia)martyromai) wird in der Elberfelder Übersetzung in Apostelge-schichte 2,40 mit beschwören", im übrigen aber mit ernstlich (oder: eindringlich| bezeugen" übersetzt und durch den Apostel Paulus bei zwei Gelegenheiten (1. Tim 5.21 u. 2. Tim 4.1) mit dem Zusatz: vor Gott und Christus Jesus" verschen. Wir erkennen hier, wie ernst es dem Apostel mit seiner Aufforderung ist: Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der da richten wird Lebendige und Tote, und bei seiner Erscheinung und seinem Reiche: Predige das Wort, halte darauf (oder: stehe bereit) in gelegener und ungelegener Zeit: überführe, strafe loder: weise zurecht), ermahne mit aller Langmut und Lehre!" (2. Tim 4.1.2).

Zum Schluß ein kurzes Wort über die Möglichkeit des Mißbrauchs des „Beschwörens" Immer, wenn es sich im Alten Testament um „Beschwörer", einen „Beschwörergeist" oder „Totenbeschwörer" handelt, sind dämonische Kräfte am Werk, die Satan benutzt, um Menschen unter seine Gewalt zu bringen. Ein Mann wie König Saul, der schon von Gott verworfen war, geriet gänzlich unter das Gericht Gottes, weil er eine Totenbe-schwörerin aufgesucht und befragt hatte (1. Sam 28,7ff.). Solche Wege geht niemand unbeschadet und ungestraft.

Wenn unser Herr im anfangs zitierten Wort den Seinen deutlich macht, daß sie nicht schwören sollten - Jakobus greift in seinem Brief in Kapitel 5,12 diesen Gedanken nachdrücklich auf - , dann zeigt Er uns damit deutlich, daß der Gläubige sich stets bewußt ist (sein sollte!), daß er vor Gott steht, und daß er sich mit dem verbunden weiß, der „die Wahrheit" ist. Sollte ein gläubiger Christ deshalb nicht einfach „Ja" oder „Nein" sagen können, ohne eine besondere Beteuerung seiner Wahrhaftigkeit nötig zu haben?