Fragen und Antworten

Frage: „Wie ist die Bibelstelle in 1. Johannes 2,28 zu verstehen? Ich hörte, daß es sich hier um das Kommen des Herrn Jesus mit den Seinen handele, was aus dem Wort „geoffenbart" hervorgehe. Aber wieso ist dann noch Freimütigkeit nötig, und wie können wir dann noch beschämt werden? Bezöge sich der Vers auf das Kommen des Herrn für die Seinen, wäre mir die Bedeutung klar."

B. Hess, Duisburg

Antwort: Wir wollen uns den zitierten Vers genau ansehen: „Und nun, Kinder, bleibet in ihm, auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft." Nachdem der Apostel in diesem Kapitel verschiedene Gruppen von Gläubigen angesprochen hatte - Väter, Jünglinge, Kindlein -, richtet er sich jetzt an die Gesamtheit der Gläubigen und nennt sie daher Kinder. Er fordert sie auf, in Ihm zu bleiben. Dieses Bleiben kann zwei Bedeutungen haben: (a) das „im Glauben bleiben" oder „in Gemeinschaft bleiben". Ersteres wäre dann die grundsätzliche Stellung eines Christen und letzteres das praktische Ausleben des Glaubens in Gemeinschaft mit dem Sohn Gottes und dem Vater. Es scheint mir hier um die grundsätzliche Stellung eines Christen zu gehen. In Vers 19 hatte der Apostel von Menschen geschrieben, die sich in der Mitte der Gläubigen aufgehalten hatten - sie hatten sich also zu Christus bekannt -, dann aber hinausgegangen waren. Sie waren nicht bei den Gläubigen geblieben, weil sie nicht in Ihm geblieben waren. Damit erwiesen sie sich als Ungläubige. Nun war deutlich, daß sie niemals wirklich von neuem geboren waren.

Dann spricht der Apostel von „wir". Wen meint er damit? Es gibt wieder zwei Möglichkeiten: (a) die Apostel (und anderen Diener des Herrn) oder (b) die Apostel (und Diener) und die Empfänger des Briefes. Wenn wir das Bleiben im ersten Satzteil als die grundsätzliche Stellung sehen, bleibt hier nur die Möglichkeit übrig, daß Johannes an die Apostel und die Diener des Herrn denkt, denn solche, die nicht in Ihm bleiben, sind ja bei der Offenbarung Jesu Christi gar nicht unter der Schar der Gläubigen. Sie sind in den Gerichten umgekommen und werden nach dem Tausendjährigen Reich auferweckt, um endgültig gerichtet zu werden (Offb 20,11-15).

Weiterhin ist in diesem Vers davon die Rede, daß Er (= Christus) „geoffenbart" werden wird, und von Seiner Ankunft. Obwohl „Ankunft" sich oft auf die Heimholung der Gläubigen, die Entrückung, bezieht (1. Thes 4,15; 2. Thes 2,1 u.a.), geht es hier wohl doch um die Erscheinung Christi, denn dann findet vor der Welt Seine Offenbarung statt. Die Stellen im Neuen Testament, die von der Erscheinung oder Offenbarung Christi handeln, haben immer Bezug auf das Kommen mit den Seinen. Das ist der Zeitpunkt, wo der Herr Seine offenbare Regierung beginnt. Die Seinen werden mit Ihm herrschen und entsprechenden Lohn bekommen.

Wenn nun ein Arbeiter beim Kommen des Herrn (sei er nun ein Apostel, Evangelist oder Hirte o.ä.) sehen muß, daß sich jemand, um den er sich einmal bemüht hat, wieder vom Herrn abgewandt hat, so wird das seine Freimütigkeit dämpfen. Das Wort für „Freimütigkeit" kann auch „Mut, Zuversicht, Freudigkeit" bedeuten. Das Gegenteil wäre eine gewisse Beschämung des Dieners des Herrn. Der alte Apostel wünscht mit dieser Ausdrucksweise die Herzen der Briefempfänger für sich und die anderen Diener des Herrn zu erwärmen. Er fragt sie gleichsam: Wollt ihr uns den Schmerz dieser Beschämung zufügen, indem ihr euch von Christus abwendet, denn dann hätten wir vergeblich an euch gearbeitet.