Evangelium - eine Aufgabe für junge Christen?

Der junge Sonntagschulmitarbeiter C.H. Spurgeon wurde gebeten, einen jungen Mann, der das Predigen noch nicht gewohnt sei, zu einem Dorf zu begleiten. Auf dem Weg dorthin stellte sich heraus, daß der andere mit Bestimmtheit meinte, auf keinen Fall er und daher wohl Spurgeon sei um die Predigt gebeten worden. So blieb denn nichts anderes, als es zu versuchen. Spurgeon selbst berichtet: „Meine erste Predigt! Wie lang oder kurz sie war, kann ich heute nicht mehr sagen. Ich war froh, als ich alles zu einem guten Ende gebracht hatte. Zu meiner eigenen Freude hatte ich nicht mitten in der Predigt aufhören müssen, weil mir die Gedanken ausgegangen wären. Nun war der ersehnte Hafen da. Ich nahm das Liederbuch, aber zu meinem Erstaunen rief eine ältere Stimme: 'Gott segne dich, mein lieber Junge. Wie alt bist du?' Ich antwortete sehr ernst: 'Sie müssen mit solchen Fragen bis nach der Stunde warten. Laßt uns nun singen.' Als alles vorbei war, war wieder die erste Frage: 'Wie alt bist du?' 'Ich bin unter sechzig', war meine Antwort. 'Jawohl, und auch unter sechzehn', kam es von der alten Dame zurück. Ich versprach wiederzukommen."

Henry Allan Ironside bekehrte sich mit vierzehn Jahren zum Herrn.

Am folgenden Samstag abend fragte er seine Mutter, ob er eine Straßenversammlung der Heilsarmee besuchen dürfe. Die Mutter erlaubte es.

An diesem Abend predigte der Kapitän der Heilsarmee, und Henry konnte es kaum erwarten, daß er zum Schluß kam. Nach der scheinbaren Ewigkeit, die in Wirklichkeit nur ein paar Minuten dauerte, beendete der Mann seine Ansprache.

Henry ging sogleich auf ihn zu und fragte:

„Darf ich bitte Zeugnis geben?"

„Bist du errettet?" wollte der Kapitän wissen.

,O ja." „Seit wann?"

„Seit drei Tagen", sagte Henry.

„Schieß los!" antwortete der Kapitän.

Und Henry schoß los. Er sprach über Jesaja 53,6: „Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten uns ein jeder auf seinen Weg; und der HERR hat ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit."

Zwei interessante Geschichten! Natürlich habe ich sie nicht erzählt, um alle Vierzehnjährigen damit aufzufordern, öffentlich eine Evangeliumsbotschaft zu geben. Mir fiel aber beim Lesen auf, wie sehr und wie frühzeitig junge Menschen zu einer Arbeit für ihren Herrn getrieben wurden und wie der Herr das unterstützt hat. Beide Männer wurden außerordentlich gesegnete Prediger.

Vielleicht darf man einmal Gottes Worte an David hier anwenden: „Weil es in deinem Herzen gewesen ist, meinem Namen ein Haus zu bauen, so hast du wohlgetan." Und doch durfte nicht David den Tempel bauen, sondern sein Sohn Salomo.

Die erste Frage an uns alle, besonders aber an junge Christen, ist demnach: „Möchtest Du für den Herrn etwas tun?" - bleiben wir bei unserem Thema - „Möchtest Du die Freudenbotschaft vom Retter Jesus Christus weitergeben?"

Ich sage Dir, Du kannst in Deinem jungen Leben tausend andere Sachen tun, die Dir sehr interessant erscheinen und es vielleicht auch sind. Wie soll es weitergehen?

Man hat gesagt: „Gott schickt keine Neulinge in den Krieg!" und das ist auch so. Doch deswegen braucht niemand von uns in seiner näheren Umgebung schweigsam zu sein.

Die Frau vom Jakobsbrunnen rannte spontan in die Stadt und rief: „Kommt mit, ich habe einen Fremden getroffen, der mir alles auf den Kopf zugesagt hat, was ich getan habe! Ob er wohl der Messias ist?" Diese Nachricht schlug in der Stadt ein, und viele Leute gingen zum Herrn hinaus (Joh 4,29). Das ist eine sehr gesunde Einstellung: Sie wollte ihre neue Einsicht nicht für sich behalten. Und die Leute waren dankbar dafür.

Ja, was soll man mit den fremden Leuten, Kameraden, Kollegen, Bekannten und wen es sonst noch gibt, reden? Ich kenne dieses Problem gut. Die Frau in Johannes 4 hatte natürlich ein umwerfendes Erlebnis, und darüber konnte, ja mußte sie sprechen. Viele von uns können da nicht mitreden. Wenn man aber, so wie Ironside, etwas mit dem Herrn erlebt hat - und das ist doch wohl die unbedingte Voraussetzung für eine evange-listische Arbeit -, dann kann man zu einer Gelegenheit schon darüber sprechen. Schön ist es, wenn man sogar gefragt wird, z.B. weil unseren Bekannten oder Verwandten eine Veränderung an uns aufgefallen ist. So war es bei dem früher Blinden in Johannes 9. Zur Person seines Retters wußte er noch nicht viel zu sagen. Aber eins hielt er fest, die anderen konnten reden, was sie wollten: „Ich weiß, daß ich blind war und jetzt sehe!" Solch ein Zeugnis soll man nicht unterschätzen. Es tut gewiß seine Wirkung.

Schließt sich eine zweite Frage an: Weiß ich auch ganz sicher, daß ich errettet bin? Das kann bei manchen eine rechte Not sein, ich weiß es. Niemand sollte sich mit einer ungewissen „Hängepartie" zufriedengeben. Sei jedenfalls sicher: Der Herr will völlige Gewißheit geben. Übrigens ist zu allem eine sehr entscheidende Voraussetzung, daß man zu Hause, etwa mit den Eltern, über seine Errettung spricht. Das scheint nicht selten der schwierigste Teil des Bekenntnisses zu sein. Nochmals zu Ironside: Der Vierzehnjährige hatte es seiner Mutter, die eine Witwe war und viele Jahre intensiv für ihren Jungen gebetet hatte, auch nicht gleich erzählt. Als sie ihn fragte, warum er ihr das nicht gesagt habe, antwortete er: 'Ich wollte sehen, ob Du irgendeine Veränderung bei mir feststellen würdest, seit ich errettet bin.' Kurz gesagt: sie hatte es.

Was man mit Sicherheit von jungen Leuten sagen kann: Sie stehen mitten in der Zeit und bekommen ziemlich viel mit von dem, was so läuft. Ob sie alles schon durchschauen können, ist eine andere Frage. Ich will darauf hinaus: das Interesse an der Umwelt ist gerade in jungen Jahren sehr ausgeprägt. Eigentlich sollten junge Christen sehr gut wissen, was die Probleme oder auch Interessen der anderen sind, meist sind dies auch wieder junge Leute. Uns älteren Gläubigen geht sehr oft der Bezug zur Zeit verloren. Wir vergleichen mit unserer Jugendzeit. Und da hat sich natürlich alles gründlich geändert.

Nun also, setze Dich mit der Not oder auch mit den Interessen Deines Nächsten auseinander und - fange an, für ihn, für sie zu beten! Ich meine damit gewiß nicht, daß Du Dich für die sündigen Dinge interessieren sollst. Wichtig ist aber zu sehen, wo der andere eigentlich steht. Man kann das auch praktische Anteilnahme nennen.

Der Herr Jesus hat uns kein Handbuch über das Thema: „Wie man evangelisiert" gegeben. Wir lernen es vielmehr dadurch, daß wir IHN bei Seiner täglichen Arbeit beobachten. Wenn Du nicht recht weißt, womit Du Dich beim täglichen Bibellesen oder in der Jugendstunde beschäftigen sollst - das ist ein gutes Studierthema!

Natürlich ist uns der große Seelengewinner wegen Seiner Allwissenheit voraus. Als jemand bei einem Essen anfing, vom Reich Gottes zu reden, nahm der Herr den Faden auf und sprach darüber, daß man auch damit Ernst machen müsse (Lk 14,15-24).

Als bei einer anderen Gelegenheit das Thema auf das Geld kam, sprach ER, und zwar auf meisterhafte Weise, über die Gefahren des Reichtums (Lk 16,14-31).

Vielleicht muß man dem anderen erst einmal gefällig sein, um sein Vertrauen zu gewinnen. Eine Schwesternschülerin kocht mit einer Kollegin zusammen, und dabei kommt man gut ins Gespräch. Zumindest hat die andere schon gelernt, daß man vor dem Essen zunächst dem Geber aller Gaben dankt.

Um für heute zum Schluß zu kommen: Anteilnahme am Ergehen des anderen ist immer eine gute Sache und sollte jungen, flexiblen Menschen nicht schwerfallen. Es kann sein, daß man dabei ein bißchen von seiner eigenen Bequemlichkeit opfern muß - eine heilsame Übung! Gebetsvorbereitung für ein evangelistisches Gespräch ist unbedingte Voraussetzung. Der Herr kann und wird zeigen, wo und wie man reden kann. Man muß auch achtgeben, daß man die erwartete Gelegenheit nicht verpaßt. Darüber haben wir wohl alle viel zu klagen. Und noch dieses: Wenn Menschen sich überhaupt zum Herrn wenden, dann meistens in jungen Jahren. Deswegen brauchen wir keine speziellen Jugendevangelisationen zu veranstalten. Die Tatsache soll aber allen Mut machen.

Die Reihenfolge ist immer dieselbe: Lesen (Information) - Verinnerlichen - Beten und - Tun.