Nichts als Heiraten?

Das Thema Heiraten, Ehe usw. beschäftigte uns schon in früheren Heften. Einige Leser(-innen) machten uns damals zu Recht den Vorwurf, wir hätten bisher zu einseitig die Ehe betont. Deshalb wollen wir uns dieser Thematik erneut zuwenden, diesmal unter einem anderen Blickwinkel. Aber auch damit soll sie noch längst nicht zu den Akten gelegt werden.

Nichts als heiraten?

Sind Alleinstehende nur halbe Menschen? - Wenn sie an manche Äußerungen oder Bemühungen in ihrer Umgebung denken, könnten sie diesen Eindruck schon gewinnen. Da ist es leicht möglich, daß sie sich schließlich selbst so sehen. Leider unterscheiden wir Christen uns ihnen gegenüber oft wenig von der Welt. Auch wir denken zuweilen, dem „Glück" solcher Geschwister etwas nachhelfen zu müssen. Man meint es ja nur gut! Es läuft später aber durchaus nicht immer gut. Wie manches unbedachte Jawort mag wohl auf Drängen, Sticheln, „gutgemeinte Vorschläge" und dergleichen zurückgehen? - Die Bibel sieht das Ledigsein anders.

Gott führt jeden, aber nicht jeden gleich

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen (1. Mo 1,27; Mt 19,4). Aber bei allen Unterschieden zwischen den beiden Geschlechtern sind sie unübersehbar auf einander hin, auf gegenseitige Ergänzung angelegt (1. Mo 2,18.24). So darf man sicher sagen, daß die Ehe vom Schöpfer als der Regelfall für den Menschen gedacht ist. Dennoch heißt das nicht, daß ein Single bei Gott nur halb soviel gilt. Wir wissen, daß Gottes Berufung in bestimmten Fällen sogar freiwilligen Verzicht auf die Ehe einschließen konnte und kann. Besonders im Neuen Testament wird solche Ehelosigkeit höher als der Ehestand eingestuft; sie kann eine Gnadengabe sein (1. Kor 7,8), ihre Benutzung sollte aber stets auf einem freiwilligen Entschluß beruhen (V.37). Überhaupt fällt es auf, daß in diesem Kapitel der ledige Stand für ein Kind Gottes - im Gegensatz zu üblichen Vorstellungen - äußerst positiv gesehen wird, wenn auch Gefahren nicht verschwiegen werden.

Wir wollen also festhalten, daß an dem Wunsch und dem Entschluß zu heiraten, falls der Herr es so führt, nach der Schrift nichts auszusetzen ist. „Wer heiratet, tut wohl" (V.38). Wir erkennen aber auch deutlich, daß es in dieser Angelegenheit kein Schema gibt. Die Führung und der Zeitplan des Herrn wird bei jedem Gläubigen anders aussehen. So muß jeder persönlich Seinen Willen für sich erkennen und sich die Bereitschaft schenken lassen, ihn zu akzeptieren. Das ist wirklich nicht einfach; unser Glaube und Gehorsam werden manchmal hart geprüft.

 

Eine schräge Sicht

Neben den echten Nöten, die das Ledigsein mit sich bringt, gibt es auch Probleme, die einfach auf falschen Vorstellungen und Sichtweisen beruhen. Diese können fremd-oder selbstgeprägt sein - oft sind sie beides. Im Grunde sind es feurige Pfeile des Bösen. Man kann sich nur mit dem Schild des Glaubens dagegen schützen. Wir wollen einige nennen:

  • An die Ehe werden nicht selten unrealistische und überzogene Erwartungen geknüpft, wie z.B.: Sie wird automatisch meine seelischen, familiären, beruflichen und viele andere Probleme lösen. Sie wird mein Ansehen und Selbstbewußtsein heben. Nur sie garantiert mir ein bleibendes und ungetrübtes Glück.
  • In solchen Fällen wird der Wunsch zu heiraten einen ganz hohen oder sogar den alles beherrschenden Platz im Denken einnehmen. Im Extremfall wartet man nur noch - wenn auch oft unbewußt - wie gelähmt auf das erlösende Wunder.
  • Schnell können sich noch Neid, Selbstmitleid oder Unzufriedenheit mit Gottes Wegen, mit den Nächsten und mit sich selbst dazugesellen. Durch ständiges Grübeln, weshalb das ersehnte Glück so lange auf sich warten läßt, gerät man leicht in ein Labyrinth: Beten hilft mir nicht. - Wer weiß, wofür Gott mich straft? - Meine Figur / Ausbildung / Familie / ... ist schuld. - Die Männer / Frauen haben es leichter. - Wäre ich weltlicher, hätte ich schon einen Mann / eine Frau. - Ich komme einfach zu wenig herum. - XYZ hätte mich glücklich gemacht, jemand anders ist dazu nicht in der Lage.

Menschlich verständlich sind solche Gedanken durchaus, dennoch sind sie - wie schon gesagt - feurige Pfeile des Bösen. Wir wollen deshalb versuchen, zu einer besseren Sicht der Dinge zurückzufinden.

Gott hat einen Plan

Gott hat einen konkreten Plan für das Leben Seiner Kinder (Jes 45,11). Dieser hat zum Ziel, daß wir zu Seiner Ehre Frucht bringen und als Jünger des Herrn Jesus leben (Joh 15,8). Gott hat schon gute Werke bereitstehen, die unser praktisches Leben ausfüllen sollen (Eph 2,10). Durch Gottes Führungen sollen wir auch Ihn und uns selbst besser kennenlernen; Sein Ziel aber wird immer bleiben, uns wohlzutun (5. Mo 8,2.16). Doch Seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken, und unsere Wege sind nicht Seine Wege (Jes 55,8). Seine Fußstapfen sind nicht bekannt (Ps 77,19). Das gilt auch im Blick auf eine mögliche Ehe. Sie bildet ja nur einen Teilbereich der Wege Gottes mit uns, wenn auch den, in dem Warten am schwersten ist. So können Probleme mit dem Ledigsein nur im Rahmen des größeren Problems, Gottes Führungen überhaupt anzunehmen, dauerhaft gelöst werden. Denn das Geheimnis von Glück und Zufriedenheit liegt nicht im Zustandekommen unserer Wünsche, sondern in der Annahme der Wege Gottes.

Träumen oder tätig sein?

Da Gott für uns besorgt ist (1. Pet 5,7), müssen wir unsere Zeit nicht mit Zukunftsträumen vertrödeln, sondern dürfen Ihn fragen, was wir heute tun sollen. Tu doch mit der Gelassenheit des Glaubens Tag für Tag deine Pflicht und was Gott dir sonst noch zeigt. Abschnitte wie 1. Korinther 7,32-34 machen deutlich, daß alleinstehende Gläubige dem Herrn in der Regel viel mehr Zeit, Kraft und Hingabe widmen können als verheiratete Geschwister. Solange wir nach Gottes Willen ledig sind, sollten wir das auch freudig tun. Du bremst dein geistliches Wachstum und bist niemand zum Segen, wenn du deine Jahre in passivem Warten auf einen „Tag X" verbringst. Wir sind und bleiben zuallererst Diener Jesu Christi.

 

Problemlöser „Heirat"?

Ist es realistisch, dir von einer Ehe die Lösung deiner meisten Probleme zu erhoffen? Auf keinen Fall. Du solltest schon lange vorher gelernt haben, mit Problemen umzugehen, sie durch Gebet und Befragen Seines Wortes zu lösen. Denn in der Ehe, wo ja zwei Menschen erst lernen müssen, immer besser miteinander auszukommen, werden Probleme keineswegs ausbleiben. Oft wird es sich dabei sogar um Schwierigkeiten handeln, die völlig neuartig für dich sind. Mit einigen mußt du auch in der Ehe allein fertig werden. Auf welches erlösende Ereignis willst du dann hoffen? Ob du später heiraten wirst oder nicht - lerne es als Single so zeitig wie möglich, Probleme mit der Hilfe des Herrn zu lösen.

Aufwertung durch Heirat?

Würde der Trauring eine großartige Selbstbestätigung für dich bedeuten? Wenn ja, aus welchem Grund eigentlich? Gleichaltrige mögen dich schon mal bewundern oder beneiden daß du jetzt „Familienstand: verheiratet" ankreuzen darfst. Doch dein persönlicher Wert vor Gott und für die Menschen wird nicht vom Familienstand bestimmt. Als Kinder Gottes und Begnadigte sind wir Ihm alle gleich wertvoll, ob verheiratet, ledig oder verwitwet. Unser einstiger Lohn hingegen wird sich unterscheiden, je nach Gehorsam und Treue des einzelnen. Auch dabei wird nicht der Familienstand zählen, sondern ob eine Heirat oder der Verzicht darauf ein Ausdruck des Gehorsams war. Was du den Menschen in deinem christlichen und beruflichen Umkreis wert bist, hängt vor allem von Eigenschaften wie z.B. Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Glaubensmut, fachliche Kompetenz ab. Heiraten allein wird dich kaum aufwerten; auf die Dauer wird höchstens registriert werden, wie du die Ehe führst. Falls du dann gut abschnittest, wäre auch das nur göttlicher Gnade zuzuschreiben.

Siehst du es richtig?

Frage dich ehrlich, ob deine Vorstellungen vom anderen Geschlecht, von der Ehe, von der Mutter- / Vaterrolle der Wirklichkeit entsprechen. Möglicherweise sind diese Vorstellungen durch die heile Welt vieler Romane, Erzählungen, Werbefotos und Medienerzeugnisse stark positiv verzerrt. Die Bibel ist da ganz nüchtern - nach 1. Korinther 7,28.33 z.B. haben Verheiratete Trübsal im Fleisch und auch Sorgen. Auch sollte niemand ganz ausschließen, daß man sich in der Ehe unter Umständen einsamer und ungeliebter fühlen kann als vorher. Redet nicht allein die hohe Scheidungsrate eine deutliche Sprache gegen die Illusion, mit einer Heirat hätte man automatisch und für alle Zeiten das Glück gepachtet? Wollen wir nicht lieber still auf Gottes Führung warten, anstatt uns voreilig und unter ganz falschen Voraussetzungen in ein ungewisses Abenteuer zu stürzen? - Ich wüßte keine bessere Zusammenfassung alles bisher Gesagten, als diesen alten Liedervers:

O mein Herz, gib dich zufrieden!

O verzage nicht so bald!

Was dein Gott dir hat beschieden, nimmt dir keiner Welt Gewalt.

Keiner hindert, was Er will, Harre nur, vertraue still;

Geh' des Weg's, den Er dich sendet;

Er begann und Er vollendet.

Viktor v. Strauß und Torney

 

Gehen wir christlich mit Singles um?

Zum Schluß fühlen wir Verheirateten sicher die Notwendigkeit, unser Verhalten den ledigen Geschwistern gegenüber kritisch zu überdenken. Die Palette unserer Fehler ist gar nicht so schmal, wenn wir auch viele davon unbewußt begehen mögen. Doch das ändert wenig daran, daß allerhand falsche Vorstellungen bei Jüngeren auf solche Fehler zurückgehen. Wir sind vor dem Herrn dafür verantwortlich, was wir reden und wie wir ihnen begegnen.

Im Innern oder laut werden Alleinstehende des öfteren von uns bedauert; die Schrift tut es nicht. Indirekt kritisieren wir damit auch Gottes Wege. So manche Bemerkungen bezüglich des Äußeren, bestimmter Gewohnheiten oder charakterlicher Schwächen verbinden wir schon bei Kindern oftmals mit dem Hinweis, daß sie sonst keinen Mann / keine Frau bekämen (das hängt also in erster Linie von eigenen Bemühungen ab?). Planen wir, wenn es um die Ausbildung der Mädchen geht, wie selbstverständlich die spätere Heirat ein? Hört man nicht schon einmal: Wie kannst du in Deinem Alter noch besondere Wünsche bezüglich eines Mannes / einer Frau äußern? Besser den / die als gar keinen / keine! - Eigentlich heißt das aber: Heirate um jeden Preis! Laßt uns auch nicht durch indiskrete Fragen „nachhelfen", z.B. wie der / die wohl jemand gefalle oder ob man dies oder jenes nicht auch bedeutungsvoll fände. Als Gläubige sollten wir Sprüche 30,18.19 unbedingt akzeptieren: „Drei sind es, die zu wunderbar für mich sind, und vier, die ich nicht erkenne:(...) der Weg eines Mannes mit einer Jungfrau" . Das heißt doch auch, wir sollten „Kupplungsversuche" in jeder Form unterlassen. (Hierzu zähle ich durchaus nicht seelsorgerliche Bemühungen.)

Wir können andrerseits unseren ledigen Geschwistern in schöner Weise helfen, wenn wir sie in unsere Familien einladen, gemeinsame Unternehmungen in kleinerem oder größerem Rahmen unterstützen oder organisieren helfen. Wohl jeder von uns hat einige Geschwister in gutem Andenken, die ein Herz für die Jugend hatten, denen wir bleibenden Segen verdanken.