Fragen und Antworten

Frage: Im Alten Testament lesen wir einmal das Wort „Zufall" und verschiedene Male das Wort „zufällig". Nun bin ich davon überzeugt, daß es bei Gott keine Zufälle gibt, und erinnere mich an die Stelle aus Amos 3,6. Genau ab diesem Punkt bekomme ich Schwierigkeiten, das Wort Zufall oder zufällig schriftgemäß zu definieren.

J. Schneider, Neuwied

 

Antwort: Die beiden Wörter (hebr. migreh und qara), die die Elberfelder Übersetzung an einer Stelle (1. Sam 6,9) mit „Zufall' und an weiteren Stellen mit „zufällig" wiedergibt, finden sich im Grundtext wohl an die dreißig mal. Sie werden auch mit den Begrifffen „es begegnete ihm ...", „stieß auf die Knechte ... ,,,... es widerfährt...", „ ... wird zuteil..." oder sogar (in Prediger 3,19; 9,2.3) mit „Geschick" übersetzt. Beide Begriffe sind sich in ihrem Bedeutungsumfang sehr ähnlich. Es liegt ihnen der Gedanke zugrunde, daß etwas geschieht, ohne daß man es bewußt herbeigeführt hat, ohne daß man es erwartet hatte oder erwarten konnte; es bedeutet also nicht - wie das deutsche Wort „Zufall" oder gar „bloßer Zufall" suggerieren könnte -, daß etwas geschieht ohne Gottes Wissen oder ( nach der angeführten Stelle in Amos 3,6) ohne daß Gott es „bewirkt" hätte. Ungläubige mögen das so ansehen. Der Gläubige weiß, daß Gott alle Dinge in der Hand hat und Ihm nichts irgendwie „entgleitet" und „einfach so passiert". Ich als Mensch, der Gott glaubt, weiß oft nicht, wie oder warum etwas geschah, und es kam für mich vielleicht unerwartet, aber ich weiß, wer es bewirkte.

Zwei Beispiele:

→ Die ungläubigen Philister sagen, als sie die Lade des HERRN aus ihrem Land wegschaffen wollen: „Und sehet zu: wenn sie den Weg nach ihrer Grenze hinaufgeht, nach Beth-Semes hin, so hat er (=der HERR) uns dieses große Ubel getan; wenn aber nicht, so wissen wir, daß nicht seine Hand uns geschlagen hat: ein Zufall ist es uns gewesen." Die Ungläubigen stellen Gottes Handeln und den Zufall als einander ausschließend hin. In Wirklichkeit steht Gott stets dahinter, oder besser: darüber. In unserem Fall läßt Gott die Lade, gezogen von den beiden Kühen, geradewegs nach Beth-Semes hinaufziehen, um klarzumachen, daß Er hinter den Geschehnissen in Philistäa gestanden hatte.

→ Ruth, die Moabitin, die den Zusagen Gottes glaubte, kam „zufällig" auf das Feld des Boas (Ruth 2,3). Ein Ausleger schreibt dazu: „Die Vorsehung Gottes ist für uns tätig. Es ist nicht Gottes Absicht, daß wir uns allein durch Seine Vorsehung leiten lassen (Ps 32,8.9). Er will uns durch Sein Auge leiten, so daß wir mit bewußter Einsicht unseren Weg gehen. Aber wenn wir im Glauben unseren Weg gehen, wirkt Seine Vorsehung in Übereinstimmung mit unserem Glauben. Und wenn wir - da wir jung sind im Glauben - Seine Person, Sein Wort und die Leitung Seines Geistes noch nicht recht kennen, dann wirkt Seine Vorsehung in Übereinstimmung mit dem Zustand unserer Herzen" (H.L. Heij-koop, Das Buch Ruth, Neustadt/W. 1963, S. 51). Später hört Ruth aus dem Mund des Boas, wer die Dinge lenkt: „So wahr der HERR lebt..." (Ruth 3,13), sie erlebt, wie der HERR ihr Schwangerschaft verleiht (Kap. 4,13), und über die Wege Gottes mit ihr und ihrer Schwiegermutter Noomi preisen die gottesfürchtigen Frauen von Bethlehem den HERRN (Kap. 4,14.15).