Biblische Begriffe
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Die Erläuterungen, die wir unter dieser Überschrift den Lesern vorstellen, haben nicht das Ziel, eine „theologische" Deutung zu geben, sondern sollen einfach Begriffe, die heute vielleicht anders verstanden werden oder auch ungebräuchlich geworden sind, erklären. Dabei möchten wir jeweils auf ihren Gebrauch im Zusammenhang der Heiligen Schrift eingehen. Dies kann natürlich kaum in erschöpfender Weise geschehen, könnte aber vielleicht dazu dienen, Denkanstöße für unsere Praxis als Christen zu geben.
Geheimnis
Im Alten Testament findet man das Wort Geheimnis als Ubersetring des hebräischen sot (so in Ps 25,14 und Amos 3,7); das hebräische Wort wird an anderen Stellen übersetzt als „Rat" (Hiob 15,8), „geheimer Rat" (1. Mo 49,6; Ps 64,2), „vertrauter Umgang" (Ps 55,14). Das deutet darauf hin, daß es sich um „vertrauliche Mitteilung" oder auch einfach „vertrauliches Zusammensein und Gespräch" handelt. Nicht jeder erfährt etwas davon, es bleibt unter denen, die dieses besondere Verhältnis miteinander haben.
Wenn es um Dinge geht, die Gott einem Menschen mitteilt, dann „offenbart" Er sie. Sie würden einem Menschen ohne solche Offenbarung für immer verborgen bleiben. Dies ist schon im Alten Testament so, und wir lesen davon, daß Gott durch Seine Propheten Mitteilungen macht: „Denn der Herr, HERR, tut nichts, es sei denn, daß er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, geoffenbart habe" (Amos 3,7). Die tiefe Bedeutung der Mitteilungen aber war auch diesen Propheten nicht völlig klar, denn Petrus schreibt: „Uber welche Errettung Propheten nachsuchten und nachforschten, die von der Gnade gegen euch geweissagt ha-ben, forschend, auf welche oder welcherlei Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als er von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte; welchen es geoffenbart wurde, daß sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge bedienten ..." (1. Pet 1,10-12).
Im Neuen Testament hat es Gott nun gefallen, Seine Geheimnisse durch Offenbarung „seinen heiligen Aposteln und Propheten bekanntzumachen. Sie waren, wie der Apostel Paulus es schreibt, „Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes" (1. Kor 4,1). Wir dürfen als Gläubige durch den Dienst der Apostel und Propheten im Wort Gottes nun diese Geheimnisse kennenlernen - durch den Glauben. So wie jemand ein ihm nicht bekanntes Geschenkpaket öffnet und das „Geheimnis" entdeckt, so sind uns in der Heiligen Schrift Gottes Geheimnisse „entfaltet": wir müssen unsere Bibel allerdings öffnen und uns durch den Heiligen Geist einführen und belehren lassen (vgl. Joh 16,13-15).
Vielleicht ist es hilfreich, die verschiedenen Geheimnisse, die im Neuen Testament genannt werden, nach bestimmten Gesichtspunkten zusammenzustellen. Wir finden
- Geheimnisse, die mit der Person des Herrn Jesus Christus, Seiner Herrlichkeit und mit Seiner Versammlung zu tun haben
- Geheimnisse, die mit den Wegen Gottes mit dieser Erde zu tun haben
- Geheimnisse, die mit dem Weg und Verhalten des Gläubigen auf der Erde - in dieser Zeit - zu tun haben.
Eines dürfen wir dabei feststellen: alle Geheimnisse haben letztendlich zu tun mit der Verherrlichung des Sohnes Gottes, ob als Haupt über alles, als Haupt des Leibes (der Versammlung), ob als König und Herrscher oder auch als Richter.
Zu der ersten Reihe gehören
- das Geheimnis, welches „Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene" genannt wird, „die Gott zuvorbestimmt hat, vor den Zeitaltern, zu unserer Herrlichkeit" „denn wenn sie dieselbe erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben" (1. Kor 2,7.8). Als der Herr Jesus auf der Erde war, hätten die Menschen die Herrlichkeit und die Weisheit Gottes in Christus erkennen können. Aber sie wollten Ihn nicht und kreuzigten Ihn.
- das ,Geheimnis Gottes, [Christus], in welchem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis" (Kol 2,2.3),
- das „Geheimnis des Evangeliums" (Eph 6, 19), nämlich die große Botschaft Gottes über Seinen Sohn und das ewige Heil in Ihm, die der Apostel Paulus verkündigte,
- das„Geheimnis des Christus", nämlich daß die Gläubigen aus den Juden und aus den Nationen „eins" sind in Christus (Eph 3,4-6),
- das Geheimnis, daß „Christus und die Versammlung" eins sind - wovon die Ehe ein deutliches Bild darstellt (Eph 5,34), daß sie „in Christus sind", einen Leib bilden mit Ihm, der in der Herrlichkeit ist,
- das Geheimnis „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit" (Kol 1,26.27), daß in ihnen, die noch auf der Erde sind, Christus wohnt durch den Heiligen Geist (s.a. Röm 16,25),
- das Geheimnis, daß bei dem Kommen des Herrn (1. Thes 4,13ff.) die dann auf der Erde lebenden Gläubigen „verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick", wenn auch die in Christus Entschlafenen auferweckt werden.
- Ein großes „Geheimnis" ist und bleibt aber die Person des Herrn Jesus selbst: Er ist ewiger Gott und wahrer Mensch in einer Person. Diese deutlich bezeugte Wahrheit wird in der Heiligen Schrift jedoch nie als ein „Geheimnis" bezeichnet, da alle Geheimnisse der Schrift dem Glaubenden geoffenbart werden, diese Wahrheit aber für den Menschen immer unergründlich bleiben wird: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater" (Mt 11,27). Wir können und dürfen das Geheimnis Seiner Person nur glaubend und bewundernd anbeten!
Wenn wir nun zu den Geheimnissen kommen, die von den Wegen Gottes mit dieser Erde handeln, so finden wir
- das Geheimnis der Regierungswege mit Seinem irdischen Volk Israel, wo „Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist, bis die vol an et dasioneneinge gangen sein wird; (Röm 11); dann wird „ein Uberrest nach Wahl der Gnade" den Herrn Jesus im Glauben als ihren Messias erkennen und annehmen,
- das Geheimnis des Reiches Gottes (Mt 13,11; Mk 4,11; Lk 8,10), das wegen des Unglaubens des Volkes nicht aufgerichtet werden konnte - was Gott selbstverständlich wußte - , und das einen „geheimnisvollen" Charakter annahm: der König wurde gekreuzigt, ist auferstanden und hat als verherrlichter Mensch Seinen Platz im Himmel eingenommen. Daß heute Gläubige einem unsichtbaren Herrn gehorsam und unterwürfig sind, das ist für die Menschen nicht zu verstehen, es ist ihnen ein Geheimnis; der Gläubige aber kennt den Herrn und König des Reiches und weiß:
- „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist" (Röm 14,17);
- das „Geheimnis der sieben Sterne" und „die sieben goldenen Leuchter" (Offb 1,20), das in diesen Symbolen die „Engel der sieben Versammlungen" und „die sieben Versammlungen" bezeichnet, ist die in den nun folgenden Schreiben an die sieben Versammlungen (Kap. 2 und 3) dargestellte Entwicklung des christlichen Zeugnisses auf der Erde. Christus hält die Autorität und die richterliche Beurteilung aller in Seiner Hand. Er sieht alles deutlich und spricht Sein Urteil.
- das „Geheimnis der Gesetzlosigkeit" (2. Thes 2,7), das schon zur Lebenszeit des Apostels Paulus „wirksam" war, ist die Entwicklung des zunehmenden Abfalls in der „christuslosen" Christenheit, bis „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens" - der Antichrist - offenbar wird. Das geschieht, nachdem der Herr die Gläubigen zu sich genommen hat (1. Thes 4,16ff.). Die anmaßend „christlich" genannte Religion wird völlig götzendienerisch auftreten, und es folgt:
- das „Geheimnis des Weibes", „Geheimnis, Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde" (Offb 17,5.7), ein Geheimnis wohl deshalb, weil niemand außer den Gläubigen eine solche Entwicklung zum Bösen innerhalb eines solchen „christlichen" Systems vermutet hätte. Gott aber wird Sein Urteil an ihr vollziehen und sie wird „nie mehr gefunden werden" (Offb 18,20.21).
Schließlich spricht der Heilige Geist von der Summe der Ratschlüsse Gottes, nämlich von
- dem „Geheimnis seines Willens, nach seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus" (Eph 1,9.10). Die „Fülle der Zeiten" ist das Tausendjährige Friedensreich, wo der Herr Jesus Christus als Haupt über alles offenbar werden wird. Nicht Satan oder irgendein Mensch wird das letzte Wort haben, Christus wird auf der Erde und im Himmel alle Rechte ausüben, und vor Ihm wird jedes Knie sich beugen müssen. Seine Regierung wird genauso wie Seine Erniedrigung und Sein Gehorsam auf dieser Erde, als Er freiwillig Mensch wurde, Gott in vollkommener Weise verherrlichen.
Es bleibt uns noch, die beiden Geheimnisse zu nennen, die mit dem Weg des Gläubigen hier auf der Erde zu tun haben, nämlich
- das „Geheimnis des Glaubens", das in einem reinen Gewissen bewahrt werden soll (1 .Tim 3,9). Das ist der ganze Inhalt der Lehre der Schrift: ein Geheimnis für den Ungläubigen, der nicht verstehen kann, wie jemand in allen Lebensbereichen der Bibel gehorsam sein will. Die Heilige Schrift wendet sich an Herz und Gewissen des Gläubigen: hier also, wo die Entscheidungen getroffen werden, muß das Glaubensgut bewahrt werden.
- das „Geheimnis der Gottseligkeit" (1 .Tim 3,16) ist schließlich das Geheimnis einer durch Vertrauen und Gottesfurcht gewirkten Hingabe an Gott. Darum wird der Blick auf den Herrn Jesus gerichtet, der dieses Geheimnis darstellt und auch die Kraft zu einem solchen Weg in „Gottseligkeit" ist. Für den Ungläubigen ist dies eine geheimnisvolle, weil ihm ganz unbekannte Kraft. Der Gläubige dagegen kennt diese wunderbare Person: es ist Christus, die vollkommene Offenbarung Gottes an den Menschen. Ihn zu kennen, macht allein fähig, sich „zu verhalten im Hause Gottes", wie es Gott gefällt.