Fragen und Antworten
Frage: Gilt Römer 8,35-39 auch, wenn Gläubige aus Depressionen heraus Selbstmord begehen (wie ich es bei einem jungen Kollegen erleben musste)? Oder ist der Selbstmörder doch verloren?
P. Hoeft, Söhlde
Antwort: Selbstmord ist eine sehr ernste Sünde. Kein Mensch hat das Recht, das Leben zu nehmen, weder von jemand anderem noch von sich selbst. Gott allein ist Herr über das Leben und den Tod. Das ist die grundsätzliche Seite.
Wir wollen an dieser Stelle nicht untersuchen, wann Depressionen auf ein sündiges Verhalten zurückzuführen sind — z.B. bei Schuld, die jemand nicht zu bekennen bereit ist - und wann sie eindeutig Krankheiten sind. Je nach Schwere einer Depression kann es zu Selbstmordabsichten kommen, die in bestimmten Fällen realisiert werden.
In keinem Fall berührt der Selbstmord bei einem Gläubigen sein grundsätzliches Verhältnis als Mensch zu Gott. Wenn jemand im biblischen Sinn ein "Gläubiger" ist, der also bekehrt ist und durch die neue Geburt Leben aus Gott empfangen hat (Joh 3,3-7) und somit ein Kind Gottes ist, so kann das nicht ungeschehen gemacht werden. (Siehe hierzu den Antwortbrief in FOLGE MIR NACH Heft 3/94 zu der Frage, ob ein Gläubiger verlorengehen kann.) Wenn es in Römer 8,38 heißt: "Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben ... noch Zukünftiges ... noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes ...", so schließt das allgemeine Wort "Tod" keine Form des Todes aus, und indem Begriff "Geschöpf" sind auch wir selbst eingeschlossen. Außerdem gibt es nichts "Zukünftiges", nichts, was in Zukunft geschehen mag, das uns von Gott trennen könnte.
Es mag Fälle geben, wo es angebracht ist, hinter das Bekenntnis eines Selbstmörders ein Fragezeichen zu machen, doch damit sollten wir sehr vorsichtig sein.
Wir wollen dieses Thema nicht beenden, ohne uns die Frage zu stellen, ob vielleicht der Bruder oder die Schwester neben uns in ernster Not ist. Vielleicht stecken unsere Geschwister in einer Depression und leiden an Gefühlen der Ablehnung und Sinnlosigkeit ihres Lebens oder auch an Gefühlen der Selbstbestrafung, ohne dass wir auch nur die geringste Ahnung davon haben. Unsere Zeit tendiert sehr stark zur Vereinsamung und Isolierung. Ob nicht manche Not durch eine liebevolle und frühzeitige Seelsorge gemildert und manche Depression sogar geheilt worden wäre?
Werner Mücher
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