Bibelstudium

1. Thessalonicher 2

Vers 5.6: Denn niemals sind wir mit einschmeichelnder Rede umgegangen, wie ihr wisset, noch mit einem Vorwande für Habsucht, Gott ist Zeuge; noch suchten
wir Ehre von Menschen, weder von euch, noch von anderen, wiewohl wir als Christi Apostel euch zur Last sein konnten:

Mit einschmeichelnder Rede: Solch eine Rede mag eindrucksvoll für die Zuhörer sein und angenehm für ihre Ohren (vgl. 2. Tim 4,3). Ein Diener des Herrn predigt nicht das, was die Leute hören wollen, und auch nicht seine Ansichten, sondern das Wort Gottes. Allein das Wort Gottes kann die Herzen und Gewissen treffen und vor Gott stellen.
Habsucht: Paulus verkündigte das Evangelium nicht wegen des Geldes. Obwohl er anderswo schreibt, dass Diener vom Evangelium leben sollten (1. Kor 9), machte er von diesem Recht keinen Gebrauch. Er und seine Mitarbeiter hätten den Thessalonichern mit gutem Recht zur Last fallen können, sie haben es aber nicht getan. Paulus hat, solange er das konnte, mit seinen eigenen Händen für seinen Lebensunterhalt gesorgt. Er konnte sogar seine Mitarbeiter zum Teil mitversorgen. Seine Motive waren in dieser Hinsicht völlig rein.
Ehre von Menschen: Bevor der Apostel den Herrn Jesus kannte, war er sicher nicht gleichgültig bezüglich der Ehre von Menschen. Nun diente er seinem Herrn und suchte dessen Ehre und nicht seine eigene.

Vers 7: Sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt:

Nun geht der Apostel unmittelbar über zu einer Beschreibung ihres Verhaltens unter den Jungbekehrten in Thessalonich; damit knüpft er an Kapitel 1,5 an: "Was wir unter euch waren". Wir fassen die einzelnen Punkte einmal zusammen:
1. sie waren in ihrer Mitte zart wie eine nährende Frau
2. sie hatten ihnen das Evangelium verkündigt
3. sie waren bereit, ihnen ihr eigenes Leben mitzuteilen
4. sie hatten sie lieb gewonnen
5. sie arbeiteten Tag und Nacht, um nicht beschwerlich zu falkn.
6. sie waren göttlich, gerecht und untadelig
7. sie ermahnten und trösteten sie wie ein Vater seine eigenen Kinder.
Wie eine nährende Frau: Nun gebraucht Paulus für sein Verhältnis zu den Gläubigen ein Bild, womit er die Zartheit seiner Liebe deutlich vor Augen malt. Das griechische Wort für "nährende Frau" (trophos) bedeutet auch "Ernährerin, Amme". Es geht um eine Frau, die Kleinkinder pflegt und zuerst einmal versorgt; hier sind es aber ihre eigenen Kinder, die sie umsorgte.
Diese Gesinnung finden wir auch bei dem Herrn Jesus, als Er in den letzten Tagen Seines Erdenlebens Jerusalem versammeln wollte wie eine Henne ihre Küchlein (Mt 23,37). Er hätte diese Stadt gern unter Seinen Schutz genommen und jede Gefahr, die ihr drohte, abgewandt.

Vers 8: Also, da wir ein sehnliches Verlangen nach euch haben, gefiel es uns wohl, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden waret.

Nun finden wir ein Beispiel für diese mütterliche Liebe. Sie hatten nicht nur unter ihnen gepredigt, nein, ihre Liebe zu den Gläubigen ging so weit, dass sie ihnen ihr eigenes Leben mitteilen wollten; sie wollten sich für die Gläubigen völlig aufopfern. Denken wir dabei nicht wieder unmittelbar an unseren Herrn, der das große Vorbild für Hingabe ist und der am Kreuz tatsächlich Sein eigenes Leben "mitgeteilt" hat? Das ist die Gesinnung des guten Hirten, der Sein Leben für die Schafe gibt. Paulus war ebenfalls ein echter Hirte.

Vers 9: Denn ihr gedenket, Brüder, an unsere Mühe und Beschwerde: Nacht und Tag arbeitend, um niemand von euch beschwerlich zu fallen, haben wir euch das Evangelium Gottes gepredigt:

Nun ein weiteres Beispiel für ihre vorbildliche Haltung und Rücksichtnahme: Sie haben sich großen Mühen unterzogen und waren sehr fleißig. Wenn sie nicht mit dem Wort dienten, arbeiteten sie mit ihren Händen, und das Nacht und Tag; das heißt wohl soviel wie "zu jeder Tag- und Nachtstunde". Natürlich haben die Apostel auch geschlafen. An anderer Stelle heißt es, dass Paulus Tag und Nacht betete. Er arbeitete nicht nur für sich selbst, sondern auch für die, die bei ihm waren (Apg 20,34).

Vers 10: Ihr seid Zeugen und Gott, wie göttlich und gerecht und untadelig wir gegen euch, die Glaubenden, waren;

Er rief die Thessalonicher und Gott selbst als Zeugen Seines Dienstes an. Welche Eigenschaften bestimmten doch seinen Dienst für sie! Sie verhielten sich göttlich (gr. hosios), das bedeutet: rein, heilig, fromm, in völliger Hingabe zu Gott. Sie waren gerecht: sie gaben jedem, was ihm zustand; es gab in ihrem Verhalten zu Menschen nichts, was zu beanstanden war. Sie waren untadelig: nichts war da, was nicht in Ordnung oder ein Anstoß gewesen wäre.

Vers 11.12: gleichwie ihr wisset, wie wir jeden einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, euch ermahnt getröstet und euch bezeugt haben, dass ihr wandeln solltet würdig des Gottes, der euch zu seinem eigenen Reiche und seiner eigenen Herrlichkeit beruft.

Wie ein Vater: In Vers 7 hatte er das Bild einer nährenden Frau gebraucht, die ihre eigenen Kinder pflegt, also einer Mutter. Nun gebraucht er das Bild eines Vaters, der seine eigenen Kinder ermahnt (parakaleo; oder tröstet, ermuntert, ihnen beisteht: siehe Fußnote zu der Auslegung von Vers 3) und tröstet. Hier sehen wir übrigens sehr schön die unterschiedlichen Aufgaben der Eltern im Blick auf ihre Kinder. Die Mutter pflegt und nährt, der Vater ermahnt, tröstet und bezeugt (belehrt, erzieht).
Und euch bezeugt: Ein Vater hat wesentlichen Anteil an der Erziehung der Kinder, und das nicht zuletzt dadurch, dass er "bezeugt"; er unterrichtet in den Gedanken Gottes. So war Paulus ein guter Vater: Er stellte den jungen Gläubigen vor, dass sie Gottes würdig wandeln sollten. Sie waren zu Gottes Reich und Herrlichkeit berufen.
Gottes eigenes Reich: Es ist die Absicht Gottes, einmal alles auf der Erde und im Himmel dem Herrn Jesus zu unterstellen (Eph 1,10). Dann wird Gott ein Reich haben, das nach Seinen Grundsätzen regiert wird, und zwar durch einen König nach Seinem Herzen. Die Gläubigen dürfen jetzt schon die Autorität des HERRN JESUS in ihrem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben anerkennen. Dann entspricht ihr Wandel diesem Reich. Sie sind berufen, bald mit Christus (als dem König dieses Reiches) darin zu herrschen als Könige. In der heutigen Zeit sind wir Untertanen in diesem Reich, wo Christus allerdings noch von der Welt abgelehnt wird, doch bald werden wir mit Ihm herrschen.
Gottes eigene Herrlichkeit: Der Herr Jesus ist die Widerspiegelung der ganzen Herrlichkeit Gottes. Die Gläubigen werden diese Herrlichkeit beim Eintritt in das Vaterhaus sehen (Joh 17,24). Doch hier in diesem Vers ist die Herrlichkeit dieses Reiches gemeint. Davon haben auch die Apostel Petrus (2. Pet 1,17) und Johannes (Offb 21,10) geschrieben. Petrus hat von der Herrlichkeit "des Königs" geschrieben, Johannes von der Herrlichkeit der "Braut dieses Königs", des neuen Jerusalem.

Vers 13: Und darum danken wir auch Gott unablässig, dass, als ihr von uns das Wort der Kunde Gottes empfinget, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmet, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort, das auch in euch, den Glaubenden, wirkt.

Menschenwort — Gottes Wort: Das war die entscheidende Frage. Handelt es sich bei der Botschaft, bei der Bibel, um Menschenwort oder um Gottes Wort? Die Thessalonicher hatten "das Wort der Kunde Gottes" (= das Evangelium) als Gottes Wort aufgenommen. Das ist wieder solch ein Punkt, den Paulus beständig in seinen Gebeten erwähnt und wofür er Gott dankt (vgl. Kap. 1,2). Bei allem Schweren, was Paulus erlebte, hatte er dennoch viel Anlass, Gott zu danken. Auch wir wollen bei unseren Gebeten das Danken nicht vergessen!
Gottes Wort war für sie nicht Menschenwort, obwohl Menschen es geschrieben haben. Wer dieses Wort als von Gott kommend betrachtet, in dem kann es auch sein segensreiches Werk tun. Zuerst wirkt das Wort Gottes bei der Bekehrung in einem Menschen neues Leben, dann wirkt es beständig weiter. Oder verschließen wir uns manchmal seiner Wirkung, und das einfach dadurch, dass wir es nicht lesen?
Vom Koran behaupten die Menschen, dass er "aus dem Himmel diktiert" sei, vom Buch Mormon, dass es "aus dem Himmel gefallen" sei. Das Wort Gottes ist durch das nicht zu erklärende Wunder der Verbal-Inspiration entstanden (2. Tim 3,16; vgl. 2. Pet 1,21).

Vers 14-16: Denn, Brüder, ihr seid Nachahmer der Versammlungen Gottes geworden, die in Judäa sind in Christo Jesu, weil auch ihr dasselbe von den eigenen Landsleuten erlitten habt, wie auch jene von den Juden, die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet und uns durch Verfolgung weggetrieben haben, und Gott nicht gefallen und allen Menschen entgegen sind, indem sie uns wehren, zu den Nationen zu reden, auf dass sie errettet werden, damit sie ihre Sünden allezeit vollmachen; aber der Zorn ist völlig über sie gekommen.

Aus Kapitel 1 wissen wir bereits, dass die Gläubigen in Thessalonich von Anfang an verfolgt wurden. In Thessalonich waren Juden; dort gab es sogar eine Synagoge (Apg 17,1). Vielleicht waren es besonders diese Juden, die sie verfolgten; möglicherweise waren es auch dort wohnende Heiden. Die Thessalonicher sollten wissen, dass nicht nur sie verfolgt wurden. Auch die Versammlungen in Judäa waren stark verfolgt worden von den Juden. Es war nichts Unnormales. Der Herr Jesus hatte Seine Jünger darauf vorbereitet, als Er zu ihnen sagte: "Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen" (Joh 15,20).
Diese Verfolgung nimmt der Apostel Paulus hier zum Anlass, um einmal etwas Grundsätzliches über die Juden zu sagen, die sich durch die Ablehnung des Herrn Jesus als Feinde Gottes erwiesen hatten. Er nennt nun sieben negative Eigenschaften:
1. sie haben sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet
2. sie haben die Apostel durch Verfolgung weggetrieben
3. sie gefallen Gott nicht
4. sie sind allen Menschen entgegen
5. sie wehren den Aposteln, zu den Nationen zu reden, damit diese gerettet werden
6. sie machen ihre Sünden allezeit voll
7. der Gottes Zorn ist völlig über sie gekommen
Welch eine traurige Bilanz ist das. Diese Beschreibung ist so deutlich, dass man die einzelnen Ausdrücke kaum näher zu erklären braucht.
Doch eine Sache wollen wir herausgreifen: Indem sie uns wehren, zu den Nationen zu reden. Das ist eine üble Sache. Sie selbst waren so eingebildet, arrogant und hochmütig, dass sie die Gnade von sich stießen, die ihnen immer zuerst angeboten wurde. Doch nicht genug damit. Sie konnten es nicht ertragen, dass diese Gnade den gefallenen Heiden angeboten wurde. Darin erwiesen sie sich als "allen Menschen entgegen", als Feinde aller Menschen. Wie tief waren die Juden hinabgesunken! Es ist sehr ernst, Gottes Gnade abzuweisen.
Gibt es denn nichts Gutes von ihnen zu berichten? Nein, jetzt nicht mehr. Das Fass war endgültig übergelaufen. Es würde nicht mehr lange dauern, dass Gott ihrem nationalen Bestehen ein Ende bereiten würde (ca. 20 Jahre nach dem Schreiben dieses Briefes wurde Jerusalem durch die Römer dem Erdboden gleichgemacht).
Paulus ist weit von jedem Antisemitismus entfernt. Doch wir wollen nicht zu dem nächsten Vers übergehen, ohne deutlich der Gefahr ins Auge zu sehen, die auch für uns besteht, dass wir eingebildet werden und nicht ertragen können, dass Gott andere Menschen mehr segnet als uns.

Vers 17.18: Wir aber, Brüder, da wir für kurze Zeit von euch verwaist waren, dem Angesicht, nicht dem Herzen nach, haben uns um so mehr befleißigt, euer Angesicht zu sehen, mit großem Verlangen. Deshalb wollten wir zu euch kommen (ich, Paulus, nämlich), einmal und zweimal, und der Satan hat uns verhindert.

Nun drückt der Apostel sein herzliches Verlangen aus, die Briefempfänger wiederzusehen. Er versichert ihnen, dass die Trennung nur äußerlich war, dem Angesicht nach, in keiner Weise innerlich, dem Herzen nach. Er hatte sich mindestens zweimal ernstlich vorgenommen, die Thessalonicher zu besuchen. Er sehnte sich mit großem Verlangen nach ihnen. Doch da war jemand, dem das ein Dorn im Auge war und der das zu verhindern suchte: Satan, der Widersacher Gottes, Seiner Diener und Seines Volkes.
Da drängt sich uns die Frage auf, ob Satan eigentlich Gottes Werk nachhaltig stören kann. O ja, er kann sehr viel Schaden anrichten. Aber hier war es so, dass die Verhinderungen durch Satan schließlich dazu führten, dass dieser Brief geschrieben wurde. Gott weiß in Seiner Souveränität aus solchen "Störungen" noch Gutes hervorkommen zu lassen. Wir wollen unserem Gott viel zutrauen!
Wir wollen auch nicht vergessen, dass Satan nur so weit gehen kann, wie Gott es zulässt. Das wusste Paulus sehr wohl. Er beschreibt es hier so, um Satans Absichten klarzumachen. Satan hinderte Paulus daran, nach Thessalonich zurückzukehren. Statt dessen führte Gott ihn nach Korinth, wo Gott ein großes Volk hatte. Gott weiß alles zum Besten zu benutzen.

Vers 19.20: Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft? Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude.

Wie konnten die Thessalonicher die Hoffnung, Freude, Krone und Herrlichkeit des Paulus sein? Kann das nicht nur vom Herrn gesagt werden? Paulus verbindet alles mit dem Tag Seiner Ankunft, Seines Kommens. Der Schlüssel zu dieser Aussage ist die Zuneigung des Apostels und seiner Mitarbeiter zu den Empfängern dieses Briefes.
Paulus war glücklich über "seine geistlichen Kinder". Er konnte Gott von Herzen für sie danken. Welche Freude war es für ihn zu sehen, wie in den Thessalonichern die Charakterzüge des Herrn hervorkamen. Und das war nicht zuletzt das Ergebnis seines geistlichen Dienstes, der väterlichen Erziehung und Belehrung und der mütterlichen Fürsorge.
Bald würden die Früchte dieses Dienstes offenbar werden, und zwar dann, wenn der Herr Jesus wiederkommt. So endet auch dieses Kapitel mit einem Ausblick auf das Kommen unseres Herrn. Was gibt es Schöneres, wenn wir an die Zukunft denken, als uns auf diesen Augenblick zu freuen? Eine große Schar treuer Diener wird versammelt sein mit solchen, die durch sie an den Herrn Jesus geglaubt haben. Und alle zusammen umgeben IHN dann.
Und sollte der Apostel die Thessalonicher hier auf der Erde nicht mehr besuchen können, dann würde er sie beim Kommen des Herrn Jesus wiedersehen.
Werner Mücher